Skip to main content

Full text of "Die Welt, 1985, Germany, German"

See other formats


'S 




4?j u> 'S^ Montag, 25. Februar 1985 - D * * * 

AiorfSDrii^^W^^^^^Ä^^WEMöiLTtaLflaOM/lftll 

*ÄÄ«^ Bon ( 0228 ) 





DIE 


[#J 

L3&J1 


WELT 


(0 20 54 ) 10 15 MTVeäxSrfÄ« 
*° ilkn deutschen Wcttpspterbörstn 


UNABHÄNGIGE TAGESZEITUNG FÜR DEUTSCHLAND 


Nr. 47 - 9.W.- Preis 1,20 DM - 1 H 7109 A 

Belsen 38,00 bfr, Dänemark 8.00 dkr, Frankreich 650 F, Griechenland 100 Dr. 
. Großbritannien 65 p. Haßen 1300 L. Josoalawien 200,00 Din. Laxe mbarg 28.00 1fr, 
Sedertwxte 2,00 hfl. Norwegen 7JM nkr. Österreich 12 öS. Portugal 100 Esc, 
Schweden 650 skr, Schweiz 1,80 sfr, Spanien 125 Pis, Kanarische Inseln 150 Pts. 


l \( il SS( || \l 




2 


"POLITIK 




Zweifel mü Grimm: Deutlicher 
als zuror äußerte de Vorsitzende 
der SPMundestagsfiaktioa, 
Hans-Jochen Vogel, Vorbehalte 
gegenüber den Granen. Seme: 
Zweäfäsefen großer geworden, da 
die Gritaor nicht kompromißbe- 
reöff geworden säen. (S. 4) 


„Fall Michaelis“: Die Europäi- 
sche Volkspartei will heute einen 

pri pg li chkgitsaTr trflg im Ey. 

ropapariament einbringen, in dem 
Maßnahmen gegen die Inhaftie- 
rung des Bü rgermeisters von 
Arolsen (Hessen), von Michaelis, 
vötongt werden. Ein „DDR"-Ge- 

ng ht hatte Miohaulfa yor fcurgpm 
wegen „Fluchthilfe“ zu sechs Jah- 
ren Haft verurteilt. (S.4) 

VeQBZähhmg: Der parlamentari- 
sche Staatssekretär des Innern, 
Waffenschmidt, hat die SPD bei 
den „Frankfurter Gesprächen“ 

tiw Hwwcriwn R undfunk« anfjy . 

flattert, die Regkrungskbalition 
bei der für 1986 geplanten Volks- 
zählung zu unterstützen. 

Anschlag: Bei einem Bombenan- 
schlag auf die Pariser Filiale einer 
britischen Kaufhaus-Kette wur- 
den 15 Menschen verletzt Die Po- 
lizei hat noch keine Hinweise auf 
die Urheber des Attentats. 


Nein von Schamfri Als „unan- 
nehmbar“ lehnte Israels Außen- 
minister Sch am ir die von Jorda- 
niens König Hussein und FLO- 
Chef Arafat erarbeitete Überein- 
kunft znr Losung des Palästinen- 
serproblems ab. (S. 8) 

US-BÖmster bestätigt: Gut ein 
Jahr nach der Ernennung des Prä- 
sidentenbaaters Edwin Meese 
zum neuen Justizminister durch 
Präsident Reagan bestätigte der 
Senat mit 63 gegen 31 Stimmen 
die Ents cheidung . 

Festnahme: Der Vorsitzende der 
Vereinigung europäischer junger 
Christdemokraten, der Italiener 
Massimo Goria, ist nach einer Ver- 
anstaltung der christlich-demo- 
kratischen Oppositionspartei auf 
Malta feat genommen worden. Er 
soll gegen ein Gesetz verstoßen 
haben, das Ausländem öffentli- 
ches Auftreten untersagt 

Wahl: Bei den heutigen Wahlen in 
Pakistan bewerben sich rund 6000 
Kandidaten um 237 Parlaments- 
sitze. Macht werden die Abgeord- 
neten kaum ausüben können, da 
Staatschef Zia mit der Gründung 
eines nationalen Sicherheitsrates 
die Herrschaft in eohw Hand v*nL 
ten wird. (S. 5) 



ZITAT DES TAGES 


99 Berlin steht bei der Wahl zwi- 
schen zwei fundamental gegensätz- 
lichen Lagern. Berlin wird nur so 
lange in Frieden leben, wie hier alli- 
ierte Truppen stationiert sind. Ohne 
die Atlantische Allianz wird es kein 
freies Berlin mehr geben 99 

Vertefdigiingsmxnisler Manfred Wöraer 
bei einer Veranstaltung in Berlin (S. 4) 

FOTO: DPA 


WIRTSCHAFT 


Tankstellen-Ahbau: Mit dem ra- 
dikalen Abbau des IhnksteHen- 
netzes in der Bundesrepublik von 
mehr als 46 000 im Jahre 1970 auf 
heute rund 19000 hat achjdie 
Struktur des Servicemarktes ent- 
scheidend verschoben. In der 
Rangfolge der größten Netzbetrei- 
ber verdrängte Texaco Esso von 
dem zweiten Platz. An der Spitze 
blieb AraL (S. 9) 

Vomthestand: Mehr als 200 Vor- 
ruhestands-Tarifrerträge sind seit 
dem 1. Mai 1984, als das Gesetz in 


Kraft trat, abgeschlossen worden. 
Die Verträge gelten für Tarifberei- 
che mit mehr als sechs Millionen 
Arbeitnehmern. (S.9) 

US- Agrargesetz: Ifit einem 

„Anpassungsgesetz für die Land- 
wirtschaft 1985“, das die Farmer 
auf einen stärkeren Marktkurs 
bringen soll, will Washington die 
Larxiwirtschaftspolitik grundle- 
gend reformieren und durch die 
Steigerung von Agrarexporten an- 
dere Staaten zu einer Änderung 
ihrer Agrarpolitik zwingen. (S. 10) 


WELT-Serie Länderchefs 

Kennen wir unsere Länderchefs? WELT-Cbefreporter Horst 
Stein hat ihnen beim Regieren zugeschaut. Im dritten Beitrag 
dieser Serie porträtiert er Hans Koschnick, der seit 1967 ctie 
Geschicke Bremens lenkt. Seite 7 


KULTUR 


Antoine Watteau: Mit den Wer- 
ken des in Valenöennes gebürti- 
gen Künstlers Watteau stellt 
Schloß Chariottenburg in Berlin 
mit seiner Ausstellung „den Ab- 
schied von der alten Historien- 
malerei“ vor. (S. 19) 


Märchen: Neue Märchen aus der 
Sammlung der Gebrüder Grimm 
sind in einem Nachlaß entdeckt 
worden. Die Grimm-Gesellschaft 
will sie anläßlich des 200. Ge- 
burtstages von Wilhelm Grirain 
1986 veröffentlichen. 


SPORT 


Ski Alpin: Riesenslalom-Weltmei- 
ster Markus Wasmaier blieb bei 
derideutschen Meisterschaften in 
Garmisch ohne TfteL Eine Folge 
seines Slaloms zwischen Sport 
und Werbung? (S* 13) 


Fußball: Der frühere Nationaltrai- 
ner Derwall will den Präsidenten 
spmiw: türkischen Klubs Galatasa- 
ray Istanbul wegen Beleidigung 
verklagen. Er fördert 500 000 
Mark Schmerzensgeld- (S. 12) 


AUS ALLER WELT 


Rolte.der Franc Der Konflikt der 
Frauen zwischen, dem traditionel- 
len Bild von Weiblichkeit und den 
Ansprüchen der Emanzipation be- 
stimmte die Diskussionen auf 
dem zehntel Westdeutschen Psy- 
chotherapie-Seminar in Aachen. 
Entscheidend sä, so meinte die 
Psychßtherapeutin Melitta Mit- 
schshch, die „geschlechtliche 
Identität“ als Fundament weibli- 
chen Selbstbewußtseins. (S. 20) 


„Goldene Kamera“: Noch nie in 
seiner Geschichte erlebte Berlins 
Congress Centrum am Wochen- 
ende ein solches Aufgebot an 
Stars. Zum 20. Mal hatte Europas 
größte Femsehzertschrift, „Hör- 
zu“, zur Verleihung der „Golde- 
nen Kamera“ Millio- 

nen verfolgten das Spek t ak e l am 
Femsehschinn. (S. 20) 

Wetten Sonnig. 5 bis 10 Grad. 


Außerdem lesen Sie in d ies e r A 


Camorra-Pra«B In Neapel: Nur 
der Abgeordnete Enzo Tortara 
muß nicht in den Käfig S.3 


Leichtathletik: Der Schwede Pa- 
trick Sjjöbeig sprang in geliehenen 
Schuhen 2JS& Meter S.13 


Ökumenische Tagung: Sorgen WELT-Keport Factoring: Sn al- 
und Hoffcungen der jTniamter ter Paragraph stellt die Branche 
mft nichtdeutschem Paß" S.4 wieder vor Probleme S. 15 bis 17 

Zypern: Kyprianou widersetzt Fernsehen: SPD-Pohtiker Hans-J. 
sich dem Druck der Parteien - Vogel schreibt über den amenka- 
Streit über Plan der UNO S.5 niseben Bürgerkrieg S.18 


Ferm Personalien und Leser- 
briefe an dte Redaktion der WELT 
-Wert des Tages S.6 

Bdebtdoe: Kronkolonie Hong- 
kong ist w e hwei t einer der bedeu- 
tendsten Unrachlagplto S.16 


Pankrac J. Habermas und die Ba- 
nalität - Über das Papiergemüt 
eines Katbedertiengstes S.19 

jwarthimüifjhi: Zu ergötzen die 
Herzen mit Singen und Scherzen 
- Von Dietbait Goos S.20 


„Nur noch wenige Quertreiber. 
Keine Gefahr für Koalition“ 

Bangemann sieht eine Reihe gemeinsamer Aufgaben über 1987 hinaus 


DER KOMMENTAR 


DW. Saarbrücken 
Der neugewählte FDP-Vorsitzen- 
de, Bundeswirtschaftsminist er M ar- 
tin RangPtnann, ha t in pirmm WKI.T- 

Intervißw deutlich gemacht, daß er 
„nichts sieht, was die Bonner Koali- 
tion gefährden könnte. Wir haben un- 
sere Aufgaben noch nicht zu Ende 
gefühlt“ Mrt Martin Rangomann 
sprachen Stephan Heydeck und Pe- 
ter Phillips. 

WELT: Herr Bangemann, welche 
Bedeutung hat das am Wochen- 
ende verabschiedete liberale Mani- 
fest? 

Bangemann: Es hat bewußt Manifest- 
charakter, das heißt, es ist eine Stand- 
ortbestimmung, die ' in 1 konkrete 


gen umgesetzt werden muß. Wir ha- 
ben noch zwei Jahre Zeit bis 1987, die 
Fraktion kann zeigen, wie wir moder- 
ne Technologien nutzen, ökologische 
Marktwirtschaft machen wollen. Und 
dte Partei muß an «nigpn Stellen 
handfest programmatisch arbeiten, 
beispielsweise in der Steuer- und in 
der Sozialpolitik. 

WELT: Sie haben auf dem Partei- 
tag unterschieden zwischen Quer- 
denkem und Quertreibern in der 


FDP. Waden Sie - wie früher - 
auch als Parteivorsitzender zu den 
Querdenkem gehören? 
Bangemann: Ja. Natürlich kann und 
muß eine liberale Partei auch kontro- 
vers diskutieren, aber Quertreiberei 
wäre es, wenn Minderheiten Be- 
schlüsse nicht mittragen. 

WELT: Sind Hirsch, Baum und 
Hamm-Brücher Querdenker? 
Bangemann: Ja. 

WELT: Und wer sind die Quertrei- 
ber? 

Ran^mann- Es gibt HUT noch gany 
wenige, weil uns eine Reihe von ih- 
nen verlassen hat und jetzt bei der 
SPD die undankbare Rolle der Vieh- 
treiber übernommen hat 
WELT: Sie waren Vorkämpfer für 
die jetzige Regierungskoalition in 
Bonn. Was könnte sie gefährden? 
Bangemann: feh «aKa da nichts. Wir 
haben unsere Aufgaben noch nicht zu 
Ende geführt. Die Entwicklung in dm 1 
SPD, vor allem dte Auseinanderset- 
zung mit den Grünen, hat unsere 
Möglichkeit derzeit Am gpgrenrf auf 
die Koalition mit CDU und CSU. Das 
ist auch kein Unglück, solange in die- 
ser Koalition liberale Politik umzu- 
setzen ist Zu den noch nicht zu Ende 


Unbehagen über Rühe und Vogel 

Warnung vor „AnfWkpmng“ von Reciitspositioiien in der Diskussion um Oder-Neiße-Linie 


BERNT CONRAD, Bonn 

Namhafte Wissenschaftler haben 
am Wo chenende in Bonn Kritik an 
Äußerungen des stellvertretenden 

CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden 
Volker Rühe und des Staatsministers 
im Bundeskanzleramt, Friedrich Vo- 
gel (CDU), zu Fragen der deutschen 
Ostgrenzen geübt Sie gaben damit 
rimm auch von Unionsabgeordneten 
geteilten Unbehagen über eine mögli- 
che Auflockerung deutscher Rechts- 
positionen Ausdruck, die den für 
ganz Deutschland geltenden Frie- 
densvertragsvorbehalt schwächen 
konnte. 

Ruhe hatte in einer Aktuellen Stun- 
•de des Bundestages am 6. Februar 1 
erklärt „Wer nüchtern und ülusions- 
los nachdenkt, der weiß, daß der War- 
schauer Vertrag eine politische Bin- 
dewizkung hat, die auch von einem 
wiedervereinigten Deutschland nicht 
ignoriert werden könnte.“ Vogel hat- 
te in dergleichen Sitzung gesagt, die 


Oder-Neiße-Gebiete seien „für die 
Bundesrepublik Deutschland Aus- 
land". 

Zu Rühes Bemerkung meinte der 
Kölner Professor Boris Meiss n er, ei- 
ner der führenden deutschen Ost- 
experten, auf einer Tagung der Stu- 
diengruppe für Politik und Volker- ( 
recht, „politische Bindungswirkung“ , 
werde allgemein als rechtliche Bin- ’ 
düng verstanden. Wenn aber der Frie- j 
densvertrags- Vorbehalt geschwächt 1 
werde, gehe es immer auch um Ber- 
lin, dein de Berlin-Status gelte bis 
«im Friedensvertrag. Territoriale 
Fragen bezögen ach nicht nur auf die 
Ostgebiete, sondern ebenso auf Ber- 
lin. Wer die eine Position erschüttere, . 
unterhöhle die andere. 

Auch Professor Jens Hacker, Re- 
gensburg, bezeichnet^ Rühes Formel 
als problematisch. Der Präsident des 
Bundes der Vertriebenen und CDU- 
Abgeordnete Herbert Czaja stellte 

fest, wenn man heute in bezug auf die 


Oder-Neiße-Linie von politischer 
Bindewirkung rede, dann komme als 
nächstes die politische Bindewir- 
kung für die Grenze an Elbe und Wer- 
ra. Tatsächlich könne es keine Binde- 
wirkung geben, die über die rechtli- 
chen Handlung grieh tlinien des War- 
schauer Vertrages hinausgehe. 

Vogels „Auslandsäußerung“, die 
schon von mehreren Unionspoliti- 
kem kritisiert worden ist, wurde von 
Professor Hacker als Verstoß gegen 
die Feststellungen einiger höchster 
deutscher Gerichte bewertet 

Bundesminister Heinrich Winde- 
ten (CDU) betonte, ohne Vogel und 
Rühe direkt zu erwähnen, die Bedeu- 
tung rechtlicher Akribie im Umgang 
mit kommunfetisehOT Staaten. 
Rechtspositionen könnten zwar Poli- 
tik nicht ersetzen. Sie seien aber die 
entscheidende Grundlage einer auf 
Frieden und Ausgleich gerichteten 
Politik. 


„Berlin darf nicht ausgegrenzt werden" 

Waigel: Auch der Sport mnß nationale Interessen wahren /Neoberger bleibt bei starrer Haltung 


MANFRED SCHELL, Bonn 
Firw Fußball-Europameisterschaft 
1988 ohne Einbeziehung Berlins ist 
nach Auffassung des Vorsitzenden 
der CSU-Landesgmppe im Bundes- 
tag, Theo Waigel, auch aus deutsch- 
landpolitischen Grü nden „nicht hin- 
nehmbar“. In einem WELT-Gespräch 
sagte Waigel am Sonntag: „Lieber 
verzichten wir auf die Europameister- 
schaft, als daß wir Berlin ein solches 
Notopfer zumuten, das langfristig 
verheerende Auswirkungen nicht nur 
für den Sport in Berlin, sondern auch 
für die Wirtschaft und vor allem für 
die Politik von Berlin haben müßte.“ 
„Ausgrenzung“ Berlins, so be- 
tonte Waigel, müßte zwangsläufig das 
„deutsche Selbstverständnis“, die 
Bindungen der Stadt an die Bundes- 
republik Deutschland berühren. Da- 
mit- werde gu gteteh eine „Statusfra- 
ge" tangiert, „die langfristig für Ber- 
lin eine Lebensfrage bedeutet Berlin 
und . die Bundesrepublik Deutschland 


gehören zusammen. Berlin wäre lang- 
fristig ohne die poli t ische , wirtschaft- 
liche und gesellschaftliche Anbin- 
dung - und dazu gehört auch der 
Sport - ein Torso.“ 

Dem Argument von DFB-Präsi- 
dent Neuberger, Sport und Politik 
hatten nichts miteinander zu tun, 
hielt Waigel entgegen: „Es ist richtig, 
dte Politik soll dem Sport nicht hin- 

SEITE 2: 

Noch nicht zu tpfit 

einreden. Doch Sportler sind auch 
Staatsbürger, und auch Sportfunktio- 
näre sind Staatsbürger und haben so- 
fern das Wohl ihres Landes im Auge 
zu haben.“ Waigel: „Dort, wo durch 
den Sport nationale Interessen be- 
rührt oder gar existentielle Fragen ei- 
nes Staates verletzt werden, darf der 
Sport die nationale Politik nicht un- 
terlaufen. Deswegen darf im Sport 


der Bundesrepublik Deutschland 
Berlin nicht ausgegrenzt werden.“ 

In dieser Dis k ussion, so sagte Wai- 
gel im Hinblick auf Neuberger, „hel- 
fen auch keine schiefen Vergleiche“. 
Er meinte damit die Aussage Neu ber- 
gers, der Bundestag halte keine 
Plenarsitzungen in Berlin ab. Waigel: 
„Dies ist ein törichter Vergleich“, 
weil nach dem Berlin-Abkommen 
von 1972 durch die Alliierten dte Sit- 
zungen des gesamten Parlaments 
dort nicht stattfinden, aber sehr wohl 
dte Ausschüsse und dte Fraktionen 
tagen. Sportveranstaltungen sind 
ebenfalls ertaubt, ja geboten, und sie 
haben seitdem in Berlin ja auch statt- 
gefunden.“ 

Auf die Frage, ob Neuberger zu- 
rücktreten müsse, antwortet Waigel, 
dies sei eine „ innerverbandliche Fra- 
ge“. Nur Neuberger könne nicht sa- 
gen, Sport und Politik hätten nichts 
miteinander zu tun. JDie Politik hat 
■ Fortsetzung S«ita 8 


Sicherer Ton 


p: K *! 1 kKKM P 


geführten Aufgaben gehört eine Steu- 
erpolitik, die weniger als bisher inve- 
stiertes Kapital belastet und Leistung 
nicht behindert. Wir brauchen also 
vor allem eine Korrektur des Einkom- 
men- und des Körperschaftsteuerta- 
ri fs. 

WELT: Also wieder ein histori- 
sches Bündnis? 

Bangemann: Nein. Aber es gibt noch 
Aufgaben für die nächste Legisla- 
turperiode. Dte noch von uns ange- 
strebten Gesetze können wir nach 
nwinor WnsrhätTiing viel eher mit 
der CDU/CSU als mit der jetzigen 
O pposi tion erledigen. 

WELT: Wo liegen dte Schwierigkei- 
ten? 

Bangemann: Wir haben in der Debat- 
te über dm Ersatz der Investitionsab- 
gabe unserem Koalitionspartner eini- 
ges zugemutet Aber wir haben eine 
richtige Position bezogen und letzten 
Endes hat die CDU sich unserer Mei- 
nupg angeschlossen, obwohl sie sie 
nicht akzeptiert hat Ähnliches gilt 
für das Ausländerrecht das Demon- 
strationsstrafrecht und wird auch für 
das Asylrecht gelten. Wir werden ge- 
meinsame Löningen suchen. Aber 
• Fortsetzung teile 8 


D ie Freien Demokraten ha- 
ben sich in Saarbrücken 
hinter Mar tin Bangemann for- 
miert. Alle Abstimmungen zeig- 
ten eine neue Geschlossenheit 
wie man sie seit Jahren nicht 
kannte. Dte Führungsgruppe 
nach Genscher gleicht einer 
Alpinisten-Seüschaft vor einem 
besonders gefährlichen Fels- 
überhang. Eine falsche Bewe- 
gung, ein falscher Tritt - und 
das Ende ist da, für alle. Das 
hält zusammen. 

Der neue FDP-Vorsitzende 
operiert mit zwei Vorteilen: Zu 
ihm gibt es keine Alternative, er 
ist der Hoffoungsträger der Par- 
tei Eine solche Lage verschafft 
Autorität und Bewegungsfrei- 
heit Tfemgwfflann kann im eige- 
nen Kreise entschieden auftre- 
ten, er hat das letzte Wort, und 
er wird es, wie man ihn kennt, 
ergreifen. Das irritierende Laut- 
gewirr, das an einen Vogel- 
schwarm vor dem Abflug erin- 
nerte, ist dem sicheren Ton ge- 
wichen. 

Der zweite Vorteil: Die Partei 
selber besitzt zum gegenwärti- 
gen Regierungsbündnis im 
Bund und in den Landern (es 
sind nur noch zwei) keine Alter- 
nativa Aufgrund der Verände- 
rungen im deutschen Parteien- 
Gefüge sind die Liberalen auf 
die Fortsetzung der Koalition 
mit den Unionsparteien ange- 


USA verschärfen 
Angriffe gegen 
Sandinisten 

DW. Washington 

Nach US-Präsident Ronald Reagan 
hat steh auch Außenminister George 
Sh iiltz eindringlich für eine Wieder- 
aufnahme der gegenwärtig vom Kon- 
greß blockierten amerikanischen Hö- 
fe für die Widerstandskämpfer in Ni- 
caragua ausgesprochen. In einer Ver- 
anstaltung in San Francisco griff 
Shultz dte nicaraguanische Linksre- 
gierung in ähnlich scharfer Form an, 
wie es Reagan zuvor in seiner Presse- 
konferenz in Washington getan hatte. 
Shultz warnte, wenn jetzt nicht ge- 
handelt würde, könnten die USA spä- 
ter zu direkteren »nd gefährlicheren 
Ellgriffen gezwungen sein. Der nica- 
raguanische Präsident Daniel Ortega 
beschuldigte andererseits in einer 
Ansprache in Managua dte USA, sie 
blockierten dte Lieferung einer 
Schiffeladung Öl aus Ecuador. 

Shultz warnte den Kongreß, wer 
die ni cara . F iaT ” Kf ‘hpn „Freiheits- 
kämpfer“ isoliere, der liefere Nicara- 
gua .der endlos«) Dunkelheit kom- 
munistischer Tyrannei“ aus und füh- 
re dte USA auf einen gefährlichen 
Weg. Shultz sagte: „Wenn wir näm- 
lich jetzt nicht dte geeigneten Schritte 
Un t e rnehmen, um die Sflndnusbu 11 ZUT 
Einhaltung ihrer früheren Verspre- 
chen zu zwingen - die Aufrüstung zu 
beenden, den Export der Tyrannei 
über ihre Grenzen einzustellen, Nica- 
ragua dem freiheitlichen, demokrati- 
schen Wettbewerb zu öffnen dann 
werden wir vielleicht später, wenn 
wir nicht länger untätig bleiben kön- 
nen, entdecken, daß die Risiken und 
die Kosten größer geworden sind.“ 

Sette 2: Reagan schafft Klarheit 


wiesen. „Pendel-Partei“, um ein 
Wort Herbert Wehners aufzu- 
greifen, kann sie mangels Masse 
gar nicht mehr sein. Für Walter 
Scheel, der sich dazu nachdenk- 
lich äußerte, entschwindet da- 
mit ein „Stück Tradition“. Aber 
es war ja gerade diese Tradition, 
dte der Partei den Ruf des Wak- 
ifplpg und Wankens eingetragen 
hatte. Jetzt kann sie nicht mehr 
sündigen, sondern muß nun bei 
der Sache bleiben und arbeiten. 

D ie Koalition mit der Union 
ist kein „historisches 
Bündnis“, kann aber durchaus 
historisch im Sinne von dauer- 
haft werden. Gegenüber den 
Grünen, die zur Dauerhaftigkeit 
wenig Neigung besitzen, ergibt 
sich daraus ein positives Profil, 
das der Wähler honoriert Sich 
auf ein langes Bündnis einzu- 
richten, heißt beständige Cha- 
rakterzüge zu entwickeln. Sie 
liegen, wie das „Manifest“ aus- 
weist, in der Entscheidung für 
Freiheit und gegen Gleichheit 
Das ist ein klarer Ton, und er 
erinnert entfernt an die ameri- 
kanischen Republikaner Weni- 
ger Staat, Förderung der Begab- 
ten, Bevorzugung der Individu- 
alrechte, Verbindung von Tech- 
nologie und Ökologie. Auf die- 
sen Gebieten kann eine kleine 
liberale Partei entschiedener 
operieren als jede der großen 
Volksparteien. 


Stoltenberg für 
»Trendwende“ 
beim Dollarkurs 

DW. Frankfurt 

Angesichts der ungebrochenen 
Aufwärtsentwicklung des Dollar hat 
Bundesfinanzminister Gerhard Stol- 
tenberg eine baldige Trendwende zu 
realistischeren Kursen und die 
Rückkehr zu ausgeglicheneren welt- 
weiten Handelsbedingungen gefor- 
dert Er appellierte an dte US-Regie- 
rung, das amerikanische Zinsniveau 
durch eine Verringerung ihrer Haus- 
haltsschulden zu senken. Zugleich 
sprach sich der Minister für eine Sen- 
kung des Spitzensteuersatzes in der 
Bundesrepublik Deutschland auf et- 
wa 50 Prozent aus. 

Stoltenberg äußerte sich bei der 
Eröffnung der Frankfurter Frühjahrs- 
messe über den Dollarkurs: „Auch 
die stärkste Wirtschaftsmacht der Er- 
de kann auf Dauer nicht mit einem 
dramatisch steigenden Handelsbi- 
lanz- Und Zahh ingsb Uanzriefizi t von 
jetzt schon rund 125 Milliarden Dollar 
jährlich leben.“ Der hohe Dollarkurs 
werde zunehmend zu einem Risiko 
für dte USA selbst Gleichzeitig ver- 
teidigte Stoltenberg die westeuropäi- 
schen Industrieländer vor „den blau- 
äugigen Bewunderern des Dollarhö- 
henflugs und Verachten) der wirt- 
schaftlichen Grunddaten Westeu- 
ropas“. Derzeit betrage der Abstand 
im langfristigen Zins gegenüber den 
USA rund vier Prozent Der Minister 
verwarf dte Möglichkeit einer Zinsan- 
hebung in der Bundesrepublik. 
„Niedrige Dollarzinsen sind übrigens 
auch eine wesentliche Voraussetzung 
dafür, daß die internationale Schul- 
denkrise unter Kontrolle gehalten 
und schließlich gelöst werden kann“, 
gab Stoltenberg zu bedenken. 

Beite 9: Mit mehr Schwung gestartet 


Schwerkranker Mann an der Wahlurne 


R.-M. BORNGÄSSER, Moskau 

„Die ganyp Macht der UdSSR ge- 
hört dem Volk“, kündete weithin 
ächtbar dte Inschrift des blutroten 
Plakates an dem alten Schulgebäude 
hinter dem Kutusowsky-Prospekt in 
Moskau. Miliz-Soldaten mit roten 
Armbinden wiesen den Bewohnern 
aus dem Viertel der Innenstadt den 
Weg zum Wahllokal. Sonntag in Mos- 
kau. Dfe Kampagne zur Neubestel- 
lung der Obersten Sowjets in den Re- 
gionen und Kommunen ist beendet 
Tschemenko, der Chef, erschien zur 
Wahl in seinem Bezirk. Das Fernse- 
hen zeigte ihn in Bettung des Mos- 
kauer KP-Chefs Grischin zuerst sit- 
zend, dann stehend, auf die Urne ge- 
stützt Ein schweikranfeer Mann. 

In dar Nacht waren in Moskau rote 
Fahnen mit schweren Goldquasten 
und Girlanden aufgezogen worden. 
Auch die Taxis und Omnibusse sind 
mit Wimpeln geschmückt Am Sams- 
tagabend erleuchtete ein Feuerwerk 
die Hauptstadt Vielfarbige Fontänen 
tauchten dfe Türme und Kuppelnder 
Stadt in Regenbogenfarben. 

Bereits um sechs Uhr morgens öff- 
neten die Wahllokale. Am Vormittag 
herrschte reger Betrieb, ganze Fami- 
hen-Clans rückten an. Die Musiker, 
die die Ankommenden mit einem 


Ständchen zu begrüßen hatten, wirk- 
ten gegen Mittag ermattet Immer 
häufiger genehmigten sie sich einen 
Schluck aus der Wodkaflasche. Nur 
die flhknmmanriiert en Schulmäd- 
chen, die jedem Wähler eine rote Nel- 
ke überreichten, waren noch mit Elan 
bei der Sache. 

In dem ziegelroten Schulgebäude 
hinter dem Kutusowski-Prospekt 
hatten vor sechs Jahren Breschnew 
und Andropow ihre Stimmen abgege- 
ben. Doch diesmal zeigte sich kein 
Poli ^Prominenter. Drinnen im Wahl- 
raum geht es ruhig und gedampft zu. 
An emem langen Tisch sitzen die 
Wahlhelfer. Der Wähler zeigt seinen 
Ausweis vor, wird von der Namensli- 
ste abgehakt, erhält zwei Wahlzettel - 
für jede Kammer einen, auf jedem 
steht nur ein Name - und geht dann 
zur Urne. Sie steht am Saalende vor 
piner hlumpngpsfhm uoli'ten Lenin- 
Büste. Die Wahlkabine im Hinter- 
grund, wo man den Kandidaten-Na- 
men durchstreichen oder durch ging» 
anderen ersetzen könnte (das würde 
ein „Nein“ bedeuten), wird von nie- 
mandem benutzt 

Nach der Stimmabgabe geht es in 
einen Nebenraum, wo dem „Wähler“ 
ein Glas Sekt und Häppchen serviert 
werden. Auf dem Buffet türmen sich 


die sonst so seltenen Apfelsinen zu 
Pyramiden. Wer bis zum Mittag nicht 
gewählt hat, bekommt Besuch von 
einfrm Agitator, wie die etwas auf- 
müpfige Studentin, nennen wir sie 
Lydia, zu berichten weiß. Die Agitato- 
ren sind nicht besonders zimperlich, 
wenn es gilt, die Wähler zur Urne zu 
treiben. Kann sich also niemand wei- 
gern? Lydia zuckt mit den Achseln 
und meint resigniert: „Haben wir 
denn eine andere Wahl?“ 

Schon vor Schließung der Wahllo- 
kale um 18 Uhr steht der überwälti- 
gende Sieg des offiziellen „Blocks der 
Ko mmunisten “ fest Nicht weniger 
als 99,99 Prozent der Stimmberech- 
tigten haben gewählt. Das Ergebnis 
ist nicht schwer zu erraten: Erstens 
gab es keine formell zugelassenen Ge- 
gegkandidaten, und zweitens gehö- 
ren Wahlsiege knapp unter 100 Pro- 
zent zur Tradition der sowjetischen 
Herrschaft Deshalb wird die zweite 
Ziffer hinter dem Komma mit Argus- 
augen betrachtet Eine Angestellte, 
nennen wir sie Natascha, erzählte: 
„Stellen sie sich vor, da belief sich 
doch das Wahlergebnis im Baltikum 
das letzte Mal tatsächlich auf 99,95 
Prozent Hoffentlich sind die doxtdie- 
sesmal gescheiter, fügte sie ener- 
gisch hinzu. 


Südkoreas Regierungspartei 
wechselt Führungsspitze aus 

Neue Opposition fordert Freilassung politischer Häftlinge 


DW. Seoul 

Südkoreas Präsident China Doo- 
Hwan hat nach den Wahlen von vori- 
ger Woche, denen eine Kabinettsum- 
bildung folgte, die Spitze seiner „De- 
mokratischen Gerechtigkeitspartei“ 
(DJP) ausgewechselt Zum neuen 
Parteiführer ernannte er Roh Tae- 
Woo (53), der seit 1981 als Sportmini- 
ster, Tnrtgnmrnigter uTiri Chefdelegier- 
ter bei den Gesprächen mit Nordko- 
rea füng ierte. Neu wurden auch dte 
Vorsitzenden des Exekutivkomitees 
und des Politischen Komitees der 
Partei mit Lee Sang-Ik (56) und 
Chang Sung-Man (52) ernannt Hinge- 
gen wurden Generalsekretär Lee 
Han-Dong und Fraktionschef Lee 
Hong-Chan auf ihren Posten belas- 
sen. Ein DJP-Sprecher erklärte, die 
Umorganisierung entspreche dem 
Jbandesweiten Wunsch nach Fort- 
schritt und Reform, wie er im Ergeb- 
nis der Farlsmentswahlen deutlich 
geworden ist“. 

Chuns Partei hatte einen Teil ihrer 
Abgeordnetensitze abtreten müssen 
und verfügt künftig über 148 der 276 
Parlamentsmandate. Den höchstem 


Zuwachs an Stimmen verzeichnete 
die neu von der Opposition gegründe- 
te „Neue Demokratische Korea-Par- 
tei“ (NKDP), die trotz eiins für sie 
ungünstigen Wahlsystems auf 67 Sit- 
ze kam. Die gewählten Abgeordneten 
der DJP hatten sich über den Wahler- 
folg der neuen Oppositionspartei 
„schockiert“ «'klärt 

Südkoreas neuer Ministerpräsi- 
dent Lho Shin-Yonh richtete an den 
NKDP- Vorsitzenden Lee Min-Woo 
ein Höflichkeitstelefonat, was von po- 
litischen Beobachtern als eine ver- 
söhnliche Geste gewertet wurde. In 
einem anschließenden Pressekom- 
muniquä forderte die Oppositions- 
partei eine sofortige F reilassung der 
auf 234 geschätzten „Gefangenen aus 
Gewissensgründen“ in Südkorea, um 
eine „nationale Aussöhnung“ einzu- 
leiten. 

Die NKDP wurde vor einem Monat 
von den politischen Anhäng ern der 
unter Hausarrest stehenden Opposi- 
tionspolitiker Kim Dae-Jung und 
Kim Young-Sam gegründet und hat 
sich eine Demokratisierung des Lan- 
des zu ihrer Hauptaufgabe gemacht 


G 



Schritt für Schritt 

Von Peter M. Ranke 

J erusalem soll also wieder durch eine Grenze zerschnitten 
werden. Das heißt: am liebsten würden die Palästinenser 
alles einsacken, ganz Israel und Jerusalem. Das läßt jedenfalls 
der Fünf-Punkte-Plan von König Hussein und PLO-Chef Ara- 
fat offen, denn da ist die Rede von einer Lösung der Palästi- 
nenserfrage „in allen ihren Aspekten“. Dazu gehört nach PLO- 
Verständnis das PLO- Vernichtungsprogramm. 

Was da als gemeinsame Vereinbarung ausgebrütet wurde, ist 
entgegen den Begleitbehauptungen weder gerecht noch fried- 
lich. Es ist höchstens ein zeitweiliger Frieden zwischen König 
Hussein und Arafat Die „Initiative“ ist bewußt unpräzise und 
läßt Ausdeutungen zu. Aber sie folgt der arabischen Ansicht, 
daß man Israel militärisch und politisch niederringen müsse. 

Dabei setzt man auf Entspannungs- und Konferenz-Seligkeit 
im Westen, obgleich der PLO-Terrorist Abu Iyad erst kürzlich 
in Amm an erklärte: „Jeder von uns will die Rückgabe von 
Jaffa, jeden Zollbreit Bodens. Aber wir müssen Palästina 
Schritt für Schritt zurückerobem, vom Jordan bis zum Meer.“ 
Die „Initiative“ sieht demnach auch die Rückkehr aller Flücht- 
linge oder wenigstens ihre Entschädigung vor, aus westlichen 
Taschen natürlich, nicht aus den Kassen der Ölscheichs. 

Es ist unerheblich, daß die „Initiative“ Winkelzüge wie eine 
gemeinsame Delegation der Jordanier und der PLO vor- 
schlägt Der gesamte Tenor des Forderungskatalogs läßt keine 
Zugeständnisse, keinen Realismus und keinen Friedenswillen 
erkennen. Eine Konferenz soll eine „Lösung“ besiegeln, die 
nur zu neuen Kriegen führen würde, und dazu noch mit der 
Beteiligung Moskaus, das nicht einmal eine Botschaft in Israel 
unterhält Die sowjetischen Verbündeten Syrien und Libyen 
lehnen natürlich Arafats und Husseins Vorschlag scharf ab, da 
er das bloße Wort „friedlich“ enthält. 

Israels erfahrener Mosche Dajan hat einmal zu arabischen 
„Friedensinitiativen“ gesagt, danach gäbe es vielleicht Frieden 
in Nahost, aber kein Israel mehr. Das trifft auch auf die 
aufgewärmten Ideen des Königs und des Terroristen in Am- 
man zu. 


Muß er selbst wissen 

Von Heinz Barth 

Z weimal ist Helmut Lölhöffel, dem früheren Korresponden- 
ten der „Süddeutschen Zeitung“ in Ost-Berlin und jetzigen 
Korrespondenten der „Frankfurter Rundschau“ in Bonn, die 
Einreise in die „DDR“ ohne Angabe von Gründen verweigert 
worden. Das kann, wie man sieht, auch einem Kollegen passie- 
ren, dem l.och niemand Voreingenommenheit gegen das Ho- 
necker-Regime nachzuweisen vermochte. In den fast sechs 
Jahren, die er aus dem anderen Deutschland berichtete, wider- 
fuhr ihm das mehrdeutige Glück, nie von dem lauernden 
Zenso ren-Wahn des realen Sozialismus gerügt zu werden. 

Seit ihm vor drei Monaten an der Grenze das noch wirksame 
„DDR“ -Visum ungültig weggestempelt wurde, fehlte es nicht 
an diskreten Versuchen, den Fall, wie es die unmittelbar 
betroffene Zeitung ausdrückt, „ohne öffentliches Aufsehen“ zu 
klären Das Resultat der Schuldforschung, in die auch die 
Bundesregierung eingeschaltet wurde, war so mager, wie man 
es erwarten mußte. Der Journalist, so ließ sich Ost-Berlin 
vernehmen, werde selbst wissen, warum er in Ungnade gefal- 
len sei - es hänge mit seiner früheren Tätigkeit zusammen 
Da hat der Kollege Pech gehabt Offenbar wollte die „DDR“ 
den Wirbel vermeiden, den die Ausweisung eines Korrespon- 
denten mit seinem politischen Hintergrund produzieren muß- 
te. Kaum aber hatte er die Grenze überschritten, da wurde die 
Tür hinter ihm verriegelt. „Ohne Aufsehen“, versteht sich. Nun 
darf er rätseln, was er falsch gemacht hat Er ist ja nicht der 
einzige, der damit leben muß, daß jemandem im Osten seine 
Nase nicht gefällt Für solche Willkür, das hat auch diese 
Zeitung schon erfahren, bedürfen kommunistische Regime, 
denen das Wichtigste am Journalismus die Knebelung seiner 
Bewegungsfreiheit ist niemals näherer Begründung. 

Im Gegensatz zu anderen Ost-Diktaturen, die sich in Helsin- 
ki nur formal zur Respektierung der Pressefreiheit bekannten, 
muß aber Ost-Berlin dran erinnert werden, daß es sich im 
deutsch-deutschen Grundlagen- Vertrag am 8. November 1972 
spezifisch zu Arbeitsmöglichkeiten für Journalisten verpflich- 
tet hat zu denen die freie Information, die jederzeitige Ein- und 
Ausreise für stationäre sowie unbeschränkte Bewegungsfrei- 
heit für reisende Korrespondenten gehören. 

Drei Informanten 

Von Eugen Wolmarshof 

N un ist auch Walter Wallmann im Gerede. Eben rechtzeitig 
zum hessischen Kommunalwahlkampf länderte ein Ham- 
burger Wochenblatt folgende Geschichte: -Wallmaim habe von 
der Deutschen Bank ein besonders lukratives Aktienpaket 
zugeschoben bekommen, tausend Stück, wo andere nur zwan- 
zig bekommen hätten. Daran habe Wallmann einen „Spekula- 
tionsgewinn“ von sechzigtausend Mark gemacht Die Sache 
paßte um so besser, als das Blatt gerade die angebliche Über- 
macht der Deutschen Bank in der deutschen Politik beklagt 
hatte. 

Wallmann setzte sich zur Wehr, veröffentlichte Unterlagen, 
gab Auskunft über private Dinge und wies nach, daß er keines- 
wegs tausend, sondern nur hundert dieser Aktien bekommen 
hatte, wie andere Bankkunden auch. Die Deutsche Bank bestä- 
tigte seine Auskunft. Ist die Sache damit erledigt? 

Nicht für das Hamburger Blatt Ihm sei nun einmal „von drei 
Informanten in der Deutschen Bank“ die Geschichte zugegan- 
gen. Es gebe eine „Buehungsorder“ handschriftlich, die „-den 
Spiegel-Informanten zufolge - aus der Zentralen Personalab- 
teilung der Deutschen Bank“ gekommen sei. Die „Divergenz“ 
werde durch Wallmanns Angaben „nicht geklärt". 

Der mündige Wahlbürger soll also den Schluß vor der Wahl 
ziehen, daß der Wallmann nicht gewählt werden darf; wenn die 
„Divergenz“ dann nach der Wahl „geklärt“ wird, würde es dem 
Angegriffenen nichts nützen. Freilich kann der mündige Wahl- 
bürger daraus auch noch zwei andere Schlüsse ziehen. 

Nämlich erstens: So steht es mit dem Schutz der Bürgerehre 
hier im Land. Geständige Terroristen sind „mutmaßliche“, 
aber ein Mann, der durch eigene Angaben und die seiner Bank 
bescheinigt, daß die Behauptung über ihn nicht stimmt, ist 
schuldig. 

Und zweitens: Dasselbe Hamburger Blatt feierte seinerzeit 
das Jahr 1984 als „Orwell-Jahr“ mit einer Jeremiade darüber, 
wie doch in diesem Land der Datenschutz im argen liege und 
kein Bürger vor Schnüfflern sicher sei. Na, wenigstens das 
stimmt - aber nicht, soweit der Staat gemeint ist 



KGB gegen eine Familie 


Ein Mann sieht rot 


KLAUS BÖfr&E 


Noch ist es nicht zu spät 


Von Enno v. Loewenstem 

I ch habe das Geluhl“, versicherte 
der DFB-Vorsitzende Hermann 
Neuberger, „daß viele das Thema 

Fiirnp anipigtprsphaft : benutzen. Um 

sich selbst darzustellen.“ Viele? Ei- 
ner hat es dazu benutzt und nun 
haben wir alle den Schaden davon. 
Zudem sabotiert er jede Reparatur 
des Schadens: „Wir werden auf der 
Exekutiv-Sitzung der UEFA am 15. 
März in Lissabon Berlin noch ein- 
mal ins Gespräch bringen. Aber ich 
sehe keine Chancen mehr. Durch- 
peitschen läßt sich die Sache hicht 
Man muß in Kauf nehmen, daß ein 
Spiel in Berlin nicht stattfindet“ 
Da wird also vom Deutschen 
Fußball-Bund den anderen von 
vornherein bescheinigt Ihr 
braucht euch gar nicht um Berlin 
zu kümmern, wir selbst tun es auch 
nicht Wenn der DFB diesen Men- 
schen nicht umgehend hinauswirft, 
dann leistet er sich und leisten wir 
alle uns eine Selbstdarstellung, die 
an die nationale Substanz geht 
Dahingestellt bleiben mag die 
Frage, ob es Dreistigkeit oder Debi- 
lität ist, was Neuberger sagen läßt: 
„Die Politiker sollen sich auf ihre 
Aufgaben beschranken . . . Der 

Sport muß sieb selbständig zeigen 
und sich wehren.“ Weder zeigt sich 
der Sport finanziell selbständig, 
noch ist er es politisch. Nicht nur 
tritt der Deutsche Fußballbund mit 
Bundesadler und Bundeshymne 
an; seine und alle anderen Funktio- 
näre stehen zudem täglich auf den 
Matten der Politiker um Zuschüs- 
se, neue Stadien, Übernahme von 
Vereinsdefiziten und alles mögli- 
che. Am allerwenigsten zeigt sich 
Distanz zur Politik in der Person 
des Hermann Neuberger, der seine 
reichdotierte Privatkarriere - Di- 
rektor des Saarland-Sporttoto, Ge- 
schäftsführer der Spielbank Saar- 
brücken, Aufsichtsratsvorsitzender 
der Saarhalle - der Politik verdankt 
und der bislang keiner Gelegenheit 
auswich, sich mit hohen Politikern 
öffentlich zu zeigen. 

Überdies treten Neubergers 
Kicker nicht zu seinem Privatver- 
gnügen an, sondern vor dem deut- 
schem Publikum, und dieses hat 
klar gesagt, daß es Berlin nicht als 
Sache irgendwelcher Politiker, 
sondern als die Sache aller Deut- 
schen empfindet Die Politiker 
nehmen ihre Aufgabe wahr, wenn 
sie den DFB drängen, den Schaden 
in Ordnung zu bringen. 

Besonders hanebüchen aber ist 
es, wenn Neuberger so tut, als sei 
alles bisher aus rein sportlichen 
Gründen entschieden worden und 


nun erst mische die Politik sich ein. 
Die Sowjets sabotieren den Sport 
in Berlin seit vielen Jahren, und 
zwar unverblümt aus politischen 
Gründen: Berlin sei Jeein Bestand- 
teil“ der Bundesrepublik. Sie wol- 
len Berlin als quasi dritten deut- 
schen Staat von der Bundesrepu- 
blik trennen. Dazu soll auch der 
Sport mit seiner gewaltigen Aus- 
strahlung beitragen. 

Wahrend also die UdSSR einer- 
seits darauf besteht, daß der We- 
sten „die territorialen Nachkriegs- 
realitäten“ bedingungslos aner- 
kennt und beispielsweise nicht et- 
wa die Rechtsfrage zu Schlesien 
aufwirft, weil dieses doch „real“ 
unter östlicher Kontrolle stehe, be- 
müht sich dieselbe UdSSR ande- 
rerseits, und zwar durch ganz ak- 
tives Handeln und keineswegs nur 
durch juristische Argumente, das 
„real“ (und selbstverständlich auch 
juristisch) dem freien Deutschland 
zugehörige Berlin in den Östlichen 
Sklaverei verbünd hinüberzuzie- 

hen. Das unterstützt mm der mäch- 
tigste und breitenwirksamste aller 
deutschen Sportverbände dank 
seines ebenso instinktlosen wie eit- 
len Präsidenten - und dieser tut so, 
als hatten erst diejenigen, die die- 
sem großangelegten Manöver ent- 
gegen treten, die Politik in den 
Sport getragen. 

Es hätte, stellen wir dies klar, 
nicht so kommen müssen. Und es 
ist, stellen wir dies ebenfalls klar, 
durchaus noch zu reparieren; der 
gefährliche Präzedenzfall, der, nie- 
mand mache sich da etwas vor. 




„Aufgabe der Politiker": Neuber- 
ger mit Gesprächspartner 

FOTO. BONGARTS 


Berlin für absehbare Zeit sportlich 
isolieren würde, wäre abzuwenden 
- vorausgesetzt, ein Vertreter der 
deutschen Interessen nähme die 
Sache in die Hand. Denn die Ost- 
block-Vertreter sind in der UEFA 
in der Minderheit 

Die EM-Absümmung fand in ei- 
nem achtköpfigen Gremium mit 
nur drei Ostblock- Vertretern statt 
Allerdings machte Großbritannien 
den Deutschen mit einer eigenen 
Bewerbung Konkurrenz, so daß ei- 
ne Mehrheit der Westvertreter zu- 
nächst nicht gegeben war. Neuber- 
ger hätte damals schon versuchen 
können, die Frage im westlichen 
Kreis zu klaren. Statt dessen bie- 
derte er sich beim Osten mit sei- 
nem Berlin-Verzicht an. Dort griff 
man natürlich zu, hocherfreut über 
den nützlichen Unpolitischen. Bei 
der UEFA-Tagung am 15. Mäzz 
aber ist das S timme nverhältnis so- 
gar noch größer zugunsten des We- 
stens. 

Zwar könnte Großbritannien ; 
jetzt die Gelegenheit wahrnehmen, 
als lachender Zweiter die Meister- 
schaft an sich zu ziehen, zumal da 
Neuberger obendrein verkündete: 
auch die Mittel- und Westeuropäer 
hätten „die Nase voll von deut- 
schen Querelen“ und wollten „Ru- 
he in Europa" und Jreine Blockbil- 
dungen.“ Man kann diese Mittel- 
und Westeuropäer (falls sie es wirk- 
lich nicht wissen sollten.') darauf 
hin weisen, daß die Blockbildung in 
Europa bereits da ist und sich in 
der Entscheidung gegen Berlin 
wieder einmal ausgewirkt hat Daß 
man aber von heute auf morgen 
Ruhe in Europa herstellen könne 
durch die Klarstellung gegenüber 
«fern Ost-Block: Berlin wird einbe- 
zogen, auch in Zukunft, und wenn 
euch das nicht paßt, dann seid ihr 
diejenigen, die ausgeschlossen 
bleiben. 

Gegenüber einer solchen Spra- 
che kehren die Sowjets augenblick- 
lich zurück, nach Genf, nach Ber- 
lin, wohin immer. Und dann ist es 
aus mit den Querelen. Insbesonde- 
re die Briten begreifen das, denn 
sie stehen in Berlin und wissen, 
daß Großbritannien auch in Berlin 
verteidigt wird. Man muß nur, wie 
gesagt, zunächst einen Deutschen 
haben, der Mut und Selbstachtung 
und, ja, Vaterlandsliebe genug hat, 
sie darauf anzusprechen, anstatt 
vorher schon schweifwedelnd das 
Feld zu räumen. 


Von Peter Dittraar 

E ine Frau wfll bei ihrem Mann und 
ihren Kindern leben. Aber das ist 
gegen das Ges€ta - sagen die sowjeti- 
schen Behörden. Allerdings manipu- 
lieren diese Behörden das Gesetz 
selbst, indem sie Irina Griwnina die 
An ffrn thalt s prTp 1 ibnis Moskau ver- 

' weigern, zur Strafe dafür, daß säe mit 
regimekritischen Äußerungen her- 
vorgetreten ist Sie möchten die junge 
Frau aus der Hauptstadt verdrängen, 
weit sie hoffen, daß sie dann verges- 
sen wird. So leben sie und ihr Mann 
jetzt in der ständigen Furcht vor er- 
neuter Verhaftung.. 

Das spiegelt sch in einem Brief; 
der in diesen Tagen in den Westen 
gelangte. Darin erklären Irina 
Griwnina und ihr Mann, daß ihre bei- 
den Töchter von einer namentlich ge- 
nannten holländischen Familie adop- 
tiert werden sollen, „falls es uns künf- 
tig nicht möglich sein sollte, unsere 
elterlichen Rechte gegenüber unse- 
ren Kindern auszuüben“. 

Die Biographie von Irma Griwnina 
ist typisch für viele Dissidenten. Sie 
wurde 1945 im zentralasiatischen Teil 
der Sowjetunion geboren, wohin ihre 
Mutter evakuiert worden war. Gleich 
nach Kriegsende jedoch kehrte sie 
mit ihren Ehern - der Vater war ein 
bekannter Japanologe— nach Moskau 
zurück. Dank Chruschtschows Tau- 
wetter wurde sie als erste Jüdin über- 
haupt am Institut für Mathematik 
«im Studium m g^iagspn Danach ar- 
beitete sie als Ckimputerspezialistin. 

Seit 1977 beteiligte sie sich an der 
von Dissidenten gebildeten Arbeite- 
kommiSSion zur Frfnr<«»hnng des 
Psy chiatriemißbra uchs. . Deshalb 
wurde sie 1980 verhaftet und zehn 
Monate spater wegen „Verleumdung 
der Sowjetunion“ zu fünf Jahren Ver- 
bannung verurteilt. 

Am 26. Juni 1983 durfte säe aus 
Kasachstan zurück nach Moskau fah- 
ren, denn nach den seltsamen Regeln 
des sowjetischen Strafvollzugs wiegt 
ein Tag im Gefängnis drei Verban- 
nungstage auf Allerdings hätte man 
sie eigentlich schon Ende 1982 freilas- 
sen müssen, denn damals stellte sich 



Soll nicht bei ihrem Monn leben: 
Regimekritikerin Griwnina 

FOTO; DIE WEIT 

heraus, daß sie schwanger war. Und 
nach dem Strafgesetz der- Kasachi- 
schen SSR müssen Schwangere so- 
fort entlassen werden. Seit der Ge- 
burt ihrer zweiten Tochter Jana (ihre 
erste Tochter Mascha ist inzwischen 
zwölf Jahre alt), lebt sie in der Woh- 
nung ihres Mannes. Doch das KGB 
läßt sie nicht in Ruhe. 

In einem Brief an Tschernenko, 
den „Kontinent“ in seiner neuesten 
Ausgabe publiziert, fordert sie des- 
halb die Papiere für die Emigration. 
Eine Antwort erhielt sie nicht. Dafür 
erschien die Miliz und drohte ihrem 
Mann die Entlassung von seiner Ar- 
beitsstelle und beiden ein Verfahren 
wegen „illegalen Aufenthalts“ und 
„Duldung des illegalen Aufenthalts“ 
in Moskau an. 

Irina Griwnina hatte Tschernenko 
gefragt, ob der „riesige, schreckliche 
Staatsapparat“ vor ihr Angst habe. 
Die Antwort steht noch aus. Sie kann 
Ausreise heißen, aber auch erneute 
Haft und Vexbanmmg. Das, was die 
Sowjets fruchten, laßt sich damit je- 
doch nicht unterdrücken: die Wahr- 
heit über die Menschenrechtsverlet- 
Tfingpn, von denen wir dank des Mu- 
tes von Frauen wie Irina Griwnina 


DIE MEINUNG DER ANDEREN 


BRAUNSCHWEIGER 

ZEITUNG 

Znr Fafiball-HK bonmfct Btatt: 

Die Fußball-E u ropameisterschaft 
1988 hat noch nicht begonnen, aber 
Deutschland liegt schon 0:2 im Rück- 
stand - dank zweier Eigentore seiner 
Sportfunktionäre. Das erste schoß 
der DFB unter Kapitän Neuberger, 
als er der UEFA eine Liste mit Spie- 
lorten ohne Berlin unterbreitete. Das 
zweite, als er, hochgeschreckt durch 
die allerorten aufbrandenden Vor- 
würfe, beteuerte, er würde sich doch 
für eine Berücksich tiung Berlins ein- 
setzen, gleichwohl in keinem Falle 
auf die Europameisterschaft verzich- 
ten. Damit beraubte er seinen Nach- 
hinein- „Einsatz“ für Berlin von vorn- 
herein jeglicher Überzeugungskraft. 

THE SUNDAY TELEGRAPH 

Zn den Kalten des BerpiMtFr-Strdki 

„ tra i.i i et*. Londoner Ke itum StcOmf; 

Nach Angaben des Nationalen In- 
stituts für Wirtschafts- und Sozialfor- 
schung von letzter Woche sind im 
vergangenen Jahr 22 Millionen Ar- 
beitstage auf Grunddes Bergarbeiter- 
streiks verlorengegangen. Das Wirt- 
schaftsaufkommen wurde um ein 
Prozent und der britische Handelsbi- 
lanz-Überschuß um zwei Milliarden 
Pfund reduziert Die Kreditaufnahme 
der öffentlichen Hand erhöhte sich 
um den gleichen Betrag . . . Zumin- 
dest scheint Frau Thatcher jetzt dem 
Sieg nahe. Nach der Ablehnung eines 
vom . Gewerkschafts-Dach verband 
TUC unterstützten Abkommens 
durch den Führer der Bergarbeiterge- 
werkschaft , Scaigill, und der darauf 
felgenden Ablehnung weiterer Ver- 
handlungen durch die Regierung 
kann man in dieser Woche eine wirk- 


liche Woge von Rückkehrern in die 
Zechen erwarten. ■ 

HEILBRONNER STIMME 


Zorn SPO-Anftkot : 
hier: 


i dl« Dolen beifit r* 


Zweifel an der Ernsthaftigkeit des 
Angebots von Brandt und Vogel müs- 
sen aufkommen, wenn man den gan- 
zen Ballast von Vorwürfen, mit denen 
es garniert ist mit in Betracht zieht 
Sie sind nicht gerade dazu angetan, 
den Weg zum gemeinsamen Handeln 
in wichtigen Sachfragen zu ebnen. 
Und welchen Sinn macht es, wenn 
die SPD ihren Angebotskatalog sozu- 
sagen auf Nebenkriegsschauplatze 
ausdehnt, für die. eigentlich nur die 
jeweils Regierenden zuständig sein 
sollten - und im Interesse einer funk- 
tionierenden Demokratie auch müs- 
sen. Solche weitgefächerten Kataloge 
fuhren sich zudem von selbst ad ab- 
surdum, wenn man durchaus richtig 
von vornherein einer großen Koaliti- 
on eine Absage erteilt 

KRUNERMQRQENFOST 

Bl« meint rar Wohl Bange .. r 

Bangemann ist kein politisches 
Wunderkind, gleichwohl werden ihm 
die Qualitäten eines Tausendsassas 
abveriangt Der neue Vorsitzende 
Martin Bangemann soll die Liberalen 
aus dem Tal der Tränen herausfuh- 
ren. Als Wirtschaftsminister soll er 
ein lebenswichtiges Ressort fehlerlos 
führen und im Kabinett für ein gutes 
Koalitionsklima sorgen. Er soll 
Brükcken schlagen zwischen der 
bummelnden Parteibasis und der 
FDP-Fühmng. . . Ist Bangemann, der 
Individualist der sich in vielerlei Sät- 
teln behauptete, mit seiner neuen 
Aufgabe nicht überfordert? 


Endlich schafft Reagan Klarheit in Sachen Nicaragua 


Es geht nicht nur um Entlastung für El Salvador / Von Wemer Thomas 


R eagans erste Pressekonferenz 
der zweiten Amtsperiode war 
bemerkenswert, weil der Präsident 
seine Position in Sachen Nicaragua 
deutlich wie nie dargestellt hat Die 
Sandinisten müssen demokrati- 
sche Verhältnisse schaffen oder da- 
mit rechnen, daß die USA ihre Ent- 
machtung betreiben. 

Daniel Ortega, der neue nicara- 
guanische Präsident, wertete 
Reagans Worte als „Kriegserklä- 
rung“. Ein Vertreter der US-Regie- 
rung sprach dagegen von einem 
„letzten Ultimatum“: Systemände- 
rung oder Sturz. 

Der Konflikt war vorauszusehen. 
In Washington wurde bereits. .zu 
Beginn der aand inisitische n Ara 
der Entschluß gefaßt, daß k ein 
zweites Kuba in Mittedamerika ge- 
duldet und auch El Salvador ge- 
schützt werden solle - nicht erst, 
seit Innenminister Tomas Borge 
vor zwei Jahren in einem 
„Playboy“ -Interview die Katze aus 
dem Sack ließ: die Revolution in 
Mittelamerika sei „unaufhaltsam“. 


Wobei er sogar Reagan riet, sie zu 
.unterstützen. Im August 1981 hatte 
der US-Diplomat Thomas Enders 
die Erfüllung der ursprünglichen 
Versprechungen reklamiert: Rura- 
lismus, Blockfreiheit, gemischte 
Wirtschaft, Abzug der - mittlerwei- 
le zehntausend - Kubaner, Abrü- 
stungsschritte und ein Ende der 
Waffenlieferungen an die salvado- 
rianischen Partisanen. Als Gegen- 
leistung wollten die USA wieder 
ihre Wirtschaftshilfe aufhehmen, 
die Carter abgebrochen hatte. 

Die Comandantes glaubten sich 
die Antwort leisten zu können: 
„Wir werden nicht auf den Knien 
kriechen“, (Junta-Mitglied Sergio 
Ramirez, der heutige Vizepräsi- 
ent). Seit November 1981 unter- 
stützt die CIA eine antisandinisti- 
sche Rebellenorganisation, die 
„Demokratischen Kräfte Nicara- 
guas“ (FDN). Die Organisation 
wuchs auf vierzehntausend Kämp- 
fer, die größte GueiriUa-Armee La- 
teinamerikas. 

Der Kongreß hat die CIA-Hilfe 
(vierzehn Millionen Dollar) für die 


FDN zwar storniert, aber Außenmi- 
nister George Shultz, in Mittelame- 
rika-Fragen bisher als besonders 
vorsichtiger Taktierer eingestuft, 
ist mit einer sehr massiven War- 
nung nachgestoßen: Wenn die USA 
die Freiheitskämpfer im Stich lie- 
ßen würde das die Kosten einer 
spateren wie Shultz sagte, „unver- 
meidlichen Aktion“ der USA erhö- 
hen. Klarer kann man es nicht sa- 
gen entweder die Freiheitskämp- 
fer Nicaraguas kämpfen - oder, ei- 
nes Tages, unsere Boys. 

Die Stimmung im Kongreß 
schwenkt freilich ohnedies lang- 
sam iim. „Die Sandinisten Hahen 
kürzlich nichts getan, was das Ver- 
trauen in sie gestärkt hätte“, sagte 
der liberale demokratische Kon- 
greßabgeordnete David Obey. 

Im Gegenteil; seit der program- 
mierten Wahl Ortegas zum Präsi- 
denten Anfang November haben 
die Sandinisten die Zügel wieder 
gestrafft. Pedro Joaquin Chamorro, 
der Chefredakteur der „Prensa“, 
der einzigen Oppositionszeitung, 
emigierte aus Protest über die ver- 


schärfte Zensur nach Costa Rica. 
Fidel Castro kam als einziger 
Staatschef zur Amtseinführung Or- 
tegas Anfang Januar. Der Besuch 
des Teheraner Regierungschefs 
Hussein Moussavi in Managua gab 
Reagan Gelegenheit, an die Verbin- 
dungen der Sandinisten zu den 
„Terroristen von Iran, Libyen, den 
Roten Brigaden und der PLO“ zu 
erinnern: „Die Sandinisten sind 
Kommunisten, die den Kommunis- 
mus exportieren wollen.“ Selbst 
Arturo Cruz, vielleicht der angese- 
henste nicaraguanische Opposi- 
tionsführer, der einmal der sandlni- 
stischen Junta diente, plädiert heu- 
te für eine weitere Unterstützung 
der Freiheitskämpfer durch die 
USA. Nur so könnten die Coman- 
dantes zu Verhandlungen mit der 
Opposition gezwungen werden. 

Reagans Koxnpromißlosigkeit ist 
von größter Bedeutung für die 
Freiheitskämpfer. Bis zur US-Wahl 
hatte er die CIA-Hilfe nämlich nur 
mit einem Argument auf Gegensei- 
tigkeit begründet: solange & San- 
dinisten eine Guenilla gegen El 


Salvador unterstützten, dürfe Sal- 
vador Verbündeter doch wohl ei- 
ne G uerrilla gegen Nicaragua un- 
terstützen; keineswegs wolle man ■ 
aber die Regierung in Managua* - - 
stürzen. Das mag taktisch klug ge- 
wesen sein, auf die Dauer aber hät- 
te es zum Zusammenbruch der An- 
tisandinisten geführt. Denn wie 
sollte man sie motivieren, wenn sie 
ihr Leben nicht für die Freiheit ih- 
res Landes, sondern nur für die 
Entlastung eines fremden Landes 
kämpfen durften? Nun ist hier in 
einem wichtigen Punkt Klarheit 
geschaffen. 

Die Comandantes zeigen keins« 
Kompromißbereitschaft, im Ge-", 
gen te il Die Kubaner bleiben. Vize- H - 
Präsident Ramirez wurde in derer- ™ v . 
sten Februar-Hälfte über den At- 
lantik geschickt, um die Westeuro- '{■■ 
paer gegen die Reagan-Regierung 
zu mobilisieren. Er hatte wenig Er- .f-' > 
folg. Adolfe Calero, der Komnian- v >. 
deur der antisandinistischen FDN- ; 
Rebellen, prophezeit ein „entschei- : -'.-7 : 
dendes Jahr“. So ähnlich .urteilen, 
auch die Sandinisten. 


r 






IE $ WELT 


Paitei- 


öh STEFAN HEYDECK 
undFETER PHILIPPS 




IJ*.... •**<*■ ■■■%;*■ 


'■ *xftüiC‘"L 


ej>“. v-v !»*■*<*? 
■»»...» » 





H ans-Dietrich Genschers über- 
lebensgroßes Fernsehbild 
blitzte einmal kurz auf der 
Leinwand der Saarland-Halle au£ 
wurde von den Deckenschein wertem 
überstrahlt und verschwand wieder - 
genauso wie auf diesem 36. Bim- 
desparteitag der Vorsitzende nach 
nmd elf Jahren aus denn Spitzenamt 
abtraL 

Auf der durchg än gig vom Willen 
zur Harmonie geprägten Veranstal- 
tung räumte Genscher in seiner ein- 
stü nd ige n Abschiedsrede sogar Feh- 
ler ein; „Ich weiß, daß ich es Thiu»p 
nicht immer ldcbtgemacht habe.“ 
Und mehr noch; „Ich bitte diejenigen 
um Nachsicht, denen gegenüber ich 
ungerecht oder - was manchmal 
schwerer wiegen lcann - gleichgültig 
war.“ Allerdings fugte der gewiefte 
Taktiker gleich hinzu, daß auch man , 
che Liberale es ihm „nicht immer 
leichtgemacht“ hätten. 

Die ohne Gegenkandidaten glatt 
verlaufene Wahl des neuen Partei- 
chefe Martin Bangemann (352 Ja von 
394 Stimmen), des Generalsekretärs 
Helmu t Haussmann (321 von 364 
Stimmen) und des neuen stellvertre- 
tenden Vorsitzenden Wolfgang Ger- 
hardt (335 von 389 S timmen) gaben 
die Grundlage für die freundliche 
Stimmun g, in der der Ehrenvorsit- 
zende Walter Scheel seinen langjähri- 
gen Stellvertreter und Nachfolger 
würdigte. 

Scheel redete dabei nach eigenen 
Angaben zum ersten Mal sät mehr als 
.zehn Jahren wieder auf einem FDP- 
Farteitag. Die Laudatio war nicht frei 
von Spitzen. So sagte er beispielswei- 
se: „Und das ist wahr, Hans-Dietrich 
Genscher hat wenig Prophetisches, 
Hammen sprüht er auch nicht.-Hedls- 
verkündung ist nicht seine Sache, 
und gegen ideologische Weltgebäude 
hat er eine tiefe Abneigung. Denn er 

ist ein Liberaler. - ■ - 

. Als Dank überreichte unter minur 
tenlangem Applaus der ehanalige 
Bundespräsident dem ehemaligen 
Parteivorsitzenden einen silbernen 
Elefanten, weil diese Tiere „zahlrei- 
che Charakteristika" hätten, die auch 
Genscher nicht „wesensfremd“ seien. 
Das sei«i „große Ohren, Schwerge- 
wicht und eine fälschlicherweise 
nachgesagte Dickfelligkeit, die euer 
beider Femnervigkeit außer acht 
läßt“. 

Zwei Tage lang bemühten sich die 
400 Delegierten um eine Standortbe- 
stimmung ihrer Partei Sie grenzten 
sich nicht nur gegen SPD und Grüne 
scharf ab, sondern zogen auch deut- 
lich die Grenzen gegenüber den Ko- 
alitionspartnern CDU und CSU. Da- 
bei wurde aller ding s klar, daß auch 



FDP-Chef Martin Bqag e i qaw ; Bm mm Ara darUberatai wird •fngaJävfet 


über die nächste . Bundestagswahl 
1987 hinaus für die Freien Demokra- 
ten ein neuer Bündniswechsel nicht 
in Frage kommt 

Das ohne ffe gtm grimmen verab- 
schiedete 14sertige „liberale Mani- 
fest“ soll den Bahnten für die anste- 
hende politische Arbeit liefern. Seme 
Autoren sind nicht mit dem An- 
spruch angetreten, wnm shnHVhpp 
geistigen Wurf wie die Freiburger 
Thesen von 1971 vorzulegen, was zu 
dem etwas bissigen Kommentar eines 
Delegierten führte: „Ich habe den 
Eindruck, daß die Verfasser zuerst 
die Gliederung und dann die Stoff- 
sammlung geinacht haben.“ 

Die Parteitagsstrategen hatten bei 
der Planung des Ablaufs alles daran- 
gesetzt, um eine Neuauflage des chao- 
tischen Münsteraner Parteitages im 
Juni 1984 zu ve rhinder n. Sb war be- 
wußt die Beratung von Anträgen mit 
möglichem politischen Zündstoff auf 
den zweiten Kongreß tag angesetzt 
worden. Aber auch dabei kam es zu 
keinem Krach. Bei den Themen Ren- 
tenreform, Außen- und Sicher- 
heitspolitik, IghPSfhpidiingHfnl g». 
recht und Opferschutz bei Straftaten 
flackerten allpnfallB rhetorische 

Scharmützel auf Otto Graf Lambs- 
dorff sorgte dadurch, daß er den sei- 
nen ursprünglichen Intentionen zu- 
widerlaufenden mühsam errungenen 
Rentenkompromiß selbst als Antrag 


vor den Delegierten vortrug, für eine 

Tflntscharfiing der Situation. 

Wie eng der Schulterschluß der Li- 
beralen in der Saar-Metropole war, 
zeigte sich auch darin , Haß es am er- 
sten Tag immerhin fünf Stunden dau- 
erte, ehe erster echter Widerspruch 
vom „Fußvolk“ kam. Walter Scheel, 
der schon ZU swnw fi pnachpr . T amfa- 
tio ans Mikrofon geg an g en war, muß- 
te sich wieder setzen: Die Delegierten 
wollten „nicht nur die Elefanten“ zu 
Wort kommen lassen, sondern auch 
selber Luft ablassen. Protestierte ei- 
ner. „Ich habe 500 Mark gezahlt, um 
von Pass&il hiWfagrimknmriwi- 'Die- 
ses Abwürgen der Diskussion ist 
doch keine Methode auf einem FDP- 
Parteitag.“ So kam denn auch von 
pmwn der Vergleich, die jetzige Ko- 
alition ähnele einer Partnerschaft mit 
einer „Gottesanbeterin, die ihren 
Partner nach der Paarung verspeist“. 

Aber auch Genscher hatte in. seiner 
Abschiedsrede betont, daß für die 
Partei auch in Zukunft die Verfol- 
gung eigener Ziele an erster Stelle 
stehe und nicht das Schielen auf Koa- 
litionen. „Lassen wir uns nicht in 
Scheinalternafiven drängen, Wirt- 
schaftsliberale oder Rechtsliberale. 
Eine FDP, die die Sicherung und den 
Aufbau des liberalen Rechtsstaates 
auf den zweiten Rang setzt, würde 
verkümmern. Sie gäbe sich auf“ Den 
Koalitionspartner mahnte er „Wir 



•’* .U ■ ■ V • * 

Hm» Partei nrit vMn Garidrtero; die Paiteitogtdelegierten Havssmaim, 
Gamchar and Baun (von Hula). FOTOS: Sven stmon 


sind aufeinander angewiesen, wir 
wurden gewählt, damit wir miteinan- 
der und nicht y g A neiniffldpr arbei- 
ten. Hier ist auf beulen Seiten noch 
Lernfähigkeit gefordert Wir, nicht 
die CDU haben die Wende bewirkt“ 
Auch Bangemann hob in seiner 
Schlußrede hervor, daß die Koalition 
„um so erfolgreicher“ sein werde, je 
„geschlossener“ sie auftrete. Aller- 
dings würden die Liberalen „stand- 
haft gegenüber allen Einflüsterun- 
gen, auch des Koalitionspartners“ 
bleiben, „es hier und da mit der 
Marktwirtschaft doch nicht so über- 
trieben ernst zu nehmen“. Gerfaart 

Rudolf Baum , der sich langaam um 
seme .-Wiederwahl als stellvertreten- 
der Parteivorsitzender 1986 k ümmern 
muß, steckte seinen roten Pullover in 
die Aktentasche »nd stimmte in dtm 
Chor rin: „Es gibt keine Alternative 
zur jetzigen Koalition.“ 

Der Harmonie nächster Akt' Hil- 
degard Hamm-Brücher schlug selbst 
„meinen Freund“ Geihart für das 
durch den Verzicht von Jürgen Mor- 
lok frei gewordene Amt des Parteivi- 
ze vor, obwohl sie vor wenigen Tagen 
noch selbst dafür antreten wollte. 
Aber selbst der linksliberale Sylter 
Kreis hatte sie zum Veracht ge-' 
drängt Nach dem Voiliegen desi 
Stimmergebnisses war sie Hann auch 
die erste, die sich nach vom durch-: 
drängelte, um Geihart zu gratulieren^ 
Bei aller kämpferischen Anlage 
verströmte in - Saarbrücken -sogar 
Lambsdorff Zufriedenheit Er ver- 
sprach: „ich werde Bangemann nüt 
fncinw ganzen Kraft unterstützen. 
Darauf kann er sich verlassen. Und 
ich versichere Dich, Hans-Dietrich, 
meiner unverbrüchlichen ■- Freund- 
schaft“ Dies allerding s einen 
Delegierten nicht davon ab, ans Mi- 
krofon zu gehen und dem ehemaligen 
Bundeswirtschaftsminister den Rat 
zu geben, Kritik am Nachfolger Ban- 
gemann „ihm doch bitte persönlich“ 
zu sagen und nicht den Weg über die 
Öffentlichkeit zu beschreiten. 

Auf dem Parteiabend versuchten 
Genscher und Bangemann zu demon- 
strieren, wie sie es in Zukunft mitein- 
ander halten wollen: Bangemann vor- 
ne und Genscher hinten, radelten sie 
auf einem dann versteigerten Tan- 
dem pme Ehrenrunde. Allerdings 
noch nicht sehr sicher, sondern eher 
schwankend. Zwei Tage vorher hal- 
ten sie beim Aschermittwoch in Bay- 
ern noch in umgekehrter Formation 
erste Radelversuche gemacht 


Nur der Abgeordnete Tortora 
muß nicht in den Käfig 


Star der Show ist er noch 
immer, doch die Szene hat sich 
gewandelt. Er steht nicht mehr 
izn Scbeinwerferlicht der 
TV-Kameras, sondern als 
Angeklagter im Mittelpunkt des 
größten Camorra-Prozesses, den 
Italien je erlebte; der 
Europa- Abgeordnete Enzo 
Tortora. 

Von F. MEICHSNER 

T raum und Realität, hinreißende 
Schönheit und abgrundtiefe 
Häßlichkeit, Wahrheit und Lü- 
ge, kalte Rationalität und glühende 
Leidenschaft - nirgendwo andersauf 
der Welt erfaßt den Besucher so wie 
in Neapel spontan das Gefühl, allem 
und gleichzeitig dem Gegenteil von 
allem zu begegnen. Dieser Bedingt- 
heit aller Erkenntnis bewußt, betritt 
man den „Gerichtsbunker“ im Hof 
des Justizgefängnisses von Poggio- 
reale. Hier wird der neapolitanischen 
Camorra ihr bisher größter Prozeß 
gemacht 

Für den Hotelober, der gerade noch 
beim Frühstück wort- und gesten- 
reich die guillotinierten Häupter 
selbst der kleins ten Camorra-Rausch- 
giftschieber gefordert hatte, scheint 
das rin klarer Fall von „Kopf abl“ zu 
sein. Ob aber nicht auch er, so fragt 

man sieh, auf diskrete Anforderun g 

hin ein kleines Tütchen mit dem wei- 
ßen Pulver gegen entsprechenden Li- 
re- (oder besser noch; Dollar-) Betrag 
abzugeben hätte? Was ist schon ge- 
wiß in Neapel? Im Sekretariat der 
3QQQ- Quadratmet er-Arena muß ein 
Antrag auf Zulassung zum „Prozeß 
gegen Acquavivaund 252 andere“ ge- 
stellt werden. Man erhält sofort den 

n »TU>hmig nn g<MfoTnp pl_ D ann öffnet 

«A*h die Tür y»m Monstersaal, der in 

seinpn AngmaBen den FSnrin ink Eines 

Stadions erweckt, mit seinen Käfigen 
an cfop Zoo-Halle oder an ein altrömi- 
sches Amphietheater erinnert. 

Durch die Nebentür wird gerade 
ein»' der „252 anderen“ eingelassen. 
Es ist der eine, auf den alle schon seit 
Wochen warten: der des Rauschgift- 
handels und der Camorra-Zugehö- 
rigkeit angeklagte Europa-Parlamen- 
tarier und ehemalige Star-Showma- 
ster des Fernsehens Enzo Tortora. Mit 
ausgesuchter Höflichkeit geleitet ihn 

ein TTarahinipr i-f iffiripr 2U einem 

Platz neben den Anwälten. 

Die mifrmgpkiftgten 251 „anderen“ 
un d ihr alphabetischer Riegenführer 
Acquaviva warm vorher in etwas an- 
derer Weise auf etwas andere Platze 
„gebeten“ iwoirien. Man hatte sie in 
Handschellen aus ihren 20-Mann-Zel- 
len herbeigebracht und auf die 20 an 
der Rückwand des Gerichtssaales 
eingebauten Käfige verteilt Jetzt ste- 
hen sie an den Gitterstäben und ver- 
folgen 200 Meter entfeint den Einzug 
Tortoras. Die einen winken mit ihren 
Taschentüchern, andere rufen zärt- 
lich-ironisch „Gevatter Enzino, wie 
geht es dir?“, wieder andere schleu- 
dern dem Eintretenden und dem ihn 
begleitenden Führer der „Radikalen 
Partei“, Marco Panella, Schimpfwor- 
te entgegen. 

Einer hinter den Gitterstäben be- 
gehrt von Panella zu wissen, wann er 
denn nach dem „Drogenhändler“ 
Tortora und dem Linksterroristen To- 
ni Negri auch Camorra-Boß Raftaele 
Cutolo auf die liste der „Radikalen 


Partei“ ins Parlament wählen lassen 
und damit aus dem Gefängnis holen 
wolle. Panella, der sonst nie um eine 
Antwort verlegen ist, zieht es diesmal 
vor, zu schweigen. Daß sich hinter 
der Ironie unbändiger Zorn verbirgt, 
ist nicht zu überhören. „Alle Bürger 
sind vor dem Gesetz gleich“, be- 
stimmt Artikel 3 der Verfassung. En- 
zo Tortora ist als Angeklagter ohne 
Frage „gleicher“ - seitdem er auf Be- 
treiben PaneDas radikaler Abgeord- 
neter des Europaparlaments wurde. 

Vorher war auch er - wie die 252 
„anderen“ - als Untersuchungshäft- 
ling im Gefängnis, unschuldig viel- 
leicht, aber unter so schwerer Ankla- 
ge, daß er laut Gesetz inhaftiert blei- 
ben mußte. Jetzt wohnt er im Hotel, 
fährt im Taxi zur Verhandlung vor, 
kann d? wap b in irgendeinem Luxus- 
restaurant am Golf dinieren und gibt 
Pressekonferenzen, wann immer er 
will, während die weniger „gleichen“ 
in ihrem verriegelten Massenquartier 
des Foggioreale-Gefängnisses zu 20 
auf eine Toilette und ein Wasch- 
bekeken angewiesen sind, ihr am 





Ab ge klagtet mit Vorrechten: Enzo 
Tortora foto: dpa 

Mittag ausgeteiltes G effipgnisessen 
nach Ende der täglichen Gerichtsver- 
handlung nachmittags um 5 Uhr völ- 
lig erkaltet in den Zellen vorfinden 
und laut ausdrücklicher Anweisung 
des Gerichtspräsidenten nicht einmal 
mehr vor Beginn der Verhandlung im 
Prozeßsaal mit den Journalisten sich 
unterhalten dürfen. ' 

Gewiß, unter den 252 ^anderen“ 
befinden sich nicht wenige bereits 
rechtskräftig v erurteilte Mörder, Ge- 
wohnheitsverbrecher und Gang-Bos- 
se. Aber es gibt unter ihnen auch 
Leute wie Tortora, die sich für un- 
schuldig erklärten und über die noch 
keinerlei Urteil gefeilt wurde. 

Daß sie sich „ungleicher“ behan- 
delt fühlen, ist verständlich. Sie ha- 
ben nicht vergessen, daß Panella, be- 
vor er Tortora parlamentarisch immu- 
nisierte, bereits Toni Negri mit der 
gleichen Methode aus dem Gefängnis 
herausholte - jenen Linksterroristen, 
der dann nichts Eiligeres zu tun hatte, 
als sich unter dem Schutz der parla- 
mentarischen Immunität nach Paris 
abzusetzen, wo er jetzt über den in- 
zwischen ergange n en richterlichen 
Schuldspruch nur lacht 
Das Problem, das damit angespro- 
chen wird, übersteigt selbst diesen 


sogenannten Mega-Prozeß von Fog- 
gioreale. Es betrifft sowohl die parla- 
mentarischen Immunitätsregeln als 
auch die gesamte italienische Justiz- 
praxis mit ihren sich über Jahre hin- 
ziehenden Ermittlungsverfehren und 
Prozessen sowie ihren entsprechend 
langen Untersuchungshaftzeiten. 

Um das zu ändern, hat Panella den 
Fall Tortora in provokativer Weise 
aufgegriffen. Erreicht hat er vorläufig 
nur noch ein Mehr an Ungerechtig- 
keit 

Noch etwas anderes läßt diesen 
Prozeß gegen Raftaele Cutolos „Neue 
Organisierte Camorra“ aus dem Rah- 
men normaler Strafverfahren gegen 
Süditaliens Verbrecherwelt feilen. Es 
ist das Problem des „pentitismo“, 
dem hier das vielleicht entscheidende 
Gewicht zukommt Ein „pentito“ ist 
j eman d, der seine Sünden bereut In 
der italienischen Justizpraxis der 
letzten Jahre wird mit diesem Wort 
aber weniger ein reumütiger Sünder 
als vielmehr ein dingfest gemachter 
Verbrecher (Terrorist, Mafioso oder 
Camorrista) bezeichnet der sich in 
der Hoffnung auf eine mildere Strafe 
im Gefängnis entschließt mit den Er- 
znittlungsbehörden zusammenzuar- 
beiten und seine Exkumpanen zu ver- 
pfeifen. 

Die Belohnung des „pentito“ durch 
Strafnachlaß war vom Gesetzgeber 
auf dem Höhepunkt der Terroris- 
muskampagne sozusagen als ein Akt 
staatlicher Notwehr beschlossen wor- 
den. Sie hatte unzweifelhaft beachtli- 
che Erfolge. 

-Angaben einiger „pentiti“ setzten 
Polizei und Justiz in die Lage, den 
Roten Brigaden das Rückgrat zu bre- 
chen. Ein „pentito“ der Mafia, der 
„Pate“ Don Tommaso Buscetta, be- 
lieferte die Karabinieri mit dem de- 
taillierten Organisationsschema der 
„ehrenwerten Gesellschaft“ und ei- 
ner ganzen Liste von Mördern, akti- 
ven Gang-Mitgliedern und bis dahin 
unverdächtigen Hintermännern. 

„Pentiti“ waren es auch, die vor 
zwei Jahren die Ermittlungsorgane 
auf Tortoras Fährte brachten. In die- 
sem Fall allerdings scheint sich, wie 
bisher noch nie in diesem Ausmaß, 
das Problem der Glaubwürdigkeit 
des „pentitismo“ zu stellen. Das mag 
nicht zuletzt auch mit am neapolitani- 
schen Ambiente mit seiner Ungewiß- 
heit schaffenden Vielbödigkeit lie- 
gen. Zwölf „pentiti“ behaupten, Tor- 
tora sei der Drogenhändler der Ca- 
morra für die Sterne und Sternchen 
der Bühnenwelt gewesen, er sei von 
Camorra-Boß Cutolo persönlich mit 
allen Riten in die Camorra aufgenom- 
men worden. Andere Indizien gegen 
den Ex-Showmaster, der das alles 
ganz entschieden bestreitet, hat die 
Anklagebehörde bisher nicht vorge- 
zeigt. 

Vor diesem Hintergrund stellt sich 
die grundsätzliche Frage, inwieweit 
Anklageerhebung und vorsorgliche 
Inhaftierung eines unbescholtenen 
Bürgers allein aufgrund von Aussa- 
gen notorischer Krimineller und Auf- 
schneider noch europäischem 
Rechtsempfinden entsprechen. Ein 
„Thema ohne Ende“, wie Guido Pio- 
vene einmal in einem Essay- ganz 
Neapel charakterisierte? 

Ein Ende wird dieser Prozeß von 
Poggioreale mit Sicherheit haben. 
Aber ob es hier in Neapel auch ein 
Ende der Gewißheit sein wird und 
sein kann? 


Wir managen 


Ihre Tkansportprobleme. 

Vor Ort. < 3 ; 


Hapag Lloyd 


HLCU 

4328571 

WSW 

MIM k, 
UM ■> 

« , 

1111 im <3 

KUMM 

»IM H 
MW kl 

MC 

tu ■ 

IUI 


.HU 


! fl, 


r > «■ 
H . : ! i ; 


^ Iflfenn Sie wissen wollen, welche 
. ff Transportwege für Sie am günstig- 
sten sind, in Europa ln Obersee. Durchge- 
hend. Oder von Stetion zu Station- Mit Um- 
" Steiger oder ohne, Vtonffusum nach Hong- 
kong. Oder Sindetfingen nach Singapore. 
• Tfen Coatzacoalcos nach Kötn. Oder Ma- 
naufcnach München. 



Wenn es Ihnen nicht gleichgültig ist, 
wie pünktlich und zuverlässig ihre Pro- 
dukte ankommen. Wo immer sie hin sollen 
ln der Welt und woher sie auch kommen. 
Wenn Transport für Sie eine Sache ist bei 
der aber auch gar nichts schiefgehen darf. 

Dann ist schon klar, was Sie wollen. 
Und wen Sie brauchen. Nämlich den, der 


die Welt des Transports bestens kennt. Seit 
über 130 Jahren. Der Ihnen eine Transport- 
kette nach Maß bieten kann. Von Europa 
nach Übersee oder umgekehrt Einen Part- 
ner, der sich direkt vor Ort um Ihre Pro- 
bleme kümmert Und Ihnen jeden Ladeha- 
fen vor die Haustür bringt. 

Dann sprechen Sie mit uns. 


4Ür Hapag-Lloyd 

Die richtige Lösung 


Auskunft über unser weltweites Vbrtriebsnetz • Hapag-Lloyd AG - Kundenservlce ■ Baülndarwn 25 ■ D-2000 Hamburg 1 









I 


1( 


Br 

aii| 

ie 

bei 

S 


eti 

eizn 

■ür 

uh . 

Btai 

VhO 
4. L? 
nto 

»98* 

■laß. 

«j 

uh 

Mr< 

■brr 

■l» 

uv 

Her i 

.'3i: 
Üi . 
Ult 

an C 
br? 
fr .. 
u'i 

MSte 

br: 

bi 

uii 


ien 

jflcc 
•e* \ 

'tmi 

Al‘ 

lull 


I Ä 

4 POLirtK 


Sorgen und Hoffnungen der „Inländer 
mit dem nichtdeutschen Paß" 

Ökumenische Arbeitstagung / Kritik an Kann-Bestimmungen im Auslandergesetz 


HENK OHNESORGE, München 
„Die rechtliche Gleichstellung 
ist . . . der entscheidende Maßstab, an 
dem heute die Stellung der Auslän- 
der in unserem Land zu überprüfen 
ist An ihm gemessen müssen wir ei* 
ne schuldhafte Ungerechtigkeit darin 
sehen, daß wir in den letzten drei 
Jahrzehnten die zu uns gekommenen 
Ausländer nur oder vorwiegend als 
Arbeitskräfte betrachtet haben.“ 

Dies ist das Fazit der Rede, mit 
welcher Professor Wolfgang Huber, 
Präsident des Deutschen Evangeli- 
schen Kirchentags, die „Ökumeni- 
sche Arbeitstagung Ausländer und 
Deutsche“ in München beendete. Un- 
ter dem Motto . Miteinan der leben - 
heute und morgen“ batten der Deut- 
sche Evangelische Kirchentag und 
das Zentralkomitee d^r deutschen 
Katholiken zusammen mit der Evan- 
gelisch-Lutherischen Kirche in Bay- 
ern und dem Erzbistum München 
und Freising eingeladen. 

„Ausländer sind keine vorüberge- 
hende Erscheinung in unserem Land, 
keine Tagesgäste, die nur einmal 
schnell zu uns hereinschauen, um 
bald wieder heimzufahren. Wer dies 
je gemeint hat oder noch meint, der 
irrt. Die Entwicklung ist nicht mehr 
umkehrbar“, erklärte der bayerische 
Kultusminister Professor Hans Maier 
in seiner Eigenschaft als Präsident 
des Zentralkomitees der deutschen 
Katholiken zur Eröffnung vor 800 
Teilnehmern, davon fest die Hälfte 
Ausländer. „Ich halte die Neigung 
mancher Zeitgenossen für ubertrie- 


FRITZ WIRTH, Washington 

Das Angebot der Reagan-Admini- 
stration, westeuropäische Staaten 
und vor allem die Bundesrepublik 
mit in das Forschungsprogramm für 
die „Strategische Verteidigungsin- 
itiative“ (SDI) mit einzubeziehen, ist 
zur Stunde nur ein rein verbales Er- 
eignis. Konkrete Vorstellungen dar- -, 
über, in welchen Bereichen beispiels- 
weise deutsche Finnen an der Tech- 
nologie dieses Abwehrsystems im 
Weltraum eingeschaltet werden kön- 
nen, liegen noch nicht vor. 

Diese Erkenntnis gewannen Wal- 
ther Leisler-Kiep. der Präsident der 
„Atlantik-Brücke“ und Schatzmei- 
ster der CDU, und Willy Wimmer, de 1 
Sprecher der CDU/CSU-Bundestags- 
fraktion für Verteidigungspolitik auf 
getrennten Amerikareisen, die am 
Wochenende zu Ende gingen. 

„Ich gehe davon aus, daß es die 
Amerikaner mit diesem Angebot 
ernst meinen“, sagte Leisler-Kiep, 
„doch es bedarf noch sehr intensiver 
Diskussionen, bis es zu realen Kon- 
takten kommt“ Wimmer nahm die 
Erkenntnis mit „Es sind zwar schon 
wesentliche Fortschritte in einzelnen 
Forschungsabschnitten erzielt wor- 
den, große Linien aber noch nicht in 
jedem Fall erkennbar, und deshalb 
scheint die Zeit für konkrete Angebo- 
te noch nicht gekommen. Wenn die- 
ser Zeitpunkt aber kommen sollte, 
scheinen sich die amerikanischen 
Überlegungen auf eine Firmen-zu- 
Firmen-Beteiligung zu erstrecken.“ 

Leisler-Kiep sagte seinen Ge- 
sprächspartnern, zu denen Verteidi- 
gungsminister Weinberger, Staatsse- 
kretär Perle und General James Ab- 
rahamson, der Leiter des SDI-For- 


Bund esre p u blik gekommene Rechts- 
wissenschaftler Professor Wolf gang 
Seiffert hat Bedauern darüber geäu- 
ßert daß die „verfassungtragenden 
Bonner Parteien“ in der Deutsch- 
landpolitik ohne Not in eine völlig 
defensive und passive Rolle geraten 
seien. Notwendig sei der Übergang zu 
einer aktiven Deutschlandpolitik, die 
das Ziel der Wiedervereinigung nicht 
in eine ferne Zukunft projiziere, son- 
dern die heute schon darum ringe, die 
Bedingungen für eine Verwirkli- 
chung der Wiedervereinigung zu ver- 
bessern, sagte Seiffert am Wochen- 
ende auf einer Tagung der Studien- 
gruppe für Politik und Völkerrecht in 
Bonn. 

Zu einer solchen Aktivierung ge- 
hört nach Auffassung des an der Kie- 
ler Universität lehrenden Wissen- 
schaftlers auch eine intensivere Auf- 
klärung des Auslandes über die Mo- 
tive deutscher Wiedervereini- 
gungspolitik. „Zu negativen Aussa- 
gen wie jener des italienischen Au- 
ßenministers Andreotti wäre es nicht 
gekommen, wenn es mehr Erklärun- 
gen darüber gäbe, was wir mit der 
deutschen Frage im Sinn haben.“ 

Kritik übte Seiffert daran, daß das 
Selbstbestimmungsrecht auch in 
Bonn oft falsch definiert werde. So 
behaupte beispielsweise derFDP-Po- 
litiker Ronneburger groteskerweise, 
das Grundgesetz bejahe nur die Ein- 
heit der Nation, aber nicht die Einheit 
des deutschen Staates. Der frühere 


ben, Auswüchse gegen Ausländer, 
die leider nun einmal Vorkommen, zu 
Symptomen genereller Ausländer- 
feindlichkeit oder gar eines versteck- 
ten Rassismus hochzustilisieren“, 
sagte Maier weiter und verwies auf 
eine gewisse Aversion gegenüber 
dem unbekannten Fremden auch in 
anderen Ländern. 

Auf heftigen Protest der Ausländer 
stieß in der anschließenden Plenums- 
diskussion Maiers Feststellung, „daß 
das Ausländeirecht der Bundesrepu- 
blik Deuts chland im Vergleich zu Be- 
stimmungen and erer Lander . . . von 
einem freiheitlichen Akzent geprägt 
ist“. Der Grund des Protests wurde 
sowohl in Einzelbeiträgen, besonders 
aber in den Beratungen der einzelnen 
Arbeitsgruppen deutlich: Das fest 
zwanzig Jahre alte Gesetz läßt zu vie- 
le Ermessensmöglichkeiten, zu viele 
Kann -Entscheidungen und damit 
letztlich zu viel Willkür zu. 

Einen Aspekt beleuchtete Profes- 
sor Theodor Schober, der langjährige 
Vorsitzende des Drakonischen Werks, 
im Zusammenhang mit den bereits in 
der Bundesrepublik geborenen Kin- 
dern: „Politik und Gesellschaft ste- 
hen damit einem Personenkreis ge- 
genüber, der mit der rechtlichen Be- 
zeichnung des Ausländers höchst un- 
zulänglich umschrieben wird. Die 
klassischen Ausländ erregelungen, 

die von einem vorübergehenden Auf- 
enthalt eines Nicht-Staatsbürgers 
ausgehen, können daher kaum noch 
ihrem ursprünglichen Sinn entspre- 
chend angewendet werden.“ 


sind für dieses Forschungspro- 
gramm, doch es wird für uns in dieser 
Sache noch tausend Fragen geben.“ 
Kiep und Wimmer erhielten von maß- 
geblicher Seite die Zusicherung eines 
intensiven Informationsaustausches. 

In mehreren Reden und Öffentli- 
chen Diskussionen wies Leisler-Kiep 
darauf hin, daß es bei den bevorste- 
henden Abrüstungsverhandlungen 
im Zusammenhang mit SDI Konstel- 
lationen geben könnte, die die Bun- 
desregierung innenpolitisch in eine 
delikate Situation bringen. 

Beispielsweise dann, wenn die So- 
wjets eine Verringerung der Zahl ih- 
rer SS-20-Raketen in. Europa als Ge- 
genleistung für Zugeständnisse der 
Amerikaner im SDI-Bereich Vor- 
schlägen sollten, und die Amerikaner 
darauf beharren, daß SDI kein 
Tauschobjekt sei Die Friedensbewe- 
gung in allen westeuropäischen Län- 
dern könnte dies zum Anlaß neuer 
antiamerikanischer Argumentatio- 
nen nehmen. Er jedenfalls wäre nicht 
überrascht, wenn die Sowjets in Genf 
mit dieser Taktik operieren würden, 
allein schon, um den Westen in die 
Defensive zu drängen. 

Vor dem „Wilson Center“ wies 
Leisler-Kiep darauf hin, welche Wir- 
kung ein erfolgreiches SDI-For- 
schungsprogramm der Amerikaner 
auf die künftige Großmachtrolle der 
Sowjetunion hätte: Diese Groß- 
machtrolle basiert ausschließlich auf 
ihrer militärischen Macht Wenn die- 
se Macht durch ein neues undurch- 
dringliches Verteidigungssystem der 
Amerikaner eingeschränkt wird, re- 
duziere sich damit automatisch die 
Statur der Sowjetunion. 


Staatssekretär Bölling fordere, man 
dürfe die Staatlichkeit der „DDR“ 
nicht in Frage stellen. „Tatsächlich 
besteht das Sdbstbestimmungsrecht 
in dem Willen eines Volkes, in einem 
Staat zu leben und seine Form selbst 
zu bestimmen. Das ist die Definition 
des Selbstbestimmungsrechts und 
seine friedenssti&nde und friedenser- 
haltende Funktion“, betonte er. 

„Wendet man das auf die Deut- 
schen an, so ist unabweisbar, daß das 
Selbstbestimmungsrecht der Deut- 
schen darin besteht, einen Staat zu 
bilden und seinen Inhalt zu bestim- 
men", fuhr Seiffert fort. Er wandte 
sich gegen die häufig zu hörende Al- 
ternative „Freiheit oder Einheit“. Ge- 
wiß sei es abstrakt richtig, daß Frei- 
heit vor Einheit gehe, wenn es die 
Wahl gäbe. Unter den konkreten Exi- 
stenzbedingungen der deutschen 
Spaltung aber sei eine derartige For- 
mel wertlos. Denn selbst wenn es ge- 
länge, die „DDR" zu weiteren hum- 
anitären Konzessionen zu bewegen, 
bleibe eine absolute Grenze, die das 
„DDR“-Regime nicht überschreiten 
könne. 

„Ohne staatliche Wiedervereini- 
gung können die Deutschen in der 
DDR nie ihre Freiheit bekommen. 
Freiheit und Einheit sind in der deut- 
schen Wirklichkeit nur zwei Seiten 
einer Medaille. Ohne Freiheit gibt es 
keine Einheit und ohne Einheit keine 
Freiheit Darum sollte man sich vor 
falschen Alternativen hüten“, sagte 
der Rechtswissenschaftler. 

Seifert wandte sich ferner gegen 


Schober trat erneut - und ent- 
spricht damit Forderungen auch der 
katholischen Kirche und der Gewerk- 
schaften - für eine unbefristete Auf- 
enthaltserlaubnis nach fünjährigem 
Aufenthalt auch für Familienangehö- 
rige ein. Diese unbefristete Aufent- 
haltserlaubnis dürfe nicht aus Grün- 
den der Arbeitslosigkeit und des 
Empfangs von Sozialhilfe entzogen 
werden. Straffälligkeit dürfe nur in 
begründeten Ausnahmen zu Auswei- 
sung führen. Nach achtjährigem 
rechtmäßigen Aufenthalt sollten Aus- 
länder das Recht auf Aufenthaltsbe- 
rechtigung ohne weitere Bedingun- 
gen bekommen. 

An Schobers Satz: „Die Aufent- 
haltsberechtigung sollte weiterent- 
wickelt werden zu einem Niederlas- 
sungsrecht Dieses schließt weitge- 
hende politische Betätigung mit ein“ 
entzündete sich die Diskussion. So 
lehnt beispielsweise die Berliner Aus- 
länderbeauftragte Barbara John das 
Kommunalwahlrecht für die „Inlän- 
der mit nicht-d eutschem Paß “ ab und 
plädierte für einen erleichterten Zu- 
gang dieser Personengruppe zur 
deutschen Staatsbürgerschaft Dem 
aber steht die Forderung der teilweise 
schon seit 15 Jahren in der Bundesre- 
publik lebenden Fremden gegenüber, 
die wenigstens in ihrem direkten Le- 
bensbereich mitbes timme n wollen. 

TWnpg hat der Münchner Kongreß, 
der keine Lösungen bringen konnte, 
deutlich gezeigt: Eine andere Gesetz- 
gebung als die bisherige ist zwingend 
notwendig. 


In der gleichen Rede trat Leisler- 
Kiep für die Fortsetzung einer, reali- 
stischen Entspannun g spolitik ™ 
Sie sollte nicht nur auf den Bereich 
der beiden Großmächte beschränkt 
sein, sondern die Kontakte zu allen 
osteuropäischen Ländern mit einbe- 
riehen, selbst wenn die Fortschritte 
dieser Politik sich nur im Schnecken- 
tempo vollziehen. „Wir müssen in je- 
dem Fäll dafür sorgen, daß diese 
Entspaimungspolitik nicht in die 
Hände linksgerichteter Utopisten 
feilt“, erklärte Kiep. 

Die mehrtägigen Gespräche Willy 
W imm ers in Washington konzentrier- 
ten sich auf die problemreiche trans- 
atlantische ftiisüin gSTiiKamnipnar - 

beit, die bevorstehenden Genfer Ab- 
rOs taing sve rhandlun gen und die Fol- 
gen des SDI-Programms für die euro- 
päische Ver einig un g . W immer wies 
vor allem auf das wachsende Un- 
gleichgewicht beiderseitiger Käufe 
von Rüstungsgütem hin. Während 
dieses Verhältnis bis zum letzten Jahr 
2:1 zugunsten der USA betrug, stieg 
es nach dem Kauf von „Patriot“ auf 
10:1 zugunsten der Amerikaner. Die- 
ser Zustand sei auf die Dauer nicht zu 
vertreten. 

Wimmer beklagte die wachsende 
Neigung der USA, modernste Tech- 
nologie nicht mit der Bundesrepublik 
auszutauschen. Im Zusammenhang 
mit den bevorstehenden Genfer Ver- 
handlungen erinnerte W imm er daran, 
daß sich hier das deutsche und euro- 
päische Interesse nicht nur auf strate- 
gische Waffen, sondern auch die 
KVAE und auf MBFR bezieht „Wir 
haben darauf hingewiesen, daß wir in 
einem System gleicher Sicherheit le- 
ben wollen“, erklärte Wimmer. 


die These, die deutsche Teilung sei 
eine direkte Folge der Hitlerschen 
Agressionspolitik. „Ebendies war sie 
nicht Sie wurde erst Wirklichkeit als 
sich und weil sich die vier Mächte 
nach Kriegsende nicht einigen konn- 
ten.“ Ursache der deutschen und der 
europäischen Teilung sei ein Machl- 
und System-Antagonismus. Die 
Überwindung der deutschen Teilung 
sei darum eine europäische Aufgabe 
mit dem Ziel, konstante Labilität in 
einen Zustand der Stabilität zu ver- 
wandeln. 

Für eine „Europäisierung“ der 
deutschen Frage plädierte in seinem 
Schlußwort auch Professor Dieter 
Blumenwitz. Wurzburg. Mit Hilfe ei- 
ner Offenhalte-Klausel ließen sich die 
deutsche Wiedervereinigung und die 
fortschreitende europäische Eini- 
gung miteinander verbinden. Er be- 
tonte, grundsätzlich sei die deutsche 
Frage nicht bilateral, sondern nur im 
Rahmen eines gobalen Akkords lös- 
bar. Eine solche Neugruppierung set- 
ze ein handlungsfähiges Westeuropa 
voraus. 

Allerdings müßten die Europäer 
ein starkes Gefühl für die Freiheit 
und die Menschenrechte besitzen. Ei- 
ne auf diese Ziele ausgerichtete 
Selbstbestimmungspolitik einer eu- 
ropäischen Macht sä leichter durch- 
setzbar als etwa eine Neutralitätspoli- 
tik. Gleichzeitig könne die deutsche 
Frage durch eine Europäisierung wie- 
der auf ihre universalistischen Wur- 
zeln zurückgeführt werden. 


Vogel beurteilt 
Grüne jetzt 
pessimistischer 

rtr.Bonn 

Der SFD-Fraktionsvorsitzende im 
Bu nde stag, Hans-Jochen Vogel, hat 
gestern frühere Aussagen über eine 
etwaige Zusammenarbeit Par- 
tei mit den Grünen korrigiert Die 
Zweifel an den Grünen seien stärker 
geworden, sie hätten keine Fort- 
schritte in Richtung Politik- und 
mehr Kompromißfähigkeit gemacht 
sagte Vogel In einem Interview des 
Südwestftinks erklärte der SPD-Poli- 
tiker fernen „Die für uns maßgeben- 
den Punkte und Kriterien führen uns 
an pinpm pessimistischeren TTi- tafi ^ l« ; 
wir es zunächst gehabt haben.“ Ein 
- Bündnis mit den Grünen auf Bundes- 
ebene sei für Um kein Thema. 

„Arbeitslosigkeit 

sinkt nicht rasch“ 

rtr, Bonn 

Der Präsident der Bundesanstalt 
für Arbeit, Heinrich Franke, rechnet 
nicht mit einem raschen Abbau der 
hohen Arbeitslosigkeit in der Bun- 
desrepublik. Im Deutschlandfiwk 
sagte Franke gestern, die Probleme 
auf dem Arbeitsinaxkt könnten mir 
mit „langer Hilfe von uns allen“ be- 
seitigt werden. Zugleich setzte er sich 
dafür ein, die bei der Bundesanstalt 
gebildeten Überschüsse zu „arbeits- 
marktpolitischen Initiativen“ zu nut- 
zen. Durch Arbeitsbeschaffung und 
Fortbildung könnten mehr als 10 000 
Menschen untergebracht werden. 

Franke sagte, für ihn gebe es die 
„eindeutige Priorität“, das Geld „für 
produktive Tätigkeiten“ auszugeben, 
um dann mit den anderen Trägern 
der Sozialversicherung die Probleme 
der Rentenversicherung zu lösen. 
Franke bezog sich auf PÜne der Bun- 
desregierung, zur Deckung des er- 
warteten Müliaräen-Defizits in der 
Rentenkasse die Beiträge zur Renten- 
versicherung um 0,5 Prozentpunkte 

auf 19,2 Prozent zu erhöhen. 

• 

Kritik an Urteil 
gegen Bürgermeister 

AP, Kassel 

Mit dem Urteil des Ostberiiner 
Stadtgerichts gegen den Bürgermei- 
ster der Stadt Arolsen, Ernst-Hubert 
von Michaelis, werden sich das Euro- 
päische Parlament und der Bundes- 
tag beschäftigen. Michaelis war am 
vergangenen Mittwoch wegen angeb- 
licher Fluchthüfe zu sechs Jahren 
Haft verurteilt worden. Wie der 
CDU-Europaparlamentarier Axel 
Zargas aus Kassel am Wocheneide 
bei einer 'RAwrkskP n fw»nz der nord- 
hessischen CDU in Arolsen bekannt- 
gab, wül die Fraktion der Europäi- 
schen Volkspartei heute einen Dring- 
lichkeitsantrag im Europaparlament 
pinb ringen, in dem Maßnahm en ge- 
gen die Inhaftierung Michaelis* ver- 
langt weiden. 

Der CDU-Bundestagsabgeordnete 
Wilfried Böhm aus Melsungen erklär- 
te, seine Fraktion werde ebenfalls in 
der kommenden Woche im Bundes- 
tag pinp n offiziellen Protest der Bun- 
desregierung bei der Regierung der 
„DDR“ beantragen. Dabei soll Bonn 
Michaelis’ sofortige Freilassung ver- 
langen. In einer eins timmig ange- 
nommenen Entschließung bezeich- 
net« die Bezirkskonferenz die Inhaf- 
tierung als unmenschlich In Anwe- 
senheit der Ehefrau von Bürgermei- 
ster Michaelis erkürte der Bezirksvor- 
sitzende und frühere Bundestagsab- 
geordnete Lothar Haase aus Kassel 
Verhaftung und Verurteilung des 
Bürgermeisters verstießen gegen die 
Konvention der Vereinten Nationen 
über die allgemeine Freizügigkeit 
und zeigten das wahre politische Ge- 
sicht der „DDR“. 

Mertes dringt auf 
EG-Erweiterung 

ELN-Bomt 

Aus Anlaß der europapolitischen 
Beratungen, die in dieser Woche in 
Bonn und Brüssel stattfinden, hat 
sich der Staatsminister im Auswär- 
tigen Amt, Alois Mertes, für einen 
zeitgerechten Beitritt Spaniens und 
Portugals zur Europäischen Gemein- 
schaft eingesetzt Die Bundesregie- 
rung dringe deshalb so nachdrück- 
lich darauf -erklärte Mertes am Wo- 
chenende, weil sie in diesem Beitritt 
„eine politische Notwendigkeit er- 
sten Ranges “ sehe. 

Die beiden iberischen Völker hat- 
ten aus eigener Kraft den Weg vom 
autoritären Regierungssystem zur 
rechtsstaatlichen Demokratie ge- 
schafft verkörperten einen wesentli- 
chen Teil der europäischen Kultur 
und bildeten „einen tragfähigen euro- 
päischen Pfeiler, wenn Europas Ge- 
wicht in Fragen des Friedens, der Si- 
cherheit und der Abrüstung inner- 
halb des Westens zunehmen soll“. 
Auch die wirtschaftliche und techno- 
logische Zukunft Deutschlands wie 
seiner EG-Partner mache diesen Bei- 
tritt Spaniens und Portugals „auf 
Dauer zu einer Überlebensfrage“. 


DIE WELT tUSPS 605^90) 4 pubfelttd dal* 
except sundaysand holidays.Thesubicripdon 
pries for the USA b US-Dollar 565,00 per an- 
wm. mwfputed by German Languaga Publl- 
Cätioitt, Irtt, 560 Sylvan Avenue. Englewood 
CHffi, NJ 07632. Second dass postage is pald 
at Englewood. HO 07631 and at additional mal- 
Rng offlees. Ponmastor. send address chon- 
ges ta: DIE WH.T, GERMAN LANGUAGE PUBU- 
CATKDNS, INC, 560 Sylvan Avenue. EngJe- 
wood CWf*. N3 07632. 


SDI-Kooperation noch nicht konkret 

Firrnen-zu-Firnien-Beteiligiuig wahrscheinlich / Leisler-Kiep and W imm er in den USA 

schungsprogramms, gehörten: „Wir 


„Selbstbestimmungsrecht wird auch 
in Bonn oft falsch definiert“ 

Professor Seiffert zur Deutschlandpolitik: Ohne Not in die Defensive drängen lassen 
BERNT CONRAD, Bonn 
Der 1978 aus der „DDR“ in die 




DIE WELT - Nr. 47 - Montag. 2& Eefrngg «ns 


Kohl an die Saarländer: Wer Zeyer 
die Stimme gibt, der hilft auch mir 


Kanzler setzt auf ^uveriäsägkeit und Treoe^ / Der Name Lafontaine .fiel nicht 


Von GÜNTHER BADING 



uhiger als andernorts läßt die 
CDU im Saarland ihren Wahl 
'an gehen. Da wird weder 
„geholzt“, noch versucht Spitzenkan- 
didat Werner Zeyer die schrillen Welt- 
untergangs- und Industriestürmer- 
Parolen des SX^Landesvorshaa- 
den Oskar Lafontaine durch Laut- 
stärke zu übertönen. Solide, anstän- 
dige Politik wolle er machen, dem. 
Wohle seiner Heimat „mit ganzem 
Herzen“ - so der Slogan der Saar- 
CDU - dienen, Arbeiteidätze schaf- 
fen, neue Industrien und mittelstän- 
dische Unternehmen ansieddn, sagte 
Zeyer in seinen 7ahllraa»n Wahlreden. 

Trotz - oder wegen - seiner fast 
bedächtigen Ansprache, seines Ver- 
zichts auf jeden Anflug von Demago- 
gie jubeln ihm die .Menschen in sei- 
nen Vg rgflTnmln ngwi ZU, klatschen 
auch viele von dpn»n BgifiiTi , deren 
Familien aus Bergleute- oder Stahlar- 
beiter-Tradition über Jahrzehnte bis- 
her die SPD gewählt haben. 

Dem Kanzler ist der bedächtige 
Wahlkampf stil Zeyers recht Ja, Hel- 
mut Kohl hebt dies noch besonders 
hervor, nennt seine Wahlkamp freden 


■ Saarländer selber nesr^ß das Beson- 
dere der Lage als „Spä tanknmmlmge 
beim Neuaufbau unseres Landes“, 
nach dem Krieg vor Augen Zu führen 
und ihnen doch das stetere Gefühl zu 
vermitteln, sie «ch auf Hilfe zur 
Selbsthilfe aus Bonn verlassen kön- 
nen; 


Natürlich sind die MflKonenza- 
schfisse zur Bewältigung dar Struk- 
turkrise der Montanregion nicht an 
die Person des Ministerpräsidenten 
Zeyer gebunden. Aber der Eindruck 
■ entsteht durch die sorgsam dosierten 
Hinweise Kohls auf die „persönliche 
Fteundschaft", die ihn, den pfälzi- 
schen Nachbarn, mit Zeyer seit Jahr- 
zehnten verbinde. Ein im Wahlkampf 
scher beabsichtigter Eindtuck. 


Helmut Kohl häfr fcww Wahlrede 
nn üblichen Sinne. & erinnert an die 
Überwindung der früheren „Erb- 
feindschaft“ mit Frankreich, stellt 

das Bgjgpipl als ; Ziri airf wnpm langen 

Weg der Aussöhnung mit Polen dar. 
Der Kanzler spricht ausführlich über 
die Jahre des Aufbaus nach dem 
Krieg, spart nicht mit persönlichen 
Erinnerungen, kommtauf die heutige 
Jugend zu sprechen, auf das von den 







Dennoch gerät Kohl hie und da im 
Redefluß in spürbare Empörung- Na- 
türlich „haben wir in Sachen Um- 
weltschutz alle dazugelemr. Aber 
dazu „brauche ich die Grünen noch 
lange nicht,". Er findet diese Grünen 
schlicht „heuchlerisch“. Schließlich 
nutzten sie die moderne Technik so 
wie alle anderen. „Sie fahren ja auch 
nicht mit den Fahrrad zu ihren De- 
monstrationen.“ Er sehe es als 
Pflicht, als „konservative Pflicht“ an, 
den nach uns Kommenden eine mög- 
lichst intakte Umwelt zu hinter lassen. 


Der Kanzler nennt W«nMrZ*yer stnon „pMvSnttdmn Fround“ 

FOTO: DPA 


ein „ruhiges Gespräch, hier, heute 
abend“, empfiehlt seinen Zuhörern, 
nichts auf die smar te, rasche, glatt- 
züngige, elegant formulierende Rede- 
weise des Oskar Lafontaine zu geben. 
Seine Freunde suche man schließlich 
auch nicht nach der Eloquenz aus, 
sondern „Zuverlässigkeit und 
Tteue“. 


Und so häft der CDU-Vorsitzende 
in Merzig und in Püttlingen, nahe 
dam Stahlstandort Völklingen, vor 
Stahlkochem, Bergleuten, Facharbei- 
tern, Hausfrauen, Rentnern und über- 
raschend vielen jungen Leuten Re- 
den ohne jede Polemik- 
Sein ironischer Gruß „an die ver- 
sprengten Reste der saarländischen 
SPD“ als Antwort auf ein paar Zwi- 
schenrufer feilt da schon fast aus dem 
Rahmen. Bei der Landtagswahl gelte 
es, „mit zu überdenken, was man aufe 
Spiel setzt“, sagt der Bundeskanzler. 
Und dann breitet er vor den jeweils 
anderthalb Tausend in der Stadthalle 
von Merzig und dem „Trimm Treff“, 
der Sporthalle zu Püttlingen, in einer 
umfassenden Tour d'horizon eine op- 
timistische Bilanz seiner bisherigen 
Amtszeit aus. 


Predigern des Anspruchsdenkens ge- 
genüber Staat und Gesellschaft her- 
beigeredete Gefühl der Chancen- und 
ZukuiLftslosigksit, das sich unter jun- 
gen Leuten breitmache. „Die Enkel 
der Generation, die unser nach 
dem Krieg wie derauifegbairt: hat, müs- 
sen sich doch selber die fkage stellen: 
Sind wir eigentlich schwächer- wie 
damals?" Helmut Kohl fragt „wie“ 
damals, nicht „als“. Die pfälzische 
Nachbarschaft wird auch mit der Be- 
tonung des Dialekts ins Bewußtsein 
der Zuhörer gesenkt Und Kohl gibt 
die Antwort auf seine Frage gleich 
selber. . 


Der Kanzler spricht von der Zu- 
kunft, von der Notwendigkeit viel 
Geld in die Forschung zu investieren, 
„besser zu sein“ als andere Industrie- 
länder, da nur so derExport gesichert 
worden könne. Er redet der Förde- 
rung von „Leistungseliten“ das Wort, 
sagt ohne Scheu, daß der Risikoberei- 
te, der Selbständige, der, der nicht 
auf die 38,5- oder 35-Stunden-Woche 
schiele, sondern mehr arbeite als an- 
dere» für seine höhere Leistung auch 
höheren Lohn empfangen müsse. 


Er vertraue auf die junge Genera- 
tion, sagte er unter Beifall. Nur die 
Druckebeiger könne er nicht ab, ob 
geheuchelte Kriegsdienstverweigerer 
oder schwarzarbeitende Überstun- 
denverweigerer- Er habe „nur Ver- 
achtung für jene, die sich drücken. 
Das Land hat keine Zukunft, wenn 
jene, die dienen, als die Dummen gel- 
ten und die, die sich drücken, als die 
bewunderten Cleveren." 


Der Bundeskanzler erinnert zum 
Schluß an seine Mahnung, man müs- 
se bei der Stimmabgabe überdenken, 
worum es gehe. „Das alles, was ich 
Ihnen gesagt habe, steht zur Wahl.“ 
Ein „guter Weg“ solle fortgesetzt wer- 
den. Und: Wer Werner Zeyer wähle, 
„der hilft auch mir“. 


Nur den Bnichteil einer Sekunde 
blickt Helmut Kohl unsicher ins Au- 
ditorium. Kommt dieser nachdenkli- 
che, ruhige Redestil an? Oder hat 
man ihn mißverstanden? Dann kann 
der Kanzler sein Kameralächeln auf- 
setzen. 


Meisterhaft versteht es der CDU- 
Vorsitzende, hier, einige Autominu- 
ten von der Grenze zu Frankreich, 
den „Alldahiesigen" (wie sich die 


Junge Selbständige, Menschen mit 
Eigeninitiative brauche unser T-imd , 
sagt der Kanzler. Voraussetzung sei 
aber, daß die Hetze gegen Unterneh- 
mer aufhöre. Schluß müsse sein mit 
der Verteufelung von Gewinnen. 


Tobender Beifall bricht los, die 
Leute stehen auf, applaudieren ste- 
hend weiter, so lange, bis sich auch 
Helmut Kohl erhebt und mit beiden 
Armen den Zuhörem zu winkt ein- 
mal, zweimal und noch ein drittes 
Mal Wahlkampf kann anders sein, als 
wir es von den Schlachten vergange- 
ner Kampagnen gewöhnt sind. 


Die Störer warfen bei Wörners viel 
beklatschter Rede das Handtuch 


F. DIED ERICHS, Bonn 

Genau pinan Mnnat nanh ripm fu- 
riosen Wahlkampf-Auftakt der Berli- 
ner Union mit B u eskan Kohl in 
der überfüllten Deutschlandhalle be- 
wahrte sich erneut das Rezept der 
Berliner CDU-Riege um Eberhard 
Diepgen, mit Bonner Spitzenpoliti- 
kern in Hem Kampf um Wählerstim- 
men zu ziehen. Im Gegensatz zu oft 
ernüchternden sozialdemokratischen 
Veranstaltungen, wo hochrangige 
Gäste aus dem Westen nicht selten 
mit Verlegenheit gegen Desinteresse 
und halbleere Säle ankämpfen müs- 
w»n l mangelt es den Unionsrednem 
weder an Zuspruch noch an Charis- 
ma, die Zuhörerschaft in den Bann zu 
ziehen. 

Ein Musterbeispiel hierfür der Frei- 
tagabend-Auftritt von Bundesvertei- 
digungsminister Manfred Wömer, 
dessen Gastspiel im alten Gemäuer 

des Rathauses Berlin-Steglitz enorme 
Resonanz zeigte und nur deshalb bei 
zahlreichen B erliner n Frustration 
hinterließ, weil die Plätze im Vor- 
tragssaal schon eine Stunde vor Ein- 
treffen des Ministers gefüllt und wei- 
terer Zustrom zwischen Gardero- 
benständer und auf zugige Treppen- 
häuser kanalisiert werden mußte. 

Auch Wömer begann seine Rede 
mit der Warnung, die schon der Kanz- 
ler an den Beginn seines Vortrags 
gestellt hatte: „Berlin steht bei der 
Wahl vor einer Entscheidung zwi- 
schen zwei fundamental gegensätzli- 
chen Lagern, Berlin bedarf aber kei- 
ner Experimente.“ Daß sich am 10. 
März eine „Schicksakentscheidung“ 
für die Stadt vollziehe, sah Wömer 
nicht nur durch „die unverantwortli- 


che Äußerung Hans Apels, der von 
der nicht mehr offenen deutschen 
Frage sprach“, begründet 

Mit den Grün- Alternativen ist nach 
Wörners Worten eine Partei aufge- 
taucht, die „lebenswichtige Grund- 
sätze des Rechtsstaats und der De- 
mokratie ablehnt“. Die Gefahr, die 
Deutschland und vor allem Berlin 
durch den von den Alternativen 
propagierten Ausstieg aus der NATO 
drohe, wäre derzeit keine Gefahr, 
„wenn es da die SPD nicht gäbe“. 
Hessen sei für die stete Suche der 
So z i al d e mokraten nach Mehrheiten 
„nur der Mrxteiifnii , im Saarland »mH 
in Niedersachsen ist ebenfalls ein 
rot-grünes Bündnis angekündigt wor- 
den“. 

Dem Berliner S pitagnkanriiriatpn 
Hans Apel sei es zwar ahfimehmen, 
daß er nicht mit der AL koalieren 
wolle. Mt stürmischem Beifall be- 
dachte das Auditorium dann die Zu- 
standsbeschreibung der Berliner 
SPD durch den Ministen „Aber Apel 
hat ja längst nicht mehr das Sagen in 
Berlin, was Hans-Jochen Vogel bestä- 
tigt hat“ 

Auch vereinzelte Störer, die offen- 
bar gezielt den Redefluß des- Bonner 
Gastes unterbrechen wollten, mußten 
schließlich vor der argumentativen 
Schlagkraft Wörners kapitulieren: 
„Berlin wird nur solange in Frieden 
leben, wie hier alliierte Truppen sta- 
tioniert sind. Ohne die Atlantische Al- 
lianz wird es kein freies Berlin mehr 
geben.“ Wömer zweifelte die politir 
sehe Tauglichkeit einer Kraft an, „die 
bereit ist, Gewalt anzuweiden“. Wer 
nicht imstande sei, den inneren Frie- 
den zu wahren, könne auch nicht dein 


- fr** 

T" U lJ 




Auch wem es die Kot-Grünen um 
Lafontaine nicht wahrhaben wollten: 
„Rote Zahlen in den Betriehsbü*n 2 £n 
and ein Hinweis auf den Bankrott 
und nicht auf progressive ^Gesin- 
nung“, ruft Kohl anemer tfenvenigea 
lauten Stälen seiner knapp ändert, 
halbstündigen Rede aus. 

Das und auch jener Satz aus zu. 
rückliegenden Bundestagswahl- 
kämpfen, daß „Sozialisten nur dem 
Geld anderer Leute nicht umgeben 
können“, ruft Beifallsstürme bevor. 


Der Kanzler spricht über die drän- 
genden, noch nicht bewältigten Pro- 
Herne,, die Arbeitttosigkeit. die Hei. 
ten. die Steuerreform. Er berichtet 
von der Außenpolitik, erzählt vom 
Treffen mit den Großen der Well von 
Reagan über Mitterrand bis Deng, 
gibt den einfachen Leuten das Ge- 
fühl selber einmal ganz dicht dran zu 
sein an der großen Politik. ~ 

Nur selten geht er überhaupt auf 
den Gegner SPD. auf die Grünen, auf 
den NATO-Feind Lafontaine ein. 
Wem er dies tut, dann meist nur indi- 
rekt „Stellen Sie die beiden Spitzen- 
kandidaten“ - deir Namen Lafontaine 
vermeidet er ebenso wie Weiner 
Zeyer; es ist fast, als sei dies ein ob- 
szönes Wort das auszusprechen in 
der Öffentlichkeit man sich scheut - 
„einmal nebeneinander“, rät Kohl 
dem Wählervolk. So als gebe es dann 
keinerlei Zweifel mehr, wem man 
dann sann Stimmkretiz zu geben ha- 
be. 


. -f 


* r. "CV ; H 




Volk nach außen den Frieden si- 
chern, sagte Wömer an die Adresse 
der Alternativen gerichtet. 

Wömer warnte davor, „dem großen 
Ziel der sowjetischen Nachkriegspo- 
litik in die Arme zu laufen“: der Ab- 
koppelung der Deutschen vom west- 
lichen Verteidigungsbündnis mit der 
Folge der Neutralisierung. Insbeson- 
dere eine einseitige Abrüstung würde 
diesem sowjetischen Wunschdenken 
entgegenlaufen, führte der CDU-Pob- 
tiker an, der als erster Bonner Vertei- 
digungsminister überhaupt auf einer 
Berliner Wahlveranstaltung sprach. 
Auf die besondere Situation der ge- 
teilten Stadt eingehend, sagte Wör- 
ner „Die Sowjets wissen, warum sie . 
den Rechtsstatus dieser Stadt auszu- 
höhlen versuchen.“ Berlin bleibe das 
Symbol für die Hoffnung aller Deut- 
schen, die Teilung auf Dauer mit 
friedlichen Mitteln in einem verein- 
ten Europa überwinden zu können. 

Bei der anschließend«! Diskussion 
dann die Kritik einiger weniger an 
der Bundeswehr und den westlichen 
Verbündeten: „Provozieren Waffen 
nicht die Kriegsgefahr?“ lauteten die 
Attacken, die Wömer zu der philoso- . 
phierenden Darstellung veraräaßtei# 
„Nicht Waffen und Soldaten sind die 
eigentliche Ursache für eine Kriegs- 
gefahr, sondern immer nur politische 
Strömungen und Regime.“ Ohne die 
Existenz der Bundeswehr, so der Mi- 
nister, hätte es bis heute kem friedli- 
ches Nachkriegs-Europa . gegeben. 
»Die Sowjets wissen, daß sie von uns 
keinen Angriffskrieg zu befürchten 
haben. Sie wissen aber auch, daß wir 
für eine Verteidigung Deutschlands i 
bestens vorbereitet sind-, - 






V 



POLITIK 


5 



Montag. 25uFfebruarlfl85 - Nr. 47 - DIE WELT 


Unter Kriegsrecht und ohne Parteien: 
Die Pakistani wählen ein Parlament 

Mehr als 1500 Oppositionelle festgenommen / Staatschef Zia treibt Islamisiening voran 


Kyprianou widersetzt 
sich Druck der Parteien 

Rücktritt abgelehnt / Streit über Zypern-Plan der UNO 


Thais beweisen 
Giftgas-Einsatz 
durch Hanoi 

.CBiUSTELHLZ, Bangkok 
■■ Zum erstöi Malhfiben die thaüan- 
diyfen Strettfexäß» «inen eindeuti- 
gen Bereis, daß rätaamesischß Sol- 
cbeoräcte Kampfstoffe in 
Kambodscha einsetzen. Angehörige 
der Roten K3aner behaupten, Giftgas- 
aüackengebees schon seit 1879. 

Nach- Auskunft des Heeresspre- 
chers Generalmajor Naruedol sind 
vier mit Giftstoffen gefüllte Raketen 
über einen Kilometer tief auf Thai- 
land gefeiten, als vietnamesische 
Truppen ein kambodschanisches 
Flüchtlingslager gegenüber dem thai- 
ländischen Grenzdistrikt Ta Phraya 
attackierten. Zwölf Khmer, die offen- 
bar an Giftstoffeymptomen leiden, 
werden von Mitarbeitern des Interna- 
tionalen Boten Kreuzes behandelt 

Die vier Raketen, so der Sprecher, 
seien nicht explodiert da sie auf wei- 
chen Boden schlugen. Laboruntersu- 
chungen der Streitkräfte - drei der 
Raketen wurden zerlegt- identifizier- 
ten deren Inhalt als eine Kombination 
von Phosgen und Hydrogen-Cyanid- 
Gas. Beide Giftstoffe tödlich. 

Thailand hat den soeben beendeten 
Besuch des stellvertretenden ameri- 
kanischen Verteidigungsministers 
Richard Arznitage dazu genutzt Wa- 
shington aus erster Hand über den 
Giftstoffeinsatz wie über die Lage an 
der thai-kambodschanischen Grenze 
zu informieren. Zudem hat Thailand 
gegen den Einsatz chemischer 
Kampfstoffe durch die Vietnamesen 
bei den Vereinten Nationen prote- 
stiert In einer Note vom 19. Februar 
verurteilte die thailändische Regie- 
rung die Vietnamesen eines „ab- 
scheulichen Verbrechens“. 

Hanoi hat die jüngsten Giftgasbe- 
weise der Thais als „grundloses Ge- 
rücht“ abgetan. Das von Hanoi kon- 
trollierte Regime Heng Samrin in 
Phnom Penh spricht von „alten 
Tricks“, die die militärischen Erfolge 
der vietnamesischen Truppen gegen 
die Widerstandsbasen im thai-kam- 
bodschanischen Grenzgebiet über- 
decken sollen. 

Die Thais sind der Ansicht, daß die 
Kampfstoffe „aus dem Ausland“ 
stammen, da Vietnam nicht in der 
Lage sei, diese Chemikalien selbst 
herzu stellen. Bekannt ist jedoch, daß 
Vietnam über eine aktive „chemische 
Kampfeinheit“ verfügt, die bereits 
1938 gegründet und 1982 mit „neuen 
Geräten und Waffen“ ausgestattet 
wurde. 


MARTA WEEDENHILLER, Bonn 

Immer wieder versprochen, immpr 
wieder verschoben - doch beute sol- 
len 33 Mill i o n e n wahlberechtigte Pa- 
kistani wählen. 6000 TCanAiHa+Aw be- 
werben sich um 237 Sitze im Bun- 
despariament; davon sind 20 für 
Frauen reserviert 483 Mandate sind 
bei den Wahlen für die vier Pro- 
vinzpariamente zu vergeben, die am 
Donnerstag stattfinden. 

Doch diesen Wahlen, den dritten 
erst seit der Unabhängigkeit des Lan- 
des vor 38 Jahren, haftet Makel an: 
Parteien sind nicht zugelassen, nur 
Einzelpersonen. 

Ziaul Haq, Pakistans Staatschef, 
Oberster Kriegsrechtsverwalter und 
Chef des Generalstabs, hat nie einen 
Hehl daraus gemacht, Haft er sein 
Land für eine Demokratie nach west- 
lichem Vorbild für nicht tan glieh 
hält, daß Parteien in der Vergangen- 
heit ihre Chance vertan Hä tten nnd 
sie seine „neue Ordnung* ohnehin 
störten. Islamisches System nennt er 
diese Ordnung, ohne sie je präzise 
definiert zu haben. 

Bei seiner Islamisierungspolitik, 
die er seit seinem Futsch vor acht 
Jahren betreibt, zeigt er sich aller- 
dings radikaler als der Radikale: So 
hat das Zinsverbot bei Banken in Pa- 
kistan, das demnächst auch ausländi- 
sche Banken entschließen wird, 
selbst Khomeini als nachteilig für die 
Wirtschaft verworfen. 

Partei«! in Pakistan haben es frei- 
lich in der Vergangenheit nicht ge- 
schafft, eine demokratische Tradition 
aufeubauen. Auch wollten ihre füh- 
renden Köpfe eine Niederlage - bei 
Wahlen etwa - nicht als Teil des De- 
mokratie-Verständnisses akzeptie- 
ren. 

Zia riskier te die Herausforderung 
durch Parteien gar nicht erst 1979 
verbot er sie kurzerhand. Treffen 
wollte er damit aber vor «Tlpm die 
Pakistanische Volkspartei (PPP), die 
das politische Leben Pakistans von 
1971-77 maßgeblich bestimmte und 
deren Popularität ungebrochen ist 
Bei freien, von Parteien getragenen 
Wahlen könnte sie auf S teg setzen. 
Noch immer zehrt die PPP vom sym- 
boltrachtigen Namen Bhutto, dem 
Gründer lind einstigen Pr emier , der 
unter Zias Herrschaft gehenkt wurde. 
Seine Witwe Nusrat und seine Toch- 
ter Benazir versuchten, sein Erbe an- 
zutreten. Beide sind heute im Aus- 
land, krank die eine, mürbe von der 


Unterdrückung die andere. Freilich 
sah- auch Bhutto in der PPP ein In- 
strument qpinnT Macht eher, als daß 
er sie als Träger politischen Willens 
akzeptierte. 

Um dem Zia-Regime zu trotzen, 
schlossen sich elf Parteien zur „Be- 
wegung für die Wiederherstellung der 
Demokratie" (MRD) zusammen. Aber 
sie blieb, aus heterogenen Kräften ge- 
bildet zu schwach, um wirklich her- 



Zhtol Haq, Pakistans Staatsdwf, 
Oberster Kriegsrochtsverwaltor 
and Chef des Geneialstabs, kam 
1977 durch einen Putsch an die 
Macht. Er betreibt eine rigorose 
Islanisieniegspolitfk 

FOTO: CAMBtA PRESS 

ausfbrdem zu können. Die Zeit aber 
arbeitete für Zia. Das Verbot zehrte 
die Parteien von innen aus, ließ ihre 
Organisation zerteilen, nahm ihnen 
die Öffentlichkeit und Häufig auch 
die Führer. Hausarrest oder Gefäng- 
nisstrafen kennen sie nur allau gut 

Als die MRD jetzt zum Wahlboy- 
kott anfripf, weil keine Parteien zu- 
gelassen sind, weil das seit acht Jah- 
ren gehende Kriegsrecht nicht aufge- 
hoben wurde und die Verfassung sus- 


pendiert bleibt, ließ die Reaktion 
nicht auf sich warten: H ausa r rest für 
die Parteichefs von zehn der elf Par- 
teien. Mehr als 1500 Oppositionelle 
sind nach pakistanischen Pressebe- 
richten allein in der Provinz Sind, 
Heimat Bhuttos und Hochburg der 
PPP, festgenommen worden. 

Die PPP ist streng auch nach in- 
nen. Sie schloß Partehnitglieder aus, 

die sich als Kandidaten aiifstoUgn lie - 
ßen. Die Jamat-i-Islami, die Zia stützt 
und als einzige Partei den Boykott 
nicht mitmacht, ließ offen wissen: 
Wir haben 60 Kandidaten auf gestellt 

So befremdlich Zias Vorgehen ge- 
genüber der Opposition bei den von 
ihm als „frei, unparteilich und fair ** 
bezeichnten Wahlen anmutet, so bi- 
zarr ist auch der „Wahlkampf*. Der 
Kandidat darf nur in seinem Wahl- 
kreis werben, nur in Meiner Runde 
oder von Haus zu Haus. Mikrofone 
sind verboten. „Heiße“ politische 
Themen bleiben tabu; das Interesse 
kreist um lokale Probleme. Anders 
ausgedrückt Die Wahlen and entpo- 
litisiert. 

Zia weiß, daß seine Macht unan- 
getastet bleibt, wie schon das Refe- 
rendum zeigte, mit der er der Welt 
eine Farce vorführte und sein Volk 
politisch „verführte“. 

Die Bevölkerung war im Dezember 
aufgefordert, seiner islamisie- 
rungspolitik zuzustinupen. Welcher 
Pakistani würde dagegen stimmen, 
lebt er doch in einem Staat, dessen 
Raison cTfitre die Religion, der Islam, 
ist? Obwohl Zias Name in der Frage 
nicht auftauchte, wurde das Ja-Vo- 
tum dahingehend interpretiert, daß 
das Volk den Regierungsauftrag für 
Zia für. fünf weitere Jahre gebilligt 
habe. 

Der nächste Schritt Zias zur Festi- 
gung seiner Macht liegt schon fest Es 
wird ein nationaler Sicherheitsrat ein- 
geführt und verfassungsmäßig ver- 
ankert werden. Dem Rat, der bri Be- 
darf und „bei Fragen nationalen In- 
teresses" einberufen wird, gehören 
neben dem Präsidenten auch Militärs 
an. Die Streitkräfte werden also - 
Zias seit langem gehegter vordring- 
lichster Wunsch -künftig ein gewk± T 
tiges Wort mitreden. 

Kritiker mutmaßen, daß der Rat 
allen gewählten Gr emien, also äuc^ 
dem Parlament, übergeordnet sein 
wird und sich so die autoritäre Herr- 
schaft zia« hinter d emo kratischer 
Fassade mühelos verankern läßt 


Verletzung des 
ABM-Vertrages 
stört in Genf 

C. GRAF BROCKDORFF, Brüssel 

Die sowjetischen Verletzungen des 
ABM-Vertrages von 1972 stellen ein 
Hindernis bei den a m 12. Mäzz in 
Genf beginnenden Abrüstungsver- 
handlungen dm. Diese Ansicht wird 

in Kreisen, die der amprikanigcHpn 

Vei handlungsdelegation nahest ehen , 
vertreten. 

Wie es hieß, müßten die sowjeti- 
schen Vertreter in Genf erst eine be- 
friedigende Erklärung über dre pha- 
sengesteuerte Rundum -Radar bei 
Krasnojarsk in Zentral-Sibirien abge- 
ben, oHa man sich d** m eigentlichen 
Verhandlugsgegenstand, den Welt 
raum waffen, zuwenden kann. 

Im ABM-Vertrag, der unbefristet 
ist, aber von jeder der beiden Seiten 
gekündigt werden kann, wurden die 
Raketenabwehrsysteme beider Sei- 
ten begrenzt Als praktisches Ergeb- 
nis verrichteten die Vereinigten Staa- 
ten auf die Unterhaltung eines derar- 
tigen Systems, wahrend die Sowjet- 
union rund » j im Moskau 100 Starter 
für Weltraumwaffen aufeteüte. Das 
Moskauer System wird zur Zeit mo- 
dernisiert 

Die Zahl der Radargeräte und 
Startrampen wurde im ABM-Vertrag 
begrenzt insbesondere auch Radar- 
anlagen, die als Herzstück des Ab- 
kommens angesehen wurden. Nicht 
beschränkt wurde die Zahl der Ab- 
wehrraketen. 

Fragen zur Radaranlage 

Die gignwtiqchA Radaranlage in 
Krasnojarsk verstößt nach amerikani- 
scher Ansicht schon deshalb gegen 
den ABM-Vertrag, -weil sie nicht am 
Sande der Sowjetunion liegt und 
nicht nach außen gerichtet ist In Wa- 
shington besteht der begründete Ein- 
druck, daß die Anlage das Kernstück 
eines künfti gen Gefechtsführungssy- 
stems einer strategischen Verteidi- 
gung sem konnte. 

In den Kreisen wird betont daß es 
sinnlos sei, über Abkommen zu ver- 
handeln, wenn frühere Verträge nicht 
ein gehalten würden. Auf der unsiche- 
ren Grundlage sowjetischer Vertrags- 
verletzungen habe kein Rüstungs- 
kontrollabkommen mit Moskau die 
Chance, vom Senat mit Zweidrittel- 
mehrheit ratifiziert zu werden. Dies 
ist jedoch amerikanische Vexfas- 
sungsvorschrift seit 1787. Der Salt-II- 
Vertrag war nicht ra tifizi ert worden, 
weil der Senat ihn ablehnte. (SAD) 


EL ANTONAROS. Nikosia 

Kommunisten und Konservative 
haben sich am Wochenende im Parla- 
ment von Zypern verbündet um In- 
selpräsident Spyros Kyprianou unter 
Druck zu setzen und von ihm ultima- 
tiv zu verlangen, daß er einen von 
UN-Generalsekretär Pärez de Cu611ar 
vorgelegten Vertragsentwurf als 
Grundlage für eine Einigung mit den 
Inselturken akzeptiert 

In der vom Parlament verabschie- 
deten Resolution wird Kyprianou 
aufgefordert, als Staatschef abzutre- 
ten, sollte er nicht bereit sein, die 
Weisungen der Parlamentsmehrheit 
zu befolgen. Der seit 1977 amtierende 
Präsident: „Ich betrachte es als mei- 
ne Pflicht im Amt zu bleiben“. 

Tatsächlich ist Kyprianou, dessen 
linksliberale Diko-Partei nur über 
neun von 35 Parlamentssitzen ver- 
fügt an die Weisungen des Parla- 
ments verfassungsrechtlich nicht 
gebunden. Der Präsident wird direkt 
vom Volk gewählt und braucht daher 
das Vertrauen der Kammer nicht 
„Ich habe nicht die Absicht eine Ga- 
lionsfigur in den Händen der Partei- 
führer zu werden“, sagte Kyprianou, 
der von ptnwn „parlamentarischen 
Putsch* sprach. 

Kyprianou war Ende Januar unter 
Beschuß geraten, nachdem ein Ver- 
mittlungsversuch von Pfirez geschei- 
tert war. Zyperns Staatschef hatte 
sich geweigert einen lückenhaften 
Vertragsentwurf für die künftige 
Staatsform der gespaltenen Insel- 
republik zu unterzeichnen. 

Während Türkenführer Denktasch 
die sofortige Unterzeichnung forder- 
te, erbat Kyprianou z usätzlic he Bera- 
tungen zur Klarstellung einiger Ein- 
zelheiten. Dazu zahlten der Abzug der 
türkischen Besatzungstruppen sowie 
die Ver ankerung der BewegungS- 
»nri Niede rlassungsfreihei t 

Nach dem Scheitern der Gesprä- 
che in New York wurde Kyprianou 
von den Kommunisten und den Kon- 
servativen vorgehalten, er habe die 
beste Chance zur Lösung des 
Zypern-Konflikts absichtlich vertan. 

Die Verstimmung hat jedoch ande- 
re, tiefere Ursachen: Die Kommuni- 
sten der Moskau-freundlichen Akel- 
Partei sind böse auf den Staatschef; 
weil er Ende Dezemer 1984 völlig un- 
erwartet das Bündnis mit ihnen auf- 
gekündigt und drei der Akel- Partei 
nahestehende Minister aus dem Kabi- 
nett entlassen hatte. Kyprianou hatte 


1983 ein Minimum-Programm mit 
den Kommunisten ausgearbeitet, um 
mit ihren Stimmen seine Wiederwahl 
sicherzustellen. Unmittelbar nach 
dem Zerwürfnis mit den Kommuni- 
sten hatte Kyprianou eine Zusam- 
menarbeit mit der konservativen- 
Disy-Partei unter Ex-Präsident Elen- 
des angestrebt, die jedoch an den ho- 
hen Forderungen der Rechtspartei 
scheiterte. Kyprianou: „Seither ha- 

Anzaige 


natur im März 


Ist der Kaffee 
vergiftet? 

Kaffee oder Tee? Nach der Tee- 
Untersuchung hat das Bremer 
Umweltinstitut im Auftrag von natur 
30 Kaffeesorten analysiert. 

Wie die Teesträucher werden 
auch die Kaffeebäume reichlich mit 
Agrargiften berieselt. Es war daher 
zu klären, wieviel Gift-Rückstände 
der Kaffee enthält Lesen Sie die 
überraschenden Ergebnisse. 
Exclusiv: Wie sauber sind unsere 
Gewässer? Die ersten Karten aus 
dem „Geochemischen Atlas" der 
Bundesrepublik. Jeder kann gesün- 
der wohnen. Eine neue Serie über 
giftfreie Baustoffe für Haus und 
Wohnung. 

natur 


Das Umweltmagazin. 


Jetzt 8m Handel 

beu sich die beiden Großparteien zu- 
sammengetan, um meinen Sturz zu 
betreiben.“ 

Die von den Konservativen einge- 
brachte und mit 23 Stimmen verab- 
schiedete Resolution beweist, daß 
Kyprianous Behauptungen einen gro- 
ßen Wahrheitsgehalt haben: Kypria- 
nou wird nämlich aufgefordert, die 
Entscheidungen einer Versammlung 
aller Parteiführer als bindend zu ak- 
zeptieren und danach zu handeln. 
Sonst müßte er zurücktreten und eine 
Präsidentenwahl, die erst 1988 fällig 
wäre, vorzeitig abhalten. Nach An- 
sicht von Verfassungsexperten steht 
diese Forderung keineswegs in Ein- 
klang mit der Verfassung. (SAD) 


AUSTIN ROVER 



Frage an Austin Rover: 

Jch suche ein Auto für 
meinen Mann. Ist das 
ungewöhnlich? Ich habe 
da so einen eigennützi- 
gen Hintergedanken. 

Mein Mann ist viel unter- 
wegs, auf Autobahnen, in 
Hotelzimmern, auf Kon- 
ferenzen, Messen usw. 
Auch die teuren Hotel- 
zimmer sind oft nicht 
gemütlich; die Konferen- 
zen lang und anstren- 
gend; die Messen zugig 
und mit viel Laufen ver- 
bunden. Und dann über 
cfie Autobahn nach 
Hause. 

Er kommt aa ist gerä- 
dert; mißmutig. 

Der Job hat ihn geschafft 
Was ist geworden aus 
dem ehemals jungen, 
dynamischea fröhlichen 
Sunnyboy? 

Ich möchte gern, daß er 
etwas relaxter nach 
Hause kommt Vielleicht 
kann da ein besseres 
Auto helfen. 


Antwort von Austin Rover: 

„Der Rover 
Vanden Plast 

Wir bauen schon seit län- 
gerem Autos um das Pro- 
blem herum, das Sie uns 
beschrieben haben. Hier 
in Kürze, was ein Austin 
RoverHändler in Ihrer 
Nähe Ihnen in aller Aus- 
führlichkeit zeigen kann: 

Sie öffnen die Fahrertür 
des großen Rover, strei- 
chen beim Einsteigen 
über das Walnußholz in 
der Tür und setzen sich 
auf den sehr bequemen 
Sitz hinter dem verstell- 
baren Lederlenkrad 

Sie drehen den Zünd- 
schlüssel 

Die acht Zylinder des V8- 
LeichtmetaBmotors 
(3,51 Hubraum) 


beginnen zu surren. 

157 Pferde laufen sich 
warm. 

Keine Angst Mit den von 
innen belüfteten Schei- 
benbremsen können Sie 
sie sehr gut zügeln. Der 
moderne Motor zügelt 
auch ihren Durst: 73 1/ 
90 km/h; 10,1 1/120 km/h; 
16,71/ Stadtverkehr (Ver- 
brauch nach DEN 70030 in 
1 Super). Wenn die Nieder' 
querschnitt-Rerfen sich 
zu drehen beginnen, den- 
ken Sie an ihren Mann, wie 
er entspannt in diesem 
Auto von seiner Reise 
wieder zu Ihnen nach 
Hause kommt 
Erzählen Sie ihm davon. 

Der starke Bruder des 
Rover Vanden Pias heißt 


Rover Vitesse: 193 PS, 
tiefliegendes Sportfahr 
werk, Front- u. Heck-Spoi- 
ler, Spezial- Sportsitza 

PS: 

Einen neuen Rover finan- 
ziert Ihnen ihr Austin 
Rover-Händler gern. Zu 
3.9% Jahres-Effektivzins 
durch die AKB (Allge- 
meine Kredit Bank) bei 
25% Anzahlung. 

Ihre Austin Rover 
Deutschland GmbH, 

Am Fuchsberg 1. 

4040 Neuss 1, 

Tel.: 021 01/3810. 






ROVER 


VON AUSTIN ROVER 








I 


u 


Br 

air| 

ie 

bei 

S 


eil 

eizBi 

ün 

ub 

eizai 
utwa 
4. L7 
fllta 

■ne 

Sirj 

•tu. 

Her' 

.brr 

bi 

uh 

jlef r 

Mi? 

.Ui 

uh 

ac c 

ftr 

bi 

uh 

MSB 

'jrj 

bi 

■jh 


ien 

jftSB 
Ifw \ 

ermr 

bi 

>uh 


I 



Briefe an DIE # WELT 

DIE WELT, Godesberger Allee 99, Postfach 200 866, 5300 Bonn 2, Tel. 0228/30 41, Telex 8 85 714 


Beförderungsstau 

-Mit 4fi in Pension" ; WELT vom 18. Fe- 
bruar 

Sehr geehrte Herren, 


Staatssekretär Rühl (BMVg) for- 
dert zu Gegenvorschlägen zwecks 
Lösung des Beförderungsstaus der 
Bundeswehr auf. Nachstehend ein 
fast kostenneutralen Aufhebung der 
Erhöhung der besonderen Alters- 
grenzen für Berufssoldaten um ein 
Jahr. 

Die sozial-liberale Bundesregie- 
rung hat mit dem Haushaltsstruktur- 
gesetz vom 18. 12. 75 (BGBl 75 S. 
3091} das Soldatengesetz Paragraph 
45 so abgeändert, daß alle Berufssol- 
daten um ein Jahr länger dienen müs- 
sen: bis zum Hauptmann 53 statt 52 
Jahre, Majore 55/54, Oberstleutnante 
57/56, Oberste 59/58 Jahre. Dadurch 
verringerten sich die ausscheidenden 
Offiziere und Berufsunteroffiziere auf 
die Hälfte, von 1976 bis 1985 also zehn 
Jahrgänge! Wäre dieser widersinnige 
und bloß kostenträchtige Paragraph 
gleich nach der „Wende 1 * aufgehoben 
worden, hätte sich das Problem im 
heutigen Maßstab gar nicht gestellt 
Dies war jedoch nicht die einzige 
Sünde der Linkskoalition: Die zweite 
war die erstaunliche Aufblähung und 
Inflationierung des Dienstgrades 
Oberstleutnant Im Jahre 1965 war 
trotz Aufbesserungen durch sog. Er- 
mächtigungsstellen der Stellenkegel 
noch ausgeglichen. Nachstehend eine 
Gegenüberstellung der Stabsoffi- 
ziersstellen 1965:1977: 

Haushaltig.1965 : 1977 
Generale 181 202 + 21 

Obersten 734 1083 + 349 

Oberstltn. 2493 6310 +3817! 

Majore 5209 3821 -1388 

Das Massenangebot an Oberstleut- 
nantsstellen führte dazu, daß Beför- 
derungen zu diesem Dienstgrad be- 
reits Mitte der dreißiger Jahre und 
auf Planstellen von Hauptleuten 

durchgeführt wurden! Der Krebs- 
schaden war aber, daß jeder zum 
Oberstleutnant beförderte Major um 
zwei, ab 1976 sogar drei Jahre länger 
dienen mußte. Je jünger die Beförde- 
rung erfolgte, desto länger blockierte 
er für die Nachrücker die Stelle. 

Die dritte Sünde war die zu frühe 
Zulassung von jungen Hauptleuten 
zur Stabsoffiziersausbildung (Fortbil- 
dungsstufe C). Bisher waren Haupt- 
leute zum Stabsoffizierslehrgang ge- 
schickt worden, wenn sie die Voraus- 
setzungen zur Beförderung altersmä- 
ßig erfüllten. So schuf man vorzeitig 


bloß Anspruchsdenken. Cum grano 
«Hs kann man also sagen, daß Wel- 
tökonom Schmidt in die deutsche Mi- 
litärgeschichte nicht nur als „Erfin- 
der des Haarnetzes für Soldaten", 
sondern auch des „Beförderungs- 
staus“ ping ehen wird . . . 

Tüinp Stellungnahme zu, der völlig 
abwegigen Idee einer Übernahme 
ausscheidender Offiziere in die Bun- 
deswehrverwaltung mit ihren kata- 
strophalen Beförderungsverhaltms- 
sen würde den Raum einer Leserzu- 
schrift sprengen. Die Bundeswehr- 
Verwaltung ergänzt sich seit jeher 
weitgehend aus ausscheidenden Zeit- 
soldaten. Zeitoffiziere haben kein In- 
teresse daran, weil die Karriereaus- 
sichten zu miserabel sind. Von 25 Be- 
amten des gehobenen Dienstes kann 
einer seine „Laufbahn durchlaufen“ 
(4 Prozent in A 13 nach Paragraph 26 
Bundesbesoldungsgesetz). 

Mit freundlichen Grüßen 
G. Voss, 
Regensburg 

Die „Contra-Stellungnahme" des 
bayerischen Staatsministers Schmid- 
huber zur Frühpensionierung der Of- 
fiziere ist im deutlichen Gegensatz 
zur Jro-Stellungnahme u des Staats- 
sekretärs Dr. Rühl, enttäuschend un- 
schlüssig und in sich widersprüch- 
lich. Zunächst wird die Bundesregie- 
rung - ihr gehören auch fünf CSU-Mi- 
nister an! - der Unehrlichkeit be- 
schuldigt: Die Begründung der Ein- 
satzbereitschaft werde angeführt, ob- 
wohl es nur um die Verbesserung der 
Beförderungsmöglichkeiten gehe. 
Aber gleich im Anschluß wird festge- 
stellt daß auch Bayern die Sorge um 
den Erhalt der Einsatzbereitschaft 
unserer Streitkräfte teile. 

Bayern wehrt sich gegen die Mög- 
lichkeit daß frühzeitig ausscheiden- 
de Offiziere in Konkurrenz zu Ange- 
stellten in der freien Wirtschaft treten 
könnten. Gleichzeitig spricht es sich 
jedoch dafür aus, daß Aufstiegsmög- 
lichkeiten für Beamte und Angestell- 
te im öffentlichen Dienst zwangswei- 
se durch die Besetzung höherwerti- 
ger Dienstposten durch Offiziere der 
betroffenen Jahrgänge vermindert 
werden. Am 15. 1. 1985 erschien eine 
Mitteilung: „Die in der CSU organi- 
sierte Christliche Arbeitnehmer- 
schaft (CS A} Niederbayem will die 
Pläne von Verteidigungsminister 
Wömer . . . vom Bundesverfassungs- 


gericht prüfen lassen und... Klage 
erheben.“ Webt von daher der mei- 
nungsbildende Wind in Bayerns 
Staatskanzlei? 

Die unpopuläre, sicherlich nicht 
Wähterstimmen gewinnende Maß- 
nahme unseres Verteidigungsmini- 
sters, die «nssrhTipffllrii den optima- 
len Einsatz unserer treuen und vom 
Steuerzahler finanzier ten Waffensy - 
steme und damit die Gewährleistung 
unserer äußeren Sicherheit zum Ziel 
hat, steht in keinem Vergleich zum 
Ergebnis ehw einfachen mathemati- 
schen Lösung Bayerns, die offen- 
sichtlich nur den Gewinn von Wah- 
lersthnmen anvisiert Und das bei ei- 
nen Wählerstimmenpolster von 
mehr als 60 Prozent! 

K Lackschewitz, 
St Augustin 

Goldhelm 

„Wer « nette den Haan mit dem Gold- 

kflmr WEXT von 14. Februar 

Sehr geehrte Damen und Herren, 

in Ihrem Artikel war zu lesen, 
„... daß jetzt eine in der Militärtech- 
nik erprobte Methode Klarheit über 
die Herkunft des Goldhelm-Mannes 
bringen soll". 

Diese Darstellung ist falsch. Die 
Methode der Neutronenaktivie- 
rungs- Analyse, um die es hier geht, 
spielt für die Militärtechnik über- 
haupt freinp Rolle. Diese Methode, die 
am Forschungsreaktor des Hahn- 
Meitner-Institutes zur Untersuchung 
von Rembrandt-Gemalden eingesetzt 
wird, findet in unserem Hause außer- 
dem noch Anwendung bei der Suche 
nach Spurenelementen bei geologi- 
schen und medizinischen Fragen 
(zum Beispiel Spurenelementhaus- 
halt von Dialysepatienten). 

Uns liegt besonders daran, daß wir 

tärtechnik gebrächt werden, weil es 
dem Hahn-Meitner-Institut sowohl 
durch w««p fiafcmng als auch durch 


Wort des Tages 

99 Man bleibt jung, so 
lange man noch lernen, 
neue Gewohnheiten an- 
nehmen und Wider- 
spruch ertragen kann. 95 

Marie von Ebner-Escbenbach; 

österr. Autorin (1830-1918) 


den Berlin-Status untersagt ist, in die- 
sem Bereich zu arbeiten. 

Mt freundlichen Grüßen 
Thomas Robertson, 
rfafr nJMt>ih? 0 r .Tnstihit für Kernfor- 
schung, Berlin 

Vermummung 

In den alten nordischen Rechten 
bestand der Unterschied zwischen 
Mord und Totschlag in felgendem: 

Ließ derjenige, der wne n anderen 
(beispielsweise wegen Blutrache) er- 
schlagen batte, den Speer oder Dolch 
im Körper des Erschlagenen, so war 
er des Totschlages schuldig. Nahm ex 
die Waffe mit, bekannte er sich also 
nicht zur Tat, galt er als Mörder. 

Mörderische Gesinnung ist, die 
Menschen sich vei m u m me m läßt 
Darüber hinwegzusehen hat keinen 
Sinn. Der Gesetzgeber versagt, der 
dies nicht zur Grundlage seiner Rege- 
hingen macht 

Christoph Halbe, Notar 
Hamburg 70 

Für Deutschland 

JLeMCbrief: Oddntxhlud a ;WELTvom 

16. Fbbrar 

Die Frage, an die Schlesier gerich- 
tet „Möchten Sie denn nach Schle- 
sien zurück?“, ist falsch gestellt Es 
geht doch nicht darum, wer und wie 
viele Schlesier in ihre Heimat zu- 
rückkehren möchten Vielmehr muß 
uns alle der Tatbestand bewegen, daß 
mit einem Verlust der deutschen Ost- 
gebiete rund ein Viertel des Deut- 
schen Reiches verlorengehen würde. 
Somit geht die ostdeutsche Frage das 
ganze deutsche Volk an Sie ist nicht 
allein eine Angelegenheit der Vertrie- 
benen 

Die Rückkehr der Vertriebenen in 
ihre Heimat ist also nicht die Kardi- 
nalfrage. Entscheidend ist eine ausge- 
wogene Ostpolitik, die sich am 
Rechtsstandpunkt orientiert, cL h. je- 
der verantwortliche Politiker hat da- 
nach zu handpin, daß Ostdeu tschland 
für Deutschland nicht verloren geht, 
sondern allen Deutschen zugänglich 
wird. Die Forderung nach einem Frie- 
densvertrag muß vordringlich iirnnw 
wieder angebracht werden. 

Wenn Schlesien nur den Schlesiern 
gehören würde, müßte spätestens mit 
dem Aussterben der JUtschlesier“ 
diese Ostprovinz in den Besitz Polens 
übergehen. Das wäre schließlich das 
Schicksal ganz Ostdeutschlands. So 
ist es also notwendig, daß Schlesien 
wieder im Gespräch ist Es muß wei- 
terhin auf der Tagesordnung bleiben. 

K Bruns, 
Krefeld 


GEBURTSTAGE 

Am Mittwoch feiert in Belgisch 
Gladbach der Musikpädagoge Gott- 
hard Speer seinen 70. Geburtstag. 
Speer, geboren in Kühnem im schle- 
sischen Kreis Neuznarkt, kommt aus 
dem Volksschuldienst Nachdem er 
die Pädagogische Akademie in Beu- 
then in Oberschlesien bes u cht hatte 
und nach Ablegung der Lehrerprü- 
fungen war er bis zum Ausbruch des 
Zweiten Weltkrieges Lehrer in Sei- 
tendorf im Kreis Frankenstein. 
Gleichzeitig unterzog er sich einer 
Singschul-Lehrer-Ausbildurtg und 
studierte an der Hochschule für Mu- 
sikerziehung in Berlin-Cbariotten- 
burg. Nach Kriegsdienst und Gefan- 
genschaft begann er erneut eine Tä- 
tigkeit als VolksschuIlehierimMun- 
sterland. Dem Musikpädagogen er- 
öffhete sich bald der Weg in eine 
Dozentur an den Pädagogischen 
Hochschulen in Fadsbom und 
Köln und zehn Jahre rianarh , 1957, 
in eine ordentliche Professur für 
Musikerziehung an der Abteilung 
Köln der Musikhochschule Rhein- 
land. Hier widmete er sich beson- 
ders der Jugendmusflspflege. Be- 
sondere Verdienste erwarb er sich in 
der Pflege der ostdeutschen, in Be- 
sonderheit der schlesischen Musik- 
überlieferungen, die ihm nunmehr 
seit 30 Jahren zur Lebensaufgabe 
wurden. Die Einrichtungen der 
„Hheinisch-WestSllschen Musikta- 
ge“ als Fortführung der einstigen 
„Schlesischen Musiktage“ in Gör- 
litz, die Gründung des „Instituts für 
ostdeutsche Musik“, in die außer 
dem Arbeitskreis auch die „Samm- 
lung für ostdeutsche Musikpflege“ 
der Ostdeutschen Forschungsstelle 
Nordrhein-WestfäJen eingegangen 
ist, sind die markantesten Stationen 
auf dem Lebensweg dieses Mu- 
sikpädagogen und Musikwissen- 
schaftlers. 

* 

Adam Vollhardt, ein Journalist 
der alten Garde, begeht heute in 
Hamburg seinen 75. Geburtstag. In 
Neu-Isenburg bei Frankfurt am 
Main geboren, wirkte er nach Aus- 
bildung »nd Täti gkeiten in Frank- 
furt und Königsberg lange Jahre im 
Nahen und Fernen Osten als Aus- 
ländskorrespondent, darunter in Je- 
rusalem, Kairo und Tokio. Nach 
dem Krieg aus Japan zuzückge- 
kehrt, übernahm er zunächst in 
Frankfurt, dem Sitz der damaligen 
bizonalen Behörden, später dann in 
Bonn die Redaktionsbüros des 


Personalien 


„Hamburger Abendblatts 11 sowie' 
der „Westdeutschen Allgemeinen 
Zeitung*. 1958 wechselte er nach 
Hamburg, wo er dann 7phn Jahre 
lang als Chefredakteur das Büro des 
Verlegers Axel Springer leitete. Von 
1968 bis zu seiner Pensmnwrmng 
1975 war er darm mit Sonderairfga- 



Adcun Vottbardt 

FOTO: DIE WBI 

ben für die Geschäftsführung be- 
traut Darüber hinaus gehörte er von 
1970 bis 1980 als Vertreter des Bun- 
desverbandes Deutscher Zeitungs- 
verkger (BDZV) dem Deutschen 
Presserat an und war auch Mitglied 
des Kuratoriums der Akademie für 
Publizistik in Hamburg. 

PRÄSIDIALAMT 

Wenter Nachmann, Vorsitzender 
des Direktoriums des Zentralrats 
der Juden in Deutschland, und Ge- 
neralsekretär Alexander Ginsburg 
wurden von Bundespräsident Ri- 
chard von Weizsäcker zu Gesprä- 
chen in Vnia Hamm iwr srhmMt -m 

Bonn empfangen. Der Präsident ori- 
entierte rieh über die Lage der jüdi- 
schen Gemeinden in der Bundesre- 
publik D eutschland und diskutierte 
mit beiden Besuchern die Ausge- 
staltung des 8. Mai in Bonn. 


Bundespräsident Richard von 
Weizsäcker hat den langjährigen 

T^itw Tnrwiprtilitilr im T hmHorcprägu 
HliT»int | MlwirtMt»WiBplrtn r PUll 

Döring, verabschiedet Der Stellver- 
treter von Staatssekretär Klans 
Blech scheidet nach 20jähriger Tä- 
tigkeit im Präsidialamt au« dem ak- 
tiven Staatsdienst aus. Bei «mm 
Abschiedsempfang in der Villa 


Hanwryffsc h mfaft itvBcnft 

der Bundespiäriderä, derStarias». 
kretärundPersonalialsvinshander 
Herst Arnold die großen Verdienste 
Dörings, der unter fünf Pläskfenfm 
in Bonn „ab vorb2dbeher Beamter“ 
diesem Haus gedient hat Von Wett- 
säcker schenkte Paul Döring sein 
BOd mit Widmung. Der Präsident 
sprach von dem „hohen Respekt 
und der herzlichen Dankbarkeit für 
eine beispielhafte und verantwor- : 
tungsvoüe Amtsführung*. Paul Dö- 
ring, Jahrgang 1928, hatte nach 
Kriegsdienst und Kriegsgefangea- 
schaff in Berlin Jura studiert Er war 
anschließend beim Senator für Lute- 
res in Berlin tätig, arbeitete dann 
beim 1 Bandes vei walfamgsgcricfat, 
gehörte von 1963 bis 1967 dem Bon- 

1967 in das Präsidialamt . 

AUSZEICHNUNGEN 

Professor Dr. Hermann Haben 
vom Institut für theoretische Physik 
der Universität Stuttgart wurde von 
der Europäischen Physikalischen 
Gesellschaft mit dem European 
Physical Society Travriling 
L ectu re rah ip Award 1985 ausge- 
zeichnet Die damit verbundenen 
Vorlesungen dienen als rines der In- 
strumente der Gesellschaft zur För- 
derung der Physik in Europa. 
Gleichzeitig ist der.hiennit vergebe- 
ne Titel ritte Anerkennung für her- 
vorragende wissenschaftliche Lei- 


Im Mninaw- Rathaus wurde dem 
stellvertretenden Prog ram mdirek- 
tor des ZDF und Leiter der Zentral- 
stelle für die Zusammenarbeit mit 
Dritten, Mer Gerlach, vom Ober- 
bürgermeister Jockel FÖchs die 
Jupitersäule verliehen. Die Verlei- 
hung, so Oberbürgermeister Fuchs 

in Egingr T .anriaHn, ririiHtp tit»n H anlc 

imrf die Anw+wiwing der Stadt 
Mainz gegenüber der Arbeit eines 
Mannes aus, der sieh mit großem 
TZw gagwnOTii srit 15 Jahren um die 
Stadt als medienpolitisches Zen- 
trum verdient gema ch t habe. Er ha- 
be vor allein durch seine Arbeit als 
TTn fprhaTtiing*rfoof des ZDF in 
Jahren von 1972 bis 1980 für die 
Zuschauer neue Dimensionen «öff- 
net Peter Geriach wird am 30. April 
1985 aus den Dienste] des ZDF aus- 
scheiden und sich als Film- und 
Femsehproduzent in Berlin und 
Munehen niederiassen. 



WELT- Leser sind näher dran 


r 


© 

© 

© 

© 

O 

© 


a 

e 

© 

© 


& 

© 


9 

O 

o 

© 

9 

9 

9 


9 

© 


© 

© 


© 

9 

9 

9 


© 

© 

© 

O 

© 

© 


9 

Ö 

© 

© 

9 


9 

© 


Sie haben den entscheidenden Informationsvorsprung. 90 Korrespon- 
denten sind an 35 Plätzen des In- und Auslandes für die WELT tätig. 
Sie berichten aktuell aus nächster Nähe von den Brennpunkten des 
Weltgeschehens. v 


/ 






& 


•I 


% 


i 


v- 

ÖMSG 


Multiple Sklerose 


100.000 


brauchen Ihre Hilfe 


Über J 00.000 junge Erwachsene haben diese 
Diagnose schon hören müssen: „Multiple Sklerose 4 . 4 
Die Multiple Sklerose ist eine heimtückische 
Erkrankung des Zentralnervensystems, die von 
leichten bis zu schwersten Lähmungen, Seh- und 
Sprachstörungen, sogar zu völliger Hilflosigkeit 
führen kann. Sie drängt den MS-Kranken in die 
Isolation. 

Jeder kann an MS erkranken, besonders im 
Aller von 19 bis 45 Jahren. Bis heute ist noch keine 


Heilung möglich. 


Bitte unterstützen Sie die Arbeit der Deutschen 
Multiple Sklerose Gesellschaft. Sie braucht Geld, um 
durch medizinische Forschung, Beratung und 
soziale Betreuung das Leben mit der Krankheit zu 
erleichtern. 

Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft e. V., 
Rosental 5/4, 8000 München 2. 

Zentrales Spendenkonto: 31 31 31 Stadtsparkasse 
München (BLZ 700 500 00). 


„An alle Hausbesitzer“ 

Haben Sie Fassatiönprobleme? 
Wir haben die Lösung für Sie! 

Das Produkt ist bis 20 Grad Kälte, bei Regen und bei großer 
Hitze zu verarbeiten. Dies können Sie nur mit unseren Pliolite- 
Produkten von Goodyear. 


Die Resultate zeigen, was mit Fassadenfarben, Beschichtungen 
und Isolieiputze auf Basis von Pliollte-Harzen-Kautschuk er- 
reicht werden kann: 


- eine mit anderen Produkten bisher nicht erzielte Leistung 

- vollkommen neue Anwendungsgebiete für Fassadenfarben 


Jahrzehntelange Haltbarkeit 
Kein Abbiättem vom 


Untern rund 
■ Keine Rlßblldung 


Wetterfest isoliert gegen 
Nösse. Feuchtigkeit 
Oberdeckt Putzrisse 
dauerhaft 

Haftet auf allen Untergründen 
Sämtliche Farbtöne 
nach Wahl 


Schichtstärke bis 5 mm 
Atmungsaktiv besser ab 
andere Putze 
(eicht zu reinic 


■ Heizkostensparend 

■ Abwaschbar auch mit 
Dampfstrahl 

■ Haftet auch auf affen, 
sandigen Putzen und 
fauchten Wänden 


Kostenlose Beratung und Vorführung. Wir führen die Arbeiten 
selbst in ganz Deutschland aus, sofort und preisgünstig. 


Fa. Design Siegbert Berger 

Fassadenschutz GmbH 


6750 Kaiserslautem 27, Emst-Christmann-StraBe 4 
Telefon (06 31) 7 87 50 


4B5 812-0 12 


Rir Kapital wichst «ul 
(und mahr) 


600% ZÄS,™ 

reh unsar EXCUJSIV-PROGRAMM 


durch unsar EXCUJSIV-PROGRAMM. 
EiotkL Sicherheiten. Ahw. ü. europ. 
Großbank. BenttungBpam. PT. SOI t ZA. 
6072 Orweich 


Nigan In dar Frört ra'Pbaao 
W antetehm 200 nana Brunnen. Dorf- 


q benoteter groben oteoelbot. 


« ■* Dam wird otefech — Oar M t und Ban- 

1 1 |_| I, — „.Flllial 

UMlWMI UllPUuuki 


H Eine Schaufel knetet DM 2(Lr. 

■ “ " 

Postscheck KOM 500 500-500 


Pffi d itblqtt für Deutschland 


Die WELT ist Pflichtblatt für Finanzver- 
öffentlichungen an allen acht deutschen 
Wertpapierbörsen in Berlin, Bremen, Düssel- 
dorf, Frankfurt, Hamburg, Hannover, 
München und Stuttgart w » 


aktuell - praxisnah - übersichtlich 


WL 


Pemmahmfseb aß 

kJ jl I "jCjl . n II 


Monatszeitschrift für Personalleiter 


Moderne Personalarbeit braucht fundierte 
Informationen - Pcrsarnttärtscbafi - 
Wissen und Erfahrung aus der Praxis für die 
Praxis - PersonsU&irtscbafi- Konzentriert 
und leicht lesbar - monatlich - DM 148,-jhrl 


Unentbehriictie Lektüre fg PersonaHacMeate 
Bestellen Sie Ihr kostenloses Probeheft 


Name, Vorname 


Firma oder Stempel 


Straße 


PLZ. Ort 


Postfach 970148 * Kommentator Vertag - 6000 Frankfurt/M. 97 


Wir arbeiten 

an den Gräbern der Opfer 
wn Krieg und Gewalt 
für den Frieden 
zwischen den niensdien 
für den frieden 
zwischen den Völkern 


■mt* AB? 
k:\virfc 




VOLKSBUND DEUTSCHE J 
jjj| KRIEGSGRÄBERFÜRSORGE 



WBRNSt -HILPERT-STRASSE 2 3500 KASSEL 
POSTSCHECKKONTO FRANKFURT/M 4300-60 BLZ 50010060 


DIE UWE LT 


30M Hannover L Laag* Laube 2, TcL HS 1» 

iw »U Mw sssata. Amdm Tri. 
HS U) a « CO OB. TM» e an MC 


UNABHÄNGIGE TAGESZEITUNG FÜR DEUTSCHLAND 


«00 Dflmkki rt, Crat-MoU-Fteta II, TeL 
W»l 37M4MI. Anzeigen: TW. 

W2 11) 37 Mil. Telex! 5*7 730 


Harnupcter 

Axel Springer. Maliht«« Wsldcnt 
Berlin 


ChL-Ircdukieuro: WlHited Hcru-Etchcnrade. 
Dr. Herbert Krcmp 


HMw-BMJeer Kanu. 

rteba, Ktan» Crilet Prier Wootz; . 
dort: Dr. Wlta Beriyn. Ja 


Sicöv Chefredakteure: Peter CllUex. Man- 
fred Schell. Dr. CCbnter Zvhoi 


Berater der CtwbvdalOloo; Heinz Barth 


Homburg- Ausgabe. Dtaihstl Ce». Klaus 
Bnma IrtcUv.l 


Cbcfa von Dieme: Klaus Jorfen PltUschc. 
FTIcdr. w. Hcvrlng. Heinz Kluce-Lilbkc. 
Jens-Martin Mdeke. Bann: Korst HIUcs- 
helra. Hamburg 


, l.poUllac 

richten: Com« P actus. Klous-J. 
fsteUv.L Klaus Jonas (stcUv. dir 
■rtaaui: DeuuchhuKl: Mathen Koch. BUdfeer 
v Wrikowsky isie Uv ): Internationale Poli- 
tik. Manfred Nouber. Ausland: Jürgen U- 
ralrukL Karte VekteaUller UteUv.k Seile X: 
Burkhard Müller. Dr. Manfred 
iflcllv i; MeUuueenr 
atorn.BundcswriinRndJgrrlleniariOslcu- 
ropa: Dr. Carl Gustaf Slrßhm; ZcttecschJiÄ - 

le: WaherCörtÜE WHariaH: Gerd BrUzfr- 

m«nn. Dr. Leo FbRbor UtcUv.fc [nduttrtepo- 
hlifc fiuu Bnunun: Geld and Kredit: 
ciaii, Dcniagcr. FculUclom Dr. Pclcr Diu- 
nur. Reinhard Beruh ( flcüv ): G«ÄJ*e WeH/ 
WELT des Buches Alfred SUricmaiao. Peter 
Buhöls (Hellv.l. Ftanaehen: Dr. Rainer Nol- 
dvn. whaenachaR und Technik: Dr. Meter 
Thlertouch: Sport: Frank Quednaa: Ausalier 
Weil. Knut Taikc [strilv.k Hriso-WELT und 
Aul»- WELT. Heim Humum Btrm Cre- 
-SchJcmann (stcHv für Reise- WSLTl; 



M00 Frankfurt (Kate). Weaundmufle «. TeL 
HNI TI 71 IL Tetex « U449. Fnmupterer 
«am 721017. Agrariern; Telefon fl 801 
77» II- 13, Telex 1 1»S US 


7M0 Stuuxart, Rotebüfalplnz 30s, TCL 
<07 11) 22 13 sn, relaxt 22 OOS. Anaefeen: TCL 
«711)7*5871 


»- 0 - Trt 

«an 238 13 0L Telex 523 IU. Annelan: 
Telefon H 8» 8 » « 38 / 38. Telex 5 3 8» 


**55 Tri ** er D “ ajoein- 

^ 7 » Hehrwcnstener. Awfenda- 


t Cnf 1 

Bon: Friedrich 

Ftfcr WlrtlL Horet-Aleaander Sieben 


--- — WELT/SAD: 

Athen: E A. AntonaraK Beirat: Amt H. 
Bute; BrOnefc Chjt Graf w. Breckdorff- 

AhicfeMl: Jerusalem: KpfanUni Lalav; Lts>- 

don: ChnatlM Perber. Obus Gebamac. 





t<w An*fleir Hetant Von. Kort- 
Heta Kokowfeü Madrid; Rolf CMku; UaU 
bo±Dr. Güniber Depn. Dr. llonOco «on 
Uxnrtte-Lanmon; vamL P»L Dr. Cdmer 
FriedOnder, New York: AMredVO&Kniten- 


AmUmmUde fb dte Dntrefe 
Su, a vaA KaBbUaxkmeatH 


WELT- Report HHna Ktuce-LObiw. WBLT- 
Heport Inland: Heim- Rudolf Sctedca 


«owThren« ^felfcnn« WIH; Me Mete 
WdMcnbc r grr. Couunct KnttUr. JoacUn 

Kanntet WaaÜnaum: Dieirfc* Schott 


I stell v t WELT- Report AutnuL Hxns-Hcr- 
bc« Hobmner LeaHtdcfc: Henfc Ohn caor- 
8« PmenaUcn: Inp> Urban: Dokorncma- 
twn: Reinhard Berger: Orant Werner 
Schmidt 


ZentnlredakUon: 5300 Bonn Z CodsüMMer 
ADW »8. Tel (02 28! M4L Telex 8 IS 714. 
Fernkopierer »2 22) 37 M SS 



Kat Stuttgart. Der Vertag! 

nt Gewihr für «fattlkhe Knrmoiletnmen. 


Weitere leitende Hcdiktciae: Dr, Hamn 
Ckakn Werner Kohl Lothv Schmidt' 
MMtoch 


Foteredakte»! Bellt» Rathjc 
SchtaBredaklion: Armin Becft 


1000 Berlin SL Kadunlt sn 

TCL H 30) 239 10. TM» l M 585, Aretfeetd 

TCL H3W 2391 29 3L02. Töe* 18« SW 


Dfe WELT 

gfedeh mH dtf Vartefshedage WZLT-BS- 
KWT. ^dduprettfirie Hr. 4. eOU« * + 
J Ul iiwr nM. 


Bonner KonrnpoadeMen-Hedoklifla: Tho- 
mas l KieBnger (Letten. Hefe* Heck 
(«leBv.L C Umher Beding. Stefan G. Hey- 
deefc. Peter Jcnuch. Evi KcU. Ham-JUrfen 
Mahnkc. Dr. Ebcrfeurd muchkc. Peter Phi- 

llpus. Ckachi Heiners 


2000 HambtRi 38, Kateer-WOhehn-StnBe L 

TeL (840) 1471, Telex BedakUon und Ver- 
trieb 2 170010, Andttn; TeL ' 
(0«)3 47 «80. TClex 2 17 001777 



DipiMnstlaeher KorrnOondeni. Berat Con- 
rad 


KMTevpandeni ftur Technologie: Adalbert 
Borwolf 


4300 Kaum 18. 1 b Teribrtcb 100, Tel 
(020 Ml 1011. Amten; iS 

102031) 1013 24. Tek» 8 
Fernkopierer (0 20 Ml 8 27 SB und 8 21 29 


HerMefluiif: Warner Soriak 
Annexen: Kau* Bie« 

Vertrieb: Gerd Dieter LeUeh 
Vetfejpdeker; Dr. Znrt-DMifeh Adler 

grac k In *300 Zian l*. ln Tortbraeh H« 
3W Hamberg 38. ffri at r Wt g wJei St r«. 
















DIE 9 WELT 


7 



Montag. S&frjtaruaf 1985 - Nr. 47 





„Bremen ist nicht die , Titanic*“ 


DieLänderchefs 

Mi 

nal 

■an 

sr 

0 

r mal " 

x. 

IU1I411 

V 


Keanen wir unsere Landes- 
väter? Sind sie Politiker 
„zum Anfassen“ oder Pro- 
dukt einer sorgfältigen öf- 
fentlidikeitsarbeit? Horst 
Stein kat diesen Männern 
beim Regieren zugeschaut, 
hat die Politiker befragt und 
mit ihren Wählern gespro- 
chen. Diese Folge seiner 
WELT-Serie porträtiert 
Hans Koschnick, bald 20 
Jahre Bürgermeister der 
Freien Hansestadt Bremen 
und damit Regierungschef 
des kleinsten Bundeslandes. 


Zwei Jahrzehnte 
Bürgermeister 

Hans Koschnick, Jahrgang 29, 
kommt aus Bremen, und er 
kommt von ganz unten: Sein Va- 
ter war Dreher und Gewerk- 
schaftssekretär, und auch er ar- 
beitete sich nach einer Verwal- 
tungslehre Ober die Gewerk- 
schaftsleiter nach oben. 19S5, 
also mit 26, zog er zum ersten- 
mal in die Bremer Bürgerschaft 
ein, acht Jahre später war er 
Innensenator, 1965 bereits 
zweiter Bürgermeister und 1967, 
nach dem Vertust der absoluten 
Mehrheit für die SPD, Senats- 
prösident und Bürgermeister 
des Stadtstaates Freie Hanse- 
stadt Bremen. Seit 1971 regiert 
Koschnick allein mit der SPD. 
Der Bürgermeister, der von 1975 
bis 1979neben Herbert Wehner 
stellvertretender Parteivorsit- 
zender war, bis er sich auf das 
SPD- Präsidium beschränkte, ist 
seit 1983 Bundesbeauftragter 
für die deutsch-französischen 
Kulturbeziehungen. Hans 
Koschnick, verheiratet, ein 
Sohn, kämpft seit Jahren darum, 
der mit Problembranchen 
(Werften, Stahl, Fischerei) über- 
setzten Hansestadt neue Zu- 
kunftschancen zu eröffnen. 


I m schwarzen Anzug mit Weste, 
das Revers ordensfrei, wie es sich 
für Hanseaten geziemt, sieht Hans 
Koschnick womöglich noch straffer 
gekämmt aus als sonst Aber .er 
strahlt Richard von Weizsäcker, der 
Bundespräsident, hat ihm soeben ei- 
ne Reverenz erwiesen, die über proto- 
kollarische Artigkeiten hinanqwphh 
-Mein hoher Respekt gilt Th hat* nfrhf 
nur" , sagte er an die Adresse des bre« 
mischen Regierungschefs, „weil Sie 

mir oft in Bi MlffnTihiiiiwm und 1 <m- 

der immer am Schachbrett überlegen 
sind, sondern weil Sie als. Dienstälte- 
ster unserer MmisterpräsideDten und 
Bürgermeister der Stadtstaaten einen 
großen, bleibenden und sehr verant- 
wortungsvollen Beitrag für das Wohl- 
ergehen der Bundesrepublik 
Deutschland im ganzen leisten.“ 

Das Publikum in der Oberen Halle 

des uralten Bremer Rathauses, die 
nirgendwo noch in der Bundesrepu- 
blik Deutschland ihresgleichen hat, 
klatscht Beifall Wer seit Jahren so- 
viel gezaust wird wie dieser auch von 
politischen Gegnern hochgeschätzte 
Vor mann der Freien Hansestadt Bre- 
men, SO mag manrhar dpnlrpn, der hat 
aufmuntemde Komplimente nötig. 
Denn wie mächtig auch die Zeugnis- 
se einer gloriosen Vergangenheit von 
diesen Wänden und Balkendecken 
hemiederblicken, schwach und ge- 
fährdet ist die Lage des Gemeinwe- 
sens Bremen in der Gegenwart 
Koschnick, der selber gern die Histo- 
rie bemüht - Spezialgebiet: Evangeli- 
sche Kirchengeschichte wQl denn 
auch, wenn er die großen Zeiten be- 
schwört, mehr den hanseatischen 
Durchhaltewiflen und zähes Behar- 
ren ermutigen als vaterstädtische 
Hof fahrt kitzeln. Wenn einer weiß, 
wie mühselig der Weg aus der Talsoh- 
le sein wird, dann dieser Arbeiter im 
Weinberg des Herrn. 

Doch selbst an diesem Tag; andern 
Koschnick, halb würdevoll, halb auf- 
gekratzt, aber ganz Landesvater, den 
Bundespräsidenten bei dessen An- 
trittsbesuch durch Bremen geleitet, 
erkennbar froh darüber, daß er einen 
Mann vor ri eh hat, der die Stadtstaa- 
tep-Problematik aus eigener Berliner 
Erfahrung kennt, selbst an diesem 
Tag zieht Koschnick es vor, seinen 
Sätzen einen kleinen ironischen Drall 
zu geben. Es macht die Lage erträgli- 
chen „Die Bremer sind gewiß nicht 
tüchtiger als andere. Aber sie müssen 
sich wie alle Kleinen immer ein biß- 
dien mehr anstrengen, immer versu- 
chen, etwas fixer zu sein als die Kon- 
kurrenz. Darin liegt unsere Chance. 
Um es plastisch auszudrücken: Wir 
Bremer müssen eine Stunde früher 


aufstehen und eine Stunde später die 
Arbeit niederiegen, um im Wettbe- 
werb mit Erfolg bestehen zu kön- 
nen.“ IG-MetaDer a ylwn bei 
Wendungen zusammen. Was der Bür- 
germeister da gebraucht, das ist fast 
schon OrweHs „Neusprach“ oder der 
Versuch, nach den Suggestionsme- 
thoden Couäs zu h eilen: Geht es heu- 
te nicht schon deutlich besser als ge- 
stern? Natürlich würde Hans Kosch- 
nick, dieser fast zwei Zentner schwe- 
re Bmyiqiiwigmann, dieser Schoell- 
sprecher »mH Marathonarbeiter, lie- 
ber sagen: Kommt, Jungs, nun habt 
ihr genu g über das Paradies auf Er- 
den geredet und die Ernten der kom- 
menden Jahre verteilt, nun nehmt 
mal wieder einen Spaten in die Hand 
und packt mit an. Denn das ist die 
Situation der allanregierenden bre- 
mischen SPD, in der reformwütige 
Schwarmgeister immer wieder von 
Planwirtschaft und von Umvertei- 
lung träumen oder von Branchenrä- 
ten. In der das törichte Gerede von 
einem wünschenswerten Nullwachs- 
tum so lange die Runde machte, bis 
es quasi von selbst zu einer Tatsache 
geworden war. Der Regierungschef 
hat jetzt die Mnlpfiphp damit 


Gelegentlich ein Schlag 
auf das Donnerblech 


Doch dreißig Jahre in der Politik, 
davon zwanzig als Senatspräsident, 
dag heißt in der Doppelrolle als Bür- 
germeister da 1 Stadt und Miniaipr . 
Präsident des H imdpalanda^ hahen 
Hans Koschnick klug gemacht Er 
weiß, wo die Mlnpn lip g pn, imd ver- 
meidet sie, wenn ihn nicht gerade 
eine verborgene List leitet oder - 
auch schon mal - der Übermut plagt 
Dann freilich sagt er Sätze wie: „Was 
soll das Gefasel von der Ideologie. 
Die nkimnmischen Fakten müssen 
stimmen!“ Oder, auf die Frage nach 

qpmpm immPn p Shrenden Kleinkri eg 
mit dem wirtschaftsfeindhchen Flü- 
gel der SPD: „Meine H eriphiingen rur 
Handplsfarmmer sind, gottlob, besser 
als die zur Partei.“ Und: „Es kommt 
nicht darauf an, was geredet wird, 
sondern darauf was wir im Senat 
tun.“ Hammerschläge auf das Don- 
neridech, die in der bremischen SPD 
lange noch hallen 

Da die Verfassung des Staates Bre- 
men dem Bürgermeister nicht die 
Rirhtlinipnko m pptpn? pmpg Regie- 


rungschefs zugesteht, muß er freilich 
als Primus inter pares bei allem, was 
er tut im Senat und, nötigenfalls, bei 
der i hn tragenden Fraktion und der 
weithin fremd gewordenen ( Jchhab’ 
pinfach kpmp Zeit für so was!“) Part ei 
um Mehrheiten werben. Selbst wenn 
ihm dabei seine Autorität durch den 
triumphalen Wahlsieg von 1983 ge- 
stärkt seine Routine und seine un- 
vergleichliche Sachkenntnis helfen - 
Regieren bleibt in Bremen «llpmal ein 
mühseliges Geschäft Und so zieht es 
ppt»h Hang Koschnick häufig vor, Sich 
die Plackerei ein wenig damit zu er- 
leichtern, daR er 
ein bißeben 
lfnks “ redet um 
ungestörter • 

„rechts“, will sa- 
gen: pragmatisch, 
handeln zu kön- 
nen. Im Mai 1980 
etwa, als es im Zu- 
sammenhang mit 
pinpr öffentlichen 
Gelöbnisfeier der 
Bundeswehr in 
Bremen zu hefti- 
gen Ausschreitun- 
gen gekommen 
war, sprach der 
- Bürgermeister 
vom überflüssigen 
Brimborium ei- 
nes vordemokra ti- 
schen Rituals “. 

Das Wort, das 
rasch die Runde 
machte, wn klassi- 
sches Beispiel für 

Koschnickg Bfi- 
herrschung des se- 
mantischen 
Rauchvorhanges, 
bezog sich aller- 
dings nur auf dpn bei dieser Veran- 
staltung gespielten Großen Zapfen- 
streich. Die Gelöbnisfeier selbst wur- 
de von Kocchnick nachdrücklich ver- 
teidigt - so wie er seinen Sohn Peter 
selbstverständlich „zum Bund“ ge- 
hen ließ, um der Wehrpflicht zu genü- 
gen. Der Referendar macht mittler- 
weile ciup Wehrübung, die ihn zum 
Oberleutnant befördern solL 

Koschnick beugte sich auch den ' 
Forderungen aus der Partei, die Ge- j 
werbesteuerhebesätze in Bremen zu ' 
erhöhen, dami t die soziale Symmetrie j 
gewahrt bleibe, aber er achtet zu - I 
glei ch damuf, daß die Margen der. 1 
Nachbarländer nicht überschritten 


und ansiedlungswillige Unterneh- 
men nicht abgeschreckt werden. Seit 
Jahren nimmt der Regier ungschef 
ferner diskret, aber wirkungsvoll und 
m i t dem harmlosesten Gesicht dpi- 
Welt Einfluß auf die Planungen der 
1970 gegründeten Bremer Refözzn- 
universität Sein Ziel ist es, die als 
„rote Kaderschmiede“ verschriene 
Hochschule durch den Ausbau natur- 
wissenschaftlicher Disziplinen wie 
Informatik, Geowissenschaft oder 
Produktionstechnik für die indu- 
strielle Zukunft der Hansestadt nutz- 
bar zu machen. 
„Natürlich“, ge- 
steht Koschnick, 
„ist die Uni mit ei- 
nem 100-MiUio- 
nen-Etat für Bre- 
men viel zu groß, 
aber für die Infra- 
struktur der Re- 
gion brauchen wir 
sie einfach.“ Der 
Bürgermeister 
glaubt daran, daR 
rieh zu Fertigun- 
gen wie dem Wett- 
raumlabor für das 
„Space Shuttle“ 
und der Ariane- 
Rakete oder den 
Daimler-Wagen ei- 
nes nicht zu fernen 
Tages auch andere 
Weißkittel-Pro- 
duktionen gesel- 
len werden. 

Er weiß, daß 
Bundesländer, et- 
wa Bayern und 
Baden-Württem- 
berg, sehr früh 
ZUCHNUN& klaus bOhle schon bestrebt wa- 
ren, Wissenschaft- 
ler und Forschungsinstitute ins Land 
zu lokeken, daß aber die Bremer wie 
die Saarbrücker oder die Manager aus 
Dortmund und Esse" „in der Manier 
von Bergassessoren oder Stahlasses- 
soren gedacht hahpn L riag gehe immPT 
so w gft g r mit ihrer Montanindustrie 
und ihren Werften“. So kam denn die 
Volkswirtschaft des kleinsten Bun- 
deslandes - eben 685 000 Einwohner 
auf 404 Q uadratkilo metern - zum 
hö chsten Anteil an Problembran- 
chen: fast 40 Prozent, und nur die 
Krise der Fischerei Wirtschaft kam 
unerwartet, dem die geht auf die Li- 
mitierung der Fangquoten zurück. 
Noch heute spricht Hans Koschnick 


mit Betroffenheit davon, wie ihn „die 
eigenen Leute“, die Werftarbeiter der 
Wes» AG aus seinem Heimatstadtteil 
Gröpelingen, im vorvergangenen 
Sommer „Verräter und „Werftenlril- 
ler“ schimpften, als er ihnen mitteilen 
mußte, daß das Unternehmen nicht 
zu retten sei. 

Seitdem, seit die Ausleger stillge- 
legter Kräne wie die Schlafträume 
des Pleitegeiers über Bremens Dä- 
cher ragen, ist der rastlose Mann noch 
rastloser geworden, pflügt rieh 16 
Stunden am Tag durch Aktenberge, 
den Schädel fast wie Zeus wolkenver- 
hüllt - von der ewigen Zigarre, inspi- 
riert Betriebe, rattert, Jackett gegen 
Strickjacke getauscht, im Dienstwa- 
gen nach Bonn oder jettet als Akqui- 
siteur für die bremische Wirtschaft 
hinter Aufträgen her. „Wir haben kei- 
nen besseren Fürsprecher“, sagen die 
Bremer. 


Verfolgungsjagd von 
Zinsen und Krediten 


Es ist, als memoriere der Bürger- 
meister jeden Morgen das Motto, das 
über der Uhr vor seinem Amtszim- 
mer steht- Die Zeit ist heilig! Ein Satz, 
der die Lebenserfahrung von Kauf- 
fahrem und Fischern ausdrückt daß 
man bereit muß , zu ha ndeln und 

rasch das Nötige zu tun, wenn die 
Winde ums pringen und die Tide 
wechselt 

Koschnick, so scheint es, macht 
rieh insgeheim ein Gewissen daraus, 
nicht rechtzeitig erkannt zu haben, 

daß cir»b Ha in Rrpnnpn, gpmpm Bre- 
men, eine D pfiri t -Mpchänik entwic- 
kelt, die niemand raphr in dpn 
Griff bekommen kann, eine nicht 
mehr aufhaltbare „Verfolgungsjagd 
der Zinsen auf die Kredite“, wie je- 
mand formulierte. Das fing schon da- 
mit an, daß jene Bürger, die ins nahe 
Niedersachsen übersiedelten, aber ih- 
ren Arbeitsplatz in der Hansestadt be- 
hielten, seit der Finanzrefbrm des 
Jahres 1969 dort ihre Steuern bezah- 
len - ein ständiger Aderlaß von 100 
Millionen Mar k jährlich. Und es setz- 
te sich damit fort, daß der Stadtstaat, 
ehedem eine der reichsten Regionen 
Europas, unbekümmert um Kon- 
junkturen und Krisen und die Zäsu- 
ren der beiden Ölschocks, zu einer 
Genossen-Republik entwickelt wur- 
de, in der, wie Kritiker formulierten. 



„das soziale Gewissen zunehmend 
über Soll und Haben triumphierte“. 
Die bewährte Koalition zwischen den 
Arbeitern und der Kaufmannschaft, 
von Koschnicks Vorgänger Wilhelm 
Kaisen sorgsam g ezimm ert, hiel t dem 
nicht stand. Seit 1971 regiert die SPD 
allein, zum Leidwesen Koschnicks, 
wie man vermuten darf, der seither 
keinen Knüppel mehr hat, die eige- 
nen Maximalisten zu züchtigen. 

Arbeitslosenquote, Pro-Kopf-Ver- 
schuldung, Abwanderung von Unter- 
nehmen - was auch immer Ohne den 
herkulischen Einsatz dieses Hans 
Koschnick wäre alles noch viel 
schlimmer gekommen, darin stim- 
men viele Beobachter überein. CDU- 
Ministerpräsidenten wie Wirtschafts- 
manager halten große Stücke von der 
Tüchtigkeit und Zuverlässigkeit des 
Bremers. Ihm selbst macht es noch in 
der Rückerinnerung erkennbar Freu- 
de, wenn er vom guten Gang der Air- 
bus-Gespräche mit Franz Josef 
Strauß oder von den Verhandlungen 
mit Daimler-Bossen über die Errich- 
tung des Bremer Zweigwerkes er- 
zählt: „Wenn ich sage, ich mache eure 
Baupläne beschwerdefrei, dann muß 
ich das gründlich geprüft haben, und 
dann muß das stimmen.“ Wenn er 
sich erst ei nmal einges timm t hat, er- 
zählt er gern und gut, im Gespräch 
rasch, beweglich, lachlustig und herz- 
lich und vom eigenen Elefantenge- 
dächtnis imm er wieder stolz über- 
rascht 

Am stärksten beeindruckt indes 
der Optimismus Hans Kos chnicks, 
der nach all dem, was er in Bremen 
und mit Bremen erlebt hat, eigentlich 
unglaublich ist „Ach Quatsch“, sagt 
er auf die Frage, ob ihn denn die 
Hansestadt die einstmals stolzen 
Schiffen den Namen gab, nicht zu- 
weilen, in Momenten der Resigna- 
tion, an die „Titanic“ erinnert habe, 
den Luxusliner, der so jäh unterging. 
„Bremen ist nicht die .Titanic*!“ 
brummt er unwirsch, und daran hat 
er weder jetzt noch offensichtlich je- 
mals den leisesten Zweifel gehabt 
„Wir Bremer jammern nicht“, sagt 
Koschnick bei seinen unzähligen 
Auftritten draußen wie drinnen, „wir 
packen an!“ Und es klingt wie ein 
Tagesbefehl 

Einem Gemälde aus dem Jahr 1946 
nur ist die Jeremiade erlaubt Es 
heiß t „Bremens Klage“ und zeigt ein 
trauerndes Frauenantlitz über bren- 
nenden Ruinen - Erinnerung an die 
Terrorangriffe des Zweiten Weltkrie- 
ges, denen die halbe Stadt zum Opfer 
fiel. 

So rückt man Proportionen zu- 
recht 


Ohne ABS blockieren Sie sich 
viele wirtschaftliche Vorteile. 








Mit ABS dagegen wächst die Sicher- 
heit. Weil bei einer Vollbremsung oder 
überraschenden Ausweichmanövern 
die Räder nicht blockieren und das 
Fahrzeug voll lenkfahig bleibt Und 
darüber hinaus können Sie mit fol- 
genden wirtschaftlichen Vorteilen kal- 
kulieren: Versicherungsunternehmen 


ohne daß Ihre Ertragsrecnnung ins 
Schleudern kommt 
In Betreuung so gut wie in Technik 
Das heißt für Mercedes-Benz auch 
1. Hohe Servicequalität durch spezia 
lisierte Teams. 2. Originalersatzteile- 
Garantie. 3. Dichtestes Ukw-Kunden- 
dienstnetz-. mindestens alle 25 km. 


geben 10% Rabatt auf Vollkasko-ver- 
sicherte Fahrzeuge, die mit ABS ausge- 
stattet sind. Der Restwert eines solchen 
Fahrzeugs erhöht sich. Die Reifenko- 
sten reduzieren sich bis zu 28% . Bei 
der Abschreibung sparen Sie auch 
noch Steuern. Mit ABS können Sie also 
getrost eine Vollbremsung machen. 



In Betreuung so gut wie in Technik. Mercedes-Benz. 

Ihr guter Stern auf allen Straßen. 







I 


i< 


Br 

ait] 

io 

bei 

" p i 


eti 


ElZEI 

Urz 

<3>.. 
all . 


eaa 

«w 

4 LJ 
itixt 


me 

tn 

*31 . 
Jll 


«Ier< 

ton 

äji 

ul 


den 

ton 

jji 

•lh 


als C 
.Ijrz 
Öl 
ul 


lf5fc 
iaiz 
öi .. 

uh .. 


ien 


iffee 

eunr 

Öl 

mh 



„Nationale 

Interessen 

beachten“ 


M Fortsetzung voa Seite 1 

ihm nicht hineingeredet, weil sie be- 
wußt davon ausgegangen ist, daß ein 
deutscher Sportfunktionär die natio- 
nale Identität nicht verletzt. Wenn 
dies aber passiert, dann muß sich 
auch ein so verdienter Sportfunktio- 
när wie Neuberger der Kritik stellen. 
Bisher klangen seine Erklärungen 
nicht plausibel 14 , betonte WaigeL 
* 

Der DFB will rieh dem öffentlichen 
Druck nicht beugen. Die Europamei- 
sterschaft 1988 werde auch dann in 
der Bundesrepublik Deutschland 
stattfinden, wenn es nicht gelingen 
sollte, Berlin noch nachträglich zu ei- 
nem Spielort zu machen, sagte Präsi- 
dent Hermann Neuberger in Lissa- 
bon. Er reagierte damit auf die so- 
wohl von Bundeskanzler Helm ut 
Kohl als auch von Bmdesprasident 
Richard von Weizsäcker geäußerte 
Erwartung auf Verzicht auf die 

Europameisterschaft, wenn Berlin 
ausgeschlossen bleiben sollte. In di- 
rekter Erwiderung auf den Bundes- 
kanzler erklärte Neuberger, ein sol- 
cher Wunsch „ist schnell daherge- 
sagt“. Bundespräsident von Weiz- 
säkeker, Kanzler Kohl und der für 
Sport zuständige Bundesinnenmini- 
ster Friedrich Zimmennann wollen, 
wie die „Weh am Sonntag“ berichte- 
te, der Eröffn ungszeremonie der EM 
demonstrativ fembleiben, sollte die 
EM ohne Berlin stattfinden. 

Der Bundespräsident hatte in einer 
Fernsehsendung gesagt: „Das letzte 
Wort ist noch nicht gesprochen. Der 
DFB ist auf öffentliches Verständnis 
angewiesen, und er wird im eigenen 
Interesse das Mögliche tun, um die 
bisherige Entscheidung zu korrigie- 
ren.“ Eine solche Korrektur forderte 
mit großer Mehrheit auch der Bun- 
desparteitag der FDP. 

Der sportpolitische Sprecher der 
SPD-Bundestagsfraktion Peter 
Büchner forderte Neuberger auf, im 
Sportausschuß des Bundestags Aus- 
kunft über die Bewerbung für die 
Europameisterschaft 1988 zu geben. 
Berlins Regierender Bürgermeister 
Eberhard Diepgen erneuerte seine 
Kritik am DFB mit der Aussage, er 
fühle sich „ausgetrickst“. Trotz der 
Versicherungen der DFB-Verant- 
wortlichen habe er keineswegs den 
Eindruck gewinnen können, daß der 
Verband die Interessen Berlins bei 
der Bewerbung mit dem notwendi- 
gen Nachdruck vertreten habe. 


Mit blockierten Schienen 
im Wendland protestiert 

1000 Kernkraftgegner kamen za den „Aktionstagen“ 


DETLEV AHLERS, Dannenberg 

Mit zum Teü militanten Aktionen 
haben etwa 1000 Atomkraftgegner am 
Wochenende im niedersächsischen 
Lüchow-Dannenberg gegen Atom- 
mülltransporte protestiert Zu den „Ak- 
tionstagen im Wendland M gegen das 
Atommülllager in Gorleben, die von 
der Bezi rksregierung verboten wor- 
den waren, hatten Kernkraftgegner 
und verschiedene Bürgerinitiativen 
aufgerufen. 

Die Eisenbahnstrecke zwischen 
Uelzen und Dannenberg wurde nach 
Angaben der Polizei mehrfach mit 
Holzstammen versperrt, etwa 130 
Gleismuttem gelockert und die 
Schienen an einer Stelle mit Schnell- 
bindebeton blockiert Die Straße von 
Dannenberg nach Gorleben wurde 
mit etwa 80 Fahrzeugen und Holzhau- 
fen gesperrt Die Polizei, die starke 
Aufgebote zusammengezogen hatte, 
nahm 105 Personen vorübergehend 
fest 

Gestern vormittag gingen die De- 
monstranten dann auf eine „Bus- 
rundfahrt“, die unter anderem an den 
Privathäusern von Politikern vorbei 
führte, die das Atommüllager befür- 
worten. Ihre Sprache war zum Teil 
haßerfüllt Die Demonstration sollte 
am Nachmittag mit einer Kundge- 
bung in Dannenberg zu Ende gehen. 

Veranstalter der .Aktionstage im 
Wendland“ war die Bürger-Initiative 
Umweltschutz Lüchow-Dannenberg 
(BD, das als militant eingeschätzte 
„Göttinger Aktionskomitee gegen 
Atomkraft“, sowie Gruppen aus Han- 
nover, Bremen und Hamburg. Der 
Landesverband der Grünen Nieder- 
sachsen und deren Landtagsfraktion 
nannt en das all g em eine Kundge- 
bungsverbot einen Teü der „men- 
schenfeindlichen Atompolitik* 4 . 

Keine der Demonstrationen war 
angemeldet; die Veranstalter traten 
nur all gemein als „Freie Republik 
Wendland“ auf, also unter dem Na- 
men eines Holzhüttenlagers, das mo- 
natelang am Bohrloch 1004 in Gorle- 
ben stand und 1980 abgerissen wurde. 

Hans K empm ann, Sprecher der BL 
sagte der WELT, es sei Sinn der Ak- 
tionstage, „den politischen Preis“ für 
das T j ger ins „Unkalkulierbare“ 
hochzutreiben. Es gebe Gruppen mit 
unterschiedlichen „Widerstandsme- 
thoden“, doch man lasse sich „nicht 
spalten durch ai™» Kriminalisie- 
rungswelle“. Dieselbe Ansicht vertrat 


der Beisitzer im Grünen Landesvor- 
stand, Tjdkap . 

In Gruppen von fünf bis 25 Leuten 
hatten rieh die Demonstranten am 
Samstag auf einen sogenannten 
„Bahnspaziergang“ begeben. Auf der 
Strecke Uelzen-Dannenberg, die seit 
mehreren Monaten schon Ziel von 
Störaktionen ist, soll in den nächsten 
Wochen der erste Transport von abge- 
brannten Brennelementen des Kraft- 
werkes Stade bis zum Bahnhof Dan- 
nenberg-Ost rollen, und von dort aus 
schließlich mit Lastwagen ins Lager 
Gorleben gebracht werden. 

Wahrend des „Gleisspaziergangs“ 
setzte die Polizei in dem für Fahrzeu- 
ge unzugängli chen Gebiet Mann. 
schaftstransport-Hubschrauber ein. 
Gruppen von Demonstranten, die ge- 
rade beim Hindernisbau waren, wur- 
den auseinandergetriebea Einzelne 
waren maskiert und erinnerten in 
Kleidung , Gehabe und Wortwahl an 
die militanten Demonstrationen bei 
der Startbahn West, den „Hauser- 
kampf“ in Berlin und die Schläge- 
reien um Brokdorf Viele der „Spa- 
ziergänger“, unter ihnen Famüien mit 
Säuglingen im Hängetuch und Kin- 
dern an der Hand, waren aber fried- 
lich eingestellt: Sie sangen Lieder. 

Logistisches Zentrum der Demon- 
stranten waren die „Bauernstuben“ 
in Trebel und deren FestsaaL Den 
Angereisten wurden hier Schlafplät- 
ze bei Bauern im Umkreis vermittelt 
Der Saal selbst, wo es am Samstaga- 
bend ein alternatives Fest mit Musik 
gab, glich in der Nacht einem Feldla- 
ger. Im Garten der Gastwirtschaft 
wurde von der BI ein Stein enthüllt 
auf dem die Namen von politischen 
Gegnern eingraviert sind. 

Hier wurde auch zur Blockade der 
Straße für d»n Samstagnachmittag 
aufgerufen. Die Aktion bei dem mitt- 
lerweile einsetzenden Schneefell 
wurde von der Polizei nach etwa ei- 
ner Stunde aufgelöst Zu Schläge- 
reien oder Ausschreitungen kam es 
dabei nicht i 

In der Nacht zum Sonntag aber 
fand die Polizei bei einer Razzia in 
einem T-n feai , das als Versammlungs- 
ort der Kernkraftgegner bekannt ist 
knapp 100 Flugblätter mit den Adres- 
sen von Po lizis ten und den Worten: 
„Ihr habt die Möglichkeit, die 
Schweine direkt zu kriegen“. Gegen 
den Wirt wurde ein Ermittlungsver- 
fahren eingeleitet 


Shamin Vereinbarung Jordaniens 
mit Arafat dient nicht dem Frieden 


Gespräche mit PLO, internationale Nahost-Konferenz nnd Palästinenserstaat abgelehnt 


rtr/dpa, Tel Aviv/Amman 

Israels Auß enminis ter Yitzhak 
Shamir Mt die in Amman getroffene 
palästinensisch-jordanische Verein- 
barung in den Kernpunkten abge- 
lehnt und als nicht dem Frieden dien- 
lich bezeichnet Vor dem Abflug zu 
einem Europabesuch sagte 
gestern, die Vereinbarung zwischen 
dem PLO-Chef Yassir Arafat und 
dem jordanischen König Hussein ent- 
halte drei für Israel nicht akzeptable 
Bestandteile. Israel lehne Gespräche 
mit der PLO ab, halte eine internatio- 
nale Nahost-Konferenz nicht für sinn- 
voll und sei gegen die Errichtung ei- 
nes Palästinenserstaates. Shamir be- 
kräftigte seine Auffassung, daß dieser 
Vorstoß nur dazu dienen solle, die 
USA zur Änderung ihrer Haifa mg ge- 
genüber der PLO zu bewegen. Es ge- 
be keinen Mangel an EYiedensplänen, 
sondern einen Mangel an Friedensbe- 
reitschaft der arabischen Staaten, 
fugte Shamir hinzu. 

Shamir sagte, bei seinen Gesprä- 
chen in Bonn werde er erneut die 
ablehnende Haltung Israels zu mögli- 
chen Waffenverkäufen an arabische 
Staaten zur Sprache bringen, in Pa- 


ris, Bonn und Den Haag will S hamir 
außerdem erreichen, daß Israel seine 
Agrarexporte in die EG-Länder auch 
bei der Erweiterung der Gemein- 
schaft im bisherigen Umfang auf- 
rechterhalten kann 

Die jordanisch-palästinensische 
Vereinbarung ist am Wochenende in 
der jordanischen Hauptstadt veröf- 
fentlicht worden. Diese gemeinsame 
Initiative zielt auf eine Verwirkli- 
chung einer „friedlichen und gerech- 
ten Lösung des Nabost-Konflikts und 
die Beendigung der tgraglrechgn Be- 
setzung der arabischen Gebiete ein- 
schließlich Jerusalems“ auf der Baris 
folgender fünf Punkte: 

• Vollständiger Abzug der Israelis 
aus den 1967 besetzten arabischen 
Gebieten gemäß dem in den Resolu- 
tionen der Vereinten Nationen und 
des Wdtricherheitsrates festgelegten 
Prinzip „Land gegen Frieden“. 

• Recht des palästinensischen Vol- 
kes auf Selbstbestimmung: Die Palä- 
stinenser werden ihr unveräußerli- 
ches Recht auf Selbstbestimmung 
ausüben, wenn Jordanier und Palä- 
stinenser dazu in der Lage sind, dies 
im Rahm en der Bildung einer vorge- 


schlagepen yonfrvterarinn arabis cher 
Staaten zwischen Jordanien und Pa- 
lästina zu fain • • 

• Losung des Problems der palästi- 
nensischen Flüchtlinge in Überein- 
stimmung mit den Resolutionen der 
Vereinten Nationen. 

• Lösung der Palästinenserfrage in 
allen ihren Aspekten. 

• Auf dieser Basis werden Friedens- 
verhandlungen unter der Obhut einer 
internationalen Konferenz stattfin- 
den, an der die fünf ständigen Mit- 
gliedsstaaten des Wdtricherheitsra- 
tes und alle betroffenen Parteien des 
Konfliktes teabiehmtm, «ngnhlipffliph 
der Palästinensischen Befreiungsor- 
ganisation (PLO) als der einzig legiti- 
men Vertretung des palästinensi- 
schen Volkes in einer gemeinsamen 
(jordanisch-palästinensischen) Dde- 


Jordaniens Informationsminister 
Taher Hikmat, der den Wortlaut der 
Vereinbarung bekanntgab, verwies 
darauf, daß die Resolution 242 des 
Weltsicherheitsrates zu den UNO- 
Entschließungen gehöre, auf die sich 
die Hussein-Arafet-Initiative gründe. 
Seite 2: Schritt für Schritt 


Neuer Protest gegen 
Polens Preispolitik 


DW. Warschau 

In ungewöhnlich scharfer Form ha- 
ben die offiziellen pnlrrica-hmn Ge- 
werkschaften gegen dm Plan der Re- 
gierung in Warschau protestiert, der 
den Abbau der Preissubventionen für 
Leb ensmi ttel, die Verteuerung von 
Kohle, Strom und Gas und die Ein- 
schränkung der Rationierung von 
Getreide, Fetten und Schokolade vor- 
sieht Der stellvertretende Vorsitzen- 
de des Koordinationsausschiisses der 
regimetreuen Gewerkschaften, Ro- 
muald Sosnowski, erklärte, die Auf- 
hebung der Rationierung würde auch 
bei Zahlung des geplanten Lohnaus- 
gleichs „zu einer Senkung des Le- 
bensstandards der arbeitenden Men- 
schenführen“. 


Ein prominenter Berater der „Soli- 
darität“ interpretierte den Protest der 
parteitreuen Gewerkschaften als In- 
diz dafür, daß der Staat die Preiserhö- 
hungen angesichts des für den 28. 
Februar geplanten Proteststreiks zu- 
rückstellen werde 


Kompromiß für 
abgasarme Pkw? 


AFP, Amsterdam 

Die Niederlande wollen der EG- 
U mweltko nferenz am 7. März als 
Kompromißlösung im Streit um die 
Einführung ah ga <amw>r Automobile 
eine bis 1995 gestreckte Lösung in 
drei Etappen Vorschlägen. Dies kün- 
digte am Wochenende ein holländi- 
scher Regierungssprecher an. Der 
Vorschlag sehe vor, daß ab 1987 zu- 
nächst alle Personenkraftwagen mit 
mehr als zwei Liter Hubraum mit 
Vorrichtungen zur Reduzierung der 
Schadstoffe in den Abgasen versehen 
sein müssen. 


Ein Jahr später soll dies für die 
Pkw mittlerer Motorenstärke (LI bis 
zwei Liter Hubraum) gelten. Für 
Kleinwagen (weniger als 1,1 Liter 
Hubraum) würden die Vorschriften 
zwischen 1992 und 1995 eingeführt. 
Der niederländische Umweltminister 
Pieter Winsemius hoffe, die Regie- 
rungen Frankreichs und Großbritan- 
niens für seinen Kompromißvor- 
schlag gewinnen zu können. 


Äthiopien will 
Falaschen zurück 


AP, Addis Abeba 


Äthiopien hat am Wochenende Is- 
rael beschuldigt, Tausende äthiopi- 
scher Juden gewaltsam aus ihrer an- 
gestammten Heimat verschleppt zu 
haben, und hat die Rückkehr dieser 
auch „Flaschen“ oder „schwarze Ju- 
den“ genannten Menschen verlangt 


Nach Angaben der Londoner „Ti- 
mes“ wurden zwischen November 
1984 und dem 5. Januar 1985 genau 
7354 äthiopische Juden mit einer ge- 
heimen Luftbrücke Über RnAm nwri 
westeuropäische Länder nach Israel 
gebracht Die meisten von ihnen wa- 
ren dem Verhungern nabe. 


Die Aktion wurde abgebrochen, 
nachdem sie an die Öffentlichkeit ge- 
langt war. In Äthiopien und in suda- 
nesischen Flüchtlingslagern blieben 
7000 bis 12 000 äthiopische Juden zu- 
rück. Von der Düne- und Hungerka- 
tastrophe in Äthiopien sind acht Mil- 
lionen der 41 Millionen Einwohner 
des Landes betro ff en. 


Bangemann: 

„Nur noch wenige 
Quertreiber“ 







•fa üatoi Bflwilaikl 

wir werden keine Lösungen akzepti* 
ran können, die Gnrodsätzeder FDP 
gefährden. Es gibt fr dieser Koalition 
auch einige Dinge, die wie nicht ge. 
mginsam machen, weil äe nicht auf 
einen gemeinsamen Nenner kommen 
werden. Man sagt dann schlicht und 
ergreifend: Da sind wir zu weit aus- 
dnander. 

WELT: Sie haben in Saarbrücken 
sehr viel Wert auf die Unterschei- 
dung der FDP zu den Volkspartei, 
engelegt. ' 

Bangemann: Die Übenden müssen 
sich stärker als eine Volkspartei an 
Grundsätzen orientieren, die zum 
Teü Wertcharakter haben wie Indivi- 
dualität, Freiheit des einzelnen. 
WELT: Gibt es unterschiedliche 
Werte für Wirtschafts- und Rechts- 
staHiEb cn Jc ? 

Bancraiann: Es gibt keine Unter- 
schiede zwistdien Wirtschaftslibera- 
len und Rechtsliberalen, weil sie die- 
selben Oidnungsprinzipien haben. So 
güt in da 1 Wirtschaftspolitik das Ein- 
treten für möglichst viel Freiheit und 
für möglichst wenig staatliche Inter- 
vention. Genauso wie im Rechts- 
staatsbereich. . 

WELT: Wenn es keine Weitunter- 
schiede gibt, haben Sie dann mit 
Graf Lambsdorff aktuelle Schwie- 
rigkesten? • 

Bangemann: Ich habe den Renten- 
kompromiß, den wir mit der Union 
gefunden haben, in der Sache für 
richtig gehalten Dieser Meinung ist 
Lambsdorff nicht Aber deswegen 
bricht die Welt nicht zusammen, 
schon gar röcht gibt es einen persönli- 
chen Gegensatz zwischen ihm und 
mir. 




I iv 


Albrecht warnt 
vor Resignation 

DW.BadPjrnnont 
Vor Resignation bei der Bewälti- 
gung zukünftiger Aufgaben hat Nie- 
dersachsens mnni^ tpTp rö<ndpnt Ernst 
Albrecht auf dem Niedersachsentag 
der Jungen Union in Bad Pyrmont 
gewarnt Vor den Delegierten des 
Niedersachsentages, der unter dem 
Motto „Für eine menschenwürdige 
Zukunft im 21. Jahrhundert“ stand, 
meinte der Regierungschef: „Die 
wirtschaftstechnologische Entwick- 
lung ist das Thema, das uns in den 
nächsten zehn Jahren bedrückt“ 


Diese Formel 

macht aus großen 
Augenblicken 
kleine Ewigkeiten 



E s ist die Formel für 
Magnetit, ein magne- 
tisches Mineral mit dem 
höchsten Eisengehalt aller 
Erze (72,4 Wo). Pulverisiert 
und auf Kunststoffbändern 
bewahrt es die guten wie die 
schlechten Töne der Mensch- 
heit, hält es die flüchtigen 
Bilder eines Augenblicks 
magnetisch für alle Zeiten 
fest. 


M agnetbänder, Magnet- 
platten und Mikro- 
prozessoren steuern Welt- 
raumfähren und Satelliten, 
Montagestraßen und 
Roboter, Forschungsabläufe 
und Heilprozesse, Groß- 
rechner und Heimcomputer. 
Sie werden das Gesicht der 
Welt verändern. 


S iege haben auch in der 
Forschung viele Väter. 
Die Liste wissenschaftlicher 
Erfolge, die mit dem 
Namen von Bürgern für 
immer verbunden sind, weil 
sie als Stifter ihr Vermögen 
zum Wohle aller eingesetzt 
haben, ist lang. 

A uch heute stiften viele 
k Mitbürger große und 
kleine Vermögen, um mit 
einer Stiftung die Wissen- 
schaft zu fördern. Nicht 
immer sind es allein die 
Naturwissenschaften, die sie 
fördern wollen. Oft setzen 
sie mit einer Stiftung ein 
Lebenswerk fort, oder ihr 
persönliches Interesse für 
ein Wissenschaftsgebiet wird 
zum Anlaß, eine Stiftung zu 
errichten. Nicht selten ist es 
auch nur der Wunsch, Sinn- 


volles zum Wohle aller zu 
tun. 


D er Stifterverband für die 
Deutsche Wissenschaft 
verwaltet zur Zeit 90 gemein- 
nützige, private Stiftungen. 
Fragen Sie uns, wenn Sie 
über die Errichtung einer 
Stiftung nachdenk en. 
Schreiben Sie, rufen Sie 
uns einfach an oder lassen 
Sie sich mit dem Coupon 
zunächst einmal mehr Infor- 
mationen schicken. 


S ie werden sehen: als 
Stifter müssen Sie kein 
Millionär sein. Auch mit 
relativ kleinen Stiftungs- 
beträgen können Sie Großes 
bewegen. In Ihrem Namen 
oder im Namen eines gelieb- 
ten Menschen. Für unser 
Land. 


E in Industrieland wie 
unseres, in dem fast 
jeder dritte Arbeitsplatz 
vom Weltmarkt abhängt, 
muß in Wissenschaft und 
Technik vom bleiben. 


Stifterverband für die 
Deutsche Wissenschaft e.V. 


Brücker Holt 56 - 60 • Postfach 2303 60 * 4300 Essen 1 
Telefon 0201/711051 — Stiftungszentrum — 


r 




“ Bitte an kreuzen. 


□ 


Ich interessiere mich für gemeinnützige Stiftungen 
und Wege zu ihrer Errichtung. Bitte schicken 
Sie mir unverbindlich ln formal io nsmaierial. 


□ 


n 


Ich möchte mehr wissen Ober die Arbat des 
Siifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft. 


L 


An den 

Stifterverband für die 
Deutsche Wissenschaft e.V. 

— Stiftungszentrum — 

Brücker Holt 56 — 60 
4300 Essen 1 


Name 


Straße 


PLZ, Ort 




_! 



der Ran 
Andt 




Bei der Reinigung von Öltanks gelangt immer noch tonnenweise Altöl In die Nordsee. 


..Solange Geldbußen billiger sind als die Entsorgung im Hafen 
sterben jährlich Tausende von Seevögeln den Öltod " 



Heinz Sielmann. 

Filmautor und Mitglied des WWF. 


W ußten Sie. daß Jahr für Jahr 
über 100 000 SchilTe die Nord- 
see kreuzen? Und wußten Sic, 
daß trotz Strafandrohung noch im- 
mer viele dieser Schiffe illegal auf 
hoher See ihre Öltanks reinigen und 
Treibstoffreste ins Meer pumpen? 

Wimm? Ganz einfach: Weil die ftei- 


nigungskosten in den Häfen erheb- 
lich höher sind als die Geldbußen. 
Falls jemand überiühn wird. 

Diese „Sparmaßnahmen“ kosten 
unzähligen Vögeln das Leben. Schat- 
zungen belaufen sich aur 400 000 
tote Seevögel. Jährlich. 

Doch Öl ist nicht die einzige 
Gefahr, die dem Wattenmeer droht. 
Und die Vögel sind nicht die einzi- 
gen, die davon betroffen sind. Die 
Nordsee weitet sich immer mehr zur 
„größten Müllkippe“ des Kontinents 
aus: Flüsse und Kanäle spülen jedes 
Jahr Tausende Tonnen Sdiwenneulle 
wie Blei, Quecksilber und andere 
Giftstoffe ins Meer. Speziaischiffe 
veridappen über 50 Millionen Ton- 
nen größtenteils vergifteter Klär- 
schlamme und Indtttrieabfiilk in 
der Nordsee. Chemielanker lassen 
bei der Reinigung ihrer Tanks Tau- 
sende Tonnen Gifte ins Wasser ab. 
Dazu kommen noch riesige Mengen 
Müll, die einfach über Bord gewor- 
fen werden. Insgesamt schätzt man 


alle AWSUe auf weit über 100 Millio- 
nen Tonnen. 

Das stellt eine Belastung dar. 
mir der die Natur einfach nicht mehr 
fettig wird. Die FOIge; Die gesamte 
Tier- und Pflanzenwelt der Nordsee 
- und damit des Wattenmeers - ist 
in tödlicher Gefahr. Nicht nur See- 
vögel sterben zu Hundertlausen den, 
auch Millionen Fische kommen um 

oder werden krank und damit lur un- 
sere Ernährung unbrauchbar. Auch 


des Menschen liebstes Tier im Wat- 
tenmeer. der Seehund, bleibt nicht 
verschont. 

Hier hilft nur eins • sofortiges 
Handeln. Helfen Sie mit. diese ein- 
malige Laadschaft vor dem VferiWen 
zu bewahren. Uniemiilacn Sie den 
WWF bei seiner Arbeit. Ich versi- 
chere Ihnen, daß der WWF jede 

Spende ausschließlich und vollstän- 
dig für konkrete Narurschuizarbeji 
einsetzt, Helfen Sie jetzt 


... "^^“5 


U «ueft ich isöcfalc hellen. d» Wkuemiwer «K Lcbcnvum m Crtubco Bille »hrn Wnm 
birormMMMB. wie kJi den WWF rf.br, unnmui/en k*aa “ 


I 


[ 



IhwdyftnitWWF-OntHklad 
Sephfensmie 44, «0M fttnklnrt 90 

lad« 669 / 77067 ? 

Sa ewlfwlmme «OH 


WWF 



-- 










MontaftÜ. Febroar 1985 

V-„ >44l % Nr. 47 ; * ■ 

■ _ t* _ 


WELT DER ® WIRTSCHAFT 


< i 


■ >*»■ 




tdh. - Rund nm den Dollar kiei. 
sen hy»"^ wieder die Gespräche 
der Ausstefler und Ei nkäufer auf 
da: . RaijkfarterFriihjah^^ 
arn fnfa*tHgtir tlta T <ir Markt konzen- 
triert -auf dm voll ausgebuchten 
Mfots egeSnde. Daß die Wertungen 
dabe unterschiedlich sind, liegt auf 
, des: Ke 14 US-amerikani- 

yhwi Rachenhersteller, die erst- 
mals das' Angebot um Kiir>y» und 
Hausrat vervollständigen, sehen die 
Folgen des hoben Dollarkurses 
zwangsläufig anders als der Kunst 
Handwerker, der den amerikani- 
schen Geschmack exakt traf und 
fest seine ganze Jahresproduktion 
auf einen Schlag nach USA ver- 
kauft. Unbestritten ist jedoch, daß 
sch die hohe Kaufkraft des Dollars 
für viele deutsche Anbieter auf der 


Konsumgüterindustrie als wichtige 
Basis für ihr Geschäft gezeigt hat 
und wohl vorläufig auch noch zei- 
gen wird. Manchen ist dabei nicht 

ganz WOhL D enn eine Ver änderung 
der Wechselkursparitäten könnte 
den flotten Geschäftsgang rasch 

ZUm Erliegen kommen lassen. 

Deshalb werden Hoffnung en vor 
allem auf das Geschäft in Deutsch- 
land gesetzt Nachdem , sich die 
Bundesbürger im vergangenen 
Jahr mit den Ausgaben für die 
„Schönen Dinge des Lebens“ sehr 
zurückgehalten hahem t hoffen die 
Anbieter bei sich festigendem Auf- 
schwung auf mehr Mut der Bürger, 
auch dafür wieder Geld auszuge- 
ben. Daß dies nicht quer über „die“ 
Branche geht, wissen alle. Deshalb 
ist die Suche nach Nischen, in de- 
nen man „Markt machen" bmp, in 
vo llem Gange. Ob von einzelnen 
Finnen Treffer gelandet wurden, 
wird sich erst am EnA* der Messe 
sagen lassen. Bisher ist eine neue 
Welle nicht in Sicht 


KONJUNKTUR / Ausländische Kundschaft zeigt Einkaufelust - Handel vorsichtig I US- AKTIENMÄRKTE 


Tief im Schlamassel 

Von JOACHIM GEHLHOFF 


M anchmal ist es nü tzlich, als rei- 
nen Herzens Gutgläubiger zu 
argumentieren. Der Abstand zwi- 
schen maßlos ins Kraut geschossener 
Unvernunft und ach so einleuchtend 
scheinender Vernunft des politischen 
TTandph« wird dann aufrüttelnd 
deutlich. Der Bundesverband Deut- 
scher S tahlhan del nahm (nicht frei 
von Hmtersinn) diese Position des 
Arglosen ein, als er dieser Tage die ab 
Marz beginnende Einbindung auch 
der kleinsten Stahlhändler in die 
EG-PfÜcht der Preislistenfuhrung 
und des Diskriminierungs verbots als 
Genesungsbestrag für die Stahl Wirt- 
schaft begrüßte: 

Knapp ein Jahr hah» man nun oh- 
nehin nur noch Zeit Ab 1986 werde 
der Dirigismus-Rattenschwanz 
von . Subventionsgenehmigungen 
(mit StiflegungsAuflagen), von Pro- 
duktionsquoten und Mindestpreisen, 
von Warenbegleitpapieren für den 
„kanalisierten“ Stehlaustausch inner- 
halb des gemeinsamen Europamark- 
tes und von Preislisten veröffentli- 
chungsp flicht .als stützende Hilfen 
der Vergangenheit angehören“. 

Eine für tüchtige Produzenten und 
Händler wie für die Kundschaft glei- 
chermaßen herrliche Vision der 
Rückkehr zur Mar ktwirts c ha ft bei 
diesem unverändert wichtigen Werk- 
stoff aller Industrieproduktion wird 
da beschworen. 

Und nicht nur eine Vision. Sondern 
auch die notwendige Erinnerung dar- 
an, daß im nun elften Jahr der euro- 
päischen Stahlkrise die seit einem 
halben Jahrzehnt wiederholten 
Schwüre der Regier ungen aller zehn 
EG-MftgüedMänder Wirklichkeit 
werden sollten, ab 1986 mit der 
Stahl-Zwangswirtschaft . endlich 
Schluß machen. 

I n Wahrbeit (und das weiß natürlich 
auch der StaMhändlerverband) 
steckt die EG-PpBtik, gerade noch 
zehn Monate vom so oft verkündeten 
Ende des SaU-Dirigismus entfernt, 
derzeit tief im Schlamassel Sie wird 
und imrdji&cht mit dem Problem fer- 
tig, daß natio nale Subventionen für 
die Sicherung nationaler Stahl- Ar- 
beitspjiizeäufTeuftl komm raus und 
mit dem teuflischen Ziel fließen, den 
für alle alten Stahleraeugu ngs l än der 
umnn r richHcben Abbau von Kapa- 

GKAfcfTHAFIUNG 


Id der ..Rangfolge hat es 
iilie Änderungen gegeben 


T£||pL: HEINZ HECK, Bonn 

” der Bundesregierung ge- 
gt ro fer:dtem Ausland in Deckung ge- 
asp&ÄnB Obligo („Gesamtbaftun- 
Söde 1984 mit 170,9 Milliar- 
d^park^fiagfügig niedriger als 
198S aHt lTU8 Milliar den. Rechnet 
naht allerdings die Zinsbeträge mit 
3lS{29Al|iBtaräen hinzu - sie wer- 
den seä Oktober 1976 nicht mehr auf 
du E n nä c htig u nggrahmen ange- 
schrieben-, uegibtsich eine Steige- 
rung von rund einer Milliarde Mark. 

Zu den Gesamthaftungen gehören 
im änzänenräeCm Deckung genom- 
menen) Ausfuhrgeschäfte, Kapitelhil- 
fekredite, Finanzkredite, Kapitalanla- 
gen und UmstiteildungezL Letztere 
spielen vom Aufkommen her prak- 
tisch hur bei Polen mit 2,8 (3,0) Milli- 
arden Mark eine Rotte. 

In der Rangfolge der acht Spitzen- 
reiter ist 1984 keine Platzverschie- 


Vnir>g eing etreten: Saudi-Arabien 19,3 
(Ende 1983: 20 JS) Milliarden, Sowjet- 
union 17,9 (17^1 Libyen 11,2 (12^1 
Brasilien 10,9 (10,7), Irak 9,0 (10,3), 
Nigeria 7,9 (7,7), Algerien 6£ (7,3), 
Südafrika 6,0 (6,5). Auf diese Länder 
pn Halit über die Hälfte (51,8 Prozent) 
des Gesamtobligos ohne Zinsen. 

Dahinter rangieren Polen mit 5,3 
(5,5), Iran (5,7), Indonesien 4^ (4,9), 
China 3,6 (3,4), Argentinien 3,5 (3^), 
Ägypten 3^ (3,1), Türkei 3,3 M, Ju- 
goslawien 2,4 (2,3) und Indien mit 2^3 
(1,9) Milliarden. Auffallend ist die 
Verringerung des Obligos vor allem 
bei den Erdöüändem Libyen, Irak, 
Algerien, Iran und Indonesien. 

Re? jpht man die Zinsen mit ins Ge- 
samtobligo, so rangiert die Sowjet- 
union mit 21,6 (2L3) Milliarden deut- 
lich an der Spitze, und B rasili e n mit 
19,3 (173) Milliarden hält noch Platz 
zwei vor Saudi-Arabien. 


Frankfurter Frühjahrsmesse mit 
mehr Schwung gestartet als 1984 


INGE ADHAM, Frankftirt 
Es geht weiter aufwärts, wenn auch nicht mit einem Ruck- so lautet der 
Tenor nach den ersten beiden Tagen der Internationalen Frankfurter 
Frühjahrsmesse: Die größte Konsumgüterschau der Welt ist nach Ansicht 
der Beteiligten eindeutig mit mehr Schwung gestartet als im Vorjahr. 
Nicht ganz so positiv ist das Echo von der parallel in Offenbach laufenden 
Interaatkmalen Lederwareninesse, wo 465 Aussteller aus 20 Ländern ihre 
Kollektionen zeigen. Sie sprechen von einem „ruhigen" Beginn. 


Zitaten und Arbeitsplätzen tunlichst 
mehr beim Nachbarn als im pi gp^pn 
Land geschehen zu lassen. 

Schon dreimal hat der EG-Mini- 
sterrat seit letztemNovember vergeb- 
lich versucht, diese Subventionslawi- 
ne mit dem Jahresende 1985 endgül- 
tig zu stoppen. Auch seine nächste 
Sitzung am 5. März steht da unter 
keinem guten Stern. 

Manche Auguren meinen, der für 
Ende Marz anberaumte EG-Gipfä 
der Staats- und Regierungschefs wer- 
de denn wohl doch eidlich den not- 
wendigen Kompromiß zwischen 
tiwipti Subven tipngplfinen formal in 
Frankreich und Baben) und Subven- 
tionsüberdruß (zumal in der Bundes- 
republik, Großbritannien und Hol- 
land) brin gen und die Vision vom 
freien Stahlmarkt nicht in aschgraue 
Zukunft verbannen. 

D er Realist muß zweifeln, ob die- 
se - Befreiungsschlag tatsächlich 
gelingt. Zu groß für den Markt sind 
immer noch vielerorts in Europa die 
Stahlkapazitäten. Und zu gewaltig ist 
die Summe von 32 Milliarden DM 
Subventionen, die allein in diesem 
Jahr noch in die EG-StahÖndustrien 
(davon nur 1,1 Milliarden in die deut- 
schen Werke) fließen sollen und die 
den Berg der seit 1975 aufeetürmten 
EG-Stahlsubventionen auf mehr als 
100 Milliar den DM bringen. 

Also wird man sich wohl auf weite- 
re zwei bis drei „Übergangqahre“ der 
Stahl-Zwangswirtschaft einrichten 
müssen. Bringen die dann wirklich 
den Übergang in die Freiheit, so wür- 
den gewiß auch die deutsche Stahlin- 
dustrie und die Bundesregierung die- 
se neue Kröte noch einmal schlucken. 

Dies freilich mit dem Vorbehalt, 
daß die auch beim Kapazitätsabbau 
wieder mal tüchtigsten und bei den 
Subventionen bescheidensten Deut- 
schen mit zusätzlichen Produktions- 
rechten wenigstens Teil-Kompensa- 
tion ihres bislang überdurchschnittli- 
chen Beitrags zur Sfruktuihereini- 
gung erhalten. 

Was dazu mm an zähem Verhand- 
hings-Pokerspiel in der Europapoli- 
tik beginnt, darf das Endziel der Frei- 
heit nicht aus dem Auge verlieren. Es 
ist keinen Täg zu früh, wenn auch der 
deutsche Stahlhändlerverband jetzt 
wieder an dieses unverzic h tbare Ziel 
erinnert 


Gerhard Stoltenberg in seiner Eröff- 
nungsrede in F rankfu rt den von vie- 
len der mitfelgtandisrlwi Aussteller 
erhofften Hinweis auf w»» Senkung 
der ertrag s»»nahhängig pn Untemeh- 
menssteuem sphnMig , aber der guten 
Stimmung zu Messebegmn tat dies 
kpirwi Abbr uch Denn offensichtlich 
wurden an «fen Ständen der insge- 
samt 4400 Ausstellern aus 56 Ländern 
schon in den ersten beiden Messeta- 
gen Aufträge geschrieben. 

Tfaffir snrg tyn wtr afem Hip ansISn - 

dischen Fachbesucher. Besonders 
von den Einkäufern aus den Dollar- 
Ländern wurde „Einkaufelust“ regi- 
striert Sie sind, wie die Messegesell- 
schaft betont, diesmal in deutlich 
stärkerer Zahl nach Frankfurt gereist 
als in den Vorjahren, offenbar soll 
gezielt der Wahrungsvorteil genutzt 
werden. Auch wieder aufgetaucht 
sind bereits am ersten Messetag Ein- 
käufer aus Saudi-Arabien, die rieh in 
foiripn zu rückliegenden Jahren 
dwi tifeh zm flckgehalten hatten. 

Im vergangenen Jahr waren insge- 
samt 20 Prozent der rund 100 000 
Einkäufer aus dem Ausland gekom- 
men. Bei insgesamt steigenden Besu- 


AUF EIN WORT 



99 Die Auseinanderset- 
zungen um die wichti- 
gen Zukunftsfragen des 
Umweltschutzes, den 
vernünftigen Um g a ng 
mit Energie und Roh- 
stoffen haben viele 
Denkansätze zu Tage 
gefordert, die wir nicht 
einfach zu den Akten le- 
gen dürfen. Es gilt, den 
richtigen Konsens zu 
finden zwischen Illu- 
sion und Realität Wir 
im Handel haben die 
Aufgabe, die Innovatio- 
nen aufzunehmen und 
sie schnell an den Ver- 
braucher weiterzuge- 
ben. W 

Dedi, Varstandsvorsflzenderder 
Gustav und Grete ScMckedanz Hol- 
ding KG, Fürth FOTO: DIE WELT 


cherzahlen rechnet die Messegesell- 
schaft in diesem Jahr auch mit einem 
höheren Ausländeranteil- Weniger 
le bhaft gmg es nach Bekunden der 
Aussteller, die ihr Angebot in acht 
^Fachmessen“ gebündelt anbieten, 
beim Geschäft mit den Kunden aus 
dem inländischen Handel zu. „Der 
Händel wägt sein vorsichtig, teilwei- 
se sogar mit der Apothekerwaage", ist 
za hören. 

Dahinter steckt die Sorge des Han- 
dels, der im vergangenen Jahr über- 
wiegend real mit Minusraten abge- 
schlossen hat (der gesamte Einzel- 
handel steigerte seinen Umsatz real 
lediglich um ein halbes Prozent auf 
rund 470 Milliarden Mark), durch zu 
große Lagerhaltung Kapital zu bin- 
den. An der Tendenz, durch Nachbe- 
stellungen (felis das Geschäft doch 
besser läuft als' erwartet) mit kürze- 
sten Lieferfristen einen Teil des Lar 
gerririkos an die Hersteller abzuwäl- 
zen, wird sich also vorast nichts än- 
dern. Deutlich spürbar ist nach Anga- 
bel zahlracher Aussteller bei den 
deutschen Einkäufern auch ein Wi- 
derstand gegen Preiserhöhungen. 
Vor diesem Hintergrund bleibt frag- 
lich, ob die in Teilbereichen genann- 

VORRUHESTAND 

Schon mehr als 
200 Tarifverträge 

HEINZ HECK, Bonn 

Das am 1. Mai 1984 in Kraft getrete- 
ne Vomihestandsgesetz hat bei den 
Tarifpartnem großen Zuspruch ge- 
funden: Bis Ende 1984 wurden mehr 
als 200 Vorruhestandstar if verträge, 
vor allem aus den Wirtschaftszweigen 
Nahrungs- und Genußmittel* Textil : 
und Bekleidung, Baugewerbe, Ban- , 
Icen und Versicherungen, Metall und ! 
Papiererzeugung, registriert. Das er- 1 
klärte Staatssekretär Wolf&ang Vogt 
vom Arbeitsministerium jetzt in 
Bonn. Die Verträge gelten für Tarif- 
bereiche mft mehr als sechs Millionen 
Arbeitnehmern (also rund ein Drittel 
alter von Tarifverträgen erfaßten). 

Die meisten Tarifeerträge setzen 
für die Inanspruchnahme der Lei- 
stungen die Vollendung des 58. Le- 
bensjahres sowie eine Betriebszuge- 
hörigkeit unterschiedlicher Dauer 
voraus. „Überforderungsklauseln" 
regeln die Möglichkeiten der Inan- 
spruchnahme durch den Arbeitneh- 
mer und die Ablehnung durch den 
Arbeitgeber. So kann beispielsweise 
nach den Tarifeerträgen in der Nah- 
rungs- und Genußmittelindustrie die 
Aufhe bung des Arbeitsverhäl tn iss e s 
zeitli c h ausgesetzt oder aus betriebli- 
chen Gründen abgelehnt werden. 

Die Höhe des Vorruhestandsgeldes 
beträgt nach den meisten Tarifverträ- 
gen 75 Prozent des Bruttoarbeitsent- 
gelts, wobei unterschiedli c h geregelt 
ist, ob Sondenahlimgen in die Be- 
rechnung einbezogen weiden oder 
nicht 


TANKSTELLEN / Verbot von Einweg- Verpackungen für Motoröl gefordert 

Texaco nun auf dem zweiten Rang 


HANS BAUMANN. Essen 

Mit dem radikalen Abbau des 
ThnksteUennetoes von über 46 000 im 
Bundesgebiet und in West-Berlin im 
Jahre 1970 auf zur Zeit noch knapp 
über 19 000 hat sich auch die Struktur 
dieses Servicemarktes erheblich ver- 
schoben. Wie der Bundesverband des 
Deutschen Tanks tellen - und Gara- 
gengewerbes für seine Bundestagung 
am 19. März in Siegen ermittelt bat, 
entspricht Hag Tankstellennetz von 
heute dem Tankstellenbestand von 
1953, mit dem Unterschied, daß heute 
die gleiche ftahl von Tankstellen er- 
heblich über 25 Millionen Personen- 
kraftwagen betreut, während es 1953 
gerade vier Millionen Pkw waren. 

Allem im letzten Jahr sind 1757 
Tanks tellen geschlossen worden. 
Maßgeblich an d tes «* Ausdünnung 
haben die fünf größten deutschen Mir 
neralölgesellschaften mit 9,7 Prozent 
teflgenoznmen. In der Rangfolge der 
größten Netzbetreiber bat sich dabei 


Texaco 1984 von Rang vier auf Rang 
zwei hinter Aral vorgeschoben. Das 
drükeke rieh auch in den Marktantei- 
len aus, sagt der Verband. Während 
Aral, Esso, BP und Shell „deutliche“ 
Verluste hätten hinnehmen müssen, 
habe Texaco seinen Marktanteil in 
den letzten Jahren kräftig ausgebaut 
Zugelegt hätten auch Jet und UK 
Wesselfeg. 

Aral führt weiter mit 3941 Tankstel- 
len (97 Prozent Selbstbedienung), vor 
Texaco mit 2367 (90), Esso mit 2287 
(90), Shell mit 2162 (95), BP mit 1340 
(99) und Avia mit 1168 (88). Die Freien 
betreiben noch 1180 Tankstellen, 48 
Prozent davon Selbstbedienung. Den 
größten Anteil der blafreien Säulen 
hat Texaco mit 141 vor Aral mit 82 
und den übrigen großen zwischen 40 
bis 60. Zu 100 Prozen t Selbstbedie- 
nung bieten Jet, HWB/Alpha und El- 
ler-Montan an. 

Der Verband fordert von der Poli- 
tik, Einweg-Verpackungen für Moto- 


renöl zu verbieten. Wer dem Autofah- 
rer zumirte, bis zu 2000 Mark für einen 
Katalysator auszugeben, der müsse 
auch bereit sein, Ölwechsel nur noch 
dort zuzulassen, wo Altöl umwelt- 
freundlich beseitigt werden könne. 
Von über 76 000 Tonnen Selbstwech- 
selöl im letzten Jahr seien lediglich 
rund 16 000 Tonnen dort gekauft wor- 
den, WO auch SammristpTlen fiir AHfil 
vorhanden sind. Der Rest sei im 
Groß- und Einzelhandel gekauft wor- 
den. 

Knapp 70 Prozent dar Autofahrer 
erledigten ihren Ölwechsel zu Hause. 
Die meisten der Selbstwechsler 
brächten zwar das Altöl zur Sammel- 
stelle. Der Verbleib von fest 7000 Ton- 
nen Altöl aber sei unbekannt, das ent- 
spreche gegenüber 1977 eino- Erhö- 
hung um über 70 Prozent. Ökologi- 
sche und wirtschaftliche Überlegun- 
gen sprachen daher für ein Verbot 
des Verkaufe von Einweg-MotoröL 


Der Höhenflug des Dollar 
löste wieder Zinsängste aus 


ten Preisaufschläge von bis zu 
Prozent (die mft Rohstof feerteuerung 
begründet werden) zu erzielen sind. 

Vom werteren Verlauf der Früh- 
jahrsmesse versprechen sich alle Be- 
teiligten und die Koryunkturauguren 
«Hnpn Hinweis der gi nng üter- 

Konjunktur. Den dafür wesentlichen 
privaten Verbrauch sieht das Ifo-In- 
stitut, München, für dieses Jahr mit 
real 1,5 Prozent steigen. Dabei wird 
weiterhin ein Anstieg der Verbrau- 
cherpreise von „wenig mehr als zwei 
Prozent“ unterstellt Im vergangenen 
Jahr hatte der private Verbrauch, der 
immerhin gut die Hüfte zum Brutto- 
sozialprodukt beiträgt kaum zum 
Wirtschaftswachstum beigetragen. 
Der derzeitige Kbqjunkturauf- 
schwung braucht die Stützung durch 
die Konsumgüterindusbrie, meinte 

der Wir t««h9flsw>inidyf 

rich Steger (SPD) in seinem Beitrag 
zur Mpfflcp uHr fiffnting , der die im 
Schatten des hohen Dollarkurses 
möglichen hohen Exporte nicht als 
aiiCTriphffnH solide Gr undlag e für ei- 
nen dauerhaften Konjunkturauf- 
schwung rieht. Dem dürften jedoch 
jene deutsche Unternehmen aus der 
Konsumgüterindustrie widerspre- 
chen, H arren pttip immAr nnoh $toi gpn. 

de Exportquote, die in einigen Fällen 
den für die Branche ungewöhnlich 
hohen Anteil von 50 Prozent der Um- 
sätze erreicht, eine blendende Fir- 

mpnlrnnp mlrti ) r beschert. Bis Mltt- 

woch erwarten die Aussteller Einkäu- 
fer aus über 90 Ländern. 

ARBEITSMARKT 

Ifo: Hoffnung auf 
Dienstleistungen 

AP, München 

Die Arbeitemarktlage in Europa 
droht richtrote konjunktureller Ertu> 
hmg nicht grundlegend zu bessern. 
Ende 1984 waren mehr als elf Prozent 
der Erwerbspersonen in Europa ohne 
Arbeit, und da - Trend zur Freisetzung 
von Beschäftigten in der Landwirt- 
schaft und noch stärker in der Indu- 
strie Hält an. Aus enem am Sonntag 
veröffentlichten Bericht des Bö-Insti- 
tuts für Wirtschaftsforschung in Mün- 
chen geht weiter hervor, daß neue 
Arbeitsplätze per saldo nur noch im 
Dienstleistungsbereich geschaffen 
werden. 

Der Weg in die Dienstleistungsge- 
sellschaft werde oft als eine der gro- 
ßen Hoffnungen angesehen. Solche 
Halbungen, so hieß es in dem Be- 
richt, seien vor allem durch das „Be- 
schäftigungswunder“ in den USA ge- 
weckt worden, wo zwischen 1973 bis 
1983 über 15 Millionen neue Arbeits- 
plätze fest ausschließlich im Dienst- 
leistungsbereich geschaffen worden 
seien. 

In den europäischen Industrielän- 
dern stagnierte die Gesamtbeschäfti- 
gung dagegen in diesem Zeitraum. 
Nach dem Ifö-Bericht gingen in der 
Bundesrepublik in den letzten zehn 
Jahren bei einem Gesamtabbau um 
1,7 Mntfonen allem im warenprodu- 
zierenden Gewerbe Z2 Millionen Ar- 
beitsplätze verloren. Im Dienstlei- 
stungsbereich entstand gleichzeitig 
e ine Million neuer Arbeitsplätze. 


H.-A. SEEBERT, Washington 
Auch nach der zweiten Woche, in 
der Amerikas Aktienmärkte Boden 
verloren, glaubt die Wall Street fest 
an eine Fortsetzung der Hanao» Da- 
mit die Stimmung nicht umschlägt , 
ist schnell eine neue Studie vorgelegt 
worden. Danach sind die Kurse seit 
der Gründung der New York Stock 
Exchange 1792 in jedem Jahr nach 
einer Präsiden tsebaftswahl, das mit 
(«mg „5“ endete, in die Höhe geschos- 
sen. Legt man die bisherigen Erfah- 
rungen zugrunde, müßte der populä- 
re Dow-J ones-lhdustrie-Index in die- 
sem Jahr 26 Prozent zulegen. Prompt 
vorausgesagt wird ein Durchstoßen 
da 1 1500-Maike etwa im Herbst 
Ernsthaftere Analysen zeigen, daß 
sich die Börse in einer ganz normalen 
KonsoMiemngsphase befindet, 
T«x»hripm am 29. Januar mit 1292,62 
Punkten ein neues Hoch erreicht 
worden war. Eine Hausse ohne Unter- 
brechungen, die vor allem durch Ge- 
winnmitnahmen ausgelöst werden, 
hat es noch nicht gegeben; die jetzi- 
gen, insgesamt bescheidenen Korrek- 
turen sind zudem sehr selektiv. Da 
viele Amerikaner bis zum Steuerter- 
min am 15. April abzugsfähige Geld- 
anlagen für die Altersversorgung vor- 
nehmen, ist schon bald mit einem 
erneuten Anziehen der Kurse zu rech- 
nen, da ein großer Teü der Liquidität 
in Aktien investiert wird. 

Die Aussonderung konzentrierte 
rieh diesmal stärker auf Standard- 
werte. So rutschte der breite Nyse-In- 
dex im Wochenveriauf um L26 (Frei- 


tag: minus 0,50) auf 104,01, der „Dow“ 
nur um 6,18 (3,20) auf 1275,84 Punkte. 
Unruhe stifteten Mobil und General 
Motors. Der große Ölkonzem hat 
Goldman, Sachs & Co. mit der Neu- 
bewertung der Aktiva beauftragt. 
Man vermutet, daß einige Firmenteile 
veräußert werden sollen. Ins Gerede 
kam „GM“, weil „Business Week“ 
meldete, der Autogigant werde viel- 
leicht in drei unabhängige Gesell- 
schaften zerschlagen. Ein Sprecher 
dementiert die Story gegenüber der 
WELT. 

Was die Wall Street dennoch beun- 
ruhigt, sind die anziehenden Zinsen. 
Neue 30jährige Treasury Bonds 
brachten Freitag eine Rendite von 
11,70 (Vorwoche: 11,21) Prozent Seit 
der Auktion am Dienstag verteuerten 
sich dreimonatige Treasury Bills von 
8,15 auf 8J8 Prozent Broker streiten 
sich darüber, wer diesen neuen 
Schub ausgelöst hat Die einen schie- 
ben n Fed u -Chef Volcker die Schuld 
zu, weil er sich letzte Woche gegen 
eine Verknappung, jedoch für eine 
vorsichtige Geldpolitik äussprach. 

Andere meinen, daß Präsident 
Reagan den Teufel aus der Flasche 
ließ, als er Donnerstag eine Wende 
vollzog und höhere Steuerlasten für 
Unternehmen ankündigte. Die ei- 
gentliche Ursache ist aber bei der 
Treasury zu suchen, die in diesem 
Quartal zur Defizitfinanzierung 44,2 
Mrd. Dollar auftdnun L Der Dollar- 
Höhenflug produziert zusätzliche 
Zinsängste 


WIRTSCHAFTS $ JOURNAL 


Kernenergieantefl 
in der EG steigt 
Bonn (TTH) - Die Stromerzeugung 
aus Kernenergie stieg 1984 in der Eu- 
ropäischen Gemeinschaft naeh Anga- 
ben da- Vereinigung Deutscher Elek- 
trizitätswerke (TOEW) um 28 Prozent 
von 2 75 auf 351 Mrd. Kilowattstunden 
(KWh). Damit stellen Kernkraftwerke 
rund 27 (23) Prozent der EG- Netto - 
stromerzeugung von 1 290 Mrd. KWh. 
Mit einem Kernenergieanteil von 59 
(48) Prozent an der Stromerzeugung 
ist Frankreich Spitzenreiter, gefolgt 
von Belgien mit 51 (46) Prozent Auch 
in der Bundesrepublik (Plate drei) ist 
eine deutliche Zunahme von 18 auf 23 
Prozent zu verzeichnen. Schlußlicht 
Italien registriert eine Zunahme von 
drei auf vier Prozent 

Arbed hofft auf Plus 
Völklingen (Wb.) - Die Arbed Saar- 
stahl GmbH, Völklingen, erwartet für 
1986 ein .ausgeglichenes bilanzielles 
Ergebnis“. Risiken dafür lägen aller- 
dings in den Absatz- und Beschaf- 
fungsmärkten, so eine Mitteilung des 
Unternehmens. Eine Studie des Bera- 
tungsuntemehmens McKinsey habe 
ergeben, daß mit der Restrukturie- 
rung seft 1978 der richtige Weg efege- 
schlagen sei. Unerläßlich sei es aber, 
aisätaliche Maßnahmen intern wie 
auch durch Kooperationen mit ande- 
ren Unternehmen einzuleiten. 

Londoner Kassapreise 

22ÜÜ lÜX 

KupferfM) 1268,5 1278,5 

Blei<£/t) 336 335.5 

ZinkO/t) 827,5 780.5 

Zinn(£/t) 10067,5 10015 






GoW(SAJnze) 289 304.25 

Sflbertp/Unze) 557.10 573 

Kakao“(£/t) 2178,5 2134,5 

KaffeeHfrt) 2417 2368,5 

Zuckert £/t) 112,5 107,5 

Kautschuk(p/kg) 67 65 

WoIle{p/k£) 506 526 

Baumwolfe^cts/Ib) 68,05 68.85 

0 Abladung Mal 

*)A- Index-Preis Liverpool 

Für Entbürokratisierung 
Bonn (HH) - Mt der Entbürokrati- 
sierung im Wohnungsrecht soll jetzt 
ernst gemacht werden. Minister 
Schneider (CSU) hat den Regierungs- 
entwurf eines Wohnungsrechtsver- 
einfachungsgesetees mit der Stel- 
lungnahme des Bundesrates dem 
Bundestag zugeleitet Schwerpunkte 
sind unter anderem, detaillierte Stan- 
dardregelungen im W ohnungs bauför- 
derungsrecht feilen zu lassen und den 
Nachweis der Ei genleis t ung en des 
Bauherren zu vereinfachen. 

„1985 Rekorddefizit“ 

Frankfurt (dpa/VWD) - Bei der 
Verschlechterung der US-Leistungs- 
bilanz ist nach Einschätzung der 


:.ja 

Die Werbung floriert. 1984 stiegen 
die Werbeausgaben in der Bun- 
desrepublik Deutschland um sechs 
Prozent auf insgesamt 10,2 Mrd. 
DM (ohne Direktwerbung). Fast die 
Hfilfte der Werbemilliarden wurde 
von nur vier Branchen ausgege- 
ben, an der Spitze der Handel mit 
1,364 Mrd. DM. queu£ : globus 

Commerzbank AG noch kein Ende in 
Sicht Das 1984 entstandene Defizit 
das mit gut 100 Mrd. Dollar veran- 
schlagt werde, sei in der Wirtschafts- 
geschichte ohne Beispiel Unter An- 
nahme einer allmählich en Normali- 
sierung von Dollarkurs und Handels- 
bilanz hält es die Bank für wahr- 
scheinlich, daß der Fehlbetrag der 
US-Lei5tungsbilanz 1985 mit etwa 130 
Mrd. Dollar den Höhepunkt erreicht 
und danach nicht weiter steigt 


Abkommen verlängern 
Bonn (HH) - Das bis Ende Juli 1986 
geltende Welttextilabkommen fWTA) 
hat dazu beigetragen, der deutschen 
Textil- und Bekleidungsindustrie den 
Strukturanpassungsprozeß an die 
Weltmarkt bedingungen .im wesentli- 
chen erfolgreich zu ermöglichen", er- 
klärte Wirtschafts-Staatssekretär 
Sprung (CDU) auf eine Anfrage des 
Bundestagsabgeordneten Dorflinger 
(CDU). Gleichwohl wäre es „voreilig 
und unrealistisch, das WTA 1986 er- 
satzlos auslaufen zu lassen". Sprung 
plädierte für ein weniger restriktives 
Ubergangssystem, „das zu den allge- 
meinen Gatt-Regeln zurückfuhrt". 


Weg der Kurse 



22.2- 

15.2. 

Boeing 

Chrysler 

Cltlcorp 

Coca-Cola 

63,625 

32,50 

42 

62,125 

65,125 

32,50 

44.625 

61.625 

Exxon 

46,375 

67,375 

Ford Motors 

44,125 

45,625 

IBM 

132,875 

131,625 

PanAm 

4,625 

4,50 

US Steel 

27,625 

28,125 

Woolworth 

41,375 

40.375 


Information für Studenten. 


Sie müssen mehr wissen dis andere. Tiefer in die Probleme 

eindringen. Für die Zukunft denken 

Sie brauchen eine Zeitung, die sachlich berichtet. Aktuell 

informiert Dh pointierte Meinungen zu Wort kommen läßt 

Sie brauchen eine Zeitung wie die WELT 

Deshalb bieten wir Ihnen ein Vonngs-Abonnement der WEIT. 


Das Scheck-Abonnement für Studenten kostet nur DM 19,25. 

Das ZusteU-Abonnem ent für Studenten kostet nur DM 19,25. 

(Zum Vergleich: Das Voll-Abonnement der WELT kostet im 
Inland DM 26 J0). Schicken 

Sie uns den Bestellschein. DIE ^p\VELT 


WMJBANGIGE TäGESIEITUKC FOB DEUTSCHLAND 


‘ Hinweis Hilf den »neuen Abormcnien. Sie hoben das Recht, Ihre Abonnements-Bestellung innerhalb von 7 Tagen I Abscnde-DMum genügt! 
schriftlich zu widenuren nä Dfe WELT. Vertrieb. Postfach 30 58 30, 2000 Hamburg 36. __ 

rUtine Ausfällen und dosenden an: DIE WELT, Vertriebsabteilung. Postfach 305830, 2000 Hamburg 36 

1 Bostebchoh Ab bestelle ich bis auf weiteres, mindestens für die Dauer " 

| des Semesters, ° 

. □ ein Scheck-Abonnem en t der WELT zum ermäßigten Preis von DM 19,25 im Monat 

□ ein Znstcfl-AhoHBement der WELT zum ermäßigten Preis von DM 19,25 im Monat "''N. 


| Bitte neunen Sie mir eine Abbolsidle in . 
->Vor- und Zuname/studVcahd. 


Sludienanschrift, 


f BttUtguflg der > 
Irnmolnku luilon 
durch Sicmpd 
und Unienchiifi 
einer Htthuhidc 
oder einer 
Mudenuichen 

y OrBintuLkm. / 


Unterschrift . 


■ Ich hebe des Recht, diese Bestellung innerhalb von 7 lägen (Absende-Datum genügt) 
schriftlich zu widerrufen bei: DIE WELT, Vertrieb, Postfach 30 5830, 2000 Hamburg, 36. 




WELT DER $ WIRTSCHAFT 


DEE WELT - Nr. 47 - Montag, 


EG- AGRARPREISE I AGRARPOLITIK / Neues Gesetz soll die 52 Jahre alte Subventionspraxis beenden - Streit mit der EG zeichnet sich ab 


Minister versuchen 
wieder Eini gun g 

dpa, Brüssel 


US-Farmer sollen ihr Geld auf den Märkten verdienen 


GROSSBRITANNIEN / Mehr Rechte für BäSkfecaden 

Hilfe vom Vertrauensmann 


Die Landwirtsehafteminister der 
Europäischen Gemeinschaft (EG) be- 
ginnen heute in Brüssel die voraus- 
sichtlich schwierige Verhandlungs- 
runde zur Festsetzung der Agrarprei- 
se 1985/86. Entscheidungen werden 
jedoch erst bei den Marathon-Sitzun- 
gen der Minister Ende Marz erwartet 
Bei dem Ratstreffen heute und mor- 
gen dürften die Landwirtschaftsmini- 
ster ihre grundsätzliche Kritik an den 
Preisvorschlägen der EG-Kommis- 
sion erläutern, die in zahlreichen 


LpeiitsoieI 

\ MARK / 


I J Such SU Sie 

Fodte tmd f g huuyjfc r nf l r bps 

Handel, Barikoa und Versidwrnageii? 

In der WELT erscheinen am 

1 6. März 

Sonderseiten mit einer Vielzahl von 
Stellenangeboten speziell aus 
diesem Wirtschaftszweig. Gehört 
Ihr Unternehmen dieser Branche 
an oder suchen Sie Fach- und 
Führungskräfte aus diesem Bereich? 
Dann sollte Ihre Stellenanzeige 
innerhalb dieser Sonderseiten nicht 
fehlen. 

Anzeigenschluß ist am 
13. Mäiz »85. 

Sind Sie an einer Insertion interes- 
siert? Wir informieren Sie gern. 

DIE WELT, Anzeigenabteilung, 

Kaiser-Wilhelm-Str. I, ° 

2000 Hamburg 36, T 

Ttl. (040)3474391/4318. S 


H.-A. SEEBERT, Washington 

Auf dem Papier ist der Versuch der 
Reagan-Administration, die US- 
Landwirtschaft auf Marktkurs zu 
bringen, gelungen. Der Agricultural 
Adjustment Act of 1985, der nach mo- 
natelangem Gerangel dem Kongreß 
zugeleitet wurde, gibt den Farmern 
fünf Jahre Zeit, sich dem Gesetz von 
Angebot und Nachfrage anzupassen. 
Danach müssen sie, wie der amerika- 
nische Agranninister John Block er- 
klärte, „ihr Geld dort verdienen, wo 
der scharfe Wettbewerbswind weht“. 

Der Gesetzentwurf macht Schluß 
mit der 52 Jahre alten Praxis staatli- 
cher Eingriffe ymd Einkommenssi- 
cherung Sie hat sich als unwirt- 
schaftlich und zu kostspielig erwie- 
sen. Ohne Kreditprogramme hat die 
Far mhilf e in den USA von 1974 bis 
1978 rund 12,7 Mrd. Dollar verschlun- 
gen. Von 1978 bis 1982 waren es be- 
reits 27,7, und von 1982 bis 1986 wer- 
den es 63,3 Mrd. Dollar sein. Block: 


^Die Subventionen müssen weg; die 
Öffentlichkeit akzeptiert solch eine 
Verschwendung nicht mehr.** 

Das landwirtschaftliche Anpas- 
sungsgesetz schafft ein politisches 
Umfeld, in dem Amerikas Bauern, 
wie es im Text heißt, „langfristig rea- 
listische Investitions- und Produk- 
tionsentscheidungen treffen kön- 
nen“. Die Preis- und Einkommensun- 
terstützung wird nicht mehr an die 
fixe Parität, sondern an den bewegli- 
chen Durchschnitt vergangener 
Marktpreise gekoppelt Der Farmer 
kann also auf Mariäsignale reagieren. 
Dadurch wird seine internationale 
Wettbewerbsfähigkeit verbessert 
Die Erzeuger von Weizen, Putterge- 
treide, Baumwolle und Reis erhalten 
weiterhin billige Kredite und Ein- 
kpmmenshflfep, wenn der Abgabe- 
preis unter dem Richtpreis liegt Al- 
lerdings werden Kreditumfang und 
Richtpreise jährlich festgesetzt und 
stufenweise von 100 auf 75 Prozent 


der Berechnungsbads gesenkt Die 
Anspruchsberechtigung hang t von 
der Teilnahme an Brachland-Pro- 
grammen ab. Sojabohnen-Anbauem 
stehen nur Darlehen zu; im Finanz- 
jahr 1988 wird der staatliche Ankauf 
von Molkereiprodukten durch direk- 
te, aber gekürzte Ausgleichszahlun- 
gen abgelöst 

Nach dem Gesetz werden Darlehen 
an mittlere imd kleine Betriebe verge- 
ben und auf 200 000 Dollar je Emte- 
jahr begrenzt Es beschränkt die di- 
rekten Ausgleichszahlungen 1986 auf 
20 000, 1987 auf 15 000 und 1988 und 
danach auf 10 000 Dollar je Person. 
Laut Block erhalten zwei Drittel der 
amwilran iscfaen Bauern lfoinw'Uai Un- 
terstützung. Gefördert würde die Ko- 
stenkontrolle; für die Farmer bedeu- 
teten niedrigere Stuckkosten höhere 
Einkommen. Im Kongreß werden die 
Chancen des Entwürfe in dies» Le- 
gislaturperiode aber schon wegen des 
Farmsterbens gering eingeschätzL 


Mit der EG zeichnet sich ein ver- 
schärfter Schlagabtausch über Aus- 
fuhrsubventionen ab. Nachdrücklich 
wird im Gesetz zur Förderung des 
Agrarexports eine Öffnung ausländi- 
scher Märkte gefordert; Washington 
will „Verzerrungen“ am Weltmarkt 
nicht länger tolerieren. 


EDELSTEINHANDEL / Hongkong ist weltweit einer der bedeutendsten Umschiagplätze 

Erste Diamantenbörse im asiatischen Raum 


Überschuß-Bereichen die Erzeuger- 
preise senken oder zumindest einfrie- 
ren wüL Bundesland wirtschaftsmini- 
ster T gna7. KWHIp wird dem Verneh- 
men nach vor allem den Vorschlag 
der Kommission, den Getreide-Richt- 
preis um 3,6 Prozent zu senken und 
den Müchpreis um nur 1,5 Prozent zu 
erhöhen, als unannehmbar ablehnen. 


dpa, Hongkong 

Die erste Diamanten-Börse des 
asiatischen Raumes soll im März in 
Hongkong eröffnet werden. Die Mil- 
lionenstadt schließt sich Vorbildern 
wie New York, Tel Aviv oder Ant- 
werpen an. Auch Singapur und Bom- 
bay planen eine Diamantenbörse. 
Nach Antwerpen und New York gilt 
Hongkong als einer der bedeutend- 
sten Umschlagplätze für die wertvol- 
len Steine. Allein in den ersten zehn 
Monaten des Jahres 1984 wurden dort 
für 400 MÜL Dollar Diamanten impor- 
tiert und zu Schmuck verarbeitet; 
mehr als die Hälfte davon wurde wie- 
der exportiert 

Eine Börse für Hongkong ist schon 
seit 1979 im Gespräch, aber wegen 
der weltweit schlechten Marktlage 
wurde der Plan zunächst auf Eis ge- 


legt Erst im vergangenen Jahr zeich- 
neten sich wieder bessere Zeiten für 
den Edelsteinhandel ab. Die lang ge- 
hegte Idee wurde wieder aufgegriffen 
- in der Hoffnung auf mehr interna- 
tionales Geschäft 
Die Asiaten haben bisher diese 
Form des Handels abgelehnt Sie 
wollten sich nicht gern in die Karten 
sehen lassen. Das Organisationskomi- 
tee für die Diamantenbörse in Hong- 
kong ist dennoch optimistisch. JUCehr 
als hundert Aufcahmeaniräge liegen 
uns schon vor“, sagt ein Mitglied. 
„Bund fünfhundert Händler waren 
als Mitglieder qualifiziert“ 

Ein Anwärter sollte einen guten 
Ruf haben und mindestens drei Jahre 
in diesem Geschäft tätig sein. Er muß 
für 3 800 Dollar eine Börsen-Obliga- 
tion erwerben und außer der Aufnah- 


megebühr von 385 Dollar einen jährli- 
chen Beitrag von 230 Dollar bezahlen. 
Ausländer können an der Börse nur 
Harm Geschäfte maphon , wenn sie 
von prnpm eingetragenen Mitglied 
eingeführt werden. 


Aber nicht alle chinesischen Händ- 
ler sind von der Idee begeistert „Bis- 
her wurden weder Regeln noch Statu- 
ten veröffentlicht“, sagt ein Ge- 
schäftsmann. Nach seiner Ansicht 
sollten strengere a» faahmph p din- 
gungen festgesetzt werden. Nach 
1979 sei die Zahl der Diamantenhand- 
ler in Hongkong gewaltig gewachsen, 
viele darunter seien unerfahren. Er 
schlägt vor, daß eine sechs- bis sie- 
benjährige einschlägige Tätigkeit 
und ein Kapitalnachweis von umge- 
rechnet 800 000 Mark Voraussetzung 
für die Mitgliedschaft sein sollten. 


”Das mittlere ist schneller in Japan 


als das rechte. Aber dafür ist es auch 


preiswerter als das linke, hat der 


Kundenberater der Post gesagt” sagte 


der Versand zum Export. 




Ilr ) 





p m 


Luftpostpaket, 10 kg: 
Laufzeit*’: ca. 2 Tage 
Gebühren: DM144,70 


SAL-Paket,10kg: 
Laufzeit^: ca. 6Tage 
Gebühren: DM 83,70 



y 


Seewegpaket, 10 kg: 
Laufzeit* 5 : ca. 40 Tage 
Gebühren: DM 33,- 


Das SAL-Paket nach Übersee ist 
das Postpaket mit den kombinierten 
Vorteilen: Preiswerter als das Luft- 
postpaket und schneller als das See- 
wegpaket.ZwischendenKontinenten 
wird es mit dem Flugzeug befördert, 
hierbei unsund in Übersee auf Straße 
und/oder Schiene. Per SALdo ist es 
der geldrichtige Mittelweg in 17 Län- 


der: Argentinien, Australien, Brasilien, Kundenberater, den Sie im Telefon- 

Chile, Hongkong, Indien, Indonesien, buch unter 


Japan, Kanada, Kenia, Namibia, Post finden. 
Philippinen, Singapur, Südafrika, 

Tansania, Venezuela, USA. Weitere 
Länder folgen. /ppsi 

Nur wer die Wöge und vielfältigen 1 Schi 

AngebotederPostkennt,kannsieop- 
timal nutzen. Mehr sagt Ihnen unser 


SS Post 


Schnell undJ 
K sicher 


Wie aus den Eriäuterungen zum in- 
ternationalen Teil der Refonnvoriage 
hervorgeht rechnet Washington da- 
mit daß die EG ihre kostspieligen 

Subventionen und TCinlwwmnpngga- 
rantfen nicht dUT Cfahaiten kann, TOffin 
die USA mit ihrer neuen Agrarpolitik 
die erhoffte Senkung der Weltmarkt- 
preise erreichen. Der dann entstehen- 
de Druck auf die Brüssels* Kasse, 
schreibt die US-Regieiung, „wird 
wahrscheinlich eine größere Über- 
prüfung der EG-Politik bringen”. Die 
EG stehe wegen der wachsenden Ko- 
sten ihrer Agrarpolitik ohnehin be- 
reits „unter großem Druck”. 


WILHELM FURLER, London 
Britische Bankkunden werden 
künftig ihre Beschwerden bei einem 
unabh än g i g en Vertrauensmann vor- 
tragen können, der je nach Lage des 
Falles R /harienMrerirahiifflg gn ei- 
ner Bank an ihren Kunden in Höhe 
von bis zu 50 000 Pfund (180 000 DM) 
verbindlich anordnen kann. 

Mit der Einführung dieses Ban* 
kszhOmbudstnazmes sollen die Rech- 
te der BanMnTnrien gegenüber den 
Kredi tinstituten wahrgenommen 
wpr ripn Bislang faüeh Amen kerne an- 
dere Wahl, als den langwierigen und 
mühsamen Rechtsweg einzuschla- 
gen. Dies hat bei vielen Bankkunden 
zu eine 1 tiefen Abneigung gegen das 
Bankensystem geführt 
Bereits 1983 hatte der Nationale 
Verbraucherrat in einem Report über 
das Kundenbankwesen _ gefordert, 
rfaR zur Wahrung der Verbraucher- 

a fn Bankett - Ombudsmann eia - 

geführt und „mit echten Zähnen aus- 


gestaltet* werden müsse. Der Ver- 
braucherrat hatte damals herausge- 
funden, daß rund fünf Prozent der 
privaten Bankkunden in Groffiritan- 
nien Gründe skt Beschwerde über 
ihre Bank hatten. . 

Bestellt wird der Ombudsmans 
von einem Beirat, der sich aus Paso* 
nen des öffentlichen Lebens vor- 
wAhTntirii außerhalb des BankSPktnrs 

Tu sp m fltfmqptrt- Er selbst wird eine 
unabhängige Person und dabei mög- 
lichst Anwalt oder Richter sein. Die 
Rantam tragen die gesa mt e n Kostm. 

Untersuchen wird der Vertrauens- 
mann Beschwerden aus allen Berei- 
chen des täglichen Bankwesens, mit 
Ausnahme der wirtschaftlichen 
Gründe hinter der Entscheidung für 
oder gegen die Vergabe eines Kredi- 
tes. Akzeptiert ein sich beschweren- 
der Kuwte da Entscheidimg desto 
budsmannes, gibt er damit alle Rech- 
te für eine weitere gerichtliche Verfol. 
guug der Bank äu£ 


Erfolgreich auf 
der freizeitwelle 


BÜCHER DER WIRTSCHAFT 


dpa/VWD, München 

Der größte Sportartikelhersteller 
der Welt schwimmt auf der Freizeit- 
welle der Konkurrenz davon. Horst 
Dassler, Vorstandsvorsiteender der 
Adidas-S portschuhfabriken Adi 

Dassler-Stiftung & Co -KG, Herzogen- 
aurach, bezifferte in München für 
1984 den weltweiten Konzemumsatz 
auf 3,9 Mrd. DM. Darin enthalten sind 
die Umsätze aller ausländischen Li- 
zenznehmer. Der Umsatz in der Bun- 
desrepublik alleine betrug eine Mrd. 
DM 


Gü nther Gerhardt: Das Krisenma- 
nagement der Vereinigten Staaten 
während der Berliner Blockade 
(1948/49), Duncfcer & Hnmblot, 1984, 
366 128 Mark. 


Laut Dassler wird die Adidas- 
Gruppe über die Sardan Holding AG, 
Luzern (Schweiz), demnächst die 
Mehrheit bei der Pony-Gruppe in 
New Jersey (USA) übern ehmen. Die 
Pony-Gruppe, die 1984 einen Umsatz 
von 115 Mül- Dollar vorwiegend in 
den USA erziehe, wird eigenständig 
fortgeführt Dassler verdeutlichte den 
KnnfentsehhiR damit, daß auf dem 
wachsenden Freizeitmarkt die erfor- 
derliche Bandbreite nicht mehr mit 
einer Ein-Marken-Politik abgedeckt 
werden könne. 

Für 1984 stellte Dassler zufrieden 
fest, daß „trotz der angespannten Si- 
tuation in der Sportartikelbranche 
Adidas seine ausgezeichnete Ertrags- 
lage behaupten konnte“, auch wenn 
1 keine zweistelligen Zuwachsraten er- 
reicht wurden. 1985 weide „eines der 
besten Jahre in der Geschichte von 
Adidas“ mit Wachstumsraten von 
fünf bis zehn Prozent Derzeit werden 
10 600 Mitarbeiter beschäftigt 


Diese Arbeit untersucht die Intentio- 
nal, Strategien und Wirkungen, kurz, 
die Rolle der Vereinigten Staaten 
während der Berliner Blockade. Das 
Neue der Untersochung liegt in der 
Verla gerung des Blickwinkels. Wäh- 
rend die meisten Studien den Haupt- 
akzent auf der deutschen Seite hat- 
ten, fehlte bisher eine umfassende 
Analyse des politischen und militar i, 
sehen En g a gements derHauptverant- 
wortlichen auf westlicher Seite. Über 
die zfflt flpyhtphtiiehe Ereignisbe- 
trachtung hinaus zeigt die Arbeit die 
Hmtergründe und Kräfte au£ die den 
ersten Höhepunkt des kalten Krieges 
begreifbarer machen. 


ne wesentliche Neugestaltung. Die 
Darstellung wurde differenziert, das 
Fanmaterial aktualisiert. Verständ- 
lichkeit und Übersichtlichkeit der 
Kommentierung wurden weiter aus- 
gebaut Bereicherung und Delikt 
wurden völlig überarbeitet Audi im 
Sachenrecht Familienrecht und den 
Nebengesetzen wurde die Aktualitä t, 
Übersichtlichkeit und. Zuverlässig- 
keit noch weiter verbessert Damit 
behauptet der Palandt mehr denn je 
seinen Platz als „das“ Handbuch des 
wirtschaftlichen und juristischen 
Praktikers. 


Homakcs/Binc Die Gmbw & Co, 
Gtt Beck Verlag, 1984, (LaL 501 
98 Mark. 


Palandt Bürgerliches Gesetz- 
buch, Beck’sche Kura-Kommentare 
Band 7, 44. Anflage, Vertag Beck 
Mönchen 1985, 2251 Setten, 168 
Mark. 


Soeben ist.die 44. Auflage des Palandt 
erschienen. Bei einem jährlich er- 
scheinenden Werk ist Aktualität das 
wesentliche Kriterium. Die neue Auf- 
lage hat den Stand der Gesetzgebung 
vom 31. Dezember 1984. Literatur 
und Rechtsprechung sind im Allge- 
meinen Teü und Schuldrecht bis Sep- 
tember 1984, in den übrigen Texten 
bis Oktober 1984 emgearbeitet Zu- 
gleich erfuhr die Kommentierung ei- 


Das jetzt in siebenter Auflage vorlie- 
gende Handbuch enthalt eine Ge- 
samtdarstellung aller handelsrechtli- 
chen und steuerrechtlichen Probleme 
der GmbH &. Co., wobei auch auf 
arbeite- und mitbestimmongsrechtli- 
che Besonderheiten eingegangen 
wird. Auch wem sich die steueriiehe 
Bedeutung der GmbH & Co. nach der 
Körperschaftssteuerreform 1977 ge- 
ändert hat, so bleibt sie doch aus an- 
deren Gründen eine nach wie vor 
weit verbreitete Gesellschaftsform. 
Die GmbH & Ca ist wesentlich bes- 
ser gegen die wirtschaftlichen Gefah- 
ren der Mitbestimmung gefeit und 
verspricht nun auch erhebliche publi- 
zttätsrechtliche Vorteile, weil sie vom 
Bilanzrichtliniengesetz nicht betrof- 
fen ist 


NAMEN 


Otto Graf Lambsdorff Bundes- 
wirtschaftsministera. ist zum Bei- 

ratsvorsitzenden der Joost & Preuss 
GmbH & Co. Assekuianzowkler, 
Hamburg, berufen worden. 

Axel Gropp (47) und Dr. Hans Ge- 
org Wendlandt (59) wurden in den 
Vorstand der PAG Presswerk AG, Es- 
sen, berufen. 

Ernst Landsberg, Geschäftsbe- 
reichsleiter der Total Walther Feuer- 
schutz GmbH, Kali], ist zum Vorsit- 
zenden des Bundesverband Feuer- 
löschgeräte und -anlagen e.V. 
(BVFA), gewählt worden. Er ist Nach- 
folger von Helmut Loos. 

Max Nießner, Bezirksdirektor der 
Barmenia Versicherungen in Ham- 
burg, wurde am 24. Februar 60 Jahre. 

Wolfeang Schmitz (36), langjährig 
.in der Untemehmensberattmg von 
Arthur Andersen & Co tätig, hat am 1. 
Januar 1985 die Geschäftsführung 
der Alos GmbH, Köln, übernommen, 
nachdem am 31. Dezember 1984 der 
geschäftsführender Gesellschafter 
Hans-Wolfgang Woeste im Alter von 
62 Jahren gestorben ist 


RENTENMARKT / Starker Kursrückgang 

Keine Zinswende in Sicht 


Über die gesamte Börsenwoche ha- 
ben die Kurse der Rentenwerte sicht- 
bar nachgegeben. Grund dafür waren 
Äußerungen von US-Prasident Ro- 
nald Reagan, sich nicht gegen den 
Hnhp rtfteg des Dollars stemmen zu 
wollen,, die Doflarkurs-Entwicklung 
selbst und die laue Kritik von Fede- 
ral-Reserve-Board-Chef Paul Volcker 
an der US-Wirtschaftspolitik. 
Schließlich hat sich der kräftige An- 


stieg der Kapitalmarktzinsen auf die 
Konditionen der neuen Bundesarilei- 
he (10 Jahre, Zinssatz 7,625 Prozent, 
Ausgabekurs 99,50 Prozent, Rendite 
7,7 Prozent) ausgewirkt Hoffnungen 
auf eine Senkung des Zinsniveaus 
■ sind jedenfalls erst einmal dahin. Ex- 
trem ruhig war das Geschäft in Euro- 
Dollarbond, deren enormes Volumen 
noch nicht plazierter Neuemissionen 
den Markt belastet (PyJ 


Emissionen 


Anlei he n von Bund, Bahn und Post 
Anleihen der Städte, Länder und 

Knmmiiwah ipr häTirip 

Schuldverschreibungen von 
Sonderinstituten 

Schuldvezschreibungen der Industrie 
Schuldverschreibungen öfftl-rechtl 
Kreditanstalten u. Körperschaften 
Titel bis 4 Jahre rechnerische 
bzw. Bestlaufzeit 
Titel über 4 Jahre rechnerische 
bzw. Biestlaufzeit 
Inländische Emittenten insgesamt 


DM-Auslandsanleihen 


2S.3 

85 

15.2. 

85 

28.12. 

84 

30.12. 

83 

30.12. 

82 

7.26 

7.11 

6^8 

7.88 

7*45 

7.35 

7,26 

6,72 

7,72 

7,04 

7.24 

7.18 

7.21 

7.11 

6,56 

6JK 

00-} 

hs 

7,61 

8,24 

7,35 

7,32 

6,65 

7.90 

7,65 

7,11 

7,07 

634 

7.64 

7,43 

7,71 

7,33 

7,66 

7,29 

7,14 

6,64 

8,30 

7.89 

7,94 

7,63 

7,69 

7,80 

7,20 

8,08 

8,45 


RHEINISCHE BRAUNKOHLENWERKE / Mit kräftigem Strombein in die Zukunft 


Wettbewerbsfähig durch Veredlung 


HANS BAUMANN, Köln 

Bei weitem nicht so pessimistisch 
wie die Vorstände der Muttergesell- 
schaft RWE auf deren Jahrespresse- 
konferenz im Januar in Essen gab 
sich HänsJoachim Leuschner, Vor- 
standsmitglied der Rheinische 
Braunkohlenwerke AG, Köln, vor 
Journalisten. Während man in Essen 
noch die Kosten für die Stromerzeu- 
gung aus Braunkohle enteilen sah, 
zeichnete Leuschner ein geradezu op- 
timistisches Bild. 

„Die Voraussetzungen für den wei- 
teren Einsatz der Braunkohle in den 
Kraftwerken sind besser als es zuwei- 
len in der Öffentlichkeit erscheinen 
mag“, sagte Leuschner. Denn trotz 
der hohen Zuwachskosten für Ent- 
schwefelung und Entstickung der 
Rauchgase und der auch in den Tage- 
bauen steigenden Ausgaben für den 
Umweltschutz sei Braunkohlenstrom 
weiterhin konkurrenzfähig. „Er kann 
sich im Wettbewerb mit anderen 
Energieträgern, auch mit der Kern- 
energie, behaupten“, sagte der Shein- 
braun-Chet An dieser Relation werde 
sich trotz der ungünstiger werdenden 
Verhältnisse in den Lagerstätten der 
Braunkohle nichts ändern. 


rheinische Braunkohle 20 bis 30 Jah- 
re gebraucht habe, um vom Brikett 
wegzukommen und in die Verstro- 
mung einzutreten. Jetzt müsse man 
sich erneut auf.20 bis 30 Jahre einstel- 
len, um das Zeitalter der Braunkohle- 
veredlung zu erreichen, die Verga- 
sung und später vielleicht auch die 
Verflüssigung. Um diesen Weg hinter 
sich zu bringen, benötige die rheini- 
sche Braunkohle ein kräftiges 
„Strembein“. 


1 Laulmi «in dtulufcM zum lapsmsWi Auswedtsluugsami. 


Leuschner erinnerte daran, daß die 


Wie kräftig dieses „Bein“ ist, hat 
das Geschäftsjahr 1984 gezeigt, des- 
sen Abschluß zwar noch nicht vor- 
liegt, aus dem Leuschner aber schon 
einige Zahlen zitierte. Mit 120,4 Mül. 
Tonnen hat Rheinbraun 2,7 Prozent 
mehr gefordert als 1983. Zum ersten- 
mal in der Geschichte des Hauses 
stieg die Förderung auf über 120 Mül. 
Tonnen, eine Größenordnung, die 
auch in den ko mmen den Jahren ein- 
gehalten werden soD. Im Januar 1985 
lag die Rohkohlenforderung um elf 
Prozent und in den letzen Wochen 
sogar um 20 Prozent über Plan. Die 
Auslastung der gesamten Braunkob- 
lenkraftwerkskapaatät, die vom 
RWE betrieben wird, lag narb Leu- 
schner an einzelnen Tagen bei über 93 
Prozent 


Rheinbraun bat 1984 rund 900 
(1300) MüIL DM investiert bei einem 
Umsatz von 3,3 (34) Mrd. DM Auch 
1985 sollen wieder rund 900 MOL DM 
investiert werden, etwa die Hälfte da- 
von für den Tagebau und die andere 
für Braunkohlenveredlung. Die För- 
derung in 1985 schätzt die VerwaT s 
tung auf 116,5 Mm. Tonnen. Zum ms-; 
nen würden wahrscheinlich die ' 
RWE-Braunkohlerikraftwerke im 
neuen Jahr nicht so stark ausgelastet 
werden wie im Berichtsjahr, zum an* 
deren komme neue Kernkraftkapazi- 
tät hinzu und mit der Steinkohlehe- < 
stünden die Abnahmeverpflichtun- 
gen aus dem Jahriumdertvertiag. i 


;hie 






Zur Rheinbraun-Tochter UK Wes- 
seling sagte Leuschner, daß das Un- 


Mitarbeiter werde dort 
von jetzt 2600 auf rund 2000 abgebaut 
werden. UK Wesseling sei ein sehr 
guter Standort für die Veredlung von 
Braunkohle. EmeDemonstiationsan- 
lage für 325 MUL DM für die Erzeu- 
gung von Synthesegas aus Braunkoh- 
le, die noch in diesem Jahr in Betrieb 
gehe, sei mit Wesseling über eine 
Pipeline verbunden. -r 




WELT DER m WIRTSCHAFT 


11 


-Mofltefl.25- flefamar 1985 - Nr, 47 - DIE WELT 






\ ?U ! 

! I M N iS 


DANZAS / Transportzentrum wird ausgebaut 

Deutliche Gewinnsteigerung 


J>. F. HERTEL, Hamburg 


WMF / Trotz Streiks blieb das Umsatzminus klein - Erfreuliches Plus im Export 


großen Anstrengungen 


.. pie Hanns GmbH, Köln, hundert- 
prozentige Tochter der schweizeri- 
schen Danzas AG, hat 1984 einen Ge- 
winn narb Steuern von knapp 2,7 
MIH.DM erwirtschaftet a983: l,8MilL 
DM). Das teilte J^nanzdirektor Dieter 
Habennann in Hänibuzg bei der Ein- 
weihung der neoien Danaas-Spedi- 
tionsanlage im Gewerbegebiet Bill- 
broek mit Nach seinen Angaben hat 
das Unternehmen mit 1630 Mitarbei- 
tern einen -Bruttoumsatz von 1,67 
(nach 1,55) Mrd. DM erwirtschaftet 
Darin waren allerdings 640 Mi TI qm 
als lediglich durchlaufende Einfuhr- 
umsatzsteuem und Zolle enthalten. 
Der Rohertrag lag bei 141 (nach 131) 
MULDE! 

Die Danzas GmbH hat im Schnitt 
der vergangenen, fünf Jahre alljähr- 
lich etwa 18 MOL DM investiert Das 
nächste große Bauvorhaben ist der 
Ausbau des Transportzentrums in 
Frankfurt, wo sich auch der Sitz der 
Geschäftsleitung befindet 

Danzas-Geschäftsfuhrer Lothar M. 
Shell setzt für sein Unternehmen kei- 
ne großen Erwartungen in die bevor- 
stehende Süd-Erweiterung der EG. 


Zwar werde der Handel mit Portugal 
und Spanien sicher wachsen, doch 
werde er zugleich vereinfacht Die 
Dienste hochspezialisierter Firm en 
würden dann nicht benötigt Eine 
ä hn liche Erfahrung habe m g n n ach 
der Aufnahme von Griechenland in 
die EG machen müssen. 

Zu der von sowjetischer Seite ge- 
wünschten Eigpnhahwghr TOrfyjj- 
dung Klaipeda (Mensel) - Schleswig- 
Holstein meinte Knolk „Wir verfol- 
gen diese Bestrebungen interessiert, 
ungläubig, amüsiert Ich glaube 
nicht, daß darin eme Zukunft steckt 
Im Femost-Containerverkehr über 
die Transsibirische Eisenbahn teilt 
sich Da n zas mit Jeuro nach pigwiAn 
. Angaben die Marktführerscbaft. Zah- 
len nannte Knoü dag» jedoch nicht 

• • Dei Weltumsatz 1984 der Mutterge- 
seDschaft Danzas AG bezifferte deren 
Verwaltungsratsvorsitzender Dr. 
Lmdner bei der gleich en Gelegenheit 
mit etwa 5,7 Mrd. DM. Das entspreche 
einem Zuwachs von knapp zehn Pro- 
zent gegenüber 1983. Über die Ge- 
winnsituation können nach seinen 
Worten noch' kgin^ verläßlichen An- 
gaben gemacht werden. 


Erfolg nach 

INGEADHAM, Frankfurt 

„ Ein Jahr, in dem wir »ns sehr 
anstrengen mußten, um gnmindwd' an 
den Umsatz des Vorjahres heranza- 
kommen“, kennzeichnet Wilfried P. 
Bro mm, Vorstandsvorsitzender der 
Württembergischen Metallwarenfa- 
brik AG (WMF), in einem ersten 
Rückblick die ( Vspb5ft«ynt x mp1ch mg 
im vergangenen Jahr. Ursache dafür 
war nicht nur der Streik - von dem 
WMF voll betroffen war -, sondern 
auch Verschiebungen im Konsumen- 
tenverhalten. 

Ganz so schlimm wie befürchtet - 
unmittelbar wanh dop n Streik veran- 
schlagte der WMF-Vorstand die Aus- 
fälle auf 30 Mi TT. DM beim Umsatz 
und 10 MUL DM beim Gewinn - ist 
das Jahr dann doch nicht zu Ende 
gegangen. Mit 562,7 MÜL DM unter- 
schritt der Jahresumsatz der AG den 
Voijahreswert um 0,3 Prozent; in der 
Gruppe wurden 635,2 (638^) Min. DM 
erreicht Auf eine Gewinn- und Divi- 
dendenaussage mochte ach der Vor- 
stand anläßlich seines Pressege- 
sprächs auf der Frankfurter Früh- 
jahrsmesse noch niphf- pfnlasgpn Für 
1983. waren an die Aktionäre aus dem 


kräftig auf knapp 9 MflL DM gestiege- 
nen Jahresüberschuß 6 DM Dividen- 
de je S tamm , und Vorzugsaktie aus- 
geschüttet worden, nachdem im Jahr 
zuvor nur die Vorzugsaktionäre mit 3 
DM bedacht wurden. 

Erfreut zeigte sich Bromm von der 
Entwicklung im Export, der um 
knapp 12 Prozent auf gut 58 MUL DM 
expandierte; in der Gruppe macht der 
Auslandsantefl jetzt 20,6 (19,8) Pro- 
zent aus. Der traditionell niedrige 
Exportanteü bei WMF wird vor allem 
mit den unterschiedlichem nationalen 
„Geschmäckern" hinsi chtlich Be- 
stecken und Kochgeschirren begrün- 
det. Einen Schritt „deutich nach 
vom", so Bm mm, habe man im ver- 
gangenen Jahr in der kleinsten Spar- 
te bei Kochgeschirren und Haushalts- 
waren gemacht: Der Inlandsumsatz 
stieg um 8 Prozent, das Auslandsge- 
schäft hat sich nahezu verdoppelt 
Ursache ist der Erfolg einer neuen 
SchneDko chto pfcerie. 

Dagegen lag die Sparte Bestecke/- 
Geschenke/Glas deutlich schlechter 
als im „ausgesprochen guten Be- 
steckjahr 1983“. Es sei aber gelungen, 
die Marktposition bei Bestecken 


noch auszubauen. Zufrieden ist WMF 
mit dem Objektgeschaft, das zwei- 
stellig wuchs, wenn man die inzwi- 
schen aufgegebenen Bereiche Leiter- 
platten und Verkaufsautomaten aus- 
klammert Nichts verdeutlicht nach 
Ansicht von Bromm besser die Kauf- 
zurückhaltung der Konsumenten als 
der Rückgang des Umsatzes um 5 
Prozent in den 91 WMF-Füialen: In 
ihnen waren higher re gelmäßig Zu- 
wachse erzielt worden. „An den für 
uns relevanten Konsumbranchen ist 
der Aufschwung bisher vorüberge- 
gangen,“ konstatiert Bromm. 

Mit Investitionen von 28 (23) MÜL 
DM bei wiederleicht steigender Mit- 
arbeiterzahl- bis zum Jahresende sol- 
len es 4708 werden - in diesem Jahr 
(Jahresende 1984: 4634 nach 4843 in 
der AG) halte man jedoch an den 
langfristigen ZirfsA teiingAn zur nach- 
haltigen 7 nlniTift5gi>hwnTifr fegt. Mi t 
neuen Ideen, wie Besteck im Stil der 
Postmoderne, sollen zusätzliche Käu- 
ferschichten erschlossen und wieder 
Umsatzzuwächse erzielt werden. Die 
Reise wurden Anfang Februar um 
durchschnittlich 5 Prozent angeho- 
ben. 


.> WESTFÄLISCHE VOLKSBANKEN /Zufrieden 



Kreditgeschäft zog leicht an 


HARALD POSNY, Münster 

Die 291 westfälischen Volksban- 
ken, Spar- und Darlehenskassen sind 
mit der Geschäftsentwicklung des 
Jahres 1984 den wirtschaftlichen Um- 
ständen entsprechend zufrieden. Der 
Verbandsdirektor des Westfälischen 
Genossenschaftsverbandes, Uwe 
Schmidt-Tychsen, hob unter ande- 
rem das leicht angezogene Kreditge- 
schäft hervor, während die Einlagen 
nur geringfügig gestiegen sind. Bei 
einer um 5,3 (7,3) Prozent auf 45,4 
Mrd DM gewachsenen addierten Bi- 
lanzsumme erreichten die Ausleihun- 
gen knapp 30,4 Mrd DM, was einem 
Plus von 5,1 (8) Prozent entsprach. 

Während die Kundenforderungen 
mit Laufreiten bis zu 4 Jahren von 
11,6 auf 12,2 Mid. DM kletterten, 
wuchsen die langfristigen Forderun- 
gen mit 6,8 (10,7) Prozent auf über 17 
Mrd DM noch deutlicher. Maßgeb- 
lich dafür waren Umschuldungen zu 
günstigeren Konditionen, aber auch 
Wohnungsbaukredite. Für Schmidt- 
Tychsen steht fest daß dies als Zei- 
chen dafür angesehen werden kann, 


daß sowohl Unternehmer als auch die 
Privatpersonen ihre Zukunftserwar- 
tungen günstiger wna«hat7Pn nie 
noch vor einem Jahr. 

Die Gesamteinkgen der westfali- 
schen Genossenschaftsbanken er- 
höhten sich 1984 nur noch um 2^5 (6) 
Prozent auf 353 Mrd DM. Dieses 
Plus ist auf die um 3 Prozent auf 18,0 
Mrd DM gewachsenen Spareinlagen 
und den sehr guten Absatz an (ver- 
bandseigenen) Sparbriefen (plus 38 
Prozent auf 3,5 Mrd DM) zurückzu- 
fuhren. Eine besondere Rolle haben 
jedoch auch die Zinsgutschriftöl ge- 
spielt die von 707 auf 717 Mül DM 
stiegen. Stark geschrumpft and dage- 
gen die Termineinlagen, die Sichtein- 
lagen stagnierten. Her hat sich zwei- 
felsfrei die Zinssenkung ausgewirkt 

Dabei wird, so Schmidt-Tychsen, 
auch deutlich, wie notwendig die 
Konsolidierung und Verbesserung 
der Bilanzstruktur bei einigen westfä- 
lische n Ins tituten ist die 1984 überre- 
gionale ‘Engagements zurückgeführt 
und sich über den Genossenschafts- 
verbund reibungslos finanziert habe. 


UNTERNEHMEN UND BRANCHEN 


Ciba-Geigy: Hoher Gewinn 

Basel (dpa/VWD) - Der Schweizer 
PTwmieifnngpm Ciba-Geigy hat im 
vergan genen Jahr einen Milliarden- 
gewinn erwirtschaftet Der Konzem- 
gewinri (nach Steuern) ist auf 1,187 
Mrd Schweizer Franken (1,44 Mrd 
DM) nach 776 Min. Franken ein Jahr 
zuvor gestiegen. Nach Konzemanga- 
ben ergab sich diese Gewinnzunahme 
nach Verrechnung der 1984 entstan- 
denen außerordentlichen Aufwen- 
dungen für die gpmpmsam mit Bayer 
betriebene Schelde Chemie. Das be- 
reits Ende Januar veröffentlichte 
Umsatzergebnis bleibt unverändert 
bei 17,474 Mrd Schweizer Franken 
(2,11 Mrd DM). Das waren 19 Prozent 
mehr als 1983. Das Unternehmen 
plant aufgrund der verbesserten Er- 
tragslage für 1984 eine von 31 auf 35 
Schweizer Franken erhöhte Dividen- 
de je Aktie und Partizipationsschexn 
auszuschütten. 

Mehr „Anhänge-Fflialen** 

Frankfurt (adh.) - Hertie will nach 
den positiven Erfahrungen mit bisher 
26 im „Anhänge-System“ betriebe- 


nen Warenhausfilialen in diesem Jahr 
weitere sieben Filialen an größere 
Häuser waren wirtschaftlich und per- 
sonell „anhangen“. Dies stärke die 

Wi rtspha ft.li ch keif der Häuser imd si- 
chere langfristig Arbeitsplätze. Den 
insgesamt rund 200 betroffenen Mit- 
arbeitern werden teilweise Arbeits- 
plätze in anderen Filialen angeboten; 
Gespräche mit dem Betriebsrat sol- 
len in Kürze aufgenommen werden. 

VDN ohne Dividende 

Düsseldorf (Py.) - Der zur Jahres- 
mitte 1984 geäußerte Optimismus hat 
sich bestätigt Die Vereinigte Deut- 
sche Nickel-Werke AG (VDN), 
Schwerte, hat im Geschäftsjahr 
1984/85 (30. 9.) einen Betrieb sgewrnn 
erwirtschaftet, der trotz erheblicher 
Steuerbelastung ausreichte, um den 
aus dem Vorfahr übernommenen 
Verlustvortrag von 1,4 (Gruppe: 3,8) 
Min . DM zu tfi g an und erstmals nach 
Jahren wieder einen kleinen Bilanz- 
gewinn auszu weisen. Wie einem Ak- 
tionärsbrief der überwiegend in Fa- 
milienbesitz befindlichen Gruppe zu I 
entnehmen ist, haben auch die' 


Gruppenunternehmen gegenüber 
dem Vorfahr mit verbesserten, durch- 
weg positiven Betriebsergebnissen 
und höheren Umsätzen abgeschlos- 
sen. Die VDN steigerte ihre Umsätze 
um 6 Prozent auf 175 MUL DM, die 
Gruppe um 10 Prozent auf 246 MTQ. 
DM. Der Exportanteü der AG liegt 
weiter bei 55 Prozent Die Belegschaft 
der Gruppe blieb mit 1172 Mitarbei- 
tern konstant 

Flat Kredit wächst weiter 

Düsseldorf (Py.) - Die Fiat Kredit 
Bank GmbH, Heilbroim, die das Fi- 
nanzierungsgeschäft mit den Ver- 
tragshändlem des Unternehmens 
und deren Kunden betreibt, hat 1984 
das Geschäftsvolumen um 24 Prozent 
auf 2,4 Mrd. DM gesteigert Gegen- 
über dem Vorfahr erhöhten sich die 
Kiinrienfinanzfer ungen um 83, die 
HanHlerfinanzi pmn g gn um 19 und 
die Leasinggeschäfte um 41 Prozent 
Auch die Ertragslage wurde durch 
das Wachstum positiv beeinflußt 
heißt es. Dem Wachstum wurde das 
G esell srha ftskapital durch Erhöhung 
um 4 auf 27 Mül. DM angepaßt 


TABAK-GROSSHANPHL/ Mittelständler formieren sich 

Strategien zum Überleben 


HARALD POSNY, Düsseldorf 

Der ganz überwiegend mittelstän- 
disch strukturierte Tabakwaren- 
G roßhandel in der Bundesrepublik 
■will mit der neugegründeten DTV Ta- 
bakwaren Vertriebsgesellschaft mbH 
& Co. KG-Marketingkooperation, 
Frechen bei Köln, eine Gegenstrate- 
gie gegen den zunehmend heftiger 
werdenden Konzentrationsprozeß in 
der Branche und zur dauerhaften Si- 
cherung der leistungsfähigen Betrie- 
be betreiben. Wie der Geschäftsfüh- 
rer der DTV-Zentrale Fritz Kirschke 
erläuterte, hat sich der Lebensmittel- 
handel in der jüngsten Vergangenheit 
einen wachsenden Anteil am Ge- 
schäft (etwa ein Drittel) des 22-Mrd.- 
DM-Marktvolumens gewonnen. 

Daneben wachse außer der Kon- 
zentration im Lebensmittel- und Ta- 
bak w a ren r Emzelhandel die bundes- 
weite Abdeckung der Abnehmerorga- 
nisationen, durch die der Tabakwa- 
ren-Großbandel Absatz verloren ha- 
be. Dagegen benötige eine zuneh- 
mend heterogene, breite Schicht von 
Abnehmern wie Tankstellen, Kioske, 
Gastronomiebetriebe eine qualifizier- 
te Warenverteilung. 

Die zunächst 22 Tmtfelstanriischen , 
gleichwohl führenden Tabakwaren- 
Großhandelsuntemehmen der Bun- 
desrepublik mit zusammen 1,65 Mrd. 
DM Umsatz (1,5 Mrd. DM Zigaretten) 
und einem Marktanteil von etwa 7 
Prozent und BO 000 Zigaretten- Auto- 
maten, erarbeiten füreinander Orga- 


nisations-, EDV-, Marktbearbeitungs- 
und Logistik-Lösungen und koordi- 
nieren Vertriebsaufgaben. 

Durch die zunächst rein organisa- 
torische Zusammenarbeit und den 
Sitz bei der Bundeszentrale des Süß- 
waren- und Spirituosenverbunds 
Lekkerland ergeben sich, so Kirsch- 
ke, für beide Gruppen erhebliche Ko- 
stenvorteile. Auch streben sie im je- 
weiligen Spezialsortiment „mittelfri- 
stig eine weitergehende Koordination 
der Marktbearbeitung“ an. 

Anzeige 

* ' 

DekaDespa-lnfo Nr. 7 

SparkassenFonds”: 

Mehr Substanz durch 
Wiederanlage der 
Erträge. Jahr für Jahr! 

Rabatt begünstigt bis zum 
19. April 1985. 

Fra g en Sie den Geldberater 
bei der Sparkasse. Nach den 
Vorteilen der Wiederanla ge. 

Und den Chancen für Neuan- 
laa en in in- und ausländischen 
Renten sowie Aktien. 


Deka 8 * J 


KONKURSE 


Konkurs eröffnet: Asehaffenburg: 

Amandus Seyfried KG, Kleiderfabrik, 
Orlenbach a. 31; Bad Berleburg: Gün- 
ter Heinrich, wnnfruntm BgQ Laafr- 
phe-Feudingen; August Heinrich 
Stuck- u. Fliesengeschäft KG, Bad 
T jaq>lw^ T? WiiWfidWi- R ifmw „GOUT- 

met“ Farcs-Gaststätte GmbH: Calw: 
Kurt Helber GmbH, Haiterbach; Det- 
mold: Depotezra Debonie- u. Sandeni- 
benges. mbH & Ca KG, Bad Salzuflen; 
Düsseldorf: Nach! d. Hans Walter Pot, 
niederländischer Staatsangehöriger; 

Hans-Peter Adriaens, 
Helnsberg-Obezbruch; Gütersloh: 
Concord Vertriebs- u. Vermittlungs- 
ges. mbH; HiMewhelm: heizungs-ener- 
glespar-solarenergie-TECHNIK 
GmbH, Sarstedt; Leverkusen: KG 
J. W. Hader, Burscheidt; Lübeck: 
NacbL d. Siegfried Johannes Scheel, 
Stockelsdorf; Münster: Friedrich 

Rebmann, Kwifmimn- Neunkirchen: 
Martin Hn ffmann GmbH, Kunststeine 
u. Terrazzo; Neuwied: Peter Siegel, 
Waldbreitbach; Northeim: Hungerland 
+ Partner GmbH, Katlenburg- Lindau 
3; Nürnberg: REHA - GmbH Import- 


u. Export ges. L Industrie- u. Konsum- 
güter; Stuttgart: Helmut Khirapp. 
Pflaster- u. Straßenbau; RUKO-Bau- 
tenschutzges. mbH, Rudersberg: Wirt- 
lich: NachL d. Heinrich Schümann, 
Bernkastel-Kues. 

Anschluß-Konkurs eröffnet: Augs- 
bnrg: Anton Schmieder GmbH. 

Konkurs beantragt: Siegen: Johan- 
nes Mankel GmbH & Co. KG; Mankel 
Beteiligungs- u. Verwaltungsges. 
mbH. 

Vergleich eröffnet: Düsseldorf: 

H + S Heizungs- Systemvertriebsges. 
mbH; Göttingen: Getreide-Handels- 
ges. mbH Göttingen- RosdorL 

Vergleich beantragt: Bielefeld: 1. 
Eckernkamp GmbH & Co. 2. Eckern- 
kamp & Co. Verwaltungs-GmbH; Lü- 
beck: TCM Tourismus Consulting u. 
Management Objekt-Betreuungsges. 
mbH u. Co. KG; Objekt-Betreuungs- 
ges. mbH; Projekta Vermietungs- u. 
Verwaltungs-GmbH u. Co. Baubetreu- 
ungs-KG; Rinteln: Poppensieker Bau- 
ges. rab.H.; Verden: Anton Höing 
Kraftfuttexwerke Niedersachsen 
GmbH & Co. KG. 


Die Steinkohle zum Thema „Stromversorgung“ ; - - 


Kohle per Draht. 

k m Mi" 


Die Steinkohle sichert ein 
Drittel unserer gesamten Strom- 
versorgung. Auch die E-Loks 
der Bundesbahn beziehen einen 
guten Teil ihrer Kraft aus der 
Steinkohle: eine gewaltige 
Strommenge jährlich - genug, 
um einen Intercity 3.000rnal 
um die Erde zu schicken 

E i n Beispiel für die Unent- 
behrlichkeit von Strom aus 
Steinkohle. Eines von vielen: 

Steinkohle ist die wesentliche 
Antriebsenergie unserer Wirt- 
schaft, von Flensburg bis 
Garmisch-Partenkirchen Stein- 
kohle wird zwar nicht überall 
gefördert. Aber überall wird 
Strom aus Steinkohle benötigt. 



Steinkohle ist und bleibt die 
große Energie, über die wir 
selbst verfugen - und langfristig 
dazu: Wenn wir in dem Umfang 
wie bisher Steinkohle fördern, 
haben wir Vorräte für gut 
300 Jahre. 

Wir allein - und nicht andere 
Länder - bestimmen den Preis 
der Steinkohle-Energie. Und 
schließlich: Die Energie im 
eigenen Land spart Devisen, 
entlastet unsere Zahlungsbilanz 
um Milliardenbeträge. 

Wir sollten daran denken, wenn 
wir unsere Energieversorgung 
planen 

Wollen Sie mehr wissen, 
schreiben Sie bitte an: 

„Die Steinkohle“, 
Glückauf-Haus, 4300 Essen 1 




Steinkohle. 


Ein Vorbild 
an Energie. 




WELT DES m SPORTS 


DIB WELT - Nr. 47 - Montag, 25. ffeiiryär 2^85 ; 


»amen 


In Deutschland wurde er verspottet. Er galt als das Musterbei* 

•ilol Ci rflk^lLMrrti^nnlmnnnerhnft 1 Won von 


w li i l^CUiauilUilU WUIUC Ol u yvn wio mv^iviw 

spiel der Wandlung in der Fußball-Nationalmannschaft: Weg von 
technischer Brillanz, hin zum puren Kraftfußball. Hans-Peter Brie- 
gel war der Kraftbolzen schlechthin. Jetzt wird er in Italien 
umjubelt. Er selbst aber veränderte sich nicht. Er blieb bei allen 
Lobeshymnen der bescheidene, redliche und realistische Bau- 
ernsohn aus der Pfalz. Mit den großen Stars in Italien will ersieh 
nicht auf eine Stufe stellen. 


• Real Madrid, der königliche spanische Klub, macht eine der 
schlimmsten Krisen seiner Geschichte durch. Schulden plagen 
Ihn, der Präsident wird zurücktreten, ein neuer ist noen nicht 
gefunden. Das hat auch Auswirkungen für Uli Stlelike, der seit 
1977 in Madrid Stammspieler ist. Er überlegt, in die Bundesliga 
zurückzukehren. Sein Wunschverein ist Walanof Mannheim (er ist 
in Ketsch geboren), weil er eine junge Elf besitzt, die vielleicht 
einen Routinier gebrauchen kann. 


• „Ein nichtsnutziger Deutscher", hat Ali Uras, der.Präsident von 
GalatasaToy Istanbul, seinen deutschen Trainer genannt. Das 
war für den ehemaligen Bundestrainer Jupp Derwail die heftigs- 
te Beleidigung. Derwail: „Wenn Ich solche Beleidigungen gegen 
einen Türken ausgesprochen hätte, wäre ich des Landes verwie- 


einen Türken ausgesprochen hätte, wäre ich des Landes verwie- 
sen worden." Jetzt will er klagen - gegen den Präsidenten. Doch 
der fordert Derwail auf, ihm und dem Vorstand des Klubs erst 
einmal Rechenschaft abzulegen. 



Eia Zweikampf zwischen Rummenigge und Brie 
ausschawt, als kämpfe Briegei mH unsauberen M 


beim letzten Zusammentreffen zwischen Inter MaÜand und Verona (1:1). Auch wem es hier so 
n-er hat Rummenigge in der Popularität bei den italienischen Fans schon weit überholt. 

FOTO: BAADER 


Stielike: Schluß in Madrid, 
Mannheim als Wunschklub 


Berti Vogts: „Auch schlechte 
Spiele sind unbezahlbar“ 


sid, Madrid 

Die Nationalmannschaft kämpfte 
in Lissabon um die WM-Teilnahme, 
einige hundert Kilometer entfernt 
grübelt Uli Stielike über seine Zu- 
kunft nach. Nach der schweren Krise 
seines Klubs Real Madrid und der 
Ungewißheit, ob der sechsmalige Eu- 
ropapokalsieger seinen Vertrag über- 
haupt verlängert, haben bei dem 30 
Jahre alten Libero ernsthafte Überle- 
gungen an eine Rückkehr in die Fuß- 
ball-Bundesliga eingesetzt. 

Grund der Unsicherheit: Der spani- 
sche Rekordmeister wählt am 36. Mai 
vorzeitig eine neue Führungsspitze, 
nachdem Präsident Luis de Carlos als 
Konsequenz aus der verkorksten Sai- 
son und internen Querelen sein Amt 
zur Verfügung gestellt hatte. „Sämtli- 
che Vertragsverlängerungen wurden 
deshalb vertagt Ich hänge in der 
Luft Wer weiß, ob ich in den Planun- 
gen des neuen Vorstandes eine Rolle 
spiele“, sagte Uli Stielike. der 1977 für 
eine Ablöse von 1,6 Millionen Mark 
von Mönchengladbach zum Tradi- 
tionsklub Real Madrid wechselte und 
dort seitdem Stammspieler ist Auf 
jeden Fall würde er seine Zelte in 
Spanien abbrechen, weü es, so Stieli- 
ke, ..keine Steigerung zu Real gibt“. 

Was die Bundesliga betrifft, skiz- 
ziert der ehemalige Gladbacher seine 
Vorstellungen: „Ein Wechsel zu ei- 
nem Klub mit Titelambitionen, wie 
dem HSV oder Bayern München, kä- 
me nicht in Frage. Ich stelle mir vor, 
in einer jungen, entwicklungsfähigen 
Mannschaft zu spielen, die vielleicht 
noch einen Routinier benötigt.“ Eine 
Heimkehr an den Gladbacher Bökel- 
berg oder in die Nähe seiner Heimat 
Ketsch, beispielsweise zum SV WaJd- 


hof Mannheim, käme seinen Ideal- 
vorstellungen schon nahe. 


Eine Verpflichtung des 42maligen 
Nationalspielers wäre mit keinen fi- 
nanziellen Fußangeln verbunden. 
Denn Stielike wird Madrid höchst- 
wahrscheinlich ablösefrei verlassen 
können. „Ich rechne nach der langen 
erfolgreichen Zeit in Madrid fest mit 
einem Entgegenkommen des Klubs.“ 
ln der Bundesliga oder, wenn alle 
Stricke reißen, auch in der Schweiz 
möchte er dann noch drei Jahre spie- 
len, um anschließend seine Karriere 
zu beenden. 


Daß eine mögliche Rückkehr ins 
Rampenlicht der deutschen Fußball- 
Bühne auch ein Comeback in der Na- 
tionalmannschaft nach sich ziehen 
könnte, daran verschwendet Stielike 
keinen Gedanken. Im vergangenen 
September beim Beckenbauer-Debüt 
als Teamchef gegen Argentinien be- 
stritt er sein letztes Länderspiel. „Der 
Zug ist für mich wohl abgefahren. 
Außerdem scheinen Beobachtungs- 
reisen nach Italien preiswerter zu 
sein“, sagt er in Richtung Becken- 
bauer. 


Mt Real, das in der Meisterschaft 
mit 13 Punkten Rückstand auf den 
führenden Schuster-Klub FC Barce- 
lona Platz fünf belegt hat sich auch 
Stielike aus den Schlagzeilen ge- 
spielt In den letzten neun Spielen 
bUeb Madrid ohne Sieg. Im März in 
den Viertelfinal-Begegnungen des 
UEFA-Cups gegen Tottenham Hot 
spurs und im spanischen Pokal gegen 
Atletico Bilbao wird sich zumindest 
die sportliche und finanzielle Zu- 
kunft von Real entscheiden, die von 
Stielike allerdings erst Ende Mal 


DW. Lissabon 

Sein Job ist es, die Profis der zwei- 
ten Garnitur den Duft der großen wei- 
ten Welt schnuppem zu lassen. Da ist 
Sinn und Zweck auch noch nach Nie- 
derlagen erfüllt „An das Drum und 
Dran internationaler Spiele müssen 
sich unsere Jungs erst noch gewöh- 
nen. Deshalb sind auch schlechte 
Spiele unbezahlbar“, sagte Trainer 
Berti Vogts nach dem 1:2 (0:1) der 
deutschen „Unter 21"-Auswahl in 
Lissabon gegen Portugal. 

Sein Job ist es aber auch, mit seiner 
Mannschaft die EM-Qualifikation zu 
schaffen. Eine Woche lang trainierte 
die Mannschaft in Portugal, nach der 
Niederlage fiel sie in der Gruppe zwei 
auf den letzten Platz zurück. „Einige 
Spieler haben leider den positiven 
Eindruck nicht bestätigen können, 
den ich im Training von Urnen gewon- 
nen hatte“, war Vogts enttäuscht 

Sein Job ist es auch, für die A-Na- 
tionalelf neue Kandidaten zu finden. 
„Thomas von Heesen kann der näch- 
ste aus unseren Reihen sein“, hatte 
Vogts vor dem Spiel vorhergesagt 
Über von Heesens Vorstellung in Lis- 
sabon urteilte HSV-Manager Günter 
Netzer anschließend kurz und knapp: 
„Das war nichts, bei uns im Verein 
spielt er viel besser.“ Gegen Portugal 
hatte sich von Heesen weit zurückge- 
zogen, fehlte im Angriff als Partner 
des guten Herbert Waas (Leverku- 
sen), konnte aber dem Mittelfeld auch 
keine neuen Impulse geben. 

Der Top-Mann im Team versagte, 
da kamen auch die anderen nicht ins 
Spiel Mit ein Grund war sicher die 
Tatsache, daß Vogts nach dem 1:0 
gegen Schweden vor vier Monaten 
auf gleich sechs Positionen ändern 


mußte. Mit Franco Foda (Bielefeld), 
Jürgen Köhler (Mannheim) und An- 
dreas Gleichen (Köln) gaben gleich 
drei Neulinge ihr Debüt „Da lief 
nicht besonders viel zusammen“, ur- 
teilte Kölns Trainer Hannes Lohr, 
und DFB-Präsident Hermann Neu- 
berger befand: „Unsere Mannschaft 
spielte zu hektisch." 


Die Portugiesen hatten durch Jor- 
ge-Süva in der 17. Minute das 1:0 er- 
zielt, Foda verwandelte in der 77. Mi- 
nute einen Foulelfrneter zum Aus- 
gleich, ehe wieder Jorge-Silva in der 
80. Minute erfolgreich war. Trotz der 
.Niederlage war der Münchner Rai- 
mond Aumann im Tor noch bester 
deutscher Spieler, parierte in der 44. 
Minute sogar einen Handelfmeter von 
Ribeiro. 


Vogts machte die mangelnde inter- 
nationale Erfahrung („Schließlich 
spielten bei uns drei Achtzehnjähri- 
ge“) seiner Profis verantwortlich: „In 
der Bundesliga werden sie von den 
Routiniers geführt, hier müssen sie 
sich alleine zurechtfinden.“ 


Günter Netzer nannte noch einen 
anderen Grund: „Der Kraftfußball 
wurde übertrieben.“ Das Spiel mach- 
te deutlich, daß Vogts ohne die zur 
A-Elf aufgerückten Thon, Berthold 
und Kroth nicht mehr die freie Aus- 
wahl an guten Fußballern hat Wobei 
Netzer ausschließt, daß dies eine Fra- 
ge des Trainers sei: „Es ist ja nicht so, 
daß der Ball Typen sucht, die dem 
Gegner auf die Knochen gehen, wie 
er selbst früher. Er hat sich da total 
geändert, seit Jahren erstklassige Ar- 
beit geleistet und ein gesundes 
Gespür für die richtigen Leute bewie- 


ULRICH DOST, Lissabon 

Wie muß sich einer fühlen, über 
dessen Art, Fußball zu spielen, sich 
bislang die Kritiker nur die Mäuler 
zerrissen, der aber plötzlich im 
Rampenlicht ganz vome steht und Im 
lieilgtpn Glanz erstrahlt? „Also“, sagt 
Hans-Peter Briegei, „ein neuer Super- 
star bin ich trotz der vielen Schlagzei- 
len nicht geworden.“ Einer, nach dem 
sich Müva verzückt umdreht, wird er 
wohl nie werden. Bei Karl-Heinz 
Rummenigge soll das der Fall sein. 
Hans-Peter Briegei beherrscht derzeit 
in Italien die Schlagzeilen, weü er für 
Hellas Verona seine Arbeit in einem 
Stil vollbringt, die ihm, dem Natur- 
burschen aus der Pfalz, so recht nie- 
mand zugetraut hat 

Neun Jahre lang hat er für den 
Fußball und direkt am Ball für den 1. 
FC Kaiserslautern im wahrsten Sinne 
des Wortes gearbeitet So greifbar na- 
he, daß die Zuschauer auf dem Bet- 
zenberg seine Schweißtropfen zählen 
konnten. Es brach kein Sturm der 
Entrüstung aus, als dieser Briegei, ein 
Bauernsohn aus der Pfalz, plötzlich 
aus den eingefahrenen Bahnen aus- 
brach. Niemand hat versucht, ihn zu 
halten. Der Klub hat sich nur über die 
2,1 Millionen Ablöse gefreut Das 
machte Briegei zwar stutzig, aber 
nicht wutend. 

Sein Abschied aus der National- 
mannschaft verlief fast ebenso. In der 
Mannschaft und überall im Tand«» 
hörte er förmlich ein Aufatmen. End- 
lich sei er weg; der verbrauchte Brie- 
gei, der bei der verkorksten Europa- 
meisterschaft in Frankreich zu den 
größten Versagern zählte. Heute sagt 
en „Ich fand gar nicht daß ich so 
schlimm war, die gann» Mannschaft 
spielte schlimm. Mit meiner Tastung 
war ich zufrieden.“ 

Ob er das wirklich so glaubt wie er 
das sagt? Oder ist es nur ein weiteres 
Mißverständnis zwischen Briegei 
und semem Publikum? Jahrelang 
stand er im Kreuzfeuer der Kritik, 
weil er so gut wie nie den Beweis 
antreten konnte, daß er neben Mus- 
kelkraft auch Ballgefühl besitzt Der 
Ball so argwöhnten Kritiker, sei sein 
natürlicher Feind. 

Hans-Peter Briegei der seine Her- 
kunft nie verleugnen kann, der sich 
nicht auf weltmännisch trimmen 
läßt ist vor diesem Ruf geflohen. Er 
war es sich selbst schuldig, aber in 
bescheidener Art „Solche Sprüche, 
wie sie Hansi Müller oder Karl-Heinz 
Rummenigge tun“, sagt Hans-Peter 
Briegei ..daß sie sich durchaus vor- 
stellen könnten, auch spater einmal 
in Italien zu leben, weil ihnen hier die 
Mentalität so gut gefällt nein, solche 
Sprüche mache ich nicht" 

Briegei braucht keine Millionenvil- 
la, brau<fat keinen neuen Haarachn^ . 
ist nicht auf der Suche nach irgend- 
welchen speziellen Verhaltenswei- 
sen, die er übernehmen muß, um zu 
sich selbst zu finden. So etwas erzählt 
Rummenigge in Interviews. Briegei 
bleibt auch in Verona er selbst Er 
sagt: „Ich wohne mit meiner Freun- 
din Ingrid am Gardasee nur in einem 
kleinen Haus, na ja, Bungalow kann 
man auch dazu sagen.“ 

Er gibt sich auch gar keine beson- 
dere Mühe, die italienische Sprache 
zu erlenen. „Wozu denn?“ fragt er. 
„Das lerne ich im Training und im 
täglichen Umgang mit den Menschen 
von ganz alleine. Da brauche ich kei- 
ne Lehrer.“ Erst am letzten Sonntag, 
so sagt er stolz, sei es ihm gelungen, 
im italienischen Fernsehen ein Inter- 
view in italienischer Sprache zu ge- 
ben. 

Doch das alles zählt für Briegei 
nicht, für ihn ist nur wichtig, was auf 
dem Spielfeld passiert Ein Pfälzer 
Bauernsohn, der läßt sich von seiner 
inneren Einstellung her nicht ver- 
pflanzen. Weder in die Provinz nach 
Verona noch in eine Großstadt nach 


Mailand oder Turin. Er sagt „Das 
schöne Wetter hier oder die wunder- 
schöne Umgebung, das alles ist nicht 
das wichtigste für mich. Du mußt nur 
gut spielen, dann kannst du überall 
gut leben.“ 

Es seinen Kritikern zu zeigen und 
sich selbst m beweisen, was noch in 
ihm steckt deswegen ist er ins Aus- 
land gegangen. Verona, die Provinz, 
kam ihm gerade gelegen. Inter Mai- 
land oder Juventus Turin, die hätten 
das deutsche Kraftpaket bestimmt 
nicht genommen. Auch wenn sie steh 
heute nach ihm die Finger lecken 
würden. Nicht der berühmte Rum- 
menigge, schon gar nicht Diego Mara- 
dona, der teuerste Fußballspieler der 
Welt, auch nicht der brasilianische 
Star Zico oder der Europameister- 
schafts-König Michel Platini beherr- 
schen die Schlagzeiten in Italien - 
nein, es ist Hans-Peter Briegei 
Das müßte ihm doch runtergehen 
wie süßer Honig. Doch er sagt: „Ich 
bin kein Star, sondern der, der ich 
immer war.“ Er nennt sich nicht mit 
den Großen des italienischen Fuß- 
balls, den vielgepriesenen Superstars, 
in einem Atemzug, weil er weiß, daß 
er mit ihnen letztlich doch nicht auf 
einer Stufe steht Weil er weiß, daß er 
mit seinen 29 Jahren nicht plötzlich 
«im Supertechniker geworden ist 
Eher schmunzelnd nimmt er es hin, 
der Vielbeschohene, daß er sie plötz- 
lich alle in die Ecke gestellt hat Er 
braucht nicht mit Rummenigge, Zico, 
Maradona oder Platini aufzurechnen, 
nein, er muß mit seinen Kritikern ab- 
rechnen. Deshalb sagt er auch: „Vor 
drei Jahren haben Journalisten ge- 
schrieben, daß ich am besten einen j 
Invaliditätsantrag stellen soll Mit mir ; 
sei es ohnehin vorbei ich sei ver- ; 
braucht, wegen meiner Verletzungen 
und meines kräftezehrenden Spiels. 
Ist doch toll für einen wie mich, daß 
ich immer noch spiele und plötzlich 
so viel Anerkennung finde.“ 

Hand aufa Heiz, wer hat in 
Deutschland nicht so ähnlich ge- 
dacht Gönnt dem altgedienten. Brie- 
gei doch seine Ruhe. Dieses Abge- 
schriebensein aber, die Tatsache, daß 
die Leute ihn nicht mehr sehen woll- 
ten, das hat ihn am meisten gewurmt 
Er sagt „Ich war doch alle vier Wo- 
chen krank. Einer wie ich braucht die 
Kraft, um sich nicht zu blamieren.“ 
Heute halten seine Sehnen und Mus- 
keln wieder, heute kann er wieder j 
schmerzfrei spielen. Mehr noch, heu- 
te hat er endlich die Freiheiten, die er 
schon immer gesucht hat die ihm 
aber niemand zugetraut hat Sein 
neuer Trainer Osvsddo Bagno U über- 
raschte Briegei gleich zu Saison be- 
ginn: „Du spielst den freien Mann im 
Mittelfeld. Du kannst machen, was du 
willst“ Briegei staunte: „Das war ei- 
ne große Anerkennung für mich.“ Zu- 
vor in Kaiserslautern hatte er immer 
nur dies gehört „Du verfolgst deinen 
Gegenspieler auf Schritt und Tritt 
schaltest ihn aus, nur wenn keine Ge- 
fahr besteht darfst du stürmen.“ 

Waren die spielerischen Talente 
des Hans-Peter Briegei neun Jahre 
lang in der Bundesliga und dann auch 
in der Nationalmannschaft tatsäch- 
lich verschüttet? Er glaubt es nicht 
Doch er hat festgestellt' „Ich spiele in 
einer guten Mannschaft Wenn es ein- 
mal läuft, läuft es auch bei jedem 
einzelnen Spieler.“ 

Vielleicht spielt Hans-Peter Briegei 
zur Zeit in Italien über seinen Mög- 
lichkeiten. Wahrscheinlich werden 
auch ihm die Flügel gestutzt wenn es 
einmal Niederlagen gibt Briegei 
kennt solche Täler nur allzu gut Des- 
halb hebt er nicht ab, stellt sich erst 
gar nicht auf eine Stufe mit Rumme- 
nigge, Maradona, Zico oder Platini 
Er bleibt der, der er immer war - er 
arbeitet jetzt nur für Verona. Aller- 
dings mit größerem Erfolg als in 
Deutschland. _ . 


Klub der Freunde der Nationalmannschaft plant Kündigung der Freundschaft 


A ls Pal Cseraai (52) noch Trainer 
beim FC Bayern München war. 


hat er gerne über die Krise im deut- 
schen Fußball referiert - bis man ihn 
im Mai 1983 bei den Bayern nicht 
mehr haben wollte. Csemai arbeitete 
ein Jahr bei PAOK Saloniki jetzt bei 
Benfica Lissabon. Vor dem EM-Qua- 
lifikationsspiel in Lissabon war Cser- 
nal der damals deutsche Journali- 
sten nie sonderlich mochte, ein ge- 
fragter Mann. Und er antwortete so- 
gar mit Lobeshymnen: „Die Deut- 
schen haben im Vergleich immer 
noch die besseren Spieler. Schuma- 
cher, Rummenigge und Förster sind 
Weltklasse, Völler ein Top-Mann. 
Briegei auch. Und einen so giftigen 
Kerl wie den Matthäus findet man so 
schnell nicht wieder. Glaubt mir, ihr 
Deutschen: So schlimm, wie ihr im- 
mer tut ist es mit eurer Krise gar 
nicht“ 


Der Csemai will doch nicht etwa in 

die Bundesliga zurück? 

* 


Wenn einer oben an gekommen ist, 
denkt er gelassener über Fehler der 
Vergangenheit Als Erklärung dafür, 
daß es bei Mathias Herget (29), dem 
Libero von Bayer Uerdingen, so lan- 
ge dauerte, ehe seine internationale 
Karriere begann, hat Bochums Ex- 
Trainer Heinz Höher (46) einmal dies 
gesagt: „Wenn ich ihm gesagt habe, 
lauf 100 Meter, ist er nur 90 Meter 
gelaufen. Sollte er 20 Kniebeugen 
machen, hat er nur 19 gemacht" Hö- 
her schickte den damals 22 Jahre al- 
ten Herget dann in die zweite Liga. 
Mit 28 wurde Hezget dann National- 
spieler und sagt heute: „Ich bin mit 
Heim Höher nie besonders gut aus- 
gekommen. Aber heute muß ich ihm 
teilweise recht geben, ich war phleg- 


matisch, mußte immer wieder ange- 
. trieben werden.“ Es ist eben im Fuß- 
ten fast wie im richtigen Leben: Es 
ist nie zu spät 

Der Schalker Olaf Thon (18) ist auf 
dem Platz als ein pfiffiges Kerlchen 
bekannt die Abwehrspieler der Bun- 
desliga furchten seine Tricks. Angst 
hatte Thon eine Zeitlang nur vor In- 
terviews („Gott sei Dank hat mir 
beim ersten Fernsehinterview der 
Herr Huberty sehr geholfen“). Die 
Zeit der feuchten Hände ist offenbar 
vorbei Jetzt fragte ihn ein Journalist: 
„Auf welcher Position hat eigentlich 
Ihr Vater gespielt? War er nicht Mit- 
telstürmer?“ Der Schalker antworte- 
te zunächst „Nein, genau das Gegen- 
teil im defensiven Mittelfeld.“ Als er 
dann feststellt, daß der Journalist die 
50 längst überschritten hat fügt er 
noch an: „Aber vielleicht haben Sie 


meinen Vater noch als Jugendlichen 
spielen sehen, da war er allerdings 
Mittelstürmer." Vater Günther Thon 
(43) wurde mit dem STV Horst Ein- 
scher 1967 deutscher Araateunnei- 
ster, der Sohn trägt bereits jetzt das 
Prädikat „Deutschlands größtes Ta- 
lent nach Franz Beckenbauer“ 
(HSV-Manager Günter Netzer) zu 
sein. 


Die „Freunde der Nationalmann- 
schaft" (FdN) wollen bald die 
Freundschaft kündigen. Auf Raten 
sozusagen haben sie es bereits getan. 
Die etwa 200 FdN-Mitglieder haben 
sich mit jährlich 1700 Mark Spenden 
für die Sepp-Herberger-Stiftung bis- 
her das Recht erkaufen können, stets 
in der Nähe der Nationalspieler sein 
zu dürfen. Nachdem das Spiel in Mal- 
ta von rund 50 FdN-Fäns als eine Art 


„Betriebsausflug“ oder „Hochzeit^ 
reise“ (Beckenbauer) verstanden 
worden war, hatte Franz Beeken- 
baner (38) die Fans für die Zukunft 
aus den Mannschaftshotel verbannt 
„Ich will keinen Rummel die Spieler 
sollen ihre Ruhe haben.“ In Portugal 
sind nur noch sechs FdN-MitgUeder 
dabei, viele andere schrieben Protest- 
briefe. Mit einem Tenor, den der Au- 
tohändler Werner Gromnuch (60} aus 
Frankfurt so beschreibt „Ich trete 
aus, wenn wir nicht mehr bä der 
Nationalelf wohnen dürfen.“ Und die 
Freunde haben auch schon ausge- 
rechnet, was das den DFB kosten 
würde: Sie hätten sät 1978 immerhin 
rund 1,8 Millionen Mark von der Stif- 
tung kassiert 

Wahre Freunde erkennt man eben 
in der Not 

* 

Auch die Zahl der mitreisenden 


ehrenamtlichen Funktionäre wurde 
von sechs auf vier gekürzt an Mann- 
sc hafts Sitzungen teflriehmen und im 

Mannschaftsbus mitfahren darf nur 
noch einer, nämlich DFB-Präsident 
Hermann Neoberger (65). „Offiziell 
gab es dagegen keine Widerspruche“, 
erklärte Pressesprecher Rainer Holz- 
schnh (40). Die Spieler . vermissen 
auch niemanden: „Wir können viel 
konzentrierter arbeiten“, sagte Karl- 
Heinz Rummenigge (30), und Kart- 
Heinz Förster (26) stellte fest „Die 
Leute, die uns sonst jeden Tag ein 
paarmal auf die Schulter klopfen, 
sind nicht mehr da.“ Und Franz Bek- 
kenbauer antwortete auf die Frage, 
ob denn jetzt die vier Funktionäre 
das Pensum der sechs schaffen könn- 
ten, mit einer Gegenfrage: „Was, 
schaffen tun die auch was?“ 


vor Gericht 


Hans-Peter Briegei macht Schlagzeilen, aber er sagt: 

„Ich bin doch kein Star, sondern der, der ich immer war“ 


MARKUS BERG 


1:2-Niederlage 
der Junioren in 
der Statistik 


Portagal: Sergio - Marias, Samuel 
Morato, R. Countinho - Edmundo, 
Jaime, Semedo (ab 60. Jorge Plazido), 
Ribeiro - Jorge Silva, Jorge. - 
Deutschland: Aumann (München) - 
Schröder (Hamburg), Köhler (Mann- 
heim), Kraaz (Frankfurt), Roth (Kails- 
ruhe) - Gleichen (Köln), Foda (Biele- 
feld), Pomp (Leverkusen), ab 46. Kögl 
(München), Hochstätter (Gladbach), 
ab 70. Wegmann (Dortmund) - von 
Heesen (Hamburg), Waas (Leverku- 
sen). 

Schiedsrichter: Martinez (Spa- 
nien). - Zuschauer: 8000. - Tore: Id) 
Jorge Silva (17.), 2:1 Foda (78,/Fbul 
Elfmeter), 2:1 Joige Silva (80.). -CW* 
be Karten: Ribeiro, Jorge Plazido / 
von Heesen, Foda. 

DDE TABELLE 

LScfaweden 3 1X1 2:2 3:3 

ÄJPortogal 4 1 1 2 3:4 3:5 

3.CSSR 110 0 1:0 2:0 

^Deutschland 2 10 1 2:2 2:2 

Die nächsten Spiele: Schweden - 
CSSR (4. Juni), Schweden - Deutsch- 
land, CSSR - Portugal (24. Septem- 
ber), Deutschland - Portugal (15. Ok- 
tober), Deutschland - CSSR (16. No- 
vember). 


Dienstag, 29JW Uhr 


München - Uerdingen . (3:1) 

Mittwoch, 20.00 Uhr 
Köln -Werder Bremen (2ri) 

Stuttgart- Bielefeld (7:2) 

Düsseldorf - Kaiserslautem (1:3) 

Schalke -Leveikusen (2:2) 

Gladbach -Dortmund (3:21 

Hamburg- Bochum ( 0 : 0 ) 

Samstag, 153 Uhr 
Leverkusen - Hamburg (1:11 

Kaiserslautern -Frankfurt ( 1 : 1 ) 

Braunschweig -Düsseldorf (1:4) 

Bielefeld -Mannheim (0:0) 

Bremen -Stuttgart (3:1) 

Uerdipgen -Köln (5:1) 

Dortmund -München ((Ul 

Karlsruhe -Schalke ( 1 # 

Bochum -Gladbach am 5 . Mär? 

In Klammem die Ergebnisse de 
Hmrunde. 


dpa, Istanbul 

Die Auseinandersetzungen zwi- 
schen Jupp Derwail und dem Präsi- 
denten des türirischen Vereahs Gala- 
tasaray Istanbul» Ali Uras, haben am 
Wochenende an Heftigkeit zugenom- 
men. Der ehemalige Bundestrainer 
und jetzige Coach von Galatasaray 
wtQ den eigenen Vereinspräsidentei 
wegen Verleumdung auf 500900 
Marie Schadenersatz verklagen. So- 
bald er einen geeigneten Anwalt ge* 
fanden habe, werde er gegen Uras 
gerichtlich vorgehen. Der Funktionär 
hatte Derwail in einem Interview mit 
dem Massenblatt „Hürriyet“ als 
u iahm, unfähig und apathisch" hinge* 
stellt 

Etwas Ähnliches sei ihr» noch nie 
ins Gesicht gesagt worden, äußerte 
sich Da wall gegenüber türkischen 
Zeitungen. Diese Beschuldigungen 
bedrohten seinen guten Ruf sowohl 
in der Türkei als auch in der Bundes- 
republik Deutschland, wo er, nach 
Worten, „ein bekannter und 
gern gesehener Mann ist“. Die türki- 
sche Presse wertete den angestrebten 
Prozeß eher als einen Versuch Der- 
walls, den eigenen Worten wieder 
mehr Gewicht und Glaubwürdigkeit 

zu verleihen. 

Seinen Zweijahresvertrag mit dem 
türkischen Erstliga-Verem Galatasa- 
ray will Derwail auf jeden Fäll erfül- 
len. Das sei er den Freunden und 
Anhäng ern des Vereins, zu denen er 
bereits ein verwandtschaftliches Ver- 
hältnis habe, schuldig. Die Streitig- 
keiten s eien eine private Angelegen- 
heit zwischen ihm und dem Präsiden- 
ten. 

Den Grund für die unbefriedigende 
sportliche Situation des Vereins sieht 
Derwail -in dem Verkauf von sieben 
Spielern zu Saisonbeginn, für den er 
nicht verantwortlich sei „Wenn 
Schwierigkeiten auftreten, gibt ein 
Deutscher nicht auf, bevor diese 
schließlich gelöst sind“, wird Derwail 
in der türkischen Presse zitiert In der 
nächsten Saison, wenn er selbst neue 
Spieler aussuchen könne, bekäme die 
Mannschaft ein völlig neues Gesicht 

Ob es jedoch überhaupt so weit 
kommen wird, ist fraglich. Mit großer 
Spannung wird mrnin der türkischen 
Sportöffentlichkeit dem entscheiden- 
de Pokalduell am Donnerstag zwi- 
schen Galatasaray und dem Erzriva- 
len Fenerbahce entgegengesehen. 
Sollte Derwalls Team, das das Hin- 
spiel mit 2:1 gewonnen hatte, aus dem 
Cup ausscheiden, wird allgemein mit 
Derwalls Entlassung gerechnet. 

Uras, von dem es hieß, er werde 
sein Amt zur Verfügung stellen, sagte 
jedenfalls: „Nicht ich werde Derwail 
Rechenschaft ablegen, sondern Der- 
wall muß dies gegenüber dem ge- 
samten Vorstand tun. Der Vorstand 
tagt zwei Tage vor dem wichtigen 
Pokalspiel und Uras erklärt: „Die 
dunklen Wolken über unserem im 
ganzen Land geliebten Verein wer- 
den bald vertrieben.“ 


M 

Bundesliga: Nächste Spiele ' 


°oonv 

s f‘!|y 

Kroh.. 


a «cli. 










2. Li«a 


Kassel zum 
ersten Mal an 
der Spitze 


Duisburg- Nürnberg 
Burstadl -Aachen 
Obertassen - Wattenscheid 
Kasse! - Saarbrücken 
Hannover- Köhl 

Dannstadt- Offenbach 
Snüng BP - St Pauli 
Hertha BSC -Freiburg 
Homburg- BW Berlin 


DIE TABELLE 


3:0 (2:0) 
3:2 (2:1) 


' l.Kassel 
Zjtachen 
3.N*ümberg 
4 .Hannover 
äJäaarbrüdren 
(LWattenscheid 
7. Hertha BSC 
8. Solingen 
9.0ffenbach 

10. BWBerim 

11. Freiburg 
HOberhausen 

13. Burstadt 

14. Duisburg 

15. Darmstadt 

16. Homburg 
17.SLuUgart 
i&Kötn 
19-Ubn 
2Ü.SL Pauli 


21 12 5 4 

21 ZZ ff 4 

22 12 3 7 
22 10 7 5 
28 11 4 5 
21 11 3 7 

um 

20 10 3 7 
n 8 5 8 

21 6 7 B 

22 G 7 9 
22 0 7 9 
31 8 2 11 
21 6 6 9 
21 8 0 9 

20 7 3 10 

21 8 4.11 

21 8 4 11 

22 5 Bll 
ZI 5 5 11 


45:29 29:13 
38:23 28:14 
38:31 27:17 
40:34 27:17 
44:25 28:M 
38:33 25:17 
32:27 23:15 
37:33 33:17 
27:30 21:21 
38:37 19:23 
25:28 19:25 
33:41 19:25 
33:35 18:24 
33:38 18:24 
28:33 18:2t 
30:31 17:23 
28:31 18:26 
30:42 18:28 
31:44 16:28 
29:41 15:27 


DIE VORSCHAU 

Dienstag, 26. Februar, 29.M Ukr Köln - Her- 
tha BSC, Saarbrücken - DannstadL - BW 
Berlin - Sohngen verlegt auf den 8. April - 
Freitag. L JUn. 2M9 Uhr: Oflenbach- Kas- 
sel - Samstag, Z H&rx, 15JS9 Uhr: Freiburg - 
Duisburg, BW Botin - Dannstadt Aachen - 
Ulm, Oberhausen -Solingen, Bürstadt -Wat- 
tenscheid, St Pauli - Homburg. - Sonntag, 3. 
Mir*, I5J0 Uhn Saarbrücken - Hertha BSC, 
Stuttgart - Hannover, Köln - Nürnberg. 


LEICHTATHLETIK / Der Schwede Patrick Sjöberg sprang in geliehenen Schuhen über 2,38 Meter 

„In neue Dimensionen“ - mit viel Musik 


dpa, Hannover 

Purzelbäume nach zu langer Pau- 
se: Der erste fast komplette Rückrun- 
d e pspieftag der zweiten Fußball-Liga 
brachte am Samstag bei neun Mei- 
steischaftatreffen kräftige Überra- 
schungen. Auf schneeglattem Boden 
rutschte Spitzenreiter Alemannia Aa- 
chen beim sensationellen 0:2 in Bür- 
stadt genauso ans wie der im Pokal so 
erfolgreiche 1. FC Saarbrücken, der 
das Spitzenspiel vor 15 000 Zuschau- 
ern gegen Hessen Kassel 0:3 verlor. 

Hessen Kassel (29:13 Punkte) ist 
n ac h Hannover 96, Union Solingen 
und Aiprnannia Aachen erst der vierte 
Spitzenreiter in dieser Saison. Das 3.-0 
war die Krönung einer R-srie von 11:1 
Punkten. Trainer Jörg Berger (40) 
warnte angesichts der euphorischen 
Stimmung: „Es ist noch ein langer 
Weg bis zum Masterschaftsende.** 
Kassel hatte in den letzten zwei Jah- 
ren jeweils die Qualifikationsspiele 
zur Bundesliga als Vierter sehr knapp 
verpaßt In dieser Saison profitiert 
das stark verjüngte Team ohne Stars 
von seiner Heimstarke (21:1 Punkte). 
Nach den Kasseler Treffern durch 
Heinz Traser (1L), Cestonaro (23.) und 
Munn (83.) stellte Saarbrückens ehr- 
geiziger Trainer Uwe Klimaschefski 
fest »An den Feiern nach unserem 
Pokal-l:0 gegen Hannover 96 lag es 
nicht 11 

Ton Freiburgs Trainer Anton Ru- 
dinsky war nach dem 0:0 in Berlin zu 
hören: «Hertha BSC bleibt mein Fa- 
vorit für den Aufstieg.“ Insider sind 
anderer Ansicht Denn Hertha BSC 
hat - wieder einmal - kein Geld: Seit 
Dezember werden die Gehälter von 
Privatleuten vorgestreckt Die Ge- 
samtsumme von bisher 450 000 Mark 
muß natürlic h zurück gezahlt werden. 

DIE ERGEBNISSE 






Patrick Sjöberg beim JubaUpniBg. 

FOTO: DPA 


DW. Berlin 

Auf den ersten Blick schien es 
wie eine Wiederholung. Die Äu- 
ßerlichkeiten erinnerten an das 
letzte Jahr Berlin, eine ausver- 
kaufte Halle, viel' Miisik, ginA 
Hochsp run ganlage , ein whiakid. 
ger Jüngling, blond, talentiert, 
selbstbewußt So war Carlo 
Thränhardt vor zwölf Monaten 
2£7 m hoch gesprungen - Hal- 
lenweltbestleistung. 

Jetzt erlebte das Spektakel 
sAino Neuauflage. Beim Hoch- 
sprung-Meeting in Berlin, einer 
von dem Kölner Carlo Thrän- 
hardt inszenierten Leistungs- 
show mit Musik. Star des 
Abends war erneut ein schlaksi- 
ger Jüngling, blond, talentiert 
und selbstbewußt Vor allem 
selbstbewußt „Ich traue mir bis 
zu 2,45 m alles zu“, tönte der 
Schwede Patrick Sjöberg nach 
seinem Rekordsprung. 

Wer sein Selbstbewußtsein in 
Hohen messen will, muß die 
Latte jetzt auf 2^8 m legen. Mit 
dieser Leistung entriß der 20 
Jahre alte Schwede dem Kölner 
Thränhardt die Hahenweltbest- 
lws tnn g . Nur der Chinese Zhu 
Jianhua war bei seinem Frei- 


luft-Weltrekord von 2^9 m noch 
höher gesprungen. 

„Wir gehen jetzt in andere Di- 
mensionen. Die 2,40 m sind 
sturmreif*, erklärte danach 
Olympiasieger Dietmar Mögen- 
burg, der mit 2,36 m Zweiter 
wurde. Bereits in Berlin ver- 
suchte sich der neue Rekord- 
mann Sjöberg an der als Schall- 
mauer bezeichneten Höhe von 
2,40 hl Doch seine drei Versu- 
che miRlanggn. JDÜ Luft war 
raus. Vielleicht wäre das anders 
gewesen, wenn ich auch bei die- 
ser Höhe noch Konkurrenz ge- 
habt hätte“, bedauerte der Sfl- 
bennedaillengewinner von Los 
Angeles, der schon als Zehnjäh- 
riger 1,35 m übersprang - zwan- 
zig Zentimeter mehr als seine 
Hamfliiggn Klassenkameraden. 

Seitdem vollzog sich ein ra- 
santer Aufstieg. Trainiert von 
seinem finnischen Stiefvater, 
steigerte er sich in den letzten 
vier Jahren tun 30 Zentimeter. 
Der Sprung in die Weltelite 
glückte Anfang Juli 1983 in Os- 
lo, wo er bei einem Wettkampf 
seine Bestleistung von 2JJ8 m 
auf 2^3 m schraubte. Ein un- 
mißverständlicher Beweis für 
sein Ausnahmetalent, von dem 


er selbst bereits als Sechzehn- 
jähriger so überzeugt war, daß 
er die Schule verließ, um sich 
ganz dem Hochsprung zu wid- 
men. 

Inzwischen nennt er sich 
JProfessionel l> _und hat die Ziele 
von damals längst übersprun- 
gen. Irgendwann hatte er sich 
vorgenommen, einmal höher zu 
springen als der ehemalige 
Olympiasieger Dwight Stones 
und so berühmt zu werden wie 
seine schwedischen Landsleute 
Björn Borg, Ingemar Stenmark 
und Mats Wilander. 

Es ist ihm gelungen. Heute 
reist Patrick Sjöberg zumeist 
mit wnt»m eigens auf ihn kon- 
zentrierten Kamerateam um die 
Weh, trainiert im Winter in der 
Sonne, in Griechenland, Spa- 
nien und Italien. Ein Welten- 
bummler in Sachen' Hoch- 
sprung, der mit leichtem 
Gepäck reist, in dem oft nicht 
einmal Platz für Hochsprung- 
schuhe ist Auch in Berlin, wo er 
erst am Dienstag nach einem 
30-Tage-Trip durch Nordameri- 
ka eintraf, trat er zu seinem Re- 
kordsprung wieder mit geliehe- 
nen Schuhen an . . . 


sid/dpa, New York 
Ein furioses Finale ihrer sechs Wo- 
chen langen Hallen-Saison boten die 
Leichtathleten der USA bei den offe- 
nen Meisterschaften im New Yorker 
Madison Square Garden. In Abwe- 
senheit der beiden Olympiasieger 
Carl Lewis und Evelyn Ashford, aber 
mit Beteiligung mehrerer europäi- 
scher Athleten, darunter zahlreiche 
Spitzenleute aus der UdSSR, waren 
15 000 Zuschaer von drei Hallen-Welt- 
bestleistungen begeistert 

So lief die dreimalige Olympiasie- 
gern! Valerie Brisco-Hooks eine neue 
Weltbestzeit über 220 Yards in 22,95 
Sekunden, und Diane Dhron sprinte- 
te die 400 Yards in 52£0 Sekunden. 
Außerdem bewältigte Jim Hiring das 
Meüen-Gehen in 12:07,56 Minuten. 


Wegen der weltweit säten ausgetra- 
genen Wettbewerbe über Yards-Di- 
stanzen müssen die Ergebnisse relati- 
viert werden. 

Weh-Niveau besaßen aber auf je- 
den Fall die Leistungen von Mike 
Conley und Jim Howard. Mike Con- 
ley gewann zunächst den Dreisprung 
mit 17,40 m, wobei er die Bestmarke 
von Wülie Banks (USA) nur um einen 
Zentimeter verfehlte, und gewann an- 
schließend auch den Weitsprung mit 
8,22 m. Jim Howard erzielte im Hoch- 
sprung 2,34 m und verpaßte damit 
seine vor einer Woche erzielte persön- 
liche Bestleistung ebenfalls nur um 
einen Zentimeter. Er hat sich damit 
endgültig in der Weltspitze etabliert 
und gilt neben Valerie Brisco-Hooks 
als Großverdiener der Grand-Prix-Se- 


rie, die 15 Ve ranstaltungen umfaRtA 
Während Valerie Brisco-Hooks rund 
50 000 Mark in den vergangenen 
«pchs Wochen verdiente, wurde Jim 
Howard, der sich für die Olympi- 
schen Spiele nicht qualifiziert hatte, 
mit rund 44 000 Mark entlohnt Er ist 
vollberuflich als Ingenieur in Hou- 
ston tätig und hatte für die Hallen- 
Saison Urlaub nehmen müssen. 

Die herausragenden Leistungen 
der deutschen Leichtathleten wurden 
am Wochenende in Rhede und Stutt- 
gart erzielt In Rhede wurde überra- 
schend die Göttin gerin Christiane 
finke auf der Mittelstrecke deutsche 
Crosslauf-Meisterm vor der hoch fa- 
vorisierten Kölnerin Brigitte Kraus. 
Christoph Kerle (Waldkraiburg) ge- 
wann eine Woche nach seiner Halten- 


SKI ALPIN / Keine Chance für den Nachwuchs bei den deutschen Meisterschaften in Garmisch 

Wasmaier setzte sich unter Druck - und stürzte 


dpa, Gartnisch 

Außenseiter hatten bei den deut- 
schen alpinen Skimeisterschaften 
keine Chance. Bei den Titelkämpfen 
von Freitag bis Sonntag aufKreuzeck 
und Wank in Garmikh-Partenkir- 
chen blieben alle Meisterkronen in 
den Händen der „Etablierten*?, den 
Mitgliedern, der Nationalmannschaft- 
Nur zwei Überraschungen verzeich- 
nete Alpin-Sportwart Kuno Mess- 
mann: Riesenslalom-Weltmeister 

Markus Wasmeier aus Schliersee 
blieb ohne Titelgewinn, und in der 
Damen- Ab fahrt kostete die Schwaiz- 
wälderin Heidi Wiesler (Staufen), die 
nur um einen Weltcup-Rang die WM 
nach Bormio verpaßt hatte, ihren Tri- 
umph über die übermächtige bayeri- 
sche Konkurrenz aus. 


Mit Sepp WUdgruber (Oberaudorf) 
in der Abfahrt, Hans Stuffer (Samer- 
berg) im Riesenslalom und Frank 
Wöradl (Sonthofen) im Slalom setz- 
ten sich bei den Herren ebenso Athle- 
ten aus dem Favoritenkreis durch, 
wie beiden Damen neben Heidi Wies- 
ler in der Abfahrt Maria Epple-Beck 
(Seeg) im Slalom und die Münchnerin 
Marina Kiehl im Riesenslalom. 

Das WM-Gold des 21jährigen Rie- 
senslalom-Weltmeisters Markus Was- 
meier verbreitete seinen Glanz auch 
auf die deutschen Me i stersc h aften 
Über 3 000 Zuschauer wollten den 
blonden Schlierseer siegen sehen - 
doch er ging in allen drei Disziplinen 
leer aus. „Ich muß zeigen, daß mein 
WM-Titel kein Zufall war“, hatte sich 
Wasmeier selbst unter Erfolgsdruck 


gesetzt Inder Abfahrt verpaßte er die 
Meisterkrone um 3/100, im Riesensla- 
lom brachte er sich durch zu großes 
Risiko um die Siegeschance. „Für 
mich ging es hier darum, zu gewin- 
nen, nicht um einen guten Platz“, be- 
gründete Wasmeier seine riskante 
Fahrweise, die ihn im zweiten Durch- 
gang des Riesenslaloms aus dem Ren- 
nen wart Damit war der Weg frei fin- 
den langen Hans Stuffer aus Samer- 
berg, der schon 1983 den Titel errun- 
gen hatte. Im Slalom erhöhte Frank 
Wömdl seine T Hdsammlu ng auf die 
fünfte Meisterkrona 

Wie bei den Herren so gaben auch 
bei den Damen die Nationalmann- 
schaftsmitglieder den Ton an, die fast 
ohne Ausnahme in atiAn Disziplinen 
die ersten zehn Plätze belegten. „Der 


Trainingsvorsprung und die größere 
Wettkampferfahrung aus vielen inter- 
nationalen Rennen zahlen sich hier 
halt aus“, sagte Damen-Trainer Willi 
Lesch. Heuen-Trainer Klaus Mayr 
meinte: „Für den Nachwuchs ist es 
aus diesem Grund sehr, sehr schwer, 
den Sprung in den Nationalkader zu 
schaffen. Aber das ist in anderen 
Sportarten ähnlich.“ Dazu kam, daß 
bei den deutschen Meisterschaften 
unter schwierigen Schnee- und Wet- 
terbedingungen die Läufer mit hohen 
Startnummern durch ungünstige Pi- 
stenverhältnisse so benachteiligt 
wurden, daß sie von Haus aus keine 
Chance hpV> pn „Wir mfifiggn uns mit 
der Talentsuche künftig noch einiges 
einfallen lassen“, sagte Alpin-S port- 
wart Kuno Messmann. 


HANDBALL / Eine Großmacht wird kleinlaut 


Großwallstadts Ziel ist 
nur noch Platz fünf 


sid/dpa, Düsseldorf 

Eine Großmacht wird bescheiden. 
Nach elf Titeln in sieben Jahren hat 
der TV Großwallstadt schon nach der 
Hälfte der HandbaU-Bundesliga-Sai- 
son die Meisterschaft zu den Akten 
gelegt „Platz fünf 1 lautet die neue, 
fest kleinlaute Parole des weitweit 
bekannten Provinz-Klubs nach dem 
13:13 gegen Aufsteiger Tum Düssel- 
dorf 

„Die Titelverteidigung ist 

utopisch“, sagte Großwallstadts 
Coach Karl-Heinz Bergsträsser, im 
Vorjahr „ Bundesliga-Trainer des Jah- 
res“. Sn Grund für die frühzeitige 
Resignation ist die akute Personal- 
not 

Nationalspieler Michael Paul kann 
in dieser Saison wegen einer in der 
nächsten Woche anstehenden Schul- 
ter-Operation nicht mehr auf Tore- 
jagd gefien. Kapitän Uh Gnau muß 
wegen einer ' Meniskus-Operation 
ebenfalls noch einige Wochen zu- 
schauen. Der ehemalige Nationalspie- 
ler Peter Meisinger, im Juni 1984 zu- 
rückgetreten und wegen Verletzungs- 
sorgen in der Mannschaft zu einem 
Vier-W ochen-Comeback überredet 


hat endgültig seinen Rückzug ange- 
treten. In plagen chronische Hüftbe- 
schwerden. 

Allerdings muß sich der Verein 
auch den Vorwurf gefallen lassen, ei- 
ne verfehlte Personal-Politik betrie- 
ben zu haben. Nach den Rücktritten 
der Klühspies, Meisinger, Fischer 
und Lang ist die Spielerdecke mit nur 
sechs bundesligatauglichen Spielern 
zum Saisonende zu dünn. Fünf Punk- 
te trennen den Klub schon von der 
Tabellenspitze. 

Großwallstadts souveräne Position 
der Saison 1983/84 hat mittlerweile 
der THW Kiel eingenommen. Das 
Team feierte als Tabellenführer am 
15. Spieltag der Meisterschaftsrunde 
seinen siebten Sieg in Folge. Gegen 
Grün-Weiß Dankersen gelang ein 
20:13-Erfolg, wobei Kiel zur Halbzeit 
bereits mit 10:1 geführt hatte. 

Drei Punkte zurück kamen zwei 
weitere Meisterschafts-Favoriten zu 
Siegen gegen zwei Abstiegskandida- 
ten. Der VfL Gummersbach hielt den 
Aufsteiger SG Weiche-Handewitt mit 
26:18 in Schach, Vizemeister Tusem 
Essen siegte mit 20:15 gegen den Ta- 
bellen-V or letzten TuRa Bergkamen. 


SPORT-NACHRICHTEN 


Valerie Brisco-Hooks ist die Großverdienerm in der Halle 


Weltbestleistung über 3000 m auch 
den Cross-Titel übr 9950 m mit mehr 
als einer halben Minute Vorsprung 
auf den Sindelfinger Alfred ScheytL 

Beim internationalen Hallen-Sport- 
fest in Stuttgart steigerte sich Kugel- 
stoß-Olympiasiegerin Claudia Losch 
(Fürth) noch längerer Verletzungs- 
pause auf die persönliche Bestlei- 
stung von 20,46 m, doch fehlen ihr 
zum acht Jahre alten deutschen Re- 
kord von Eva Würns immer noch 60 
Zentimeter. Pech hatte der Dreisprin- 
ger Ralf Jaros (Düsseldorf), der in der 
Schleyer-Halle eine Knöchelverlet- 
zung am linken Fuß erlitt und um 
eine Teilnahme an der Hallen-Eu- 
ropameisterschaft am nächsten Wo- 
chenende in Athen bangen muß. 


Roedgers Sperre reduziert 

Ratingen (sid) - Die Sperre des 
Mannheimer Eishockey-Spiele rs Roy 
Roedger ist auf einer Spielgerichts- 
Sitzung des Deutschen Eishockey- 
Bundes in Ratingen geringfügig redu- 
ziert worden. Roedger, der dem Köl- 
ner Steve McNeü im Dezember letz- 
ten Jahres beim Spiel in Mannheim 
mit einem Stockschlag eine schwere 
Augenverletzung zugefügt hatte, 
bleibt für acht Spiele gesperrt, aller- 
dings werden zwei Spide zur Bewah- 
rung bis znm Jahresende ausgesetzt. 

Doppelsieg für Angerer 

Zwiesel (dpa) - Olympiasieger Pe- 
ter Angerer aus Hammer gewann bei 
den internationalen deutschen Bi- 
athlon-Meisterschaften in Zwiesel 
den 10-Küometer-Wett bewerb, nach- 
dem er am Freitag bereits Meister 
über 20 Kilometer geworden war. 
Fritz Fischer aus Euhpolding belegte 
jeweils Rang zwei. 

Kohde aasgeschieden 

Oakland (dpa) - Die Saarbrückerin 
Claudia Kohde. ist im Viertelfinale 
des 150 OOO-DoIlar-Tennis-Tuniiers in 
Oakland / Kalifo rnien gescheitert Die 
Ranglisten-Erste des Deutschen Ten- 
nis-Bundes unterlag der Amerikane- 
rin Chris Lloyd-Even mit 3:6, 2:6. 

Hockey-Kantersieg 

Karlsruhe (dpa) - Die Herren-Aus- 
wahl des Deutschen Hockey-Bundes 
besiegte in einem Hallen-Lander- 
kampf die Mannschaft Italiens mit 
29:5. Erfolgreichste Torschützen wa- 
ren der Kölner Fried und der Gladba- 
cher Hilgers mit je sechs Treffern. 

Billard: Zenkner verlor 

Erkelenz (dpaj - Der Münchner 
Wolgang Zenkner ist im Halbfinale 
der. Billard-Europameisterschaften 
im Cadre 71/2 in Erkelenz ausgeschie- 


den. Der Deutsche Meister unterlag 
dem Österreicher Franz Stenzei mit 
173:250 in acht Aufnahmen. • 

Reit-Sieg für Rüping 

Hertogenbosch (dpa) - Der Ham- 
burger Michael Rüping gewann beim 
internationalen Reit- und Springtur- 
nier von ’s-Hertogenbosch ein A- 
Sp ringen auf Caletto. 

K.-o.-Sieg für Spinks 

Atlantic City (sid) - Der amerikani- 
sche Box-Profi Michael Spinks ver- 
teidigte in Atlantic City seinen Titel 
im Leichtschwer-Gewicht (Version 
WBA und WBC) gegen seinen Lands- 
mann David Sears erfolgreich durch 
K.o. in der dritten Runde. 

Belgrad im Finale 

Wien (sid) - Radnicki Belgrad hat 
durch ein 21:21 im Halbfinal-Rück- 
spiel bei Südstadt Wien das Endspiel 
im Handball-Europapokal der Lan- 
desmeister bei den Frauen erreicht 
Der Cup-Verteidiger hatte das erste 
Spiel mit 19:16 gewonnen. 

Köln gegen Frankfurt 

Worms (sid) - Blau-Weiß Köln und 
Eintracht Frankfurt bestreiten das Fi- 
nale um die 24. Deutsche Hallenhok- 
key-Meisterschaft der Damen. Im 
Halbfinale der Endrunde in Worms- 
Hochheim gewannen die Kö lnerin- 
nen mit 10:4 gegen Eintracht Braun- 
schweig. Frankfurt schlug den zwei- 
maligen Meister SC Brandenburg 
Berlin mit 6:5. 

Baltes: 5000-m-Rekord 

Inzell (dpa) - Der Münchner Hans- 
Jörg Baltes stellte am ersten Tag der 
Eisschnellauf-Wettbewerbe um die 
„Goldenen Schlittschuhe“ in Inzell 
einen deutschen Rekord über 5000 
Meter auf. Der Deutsche Vierkampf- 
Meister benötigte 7:10,36 Minuten. 






In dieser Woche: 

■ Wenn der Dollar kippt: Ende des deutschen Export- 
Booms ■ Spitzensteuersatz nur noch 50 Prozent? 
SPIEGEL-Gespräch mit Finanzminister Stoltenberg ■ 
Krebsnest Berlin: Deutschlands Smog-Hauptstadt ■ 
7,immpirmarins Katalysator-Fiasko: Europa zwingt Bonn 
/ um Nachgeben ■ Das deutsche Waffengeschäft mit den 
Saudis droht zu scheitern. 



[ ö 531*6672 c 








1 < 


Bii 
au 1 
je 
he r 

ü| j, 

i,[ 


■eti 


etis 

tifT 

'jil 


Bfae 

v*a 
■1 U 

flltK 


w 

dar; 

■hi 

jti 


iler 

Jarj 

■la». 

uti 


Der 
.larj 
■U' 
uk . 


alsi 

dar; 

Ül 

uk 


:istc 

.iar: 

in 

uJl 


ien 


inei 
Je* ' 
'am 

vÖi 

lull 


14 


WELT DES 9 SPORTS 


DIE WELT - Nr. 47 - Montag, 25. Februar 1$8$ 


BOB / Die deutsche Misere geht weiter 


Colani, Kloschfisseln 
und tiefe Verwirrung 


DW/dpa/sid, St Moritz/Mainz 

Es fügte sich alles so nahtlos zu- 
sammen im „Aktuellen Sportstudio", 
wie nur selten. Erst gab es die Lotto- 
zahlen. Dann die Ergebnisse der Vie- 
rerbob-Europameisterschaften mit 
den Plätzen 14, 15 und 17 (Originalton 
ZDF: „Die lesen sich wie die Lotto* 
zahlen“) für die drei deutschen Pilo- 
ten. Und dann kam der große Auftritt 
des Luigi Colani 

Der schnauzbärtige Designer, der 
mitunter PR-trächtig sein Arbeitsfeld 
zwischen neuer Badezimmer-Kera- 
mik und extravaganten Wohnzim- 
mer-Sesseln verläßt und sich sport- 
lich betätigt - präsentierte einen 
neuen Bob, mit dem die Talfahrt der 
Deutschen gestoppt werden könne. 
Sein Bob, so Colani habe im Windka- 
nal bei Tests bis zu 45 Ivozent bessere 
Werte erhalten als die alten Schlitten. 
Der Designer erreicht das, indem er 
der Besatzung statt der bisher auf- 
rechten Sitzposition praktisch Liege- 
plätze zuweist Der Bob ist so extrem 
flach gestylt daß der Pilot unter dem 
Überrollbügel hindurch auf die Bahn 
schaut 

Allerdings: Vor Jahren gab es 
schon einmal einen Colani-Bob - 
doch der erwies sich nach ersten 
Tests als unfahrbar, verschwand 
schon bald wieder in einer Abstell- 
kammer. 

ln den Erfharungen mit Colani ist 
denn auch das Zitat begründet mit 
dem Bobverbands-Präsident Klaus 
Kotter das von einer Brauerei und 
einer Glasfabrik gesponserte Unter- 
nehmen bedachte: „Ich setze mich 
sehr wohl auf Colanis Kloschüsseln - 
aber nie in seinen Bob." 


Das besorgt für Colani („Wenn ich 
den Kotter erwische, schicke ich ihn 
in meiner Kloschüssel die Rinne run- 
ter"} der ehemalige deutsche Meister 
Alois Schnorbus. Schnorbus nach 
den ersten Tests: „Dieser Schlitten ist 
zu fahren." Und Colani selbst versi- 
cherte, die Neuentwicklung stimme 
mit den neuen Vorschriften für den 
künftigen Einheitsbob überein - die 
flTipwting s noch gar nicht endgültig 
feststehen. 


Selbst wenn jetzt dem deutschen 
Bobsport trotz aller Konfusion ein 
neuer, schneller Schlitten ins Haus 
stünde - wer soll ihn denn auch 
schnell fahren, ln St Moritz waren 
die drei deutschen Piloten Toni Fi- 
scher (14.), Lothar Schebitz (15.) und 
Franz Locher (17.) runde sechs Se- 
kunden langsamer als der erfolgrei- 
che Titelverteidiger SOvin Giobellina 
aus der Schweiz. Bundestrainer Ste- 
fan Gais reiten „Das ist eine einzige 
Enttäuschung. Unsere Piloten sind 
an einem Punkt angelangt, an dem sie 
nicht mehr wissen, wie es weitergeht. 
Die Aktiven sind zu wenig selbstkri- 
tisch, sie arbeiten zu wenig an sich 
und sind offensichtlich mit ihren Ge- 
danken nicht voll bei der Sache.“ Ein 
Jahr vor der Weltmeisterschaft im ei- 
genen Land ist die Lage trostloser 
denn je. 

Und die Ausrede mit dem überle- 
genen Material der anderen stimmt 
auch nicht mehr gang Der Schweizer 
Europameister fuhr mit einem her- 
kömmlichen Bob, und sogar die Ita- 
liener spielen inzwischen eine weit- 
aus bessere Rolle als die einstige 
Bob-Nation Nummer eins: der Südti- 
roler Alex Wolf wurde Vierter. 


Die Sonderbriefmarken „Für den Sport ’85“ wurden in Bonn vorgestellt 


Zuschlag zugunsten der Sporthilfe 
1984 waren es neun Millionen Mark 











JÖRG STRATMANN, Bonn 

Ulrike Deppe und ihr Bruder 
Berod verloren keine Zeit Unmit- 
telbar nach der Übergabe der Erst 
drucke der Sonderbriefmarken 
„Für den Sport TJ5“ durch Bun- 
despostminister Christian 
Schwarz-Schilling in Bonn ver- 
kauften die beiden Kanusportler 
schon die ersten Marken auf Erst- 
tags-Briefen und selbstentworfe- 
nen Karten. Ein Beispiel dafür, was 
Aktivensprecher Michael Becke- 
reit „den Dank der Sportler" ge- 
nannt hatte. Der Selbstverkauf der 
Marken dokumentiere, so Becke- 
reit, daß sich der Leistungssportler 
bewußt sei, was diese Aktion für 
ihn bedeute. 

Die Zuschläge der Sportmarken 
sind ein wesentlicher Beitrag im 
Rahmen der Gesamt-Finanzierung 
der Stiftung Deutsche Sporthilfe. 
Im Olympia-Jahr 1984 ergaben sie 
mit über neun Millionen Mark den 
höchsten Ertrag seit der Olympia- 
Ausgabe 1972. 

In diesem Jahr weisen die Mar- 
ken mit „graphischer Vereinfa- 
chung und intensiver Farblich- 
keit" (Minister Schwarz-Schüling) 
auf aktuelle sportliche Ereignisse 
und Jubiläen hin. Zwei Ausgaben 
„Deutsche Bundespost“ sind dem 
100jährigen Bestehen des Deut- 
schen Keglerbundes und der dies- 
jährigen Kanu-Weltmeisterschaft 
gewidmet Die Berliner Ausgaben 
zeigen die Motive Tischtennis und 
Basketball (siehe nebenstehende 
Abbildungen). 


Auch Josef Neckermann, der 
Vorsitzende der Stiftung Deutsche 
Sporthilfe, bezeichnet den Erlös 
aus den Zuschlägen als eine der 
wichtigsten Einnahmequellen der 
Sporthilfe - der Anteil betrage 40 
Prozent 


Und die Nachwuchs-Förderung 
. liegt dem engagierten Sporthüfe- 
Chef besonders am Herzen, Der 
Anteil der geförderten Nach- 
wuchs-Athleten betrage bereits 
zwei Drittel der insgesamt 2731 un- 
terstützten Sportler, er werde sich 
noch erhöhen. Neckermann: „Oh- 
ne frühzeitige Förderung und be- 
hutsame Begleitung ist Erfolg 
nicht möglich.“ Beispiele belegen 
dies: Die in jüngster Zeit in den 
Blickpunkt gerückten Hermann 
Weinbuch, Hubert Schwarz, Tho- 
mas Müller sowie Peter Angerer 
hatten in den Jahren 1979 bis 1981 
jeweils bei der Wahl der Junioren- 
Sportler des Jahres vordere Plät- 
zen belegt - die damit verbunde- 
nen Stipendien hätten sich, so 
Neckermann, „als Erfolg manife- 
stiert“. 


Zum Verkaufserfolg der Sport- 
marfrpn trugen in ripn letzten Jah- 
ren auch geförderte Sportler bei 
Dem Sieger im letztjährigen Sport- 
ler-V erkaufe- Wettbewerb, dem 

Fechter Mathias Behr, ist aller- 
dings ernsthafte Konkurrenz er- 
wachsen: Ulrike und Berod Deppe 
haben an den ersten beiden Tagen 
schon für 3000 Mark Sportmarken 
umgesetzt. 


Sport in Zahlen . . , Sport in Zahlen 


FUSSBAU 

Erste englische Dfrirfon, 27. Spiel- 
tag; Arsenal — Manchester United 0:1, 
Coventry. - -Chelsea 1:0. Ltfcester - 
Evertoä Liverpool - Stoke SfcO, 
Newcastle - Luton 1:0, Nottingham - 
Southampton 20, Queens Park - Sun- 
derland 1:0. Bromwich - Tottenham- 
teX, West Butt - Aston 1 il - Tabel- 
lenspitze: 1. Everton 59:30 Tore/55 
Punkte, 2. Tottenham 52:27/51, 3. Man- 
chester United 5031/48. 4. Liverpool 
3923/45. - „DDE" -Oberäga: Lokomo- 
tive Leipzig - Magdeburg 2:1, Bran- 
denburg-Erfurt KZ, Kari-Marx-Stadt 
- Riesa 2:0, Suhl - Jena 2:2. Dynamo 
Berlin - Chemie Leipzig 5:1, Dresden - 
Aue 3:1, Rostock - Frankfurt 1:3. - Ta- 
bellenspitze: l Dynamo Berlin 28:4, 2. 
Dresden 23:7, 3. Lok Leipzig 22:8, 4. 
Magdeburg 18:12. ' 

HOCKEY 

23. Deutsche HaDemnelstencfcaften 
der Damen. L Halbfinale: Branden- 
burg-- Frankfurt 5.-8. Bundesliga, Her- 
ren, Aufstiegsspiele, Grame- Nord: 
Braunschweig - THC Hamburg 5:8. 
Steglitz - CrefeJd 8:8, Crefeld - THC 
Hamburg 13.il, Braunschweig - Steg- 
litz 5:10. - Gruppe Süd: Hanau - Düs- 
seldorf 9:9, Ruaselsheim — Mannheim 
10:9, Düsseldorf - Mannheim 7:14. Rüs- 
selsheim - Hanau lOrlL 


EISHOCKEY 


EV Landshut 
ohne Trainer 


dpa, Landstadt 

Der Eishockey-Bundesliga-Klub 
EV Landshut hat gestern seinen 
tschechosluwakischen Trainer Jaros- 
lav Pitner beurlaubt. Die Vereinsfüh- 
rung zog damit schnelle Konsequen- 
zen aus de 5:8-Heimniederlage gegen 
den DSV Kaufbeuren im Viertelfinale 
der Meist« .vhaft, rut der die Mann- 
schaft in der auf maximal fünf Spiele 
angesetzten Play-cIf-Runde mit 1:2 
Siegen in Rückstand geriet Im vor- 
entscheidenden Spiel in Kaufbeuren 
wurde das Team um Erich Kühn- 
hackl gestern abend bereits von Toni 
Steiger betreut, einem Studienrat aus 
Landshut 


Wie ein Vorstands-Mitglied sagte, 
hätten das Verhältnis zur Mannschaft 
und die Schwierigkeit Pitners, seine 
Ideen umzusetzen, zum Bruch ge- 
führt Pitner, der von 1966 bis 1973 die 
CSSRrNationalmannschaft trainierte 
und mit ihr 1972 die Weltmeister- 
schaft gewann, war seit 1983 in 
Landshut tätig. Pitner führte den EV 
Landshut in der letzten Saison in das 
Finale um die deutsche Meister- 
schaft Gegen den Kölner EC unterlag 
Landshut erst im fünften Spiet Den 
Nachfolger kennt die Mannschaft be- 
reits. Steiger war Assistent von Pit- 
ners Vorgänger Karel Gut 


TRIATHLON / Deutscher Verband gegründet 


Immer noch auf der Suche 
nach einem klaren Profil 


ULLA HOLTBOFF, Worms 

„Unsere Hauptaufgabe wird sein, 
das Ironman-lmage des Triathlon ab- 
zubauen und ihn breitensportlich 
und in der Jugendarbeit werterzuent- 
wickeln." Der Zahnarzt Joachim Fi- 
scher wies am Samstag den Zu- 
kunftsweg der künftig einzigen Dach- 
organisation der deutschen Tri- 
athlon-Bewegung, der Deutschen Tri- 
athlon-Union (DTU). 

Nach fast einjähriger Vorbereitung 
entstand die DTU am Samstag aus 
der Fusion der beiden ehemaligen Ri- 
valen DTV (Deutscher Triathlon-Ver- 
band) und DTrB (Deutscher Tri- 
athlon-Bund). Zwei Jahre lang hatten 
die Verbände konkurriert und dabei 
„der Entwicklung des Triathlon- 
Sports in Deutschland mehr gescha- 
det als genutzt“, erklärte der ehemali- 
ge DTV-Prasident Fischer, der bei 
der Gründungsversammlung in 
Worms von etwa 80 anwesenden Mit- 
gliedern der beiden früheren Verbän- 
de zum ersten Präsidenten der DTU 
gewählt wurde. Neben der Entwick- 
lung des Triathlons zum Volkssport 
ist das Hauptziel der DTU die Auf- 
nahme in den Deutschen Sportbund. 

Daneben wird durch die Gründung 
des neuen Verbandes, in dem neun 
Landesverbände und zahlreiche Ein- 


zelnütglieder organisiert sind, die Ori- 
entierung in der bislang eher unüber- 
sichtlichen Triathlon-Bewegung er- 
leichtert In einer detaillierten Sport- 
ordnung wird außerdem der Ausdau- 
ersport Triathlon genau definiert 
Veranstaltungskriterien, Streckenre- 
lationen und -längen sowie Qualifika- 
tionskriterien für Meisterschaften 
sind darin festgelegt 


„Es ist einfach unmöglich, wenn 
einige Leute bei einer deutschen Mei- 
sterschaft ihren ersten Triathlon 
überhaupt bestreiten, wie das noch 
im vergangenen Jahr der Fall war", 
fürchtet der für die Sportordnung 
verantwortliche Gemot Braun um 
das Ansehen „seines“ Sports, der im- 
mer noch auf der Suche nach einem 
klaren Profil ist In jedem Fall aber 
zeichnet er sich durch Vielseitigkeit 
aus, wie die sportliche Vergangenheit 
der Präsidiumsmitglieder beweist 
Präsident Fischer (44) ist begeisterter 
Marathon- und Skilangläufer, Vize- 
präsident Günther Kissler (48) war 
schön Präsident der deutschen Be- 
rufsradfahrer und Veranstalter von 
Boxkämpfen, Vizepräsident German 
Altenried (47) war Handballspieler 
und Mittpls tn pkpkpnlä ufer und Gene- 
ralsekretär Detlef Kühnei (40) fuhr 
zuletzt die Rallye Paris-Dakar. 


GEWICHTHEBEN 


Gold nicht 
in Gefahr 


DW. Langen 
„Wie bei Edwin Moses wird auch 
bei Olympiasieger Kari-Heinz Rad- 
schinsky etwas hängenbleiben“, sag- 
te Hessens Gewichtheber-Vorsitzen- 
der Otto Schumann aus Erzhausen, 
Sprecher beim Bundesliga-Spitzen- 
kampf KSV Langen gegen AC Heros 
Berlin, den Langen mit 865,1:707,2 für 
sich entschied. 


Karl-Heinz Radschinsky, für Lan- 
gen am Start, mochte sich selbst zu 
den Vorwürfen nicht äußern, er habe 
mit der Aufbewahrung verbotener 
Anabolika gegen das Arzneimittel- 
Gesetz verstoßen. 

F.in Sn nderknmmand n der Krimi- 
nalpolizei Nürnberg hatte am Ascher- 
mittwoch in Radschinskys Haus und 
Bodybuilding-Studio Kraftpiüen, 
Ampullen mit Anabolika sowie Sprit- 
zen gefunden. 

Walther Troger, Generalsekretär 
des Nationalen Olympischen Komi- 
tees, dementierte mittlerweile, daß 
Radschinskys Goldmedaille von Los 
Angeles damit in Gefahr sei Rad- 
schinsky habe nach seinem Olympia- 
sieg einen Doping-Test machen müs- 
sen, der negativ verlaufen sei Das 
Internationale Olympische Komitee 
könne Radschinsky die Medaille also 
auch nicht wegnehmen, sagte Troger. 


MOTORSPORT 


Peugeot 
wieder vorne 


sid/dpa, Bad Harzburg 

Nach zwei deutlichen Siegen in der 
Rallye-Weltmeisterschaft ist Peugeot 
auch in Deutschland nicht zu schla- 
gen. Mit dem 360 PS starken 205 Tur- 
bo gewannen der Schwede Kalle 
Grundel und sein Solinger Beifahrer 
Peter Diekmann die Winter-Rallye 
der Deutschen Meisterschaft mit 
Start und Ziel In Bad Harzburg. 

Der Vizemeister von 1983 hatte 
nach 25 Sonderprüfungen und 920 Ki- 
lometern fast 15 Minuten Vorsprung 
auf die Zweitplazierten, den Österrei- 
cher Sepp Haider und seinen Beifah- 
rer Klaus Hesse aus Kitzingen auf 
einem Citroen Visa. 

Jim Anfang ließ ich es noch lang- 
sam angehen, um mich an den stärke- 
ren Wagen zu gewöhnen“, sagte der 
36 Jahre alte Grundel nach seinem 
ersten Einsatz für Peugeot Bereits in 
der dritten Sonderprüfung hatte er 
jedoch die Spitze übernommen und 
sie bis ins Ziel nicht mehr abgegeben. 
Der anfangs führende Belgier Marc 
Duez schied mit dem Audi Quattro 
von Titelverteidiger Harald Demuth 
wegen eines Turbolader-Schadens 
aus. 

Platz drei belegten der Kieler Rolf 
Petersen und Andre Bockeimann aus 
Hamburg mit ihrem Opel Manta 


LEICHTATHLETIK 
Hocksprung-Meeting, Herren in 
Berlin: L Sjöberg (Schweden) 2,38 m 
(Hallen-W eltbesUeMung), 2. MÖgen- 
burg 2^2, 3. Thränhardt (beide 
Deutschland) 2^30, 4. Annys (Belgien) 
2,27, 5. Nagel (Deutschland) 2^7, 6. EH- 
czysko (Polen) 2,27. - Deutsche Croas- 
Meisteiscfaaften ln Rhede. Männer. 
Langstrecke (9950 zn): L Kerle (Waki- 
kraiburg) 29/27,4 Mül, 2. Scheytt (Sin- 
dafflng cn) 30:04,2, 3. Salzmann (Frank-, . 
fort) 30:07,0, 4. Stephan (Koblenz) 
MUHLS, 5. Spöttel (Verden) 30:09,7. - 
Mannschaft: 1. Waidkralburg 18 Punk- 
te, 2. Frankfurt 37. - Mittelstrecke 
(2800 m): L Becker (Wolfsburg) 7:38.7, 
2. Welzel (Menden) 7:39,4, 3. Schreiber 
(Wolfsburg) 7:40,0, 4. Seck (Gelnhau- 
sen) 7:43,5, 5. Nothacker (Calw) 7:44,2. - 
Mannschaft: L Wolfsburg 10, 2. Mün- 
ster 6L - FTmuen: Langstrecke (7550 
m): 1. Teske (Dannstadt) 25:26,2, 2. 
Schmidt (Aschaffenburg) 28:13,1, 3. 
Riermeier (Waldkraiburg) 28:20,1, 4. 
Jamrozy (Eutin) 26:21,1, 5. Mai (Dort- 
mund) 26:28^. - Mannschaft: L Dort- 
mund 37, 2. Berlin 72. - Mittelstrecke 
(2800 m): t Finke (Göttingen) 8:46.3, 2. 
Kraus (Köln) 8:51, L 3. Franzis (Sons- 
beck) 8:59.9, 4. Beck (Konstanz) 9:04^, 
5. Deselaers (Leverkusen) 907,6. - 
Mannschaft: L Leverkusen 28, 2. Köln 
29. -Junioren, Langstrecke (7550 m): 1. 
Schwarz (Leverkusen) 23:19,3, Mül, 2. 
Verdick (Hamburg) 23:21,4, 3. Hardy 
(Koblenz) 23:21 fi. - Mittelstrecke (2800 
m): I. von Rntninhneh (Kornwestheün) 
7-J0.L2. Klein (Zweibrücken) 7:52A 3- 
Brand (Wattenscheid) 7:55,2. - Mann- 
schaft: L Stuttgart 49. 2. Dannstadt Sa. 
-Juniorinnen (2880 m): L Kunkel (Wol- 
fenbüttel) 8:49,3, 2. Borgschulte (Er- 
kenschwick) *£55,5, 3. Sander (Düs- 
seldorf) 8:59,3. - Mannschaft: L. Hanau 
21, 2. Ockenhausen 35. 


HANDBALL 

Bundesliga, Männer, 15. Spieltag: 
Lemgo - Reinickendorf 21:19, GroB- 
wallstadt - Düsseldorf 13:13. Gum- 
mersbach - Weiche -Hand e witt 26:18, 
Kiel - Dankersen 20:13. Essen - Berg- 
kamen 20:15. - Frauen, Gruppe Nora, 
15: Spieltag: Eübeck - Hannover 22:19, 
Uerdingen - Herzhorn 18:16, Olden- 
burg - Leverkusen 17:17, Engelskir- 
chen - Jarplund-Weding 21:22. - 
Gruppe Süd, 14. Spieltag: Würzburg - 
Gießen 20:20. Malsch- Frankfurt 13:19. 
Auerbach - Sindelfingen 13:12, Guts 
Muths Berlin - Humboldt Berlin 14:15. 

TISCHTENNIS 

BoudeaRga, Damen, 13. 


Spieltag: 


Donauwörth - Kaiserberg 9:1, Kleve - 
Saarbrücken 4:9, Kiel - Ahlem 9:6. 


BIATHLON 

Deutsche Meisterschaften in Zwie- 
sel, 10 km Emzehwettbewerb: L Ange- 
rer (Hammer) 29:04,1 Mln_/1 Handicap- 
runde, 2. Fischer (Ruh polding) 
29:32^/1, 3. Schüller (Österreich) 
3030,0/1, 4. Fischer (Ruhpoldlng) 
30:31.1/1. 5. Hüttner (Bad Tölz) 
30:35,4/0. 6. Hörl (Österreich) 30:43^/1. 

SKI ALPIN 

Deutsche Meisterschaften in Gar- 
misch-Partenkirchen, Herren, Riesen- 
slalom: L Stuffer (Samerberg) 2:16,57 
Min., 2. Namberger (Ruhpoldlng) 
2:17,09, 3. Schick (Berchtesgaden) 
2:18,77, 4. EQrt (Neustadt) 2:19,56, 6. F. 
Beck (Gunzesried) 2:20,72, 7. Burger 
(Rettenbez-g) 2L2L50, 8. Pistor (Weißen- 
brunn) 2:21,73, 9. Marxer (Liechten- 
stein) 2^1,81, KLM. Beck (Gunzesried) 
2:22,79. - Damen, Slalom: L Epple- 
Beck (Seeg) 87,69, 2. Ha eher (Schle- 
ching) 884*), 3. Lazak (Eschenlohe) 
89,04, 4. Ge r sch (Sonthofen) 89,80, 
Hoffmann (Heufekl) 89,80, 6. Haltmayr 
(Bolst erlang) 90,43, 7. Möse nte chne r 
(Inzell) 90,71, 8. Drexl (Bayrischzell) 
91.42. 

SKI NORDISCH 

Skifliegen in Harracfaov. 1. Fidje- 
stoel (Norwegen) 368£, 2. Tepes (Jugo- 
slawien) 362,0, 3. Parma (CSSR) 345,0, 
Pedersen (Norwegen) 345,0. Fijas (Po- 
len) 345,0, & Pustka (CSSR) 344A 7. 


VOLLEYBALL 

DW-Fokal, Herren. 1: Hauptrunde: 
Leverkusen - München 3:1, Paderborn 
- Berlin 3:0. - Bundesliga, Damen: 
Münster - Augsburg 2:3, Rüsselsheim - 
Langenhorn 3:2, Stuttgart - Oythe 2:3, 
Vilsbiburg - Feuerbach 1:3, Schwerte - 
Lohhof 03. 

RAUTE 

Winter-Rallye mit Start und Ziel in 
Bad Harzburg, erster von zehn Laufen 
zur deutschen Meisterschaft, 920 km. 
25 Sonderprüfungen, inoffizieller End- 
stand: 1. Grundel/ Diekmann (Schwe- 
den/Deutschland) Peugeot 205 Turbo 
2:47:19 Std., 2. Haider/Hesse (Oster- 
reich/Deutschland) Citroen Visa Milles 
Pistes 3:02:08 Std., 3. Peterson/- 
Bo ckelmann (Deutschland) Opel Man- 
ta 400 3:04,37, 4. Nies/Siems (Deutsch- 
land) Audi Quattro 3:05:32. 5. 

Brauer/Haase (Deutschland) VW Golf 
GTT 3:07:05, 6. ' Brusch/Schaüer 

(Deutschland) Ford Sierra XR4L - 
DH-Stand nach dem ersten Laut L 
Grundel 30 Punkte, 2. Haider 28. 3. 
Petersen. Brauer je 24, 5. Brusch 23. 

REITEN 

Interatfonales Ballen-Turnier in 

sTOertogenbosch/HoIla nd , S-Springen: 
1. Rüping (Deutschland) auf Caletto 0 
Fehler/24,82 Sek., 2. Cuyer (Frank- 
reich) Farceur du Clos 0/26,58, 3. Whit- 
aker (England) Blue Moon 0/28,71. 4. 
McVean (Australien) Hello le Val 
0/27,14, 5. Pyiah (England) Diamond 
Seeker 0/37.84, 6. Ligges auf Ramses 
0/29,45, . . j). Koof (beide Deutschland) 
Wallenstein 8/27,18. - Ausscheidungs- 
Springen: L Melliger (Schweiz) The 
Crack, 2. Pyrah airf Byron, 3. van der 
Vleuten (Holland) Expo Holland. 

GEWICHTHEBEN 

BandesUga. vierter Wettkampftag. 
Gruppe Nord: 1. Langen - Beruh 
885,1:707,2, Duisburg - Dortmund 
664,(k572i0, Wuppertal - Soest 
774,0:772. L - Tabellenspitze: 1. Langen 
8d)/2434,6, 2. Wolfsburg 6.-O/2283.0. 3. 
Wuppertal 4:2/2102^3. 4. Berlin 

4:4/2859.4. - Gruppe Süd: Roding- Do- 
naueschingen 670.3:657,5. Tabel- 
lenspitze: L Mutterstadt 6:0/2447,2. 2. 
Kindsbach 4^/1379,7, 3. Ehrang 

2:2/1242.2. 4. Altrip 2:4/1972.0. 

GEWINNZAHLEN 

Lotto: 5, 14, 23, 29. 32. 33. Zusatzzahl: 
3L- Spiel 77:8 089 019. (Ohne Ge- 
währ). . 




Saab-Fahrer gehören zu den anspruchsvollsten Autofahrern, 
die es gibt. Nicht zuletzt deshalb haben sie sich für ein Fahr- 
zeug entschieden, bei dem auch unkonventionelle technische Konzepte konsequent ver- 
wirklicht wurden. Jetzt erwarten Sie von Saab zu Recht, daß auch bei der Reduzierung der 
Schadstoffemissionen in den Autoabgasen der technisch bestmögliche Weg verfolgt wird. 
Ohne jeden Kompromiß. Alle von uns in Deutschland angebotenen Katalysator-Modelle 
werden deshalb mit Drei weg-Katalysator und Lambda-Sonde ausgerüstet. 
Ein technisch hochentwickeltes System, das von Saab für deutsche Verkehrs- 
verhältnisse hochgeschwindigkeitsjest wciterentivickelt umrde. Hochge- 
schwindigkeitstests auf der süditalienischen Prüf- 
strecke von Nardo wurden erfolg- 
reich abgeschlossen. Das System 


Was der Saab-Fahrer jetzt 
erwartet, ist alles andere als ein 
fauler Kompromiß. 



aus Dreiweg-Katalysator in 
Verbindung mit der Lambda- 
Sonde hat sich bereits seit 
über einem Jahrzehnt in den 


' USA in der Praxis bewährt. Es bietet 


die heute größtmögliche Reduzierung der Abgasschadstoffe 
und wird damit den äußerst strengen US-Grenzwerten gerecht 
Und damit auch den hier geltenden gesetzlichen Vorschriften genügen. Mit einem Saab 
werden Sie also nicht nur den Problemen der Umweltbelastung voll gerecht, sondern Sie 
können auch das erwarten, was Sie schon immer von Saab erwartet haben: ein zukunftssiche- 
res Automobil mit einer ausgereiften Technik. Der Saab 900 turbo 16 mit Katalysator ist das 
erste Katalysator-Fahrzeug mit einem 16-Ventil-Turbomotor. Das 
von Saab entwickelte APC-System erlaubt dem Motor, 
mit Kraftstoffen unterschiedlicher Oktan- 
werte (91 bis 98 ROZ) zu arbeiten. Das 
heißt, das Fahrzeug kann sowohl 
mit unverbleitem Normal- als 
auch mit unverbleitem Super- 
benzin betrieben werden. 

Außerdem wird durch das 
APC-System die im Kraftstoff enthaltene 
Energie stets optimal ausgeschöpft:. 



Wiegele (Österreich) 331,5, 8. Decker 
(.DDR“) 329,0, Brauten (Norwegen) 
328,6, . 10. Zager (Jugoslawien) 328,9, 
...13. Wegscheider (Deutschland) 
31*5. 

BOB 

Viererbob- EM in St. Moritz. End- 
stand nach, vier Läufen: _L Schweiz I 
(Giobe&na, Stettier, Salzmann. Frei- 
em) uth) 4:23.13 Min, 2.. DDR* 1 4:23.78. 
a Schweiz H 4Ü4JH. 4. Italien 1 4:2437, 
&■ Österreich l 4:24.54. 6.. „DDR“ U 
4:24,89, ...14: Deutschland Z (Fischer. 
Wei U, Nießner, Leibig) 4:29,02, 15. 
Deutschland n 4:29.22, ... 17. Deutsch- 
land ttt 4:29,46: 

BASKETBALL ■ 

Hristenctafannde, Damen. 5. 
Spieltag: Köln - Düsseldorf 52.*93. 
Otterfeld - Manchen- 73: 60. - Abstieg - 
runde: Frankfurt - Porz/ Hennef 7£fll. 


-Herren, Zwischenrunde, 6. Spieltag, 
Gruppe A: Hagen - Osnabrück 60^4. 


Leverkusen - Köln 77:63. - Gruppe B: 
Charlottenburg - Bamberg 90:73, Gie- 
ßen - Göttmgen- 74:87. 

-EISHOCKEY 

■ Flay-aff-Bnade, Viertelfinale: Ro- 
senbeixn - Iserlohn 10:5, Köln - Düssel- 
dorf 5:4 nach Verlängerung, Mannheim 
- Schwenningen 3:2, Landshut - Kauf- 
beuren 5Ä 




t i L 


n 



WIR VERMITTELN IHNEN GERN EINE PROBEFAHRT BEI EINEM SAAB-HÄNDLER IN IHRER NÄHE. SAAB DEUTSCHLAND GMBH. BERNER STRASSE 89. 6000 FRANKFURT/M. 56, TEL.: (069) 5006-1. 



Kraft und Verstand. 










Montag, 25. Februar 1985 - Nr. 47 - DIE WELT 


WELT® REPORT 


15 


Factoring 


Anerkannter 

Factor 

KHS. - Jahrelang galt das Facto- 
ring hierzulande als kaum annä- 
hernd so hoffähig wie Leasing. Erst 
später, trugen hohe FÜnneninsol- 
venzquoten sowie eine nachlassen- 
de Zahlungsmoral zur Belebung der 
Nachfrage am deutschen Factoring- 
markt bei Heute werden die Dien- 
ste diese: Spezialinstitute vom Kre- 
ditgeweihe als sinnvolle Ergänzung 
der eigenen traditionellen Ange- 
botspalette akzeptiert Sogar in eher 
konservativ orientierten Kreditin- 
stituten zeigt man sich mittlerweile 

geneigt, das Factoringgeschäft als 
eine grundsolide Form der Kredit- 
mittelfinanzierung, die vor aWem 
der mittelstandfschen Wirtschaft 
zugute kommt, zu charakterisieren. 
Überdies sind immer mehr Großbe- 
triebe dabei, sich für diese besonde- 
re Form der Absicherung bestimm- 
ter finanzieller Risiken zu interes- 
sieren. 

-In den letzten Jahren konnten 
deutsche Factoringinstitute zwei- 
stellige Zuwachsraten ihres Um- 
satzvolumens erreichen. Und der 
Blick über die Grenzen der Bundes- 
republik Deutschland hinaus zeigt, 
daß die Nachfrage nicht nur auf den 
Markten der f ührend en europäi- 


schen und überseeischen Industrie- 
staaten steigt Vormals weniger ent- 
wickelte Schwellenländer wie Süd- 
korea oder Taiwan greifen verstärkt 
in den Welthandel ein, wobei ihnpn 
die Vorteile des arbeitsteiligen Zu- 
sammenwirkens der auf ständige 
Verbesserung lind Erweiterung ih- 
rer Angebotspalette bedachten Kre- 
ditinstitute zugute frommen So er- 
klärt sich der seit Jahren beobach- 
tete Aufwärtstrend am Weltfacto- 
ringmaikt Bald haben die weltweit 
operierenden 250 Factoringinstitute 
ein Uznsatzvolumen von 200 Milliar- 
den Mark erreicht 

Bis dahin kommen die Factoring- 
institute, unbeschadet aller domen- 
reichen Umwege, die auch hierzu. 
lande in Kauf genommen werden 
mußten, auch auf dem deutschen 
Markt voran. Unwissenheit, Vorur- 
teile, elitärer Dünkel und provin- 
zielle Enge waren insbesondere in 
den ersten Pionieijahren ungebete- 
ne Begleiter. Auch der Gesetzgeber 
darf sich von der Verpflichtung, 
Lernprozesse durchzumachen im 
Blick auf eine sich rasch verändern- 
de wirtschaftliche Wirklichkeit die 
sich im praktischen Factoringge- 
schäft widerspiegelt nicht befreien. 
Das längst überholte Abtretungs- 
verbot des BGB, das die weitere 
Ausbreitung des Factoringge- 
schäfts in der Bundesrepublik 
Deutschland verhindert ist mittler- 
weile 85 Jahre alt 


DIENSTLEISTUNGS- ANGEBOT 

Eine Alternative zur 
klassischen Geldbeschaffung 

gp des A bnehmer s; sie werden an den 
Kunden in voller Höhe ausgekehrt 
sobald die Forderung vom Abnehmer 
ungekürzt reguliert worden ist 
Tm Gegenatz zum Bankkredit der 
immer, nur im Rahmen einer verein- 
barten Linie in Anspruch genommen 
werden frann, kennt Factoring keine 
starren Grenzen. Steigt der Umsatz 
und damit das Forderungsaufkom- 
men, wächst die Liquiditätsversor- 
gung im entsprechenden Umfang 
mit Frra» Begrenzung des Liquidi- 
tätsflusses ist lediglich dadurch gege- 
ben, daß sich die Bonität der Abneh- 
mer natürlich irgendwo erschöpft 
und der Factor keine unbegrenzten 
Debitorenrisiken eingeben kann. 

Während Kreditverträge mit Ban- 
ken üblicherweise zunächst auf sechs 
bis zwölf Monate abgeschlossen wer- 
den, enthalten Fadoring-Verträge in 
der Regel eine Grundlaufreit von 
zwei bis drei Jahren, die sich dann 
automatisch verlängert wenn keiner 
der Vertragspartner eine Beendigung 
der Zusammenarbeit begehrt Der 
Grund für die längere Laufzeit der 
Factoring-Verträge liegt in den hohen 
Anlaufkosten, die sich erst während 
einer größeren Zeitspanne amortisie- 
ren. Außerdem gibt sie dem Kunden 
größere Sicherheit 
Vom Zeitpunkt des Ankaufs bis 
zur Bez a hl un g durch den Debitor 
zahlt der Kunde an den Factor einen 
Diskont in Höhe banküblicher Zin- 
sen, der mo n atlich nachträglich bela- 
stet wird. Daneben berechnet der 


einzuordnen. Im Gegen- 
satz zum Bankkredit entsteht also 
zwischen dem Kunden und dem Fac- 
tor kein Kreditverhältnis. Vielmehr 
vollzieht sich ein Gläubigerwechsel, 
mit der Folge, daß die Forderungen 
aus dem Vermögen des Factoring- 
Kunden ausseheiden. Gleichzeitig ge- 
hen die Ansprüche der V orlieferanten 
aus verlängertem Eigentumsvorbe- 
hah unter. Hierin liegt ein gravieren- 
der Unterschied zum Zessionskredit 
der im Gegensatz dazu mit dem er- 
heblichen Risiko des verlängerten Ei- 
gentumsvorbehalts behaftet ist Der 
Factoring-Kunde haftet dem Factor 
lediglich für den Bestand der Forde- 
rungen; in seiner Verantwortung blei- 
ben somit Reklamationen, Retouren 
sowie Forderungsabzüge des Abneh- 
mers. 

Mit dem Ankauf der Forderungen 
übernimmt der Factor im Rahmen 
der vorher festgelegten Debitorenli- 
mits zugleich in voller Höhe das Del- 
kredererisiko. 120 Tage nach Fällig- 
keit einer notleidenden Forderung 
geht dann automatisch auch das Zins- 
risiko auf den Factor üben Die Forde- 
rung verursacht dem Factoring-Kun- 
den keinerlei Aufwand mehr. Der 
Factoring-Kunde braucht die Zah- 
lungsunfähigkeit seines Abnehmers 
zudem nicht nachzuweisen. Den Ge- 
genwert für die Forderung hat er be- 
reits mit Ankauf durch den Factor 
erhalten, so daß es allein Sache des 
Factors ist, wie er zu seinem Geld 



Manhattan-SOd - was hier geschieht« wirkt sich auf Europas Geschäfte aus foto ferdi hartung 

ABTRETUNGSVERBOT / Ein alter Paragraph stellt die Factoring-Branche vor Probleme 


Kritik an der gängigen Rechtsprechung 


kommt. 

Der Factor überwacht ferner den 
Zahlungseingang, mahnt und be- 
treibt den zwangsweisen Einzug not- 
leidender Forderungen, auch hin- 
sichtlich jener Forderungen, die er 
nur zum Inkasso hereingenommen 
hat Der Kunde erhält vom Factor 
soviel Infonnationsmaterial, daß er 
auf eine eigene Debitorenbuchhal- 
tung verzichten kann. 

Da der Factor die Forderungen von 
seinem Kunden frei von etwaigen An- 
sprüchen der Vorlieferanten aus ver- 
längertem Eigentumsvorbehalt er- 
wirbt, kann er innerhalb des vorher 
eingeräumten Debitorenlimits gegen 
Vortage einer Rechriungskopie sofort 
80 bis 90 Prozent des Forderungsbe- 
trages an seinen Kunden auszahlen. 
Die restlichen zehn bis 20 Prozent 
werden zunächst einem Sperrkonto 
gutgeschrieben und dienen in erster 
Linie -als Sicherheit für etwaige Abzü- 


Factor eine Gebühr, die für die Debi- 
torenverwaltung inklusive Inkasso 
und Rechtsverfolgung sowie für die 
Übernahme des Delkredererisikos er- 
hoben wird. Diese Gebühr »rechnet 
sich zum einen im wesenltichen aus 
Stückkosten, insbesondere für die zu 
bearbeitenden Rechnungen, und zum 
anderen aus der Risikoprämie für die 
Ausfallbaftung, die die Bonität der 
Abnehmer und der Branche berück- 
sichtigt Außerdem werden für die 
Debitorenüberwachung Gebühren 
unterschiedlicher Höhe berechnet . 

Den Kosten sind die Vorteile, die 
mit dem Factoring verbunden sind, 
gegenüberzustellen. Erst dieser Ver- 
gleich zeigt ob Factoring einen zu- 
sätzlichen Aufwand erzeugt, der dann 
als Preis für die hinzugewonnene Li- 
quidität zu werten wäre, oder ob 
nicht sogar ein Rentabilitätszuwachs 
erreicht wird, was häufig der Fa ll ist 
FRIEDRICH W. HOCHE 


D ie raschere Ausbreitung des Fac- 
toring-Geschäfts wird immer 
noch gehindert durch eine Bestim- 
mung des Bürgerlichen Gesetzbu- 
ches (Paragraph 399), deren Auswir- 
kungen von den Vätern des BGB si- 
cher nicht so gesehen worden sind, 
wie sie sich heute zeigen. Nach dieser 
Bestimmung kann die Abtretung von 
Forderungen durch Vertrag zwischen 
Gläubiger und Schuldner ausge- 
schlossen weiden. Dieser Vertrag 
kommt heute bei möglichst weitge- 
hend . standardisierten Verträgen 
durch die Zugrundelegung allgemei- 
ner Geschäftsbedingungen als Inhalt 
von Lieferverträgen zustande. In der 
Praxis setzt der Käufer - also der 
Schuldner eines Zahlungsanspruches 
- durch, daß für den Liefervertrag nur 
seine Allgemeinen Einkaufsbedin- 
gungen gelten. In diesen ist bei mehr 
als 2000 großen Firmen eine Bedin- 
gung enthalten, die etwa lautet Ge- 
gen uns gerichtete Forderungen kön- 
nen nicht abgetreten werden. 

Diese Klausel wird durch die Zu- 
grundelegung der Eiiüraufsbedingun- 
gen Inhalt des Liefervertrages, be- 
wirkt, daß es dem Gläubiger des Zah- 
lungsanspruches verboten ist, diesen 
abzutreten. Betätigt sich dieser Gläu- 
biger als Lieferant in einer Branche, 
in der sich derartige Einkaufsbedin- 
gungen durchgesetzt haben - wie 
zum Beispiel in der Automobilbran- 
che, der chemischen Industrie, der 
Mineralölindustrie oder den Kauf- 
bausketten so unterliegen seine ge- 
samten Außenstände diesem Abtre- 
tungsverbot Die Folge ist, daß dieses 
Unternehmen einen wichtigen Teü 
seines Vermögens zur Besicherung 
einer Fremdfinanzierung nicht heran- 
ziehen kann. 

Die rechtliche Folge dieses Abtre- 
tungsverbots ist es nämlich, daß eine 
entgegen dem Verbot vorgenommene 
Abtretung absolut unwirksam ist, das 
heißt daß diese Forderung trotz Ab- 
tretung nicht aus dem Vermögen des 
Lieferanten ausscheidet also dort 
von Gläubigem gepfändet werden 
kann oder im Falle des Konkurses zur 
Konkursmasse gehört Solche Forde- 
rungen eignen sich deshalb nicht als 
Ftnanzierungsinstrument und schei- 
den als Möglichkeit zur Besicherung 
von Bankkrediten, Lieferantenkredi- 
ten, aber auch für die Finanzierung 
durch Factoring aus. 

An diese Problematik hat der Ge- 
setzgeber im Jahre 1900 nicht ge- 
dacht Damals galt es ja schon als 


nicht ganz fein, Grundstücke zu Fi- 
nanzierungszwecken zu belasten. 
Viele Jahre hat es dann gedauert bis 
sich die Rechtsprechung dazu durch- 
rang, die Sicherungsübereignung von 
Waren als wirtschaftlich sinnvoll und 
notwendig anzuerkennen und damit 
einer Institution ihren Segen zu ge- 
ben, die im Bürgerlichen Gesetzbuch 
nicht vorgesehen war. Auch hier ent- 
sprang der innere Widerstand gegen 
die Anerkennung der Sicherungs- 
übereignung der Meinung, daß auch 
dieses Instrument der Fremdfinanzie- 
rung eine unfeine Art der Geldbe- 
schaffung sei 

Die Wirtschaft hat sich langst über 
diese Bedenken hinweggesetzt Die 
Sicherungsübereignung ist ein in der 
Praxis bewährtes, alltägliches 
Flmdfinanzierungsinstrument ge- 
worden. Die Notwendigkeit immer 
weitere Aktivposten der Bilanz zu 
Fremdfinanzierungszwecken heran- 
zuziehen, ergibt sich aus den ständig 
sinkenden Eigenkapitalquoten. Be- 
sonders das letzte Jahrzehnt hat er- 
neut ein weiteres Absinken der Ei- 
genkapitalquote auf unter 20 Prozent 
im Durchschnitt gebracht 

Die notwendige Folge ist daß seit 
vielen Jahren zunehmend auch die 
Forderungen zu Fremdfinanzierungs- 
zwecken herangezogen werden müs- 
sen. Diese Zwangsläufigkeit auf der 
einen Seite überschneidet sich mit 
der Zweckmäßigkeit einer Facto- 
ring-Finanzierung auf der anderen 
Seite, die neben der Finanzierung 
auch den Schutz vor Forderungsaus- 
fällen sicherstellt und zudem eine 
Entlastung in der Buchhaltung des 
Factoring-Kunden mit sich bringt 

Relative Unwirksamkeit 

Trotzdem stößt auch das Factoring 
auf das Abtretungsverbot als ein un- 
überwindlich erscheinendes Hinder- 
nis. Der Factor kauft die Forderun- 
gen, zur Erfüllung des Kaufvertrages 
tritt der Lieferant seine Forderungen 
aus Warenlieferungen an den Factor 
ab. Verstößt diese Abtretung aber ge- 
gen ein vom Schuldner durchgesetz- 
tes Abtretungsverbot, kann auch der 
Factor die Forderung nicht wirksam 
erwerben, obwohl er den vollen Ge- 
genwert an den Lieferanten bereits 
gezahlt hat Er wird nicht Inhaber der 
Forderung, sie kann bei seinem Kun- 
den gepfändet werden, fällt, wenn 
dieser in Konkurs gerät in dessen 
Konkursmasse und kann schließlich 


vom Konkursverwalter eingezogen 
werden, obwohl der den vom Factor 
gezahlten Betrag in der Blasse gerade 
noch vorfindet 

So jede nfalls die bisherige Recht- 
sprechung. Zunehmend wird jedoch 
Kritik laut an dieser Rechtsprechung, 
die zu dieser wirtschaftlich nicht 
sachgerechten Lösung führt Einer 
sachgerechten Lösung steht vor al- 
lem die Rechtsprechung des Bundes- 
gerichtshofs entgegen, die Anfan g 
der 60er Jahre entschieden hat Eine 
Abtretung, die gegen ein Abtretungs- 
verbot verstößt, ist absolut unwirk- 
sam. Das Reichsgericht hatte sich 
nicht so deutlich ausgesprochen und 
eine Möglichkeit oftengelassen, die 
zunehmend auch wieder in der neue- 
ren Literatur vertreten wird: Eine Ab- 
tretung, die sich über ein Abtretungs- 
verbot hinwegsetzt, ist nur relativ un- 
wirksam. 

Diese relative Unwirksamkeit des 
Abtretungsverbots läuft darauf hin- 
aus, daß eine Abtretung trotz Abtre- 
tungsverbots nur dem Schuldner, der 
dieses Abtretungsverbot ausgespro- 
chen hat, gegenüber unwirksam ist 
Dritten gegenüber aber nicht Die 
Folge wäre, daß das Interesse des Ab- 
nehmers, es nur mit dem Lieferanten 
zu tun zu haben, gewahrt ist Gerade 
das will er mit dem Abtretungsverbot 
erreichen. Er will sich bezüglich der 
Forderung nicht mit anderen Gläubi- 
gern auseinandersetzen müssen, er 
will an den Lieferanten zahlen, auf- 
rechnen und mit diesem auch die 
Mängel rii g yn a u «han deln ' können. 
Gleichzeitig ist mit dieser Relativität 
des Abtretungsverbots aber auch das 
Interesse der finanzierenden Gläubi- 
ger gewahrt 

Allen Dritten gegenüber ist die Ab- 
tretung nämlich wirksam. Deshalb 
kann ein Gläubiger diese Forderung 
nicht beim Lieferanten pfänden, sie 
fällt auch nicht in die Konkursmasse, 
wenn der Lieferant in Konkurs gerät 
Es bleibt deshalb zu hoffen, daß die 
Rechtsprechung des Bundesgerichts- 
hofs angesichts einer immer mehr 
steigenden Notwendigkeit der Heran- 
ziehung von Forderungen zur Fremd- 
Bilanzi erung einerseits und der über 
alle Erwartungen zunehmenden Aus- 
wirkungen des Abtretungsverbots 
andererseits sich dem Wandel, der in 
den letzten 20 Jahren in der Wirt- 
schaft stattgefunden hat, nicht ver- 
schließt 

Es werden auch Stimmen laut die 
viel weiter gehen, als das Abtretungs- 


verbot nur als relativ unwirksam zu 
bezeichnen. Sie meinen, das Abtre- 
tungsverbot sei absolut unwirksam. 
Diese Meinung wird vor allem auf das 
erst nach den Urteilen des BGH zum 
Abtretungsverbot in Kraft getretenen 
Gesetz über die allgemeinen Ge- 
schäftsbedingungen gestützt 

Das AGB-Gesetz schreibt in Para- 
graph 9 nämlich vor, daß ein Verwen- 
der von allgemeinen Geschäftsbedin- 
gungen bei der Abfassung von allge- 
meinen Geschäftsbedingungen, also 
auch nur den Einkaufsbedingungen, 
nicht nur sein eigenes Interesse, son- 
dern auch das Interesse seines Ge- 
schäftspartners ausgewogen zu be- 
rücksichtigen hat Das Interesse des 
Verwenders von Einkaufsbedingun- 
gen, der ein Abtretungsverbot statu- 
iert, liegt darin, stets nur mit seinem 
Lieferanten verhandeln zu müssen 
und außerdem sich nicht der Gefahr 
einer Doppelzahlung aussetzen zu 
müssen, wenn er eine ihm angezeigte 
Abtretung übersehen sollte. 

Gefahren aufgezeigt 

Dieses letztere Argument ist jedoch 
lediglich ein Bequemlichkeitsargu- 
ment Es wird ja wohl großen Finnen 
möglich sein, auch eine schon ange- 
wiesene Zahlung zu stoppen, wenn 
ein anderer als der bisherige Gläubi- 
ger Zahlung für sich verfangt Diesem 
Interesse des Abnehmers ist das In- 
teresse des Lieferanten gegenüberzu- 
stellen, das er daran hat seine Forde- 
rungen zu Fremdfinanzierungszwek- 
ken heranziehen zu können. Dieses 
Interesse dürfte oft von lebenswichti- 
ger Bedeutung sein. Es ist also gut 
möglich, daß künftig die Rechtspre- 
chung die Abtretungsverbotsklausel 
in allgemeinen Geschäftsbedingun- 
gen gemäß Paragraph 9 AGB-Gesetz 
für unwirksam erklärt 

Andere meinen sogar, das Abtre- 
tungsverbot sei angesichts der ge- 
schilderten Interessenlage überhaupt 
sittenwidrig und damit gemäß Para- 
graph 139 BGB unwirksam. Die nega- 
tive Meinung in der Literatur zu den 
Folgen eines Abtretungsverbots ist 
nicht spurlos an der Rechtsprechung 
des BGH vorbeigegangen. Eine 
BGH-Entscheidung vom 18. Juni 
1980 (Aktenzeichen VHI ZR 119/79) 
hat gezeigt welche Gefahren die Ver- 
wendung eines Abtretungsverbots 
bei bestimmter Fallkonstellation für 
den Verwender haben kann. 

KLAUS BETTE 


Weltweit arbeiten 
250 Institute 

KHS. Amsterdam 

Weltweit operieren heute etwa 250 
Factormginstitute. Dies ergibt sich 
aus den jährlich erfolgenden Erhe- 
bungen der Factors Cham Internatio- 
nal (FCI), der führenden internationa- 
len Vereinigung von Factoringinstitu- 
ten, in Amsterdam. 

Ein Nullwachstum bescheinigen 
die FCI-Statistiker den insgesamt 41 
in den Staaten Nord- und Südameri- 
kas beheimateten Instituten. Dage- 
gen haben die derzeit 137 Westeuro- 
päer im Berichtszeitraum um 90 Pro- 
zent zugenommen- Einen ausgespro- 
chenen Boom verzeichnet die FCI- 
Zentrale für Südafrika und Asien (64 
Institute); dort gibt es heute dreimal 
so viel Facto ringgesells c haften wie 
vor fünf Jahren. 

FCI-Tagung 
in München 

WR. München 

Die Factors Chain International 
(FCI) wird vom 5- bis zum II. Juni 
1985 in München ihre diesjährige Mit- 
gliederversammlung veranstalten. 
Besonderer Anlaß für das diesjährige 
Annual Meeting sind Besorgnisse 
hinsichtlich der Behinderungen, die 
einer weiteren Ausweitung der 
Exportfactoringgeschäfls im Wege 
stehen. 

Diskutiert weiden darüber hinaus 
folgende Themenkreise: 

- Entwicklung einer Basisstrategie 
für die nächsten Jahre sowie 

- Einführung eines sogenannten in- 
telligenten elektronischen Kommu- 
nikationssystems, das bereits seit An- 
fang dieses Jahres erprobt wird. 

Bei den FCI-Mitgliedem handelt es 
sich nahezu ausnahmslos um die 
Tochtergesellschaften namhafter 
Banken; in der Bundesrepublik 
Deutschland sind dies die Deutsche 
Factoring Bank in Bremen, die Dis- 
kont und Kredit AG in Düsseldorf 
sowie die Gefa in Wuppertal. 

Clark finanziert 
Mittelstand 

WR. Mülheim/Ruhr 

Die aus der früheren Clark Credit 
Service GmbH hervorgegangene 
Clark Credit Bank in Mülheim/Ruhr 
gehört nach den Worten von Ge- 
schäftsführer Günter Uredat - neben 
ihrer Leasing-Tochter gleichen Na- 
mens - zur weltweit operierenden 
Clark Credit Gruppe, deren Mutterge- 
sellschaft, die Clark Equipment 
Company, im US-amerikanischen 
Buchanan in Staat Michigan zu Hau- 
se ist 

In den vergangenen zwei Jahren 
spezialisierte sich die Bank auf das 
klassische mittel- und. langfristige Fi- 
nanzierungsgeschäft Überdies pflegt 
sie seitdem das Factoringgeschäft 

Gleichzeit wird über die mit einem 
Organschaftsvertrag verbundene und 
in Person) union betriebene Clark 
Leasing GmbH die gesamte Palette 
des Leasinggeschäfts bis hin zum pri- 
vaten Autoleasing angeboten. Damit 
ergibt sich die in der Bundesrepublik 
Deutschland einmalige Situation, daß 
jeder der 50 Mitarbeiter dieses Insti- 
tuts dem interessierten Kunden ein 
komplettes, auf dessen persönlichen 
Bedarf zugeschnittenes kurz-, mittel- 
oder langfristiges Finanzierungsange- 
bot aus einer Hand unterbreiten 
kann. „Damit bieten wir 1 so Uredat, 
„eine interessante Alternative zur 
deutschen Bankenlandschaft; unsere 
Spezialität; Finanzierungen für den 
gewerblichen Mittelstand.“ 

Die Bilanzsumme wuchs seit der 
Firmengründung Anfang Juni 1983 
bis Ende 1984 um etwa 26 Prozent auf 
rd. 87 Millionen Mark, für 1985 hofft 
man in Mülheim, die 100-MilIionen- 
Mark-Grenze zu überschreiten. Seit 
einigen Monaten betreibt die Bank 
auch außerhalb des Clark-Konzerns 
die Investitionsgüterfinanzierung. 
Zielgruppe sind vor allem mittelstän- 
dische Unternehmen der Investi- 
tionsgüterindustrie sowie Transport- 
und Dienstleistungsunternehmen. 



f 



: - • Erfolgreiche Unternehmen nutzen sich Ihre Forderungen in Liquidität 
-Factoring, weil sie ihre Zeit lieber Sie nennen uns die Höhe Ihrer 

. -für neue Geschäfte als für alte Forde- Außenstände. Täglich. Wir zahlen 
• rungen aufwenden. sofort aas. Täglich.- 

Wir w'nd auf den Umgang mit Für jede gekaufte Forderung 

Außenständen spezialisiert, das ent- . tragen wir das AusfaUnsiko zu 100 
lastet unsere Partner spürbar. äigieich- kümmern wir uns um 

. : rVax allem setzt Factoring eigene . alle Probleme, die bei Außenständen 
Ä^el fm uhd schont die Kreditlinie, auftreten. ^ 

- Hn^rnfaeh ist das; Kaum ist Ihre . ’ Fazit . für .Sie; Mehr Zeit. 

Rare unterwegs, verwandeln Mehr Geld. Mehr Sicherheit- 


Rufen Sie uns an oder schicken 
Sie uns den Info-Bon. 

Wir sagen Ihnen, 
welchen Nutzen wir speziell Ihrem 
Unternehmen bieten können. 

Auch die Sparkasse berät Sie gern. 

Deutsche Factoring Bank 
Martinistraße 48 ■ 2800 Bremen 1 
Telefon (0421) 170086 
Telex 2 44 593 



Deutsche Factoring Bank 


INSTITUT DER SPARKASSENORGANISATION 


r 

In formieren Sic mich J 

1 I über Factoring allgemein j 

Q 


speziell über Export-Factoring 


Name: 

Firma: 


!_. 





16 


WELT® REPORT 


li 


.■ j\ . 7 ". m 'z.r7 


DIE WELT - Nr. 47 - Montag, 25. Ftebruar 2985 


"1 


Bi 
□w 
ie 
he 
up 
» | 

eti 

ein 

iarz 

■b 

ufi 

eia 
Vtea 
•I U 
jntw 

W 

*zn 

fti.. 

di.. 

der 

4ai. 
ul. . 

iler 

.!;ri 
fci 
uh . 

als ( 

iir: 

> 

uh 

int* 

'jrj 

A31 

vl 


ien 

illBfl 

lew' 

Lrni 

An 

Hil 


EXPO RTFACTQ RING / Optimistische Aspekte 

Die Branche rechnet mit 
20 Prozent Zuwachs 


E s vergeht kaum ein Tag, an dem 
nicht irgendeine Institution mit 
Konjunkturprognosen an die Öffent- 
lichkeit tritt Allerdings muß der auf- 
merksame Leser die unerfreuliche 
Feststellung treffen, daß solche Pro- 
gnosen auseinanderdriften. Der Wert 
solcher Prognosen soll nicht in Zwei- 
fel gestellt werden, jedoch stellt sich 
dem zur Planung aufgerufenen Un- 
ternehmer die Frage nach verläßli- 
chen Indices, wenn er sein Budget 
erstellen muß. 

Bedeutsame Faktoren zur Beurtei- 
lung der wirtschaftlichen Entwick- 
lung sind insbesondere Zinsen und 
Währungskurse. War man noch zur 
Jahreswende von einem bevorstehen- 
den Zinsrückgang im kurzfristigen 
Bereich überzeugt so scheint es nur 
wenige Wochen später vermessen, 
diese Erwartung in einem Budget zu 
berücksichtigen. 

Gar unmöglich erscheint eine Vor- 
aussage hinsichtlich der weiteren 
Entwicklung des Dollarkurses. Mit 
volkswirtschaftlichen Aspekten ist 
der Kurs nicht zu erklären. Nicht die 
Daten einer Volkswirtschaft, sondern 
die weltpolitischen Gegebenheiten 
steuern diesen Kurs. 

In einer Zeit solcher Ungewißhei- 
ten, nach einem Rekordjahr der Insol- 
venzen sowie in einer Periode neuen 
industriellen Aufbruchs sieht sich der 
Unternehmer ständig wachsenden 
Risiken ausgesetzt Wenn man dies 
auf dem Hintergrund der unbestrit- 
ten zu niedrigen Eigenkapitalausstat- 
tung der deutschen Unternehmen 
sieht so versteht man das zunehmen- 
de Bemühen von Politik und Wirt- 
schaft, die beängstigenden Eigen- 
kapitalsorgen der insbesondere mit- 
telständischen Unternehmen zumin- 
dest zu lindem. 

Neue Programme 

So entwickelt man ständig neue 
Investitionshilfeprogramme für das 
mittelständische Unternehmen. Der 
Eigenkapitalmangel bleibt davon un- 
berührt die Anfälligkeit deutscher 
Unternehmen wird dadurch aller- 
dings nicht beseitigt 

Erweiterungsinvestitionen sind 
kaum möglich. Es fehlen die Mittel 


für erforderliche Innovationen. Das 
wünschenswerte Wachstum ist nicht 
finanworhar Umsatzkongruente Kre- 
dite sind wegen mangelnder Sicher- 
heiten nicht erhältlich. Der Zugang 
zum Kapitalmarkt bleibt nur wenigen 
Vorbehalten, 

Die einerseits zunehmenden Risi- 
ken und die andererseits Triangels 
ausreichender Eigenmittel der Fir- 
men nur bescheidene Möglichkeit zu 
weiterer unternehmerischer Initiative 
sind die auslösenden Faktoren zu ver- 
mehrter Nachfrage nach Factoring. 
Mit dem Verkauf der Außenstände an 
ein Factoring-Institut und dem damit 
verlagerten Risiko sowie der umsatz- 
kongruenten Finanzierung sind die 
Hauptprobleme des mittelständi- 
schen Unternehmens somit gelöst 

Wandelnde Märkte 

Ein weiteres Element der sich bele- 
benden Nachfrage nach Factoring 
dürfte die Steigerung der Wettbe- 
werbsfähigkeit sein. Mit Factoring 
wird das Unternehmen in die Lage 
versetzt die dann vorhandene Liqui- 
dität gewinnbringend im Einkauf ein- 
zusetzen und im Verkauf Zahlungs- 
modalitäten nnH Tahliinffsgjplp groß- 
zügig zu gestalten. 

Hier güt es für das Factoring-Un- 
ternehmen, den sich aus der steigen- 
den Nachfrage ergebenden Erfoider- 
nissen gewachsen zu sein. Neben den 
organisatorischen Voraussetzungen 
muß vor allem der zusätzliche Refi- 
nanzierungsbedarf gedeckt sein. 

Gefragt ist vor allem im Exportfac- 
toring Flexibilität in der Abwicklung. 
Außerdem muß die Bereitschaft vor- 
liegen, sich den stets wandelnden Ge- 
gebenheiten im internationalen Ge- 
schäft anzupassen. 

Die aufjgezeigten Fakten deuten auf 
einen überproportional wachsenden 
Markt für Exportfactoring, zumal der 
Anteil des im Exportfactoring abge- 
wickelten Umsatzes am Gesamt- 
export verschwindend gering ist Ei- 
ne Wachstumsrate von mindestens 20 
Prozent dürfte sicher sein. Die folgen- 
den Jahre werden eher höhere Zu- 
wächse bescheren. 

DIETER KLXNDWORTH 


HELLER FACTORING 


SIE VERKAUFEN. 
WIR ZAHLEN. 



Erfolgreich verkaufen — Zahlungseingang sofort, 
Mit HELLER FACTORING. 

Und 100%iger Schutz vor Forderungsausfäl- 
len. Gründe, mit HELLER FACTORING zu 
arbeiten. 

Sie möchten HELLER FACTORING kennen- 
lernen! Rufen Sie uns an (0 6 1 3 1 / 6 03 - 1) 
oder schreiben Sie uns. Wir informieren Sie gern. 



HELLER FACTORING 
BANK 

Aklll-.M.KMHUX.HUT 

HELLER FACTORING WELTWEIT: & 

AUSTRALIEN ■ BELGIEN ■ DÄNEMARK ■ DEUTSCH ■ / / 

UND • ENGLAND ■ FINNLAND ■ FRANK- / / 

REICH ■ HONG KONG • IT AUEN ■ KANADA/^ 

MALAYSIA MEXIKO ■ NIEDERLANDE y J? 

NORWEGEN ■ ÖSTERREICH • PORTU - ^ 

GAL - PUERTO RICO ■ SCHWE- /jr ' 

DEN SINGAPUR - SPANIEN /*r 
SÜDAFRIKA • USA / 



DIE BRA NCHE / Das Factoring-Geschäft hat an B e deutung gewonnen 

Erfolge im In- und Ausland 


Fven Veröffentlichungen des Deut- 
JL/ sehen Factoring-Verbandes zu- 
folge belief sich das Factoring-Volu- 
men in de - Bundesrepublik Deutsch- 
land im Jahr 1983 auf rund acht (im 
Vorjahr 7,34) Milliarden Mark. Für 
1984 liegen noch keine Angaben vor; 
nach b isher bekanntgewordenen In- 
formationen ist wieder mit einem Zu- 
wachs zu rechnen. 

Sucht man nach den Gründen für 
die Ausweitung des Factoring-Ge- 
schäftes, so haben die nachlassende 
Zahlungsmoral sowie zahlreiche Fir- 
meninsolvenzen im In- und Ausland 
zur Belebung beigetragen. 

So stand die Delkredere-Funktion 
des Factoring (Absicherung des Kre- 
ditrisikos zu 100 Prozent) nicht selten 
im Vordergrund des Interesses. Hin- 
zu kam, daß als Folge längerer Fbrde- 
rungslaufzeiten beachtliche Mittel in 
den Außenständen gebunden waren. 
Für zahlreiche Finnen ein weiterer 
Anlaß, sich der Factoring-Finanzie- 
rung zu bedienen. 

In Deutschland sind etwa 15 Facto- 
ring-Institute aktiv. Die größten ha- 
ben führende Kreditinstitute als Ge- 
sellschafter. Zehn Institute sind im 
Deutschen Factoring-Verband 
(Mainz) zusammengeschlossen. 

Weltweit haben die etwa 250 Facto- 
ring-Institute 1983 einen Umsatz in 
Höhe von rund 183 .Milliarden Mark 
erzielt Davon entfallen auf die mehr 
als 50 Mitglieder der Factors Chain 
International (Fd; weltweit führende 
Vereinigung von Factoring-Gesell- 
schaften) allein rund 60 Milliarden 
Mark. Was die Entwicklung in 1984 
an geht, kann mit , ziemlicher Sicher- 
heit erneut von ansprechenden Zu- 
wachsraten ausgegangen werden. 

Am Markt etabliert 

Zu den großen internationalen Fac- 
toring-Verbänden gehören neben der 
FCI noch die Internationale Factors- 
Gruppe sowie die Heller-Gruppe. In 
der Ebctors Chain International sind 
die Deutsche Factoring Bank (Bre- 
men), die Diskont- und Kredit AG 
(Düsseldorf) sowie die Gefe Gesell- 
schaft für Ahaa tTfinangip nin g mbH 
(Wuppertal) von deutscher Seite Mit- 
glieder. International Factors hat in 
der Bundesrepublik die DG Diskont- 
bank (Mainz) und die Heller-Gruppe 
die Heller-Factoring (Main») als Mit- 
glieder. 

Selbst große Firmen beschäftigen 


sich inzwischen mit dem Thema Fac- 
toring. Dies zeigt, daß sich dieses In- 
strument zunehmender Anerken- 
nung als solide Form der Betriebsmit- 
telfinanzierung sowfe der Risikoab^ 
cherung erfreut und immw weniger 
mit dem offenen Zessionskredit ver- 
wechselt wird, der ja in der Regel mit 
akuten Zahlpngj^hTO fep' gkwfpp des 
betreffenden Unternehmens verbun- 
den ist 

Im Dienstleistungsangebot der 
Kreditinstitute hat Factoring mittler- 
weile einen festen Platz eingenom- 
men. Es wird von Banken und Spar- 
kassen nicht mehr als Konkurrenz, 
sondern als sinnvolle Ergänzung der 
eigenen Angebotspalette gesehen. 
Ein Inrii» hierfür dürfte <ynn, 

daß Factoring inzwischen regelmäßig 
in die Werbeaussagen der Kreditwirt- 
schaft einbezogen wird und beispiels- 
weise die Deutsche Factoring Bank 
sowie die DG Diskontbank nicht un- 
erhebliche Teile ihres Neugeschäftes 
aus dem Gesellschafterkreis (Spar- 
kassenorganisation, VoBcsbankenbe- 
reich) angedient bekommen. 

Die deutschen Factoring-Gesell- 
schaften haben gute flhanrpn | ihren 
Platz unter dan fiihrenrifrn Tng ti tn+Pn 
auch in Zukunft zu behaupten, vor 
allem rm grenzüberschreitenden Ge- 
schäft Obwohl der richtige Schwung 
im Welthandel nach wie vor fehlt, be- 
steht gerade für deutsche Exporteure 
— unabhängig von den erneut beacht- 
lichen Erfolgen 1984 - keine Veran- 
lassung, die künftigen Absatzchan- 
cen allzu pessimistisch zu beurteilen: 
Qualität, pünktliche Lieferung sowie 
der „after sales Service“ besitzen nach 
wie vor einen hohen Stellenwert 

Von den niedrigen Inflationsraten 
sowie der Dollar-Stärke dürften zu- 
sätzliche belebende Impulse ausge- 
hen. Fest steht daß einige Schwellen- 
länder in Zukunft in immer stärke- 
rem Maße in den Wel thandel eingrei- 
fen und Regionen wie Südostasien 
immer mehr an Bedeutung gewinnen 
werden. Selbst Länder wie Japan, 
Hongkong, Südkorea und Taiwan, 
um nur einige zu nennen, haban er- 
kennen müssen, daß die Weltmärkte 
immer mehr zu Käufermärkten wer- 
den. In Japan wurde das Inlands-Fac- 
toring erst vor wenigen Jahren einge- 
fuhrt; es hat sich bis heute ausgespro- 
chen gut entwickelt Auch aus Süd- 
korea, Thailand , Malaysia imd den 
Philippinen werden Factoring-Akti- 


vitäten gemeldet während Hong- 
kong und Singapur- von der Dauer 
der Geschäftstätigkeit her gesehen - 

Scbo n den pfahlWton T ündom gpu 

hören. In Italien sowie in den skandi- 
navischen Ländern hat sich das Fac- 
toring tnnwhflih Europas bisher am 
stärksten durchgesetzt. Fairerweise 
muß jedoch angefugt werden, daß die 
Erfolge zum Teil auf Kreditrestriktio- 
nen im Bankenbereich zurückzufüh- 
ren sind 

HQfe für den Mittelstand 

Die mittelständische Wirtschaft, 
die sich in erster Linie des Factoring 
bedient bat es unter den gegebenen 
Umstanden schwer, sich zu behaup- 
ten. Die Umweltbedingungen der Un- 
ternehmen sind zunehmend komple- 
xer geworden; an ihre Dienstlei- 
st i ^ngsfibigfepit und Flexibilität wer- 
den erhöhte Anforderungen gestellt 

Im Exportgeschäft reicht es schon 
seit geraumer Zeit nicht mehr aus, 
das Angebot nur in bezug auf die 
technische Entwicklung, Qualität 
und Preis auf die Ansprüche des Ab- 
nehmers auszurichten. Dieser erwar- 
tet ein ausgewogenes Paket eine ech- 
te Problemlösung. Hierzu gehört 
zweifellos auch, daß man in der Lage 

ist Finfln»tprung salt prnativ pn anzu- 
bieten. Zudem zeichnet sich im Welt- 
handel — was die Zahli mg sh pd ing un- 
gen angeht - in weiten Bereichen ein 
Trend zum offenen Zahlungsziel ab, 
der zu Lasten des Akkreditivs geht 

Für viele Unternehmen bedeutet 
auch heute noch die Landesgrenze 
eine nicht zu unterschätzende Hürde, 
obwohl einige handrispnlitigrin» 
TTpmmmsgA ab ge baut wurden, pin<» 

Wirts chaft sp olitische Angfeiphnng in. 

Deshalb der Wirtschaftsblöcke statt- 
gunden hat Fremde Rechtsauffas- 
sungen »mri Handelsgewohnheiten, 
Währungsprobleme, langwieriger 
Geldtransfer, fehlende Sprachkennt- 

niggp, längere 7-ahliiTigsäiplA sind - 

um nur girap» zu tipnnpn — Gründe, 
die zu Skepsis und Verunsicherung 
kleinerer und mittlerer Unternehmen 
geführt haben. 

Vor diesem Hintergrund wird der 
mittelständische Unternehmer gut 
daran tun, sich mit dem Factoring als 
einem System zur risikolosen Ab- 
wicklung von Inlands- und Exportge- 
schäften sowie ein» QueUe zur Liqui- 
ditätsschöpfung zu befassen. 

Hhik MANN KHKKN H iCH ffl«t 



T nnerfaalb des breiten Kredit- und 
AFnxanzienmgsangebots der Deut- 
schen Bank ist Cfefe-ftctoring mit 
seinen verschiedenen Formen des 
Forderungskaufs eine relativ junge 

F rgänTiing dprh pIranntpn t finänrift . 

rungsnstrumente für Unterneh- 
men. Die Berikrksichtiguiig des 
ForderungsveriEaufe in der flnanz- 
planung setzt grundsätzliche, auch 
strategische Überlegungen voraus. 

Als Anhaltspunkte zur Anwen- 
dung dieses r inanztero ngsinstni- 
ments erweisen sich im wesentli- 
chen folgende Prämissen: 

• Der Fordenmgsverkäufer sollte 
mindestens einen Jahresumsatz 
von fünf Millionen Mark «reichen; 

• ein Zahlungsziel von raaTimal 90 
Tagen erleichtert die Technik der 
Bonitätsbeurtellrmg der Abneh- 
mer, 

• ständige Lieferungen an diesel- 
ben Abnehmer halten die Kosten 
niedrig; 

• die Forderungen müssen in ihrer 
Hohe und zu dem Zeitpunkt des 
Verkaufe einwandfrei feststehen. 
Sie dürfen keinen besonderen Ga- 
rantiebedingungen unterliegen, sie 
müssen frei sein von Rechten Drit- 
ter, und es dürfen keine Abtre- 
tungsverbote seitens der Abnehmer 
bestehen. 

Der Forderungskauf kann mit 
spezifischen Vorteilen auf warten: 

• umsatzkongruente Finanzierung, 

• Schutz vor Forderungsausfällen, 

• Ver kürzung der durchschnittli- 
chen Laufzeit von Forderungen, 

• Verbesserung von Büanzrelatio- 
nen, 

• die dem Vertragspartner aus ei- 
nem echten Factoring-Verfahren 
über einen längeren Zeitraum zu- 
fließenden Mittel stellen keinen län- 
gerfristigen Kredit mit seinen Dau- 
erschuldfragen dar, 

• durch ein eingeräumtes Rück- 
kaufsrecht werden die DisposL 
tionsmöglichkeiten erweitert 

- Die Factoring-Gebühr errechnet 

drli im trnn wntinnpflpn Ver fahren 

aus den Debitoienrisiken, dem Zah- 
lungsziel, dem Umsatzvolumen und 
der riiir rhsrimitfliriien Reehnnng s- 

größe. Sie kann zwischen 0,8 bis 


zwei Prozent liegen. Beim Forde- . 
nmgsverkauf im Verfehlen 
liegen die Kosten niedriger. Der 
Zinssatz für die Finanzierung lehnt 
sich weitgehend an die bankübli- 
chen Konditionen für Barkredite 
an. 

.Die Grundüberiegungen zur 
Wahl des Factorings in stiller Form, 
bei dm der Verkauf und die Abtre- 
tung der Forderung dm Kunden . 
des Verkäufers, normalerweise 
nicht angezeigt werden (Offenle- 
gungspflicht nach Vereinbarung), 
sind mit denen des konventionellen 
Factoring weitgehend identisch. 

Bei dm Verfahren entfellen je- 
doch die Übernahme von Buchhal- 
tung und Inkasso dusch die Facto- 
ring-Bank. Beide Bereiche werden 
vom Fordenmgsverkäufer treuhän- 
derisch für den Käufer weiterge- 
führt Diese Besonderheiten gren- 
zen aber auch die Anwendung die- 
ser Fordeningskaufevariante ein. 

Zunehmende Bedeutung ge- 
winnt das Export-Factoring. Diese 
Form des Factoring, die beispiels- 
weise über die Factors Chain Inter- 
national (FCI) von zur Zeit 60 Mit- 
gliedern in 26 Ländern angeboten 
wird und in der die Gefe. in zuneh- 
mendem Maße auch mit den Aus- 
landsfilialen der Deutschen Bank 
kooperiert, gestattet es, exportori- 
entierten Unternehmen ein einheit- 
liches Verfahren anzubieten, das 
mit einer limitierten Deckungszusa- 
ge das beim Abnehmer bestehende 
Bonitätsrisiko absichert, eine Be- 
schleunigung des Zahlungsein- 
gangs bewirkt sowie eine Finanzie- 
rung in der Landeswährung des 
Exporteurs problemlos macht 

Die volle Deckung des wirt- 
schaftlichen Risikos erleichtert die 
Erschließung neuer Märkte und die 
Vergrößerung der Marktchance. 
Die Liquiditätsstärkung durch so- 
fortige Auszahlung des Export-In- 
kasso- Erlöses von 80 bis 90 Prozent 
ermöglicht wie im Inlandsgeschäft 
Skontoausnutzung und eine größe- 
re Beweglichkeit in dem vorhande- 
nen Kreditrahmen. 

RICHARD BERNHARDT 




Die Mainzer zeigen Flagge im europaweiten Geschäft 


D ie Heller-Gruppe, die mit der 
Gründung der Heller Factoring 
Bank AG, Mainz, 1964 in Europa be- 
gann, unterscheidet sich wesentlich 
von den beiden anderen großen Fac- 
toring-Netzen. Während Heller im- 
mer darauf bedacht war, namhafte 
Kapitalbeteiligungen an den Mit- 
gliedsunternehmen zu unterhalten, 
um damit die Zusammengehörigkeit 
zu fördern, setzen sich die anderen 
Netze zum überwiegenden Teil aus 
unabhängigen Korrespondenten zu- 
sammen. 

Der Vorteil der Konzeption von 
Heller lag darin, daß nicht nur Kapi- 
tal sondern in hohem Maße tätiges 
Know-how eingebracht wurde. Zu- 
sammen mit den in den meisten Län- 
dere an den Factoring-Gesellschaften 
beteiligten Banken waren damit die 


Voraussetzungen für eine erfolgrei- 
che Geschäfteentwicklung geschaf- 
fen. 

Wahrend in den Jahren nach der 
Gründung der Tochtergesellschaften 
nur das Export- und Importgeschäft 
unter Einschaltung des Netzes im 
Old-Line-Factoring praktiziert wur- 
de, haben sich in der Zwischenzeit, 
wie im Inlandsgeschäft der einzelnen 
Gesellschaften, auch andere Factor- 
ing-Formen etabliert. Diese neuen 
Formen der Factoring-Zusammenar- 
beit sind aus der Erfahrung der letz- 
ten zwanzig Jahre entstanden und be- 
rücksichtigen die geographischen so- 
wie die sprachlichen Gegebenheiten, 
aber auch die juristisch vergleichba- 
ren Verhältnisse einiger Regionen. 

Die am häufigsten angewandte 
neue Form des E^port-Factorin g ist 


das Direkt-Factoring in einige Län- 
der. Aus der Sicht der Bundesrepu- 
blik Deutschland sind dies die Expor- 
te nach Österreich, in die Schweiz, 
nach Belgien und den Niederlanden. 
Sowohl von der räumlichen Nähe als 
auch von der Sprache her bilden die- 
se Lander eine gewisse Einheit Le- 
diglich im juristischen Bereich und in 
der Geltendmachung überfälliger 
Forderungen ergeben sich Besonder- 
heiten, auf die man sich aber als Fac- 
tor einstellen kann. 

Weil das Direktgeschäft innerhalb 
solcher Marktzonen von jeder Heller- 
Gesellschaft praktiziert werden kann, 
ist es sinnvoll, sich gegenseitig Rat zu 
geben und Hilfe zu leisten. Diese Rat- 
schlage erstrecken sich einmal auf 
die spezifischen Eigenheiten man- 
cher Branchen, die Limitfestsetzung 


für die Abnehmer des Kunden, den 
juristischen Bereich sowie die Einhal- 
tung von Einfuhr- und Transferbe- 
stimmungen. 

Tätige Hilfe wird im Bereich des 
Einzugs überfälli g er Forderungen, 
der Gettendmachung von Eigentums- 
Vorbehalten und beim Geldtransfer 
geleistet 

Als weitere Marktzonen für das Di- 
rektgeschäft kommen Norwegen, 
Schweden, Dänemark, Finnland, Bel- 
gien, Frankreich sowie Spanien und 
Portugal in Frage. 

Diese Auflockerung des einstmals 
sehr starren Systems hat zu erhebli- 
chen Zuwächsen im internationalen 
Factoring geführt Die im Ausland ge- 
zeigten Steigerungsraten übertreffen 
bei weitem die immerhin beachtli- 


chen Zuwachsraten des Inlandsge- 
Schaftes. 

Nach den am Anfang vorhandenen 
etwas gemischten Gefühlen, mit de- 
nen die Factoring-Gesellschaften sich 
dem Direktexport zuwandten, kann 
heute, nach Jahren der Erprobung, 
die volle Funktionsfähigkeit präsen- 
tiert werden. 

Die Vorteile für die Exporteure lie- 
gen in der größeren Flexibilität mit 
der die Geschäfte abgewickelt wer- 
den. Differenzen zwischen dem Kun- 
den und dem Abnehmer können Viel 
schneller bereinigt werden, seitdem 
■der ausländische Factor nicht mehr 
in das Tagesgeschäft miteingebun- 
den ist Die für einige Lander notwen- 
dige Fremdsprachenkapazität sollte 
beim Factor allerdings vorhanden 
sein. • SIEGFRIED OLBORT 


Factoring 


eine Dienstleistung, die speziell auf die unterschiedlichen 
Bedürfnisse des einzelnen Unternehmens zugeschnitten 
sein sollte - denn die Anforderungen, die an das Factoring 
gestellt werden, sind meist von Fall zu Fall sehr verschie- 
den. 

Fragen Sie uns deshalb nach einem für Sie individuell 
ausgearbeiteten Lösungsvorschlag; wir beraten Sie gerne 
und unverbindlich. 



PIODIC Clark Credit 
uinifn Bank GmbH 

für individuelles Factoring 

Friedrich-Ebert-Sfrafie 120 
4330 Mulheim/Ruhr 
Telefon 02 08 / 58 52 42 
Telex 8 56 544 





Wir machen 
Export-Forderungen 

zu Bargeld 





Vermeiden Sie mangelnde Liquidität durch 
hohe Außenstände. Geben Sie uns Ihre 
Ausgangsrechnungen. Wir bezahlen sofort! 

Und übernehmen das Ausfallrisiko zu 100 %.; 
Also keine Forderungsverluste, Ausschaltung 
der Debitorenüberwachung, schnelle und 
problemlose Abwicklung Ihrer Exportgeschäfte. 
Procedo-Exportfactoring sorgt für die 

Absicherung finanzieller Risiken und erhöht 
Ihre Liquidität! 



cedo 


Das führende Unternehmen im Exportfactoring 

~ , A -. f - Gesellschaft für Exportfactoring D. KUndworth KG Postfach 4706 
6200 Wiesbaden TeL: 06121/379061-63 Telex 41 86356 cedo 




F * 

u 

•* I 


• A 






Montag. 25. Fetet»ri985 - Nr. 47 - DIE WELT . 


WELT $ REPORT 


17 


FACTORING IM GENOSSENSCHAFTLICHEN VERBUND 

Kurze Wege zum Kunden 


D ie Volksbanken und Raiffeisen- 
banken haben 1983 ihren Markt- 


noch eimal um 0,4 Punkte auf 
23 Prozent erhöhen können. Sie ste- 
hen unverändert in steigendem Wett- 
bewerb mit den Sparkassen und pri- 
vaten Banken 

Da Erfolg der Volksbanken und 

Wird all gpmoin zu. 

rückgeführt auf und 

gntsdKidungsbereiischaft Immer- 
hin sind per Jahresende 3761 Kredit- 
genossenschaften in der Bundesrepu- 
blik Deutschland aktiv, die damit - 
gemessen an der Zahl der Bankstel- 
len -das größte Netz vorweisen 

ln Prognosen über absehbare Ent- 
wicklungen des Bankgeschäfts in der 
Bundesrepublik Deutschland scha- 
len sich übereinstimmend Aspekte 
heraus, die sich mit Sicherheit auf das 
Geschäft der Volks- und Raiffeisen- 
banken auswirken werden: 

• Die Kreditinstitute stehen einem 
Wandel bankgeschaftlicher Tätigkei- 
ten gegenüber; 

• die allgemeine technologische Ent- 
wicklung wird sich auch im Banken- 
bereich nachhaltig auswirken; 

• das bisher all gemein übliche 
Wachstum des Bankgeschäfte läuft 
aus. Das einzelne Institut wird nur zu 
Tjcten der Konkur renz expandieren 
können; 

• dai Aktivitäten von Nicht-Banken 
auf traditionellen Bankmarkten 
kommt steigende Bedeutung zu. 

Diese Entwicklung wird sich in 
den kommenden Jahren sicherlich 
narhbaltig auf das traditionelle Bank- 
geschäft in der Bundesrepublik 
Deutschland auswirken. Den Berich- 
ten über die Situation in den USA ist 
der Trend deutlich zu entnehmen. 
Man geht allgemein davon aus, daß 
die besonders ertragreichen Jahre bei 
den genossenschaftlichen Banken 
langsam zu Ende gehen. 

Kompletter Service 

Unter diesen Umständen über- 
rascht es nicht, daß sich die Vorstän- 
de der Volks- und Raiffeisenbanken 
verstärkt Gedanken um die Ausrich- 
tung ihrer Institute auf die Markter- 
fordernisse machen. Praktisch drückt 
sich das in vermehrten Akquisitions- 
bemühungen und Bestrebungen aus, 
den mittelständischen Kunden einen 
kompletten Service zu offerieren. Mit 


Sicherheit wird es in Zukunft nicht 
ausreichen, die traditioneHeii Bank- 
dienstleistungen „besser verpackt 11 
anzubieten. Vielmehr komm t es dar- 
auf an, die sich wandelnden Bedürf- 
nisse der Kunden rechtzeitig auf- 
zuspüren und neue, Hie g^n Bedarf 
deckende Produkte anz» bieten. 

Zu diesen Produkten zählt ein jun- 
ges Fmanäeruogsinstmment, das 
Factoring. Zwar ist es seit mehr als 20 
Jahren in der Bundesrepublik 
Deutschland bekannt, aber erst seit 
neuem nimm t die Nachfrage stärker 
zu. 1981 ergab eine Umfrage bei 500 
Genossenschaftsbanken, daß das 
Factoring als Mittel der Akquisition 
an Bedeutung gewinnt Andererseits 
ergab sich, daß nur jede fünfte der an 
der Befragung beteiligten Ranken 
das Factoring in ihrem Kundenkreis 
als FinanTipmpgsing t mmpTit bereits 
einma l einge s e tzt hat Ferner war zu 
hören, daß nur neun Prozent der be- 
fragten Banken über fündierte Facto- 
ringkenntmsse nach eigener Ein- 
schätzung verfügen. Dagegen äußer- 
ten 75 Prozent der Volks- und Raiffei- 
senbanken die A uffass ung, da£ Fac- 
toring in der Zukunft für Finnenkun- 
denberatung als EintmrieninffBaltAr - 
native unbedingt in das Angebot ein- 
zubeziehen sei. 

Damit wurde seinerzeit deutlich, 
daß Factoring bei den Volks- und 
Raiffeisenbanken zwar auf besonde- 
res Interesse stößt, das Verfahren an 
sich aber zu wenig bekannt war. Die 
DG Bank in Frankfurt zum Beispiel 
verfügt seit Jahren mit der DG Dis- 
kontbank AG in Mainz über ein Spe- 
zialinstitut das eine Reihe spezieller 
Dienstleistungen anbietet die das 
Angebot der Volks- und Raiffeisen- 
banken ergänzen. Unter anderem 
sind dies Factoring und einige daraus 
abgeleitete Geschäftssparten. 

Mit der Einführung der seit 1981 
vierteljährlich an alle genossenschaft- 
lichen Kreditinstitute zur Verteilung 
gelangenden „Factoring Facts" ist es 
der DG Diskontbank inzwischen ge- 
lungen, die Kenntnisse über das Fac- 
toring der Volks- und Raiffeisenban- 
ken nachhaltig zu vertiefen. 

Bereits 1983 kamen mehr als die 
Hälfte der neuen Factoring-Kunden 
da DG Diskontbank auf Empfehlung 
der örtlichen Volkshanken und Raiff- 
eisenbanken; auch 1984 war das so. 
Dabei ist interessant, daß sich unver- 


ändert ein Schwergewicht der An- 
bahnung in den Postleitgebieten 4 bis 
8 ergibt Dagegen ist die Anzahl der 
Anfragen aus dem norddeutschen 
Raum und Berlin traditionell erheb- 
lich geringer. 

Die Erfahrungen bei den Volks- 
und Rn i ffoi gpn htm mit der Ver- 

wertung dinglicher Sicherheiten ha- 
ben in den letzten Jahren gelegent- 
lich veranschaulicht, wie schwer es 
werden kann, dadurch früher ge- 
währte Kredite wieder hereinzuho- 
len. Die Neigung, sich wieder mit 
Zessionskrediten zu befassen, nimmt 
riahw ^T)gpmpm tu, auch des- 
halb sicherlich richtig und notwen- 
dig, weil einerseits die Position „For- 
derungen“ in den Bilanzen der mittel- 
ständischen Kundschaft ständig zu- 
nimmt nnH zwingend wirb Finanzie- 
rung verlangt, weil andererseits die 

TH genlcapitalansst a thiTig der Firmen 

stetig zurückgeht 

Harter Wettbewerb 

Zwei Stichworte weisen aber auf 
die Gefahren von Forderungsfinan- 
zierungen beispielhaft hin, nämlich 1. 
verlängerter Eigentumsvorbehalt 
und 2. Delkredereverluste. 

Es steht außer Frage, daß Factoring 

in Hi»w>m 7. 1 iqammpn hang eine be- 
deutende Rolle in der Zukunft spie- 
len wird, bietet sich doch hier ein 
Instrument, das die Kreditbeschaf- 
fungsmöglichkeiten der Volks- und 
Raiffeisenbanken nennenswert aus- 
weitet und zudem dazu beiträgt, vor 
Wettbewerb anderer Kreditinstituts- 
gruppen zu schützen. Es darf nämlich 
nicht übersehen werden, daß sich 
auch diese seit Jahren mit entspre- 
chenden Spezialinstituten um den 
Markt bemühen und sicherlich anch 
bestrebt sein werden, den Wettbe- 
werb aus dem genossenschaftlichen 
Verbund zurüdoudrängen. 

Die KWG-Novellierung (Reduzie- 
rung des Höchstkredits, Reduzierung 

über Hinaus in Ham atnan oder ande- 
ren Fall den Einsatz des Factoring bei 
dem einen oder anderen Bankkunden 
nahelegen, wie dies auch im Zusam- 
menhang mit den verschärften Spiel- 
regeln bezüglich der Sicherungsein- 
richtungen der genossenschaftlichen 
Kreditinstitute denkbar ist 

GEORG SCHEPERS 


Auch am Bankschalter 
ist Factoring hoffähig 


B ereits seit 1968 betreibt die Süd- 
Factoring GmbH (Stuttgart) das 
Factoring-Geschäft als Verbundge- 
sellschaft innerhalb der Sparkassen- 
organisation. Alleingesellschafterin 
ist die Landesbank in Stuttgart, das 
Zentralinstitut der Württembergi- 
schen Sparkassen. Welche Erfahrun- 
gen wurden im Laufe der 16 Jahre 
mit Sparkassen und Banken ge- 
macht? Das Unternehmen berichtet: 

Mindestens bis Mitte der 70er Jah- 
re verhielt man sich gegenüber der 
Süd-Factoring äußerst reserviert 
und abwartend. Häufig hörte man 
damals die faionha Behauptun g, mit 
Factoring würde man Kunden und 
Umsätze verlieren. Unter diesen 
Umständen frnwntp man Spar- 
kassen- und Bankkunden Factoring 
doch wirklich nicht empfehlen. Und 
daran hielt man sich zunächst konse- 
quent im Sparkassen- und Bankbe- 
reich. Empfehlungen kamen ™mw 
nur dann, wenn es galt, bonitatsmä- 
ßig äußerst schwache Firmen über 
Wasser zu halten, um vielleicht gera- 
de noch einmal die Insolvenz zu ver- 
meiden. Da sich diese Falle aber ge- 
rade nicht für Factoring ei g nen, 

mußten damals fas t sTIp Rmpfahlim. 

gen aus dem Sparkassen- und Ban- 
kenbereich ab gelehnt werden, was 
natürlich nicht gerade geeignet war, 
die künftige Zusammenarbeit zu 
verbessern. So taten wir uns sehr 
schwer, das sinnvolle Finanzierungs- 
und Dienstleistungsinstruraent Fac- 
toring am Markt zu verkaufen, weü 
wir nicht nur falsch von den Spar- 
kassen und Banken, sondern auch 
von den Wirtschaftsprüfern und 
Steuerberatern, Untemehmensbera- 
tera und anderen interpretiert wur- 
den. 

Erst mit den BGH-UrteQen. aus 
den Jahren 1977 und 1978 gelang 
Factoring, und damit auch uns, der 
endgültige Durchbruch, da erst mit 
diesen Urteilen für unser Geschäft 
eine einwandfreie Rechtsgrundlage 
geschaffen war. Damit konnten wir 
uns nicht nur wirtschaftlich, son- 
dern auch rechtlich klar und eindeu- 
tig vom Zessionskredit der Sparkas- 
sen und Banken unterscheiden. 
Durch die höchstrichterliche Recht- 
sprechung wurde nämlich der bishe- 
rigen Auffassung der in Deutschland 
tätigen Factoring-Gesellschaften 
recht gegeben, wonach echtes Facto- 
ring - also mit Übernahme des 
lOOprozentigen Ausfallrisikos - ei- 


nen Forderungskauf darstellt, der 
mit einem Kaufvertrag geregelt wird 
und zu dessen Erfüllung die Forde- 
rungen abzutreten sind. Im Unter- 
schied hierzu ist der Zessionskredit 
nach wie vor ein Kreditgeschäft im 
Rahmen von Beleihungsrichtlmien, 
bei dem die Forderungen zur Siche- 
rung abgetreten werden. Der bedeu- 
tende rechtliche Unterschied liegt 
darin, daß die Factoring-Institute 
seit dieser Zeit keine Ansprüche von 
Warenlieferanten aus verlängertem 
Eigentumsvorbehalt mehr zu be- 
rücksichtigen haben, während dies 
beim Zessionskredit der Sparkassen 
und Banken nach wie vor der Fall 
ist Mit dieser Entscheidung wollte 
der BGH jedoch keinesfalls die Wa- 
renlieferanten benachteiligen. Viel- 
mehr wurde dem wirtschaftlichen 
Unterschied mit der wesentlich hö- 
heren Beleihung durch die Facto- 
ring-Institute gegenüber dem Zes- 
sionskredit Rechnung getragen. 
Durch die 90prozentige Bevorschus- 
sung der Forderungen wird nämlich 
die Anschlußfirma des Factors so ge- 
stellt, als habe sie praktisch nur Bar- 
zahler, so daß sie mit dem sofortigen 
Erlös hieraus ihre Warenlieferanten 
pünktlich befriedigen kann. 

Positive Haltung 

Diese Grundsatzurteile gaben den 
Sparkassen und Banken Anlaß, sich 
erneut mit ihrer Einstellung zu Fac- 
toring zu beschäftigen, jetzt aber mit 
mehr Sachverstand und auch mit in- 
zwischen gemachten Erfahrungen 
mit Factoring. Seit dieser Zeit hat 
sich zunehmend eine positive Hal- 
tung der Sparkassen und Banken zu 
Factoring eingestellt Insbesondere 
die Spaikassenorganisation, die 
über zwei organisationseigene Fac- 
toring-Gesellschaften verfügt hat 
frühzeitig e rkannt , daß Factoring für 
die mittelständische Wirtschaft ein 
sinnvolles Finanzierung»- und 
Dienstleistungsinstrument darstellt 
welches sich hervorragend für 
expansive, mit schmaler Eigenkapi- 
taldecke ausgestattete, ertragsstar- 
ke, aber in ihrer Gesamtstruktur ge- 
sunde Unternehmen eignet Facto- 


ring ist daher heute als wesentlicher 
Bestandteil in die Angebotspalette 
der Sparkassen und Banken inte- 
griert In zunehmendem Maße er- 
kennen auch die Sparkassen und 
Banken, daß Factoring nicht in Kon- 
kurrenz zum Kreditgeschäft steht 
sondern eine Ergänzung des Bank- 
kredites darstellt Eine Beschleuni- 
gung dieses Umdenkungsprozesses, 
der noch längst nicht bei allen Ban- 
kern statt gefunden hat wäre im In- 
teresse der mittelständi sehen Wirt- 
schaft wünschenswert dürfte aber 
nur schwer erreicht werden. 

Andererseits kann man immer 
wieder beobachten, daß sich späte- 
stens Hann die Einstellung einer 
Sparkasse oder einer Bank gegen- 
über Factoring positiv ändert wenn 
sich einer ihrer Kunden des Facto- 
ring bedient In diesen Fällen sieht 
der Banker nämlich rasch, daß Fac- 
toring mit dem Zessionskredit nicht 
zu vergleichen ist Factoring ist da- 
mit keine Finanzierungsaltemative. 
sondern eine Ergänzung der breitge- 
facherten Angebotspalette der 
Sparkassen und Banken. Factoring 
als Ergänzung des Bankkredites be- 
inhaltet ein umfangreiches Finanzie- 
rung»- und Dienstleistungsangebot 
das am besten mit den drei Haupt- 
funktionen: Finanzierung, Delkrede- 
re und Forderunsverwaltung Umris- 
sen wird. 

Der Zessionskredit ist nicht um- 
satzkongruent, so daß Erhöhungen 
der jeweiligen Genehmigung bedür- 
fen, was sich bei stark expandieren- 
den Unternehmen erschwerend aus- 
wirken kann. Die Forderungsbelei- 
hung liegt großzügig bemessen bei 
etwa 40 bis 50, häufig aber nur bei 20 
bis 30 Prozent Im Gegensatz hierzu 
kaufen die Factoring-Institute sämt- 
liche nicht dubiosen Forderungen 
im Rahmen eingeräumter Warenkre- 
ditlimite an, so daß sich der Fluß der 
Finanzferungsmittel ausschließlich 
nach der Umsatzentwicklung rich- 
tet Dabei bevorschussen die Institu- 
te die Forderungen zu 90 Prozent 
auch Auslandsforderungen. Die we- 
sentlich höhere Beleihungsquote ge- 
genüber dem Zessionskredit ist hier- 
bei vor allem deshalb möglich, weil 


wir beispielsweise bei der Süd-Fac- 
toring selbst die Debitorenbuchhal- 
tung führen und dadurch ganz genau 
informiert sind, wie jeder einzelne 
Abnehmer beauskunftet wird und 
wie dessen Zahlweise aussieht 

Erst in jüngster Zeit konnten wir 
in zwei Fällen erleben, was es bedeu- 
tet wenn bei expansiven, solventen 
Unternehmen nicht rechtzeitig Fac- 
toring eingesetzt wird. Nachdem die- 
sen Unternehmen ausreichende Si- 
cherheiten nicht zur Verfügung stan- 
den, lehnten die damaligen Haus- 
banken eine erforderlich gewesene 
Erhöhung des Zessionskredites ab 
und rieten den Unternehmen, zu- 
nächst einmal zu konsolidieren. Die- 
ses sahen die Unternehmen auf- 
grund der ständig steigenden Auf- 
träge nicht ein und bedienten sich 
deshalb ab diesem Zeitpunkt bei uns 
der Factoring-Finanzierung. 

Weniger Risiken 

Gleichzeitig wechselten sie zu ei- 
ner anderen Hausbank über, von der 
sie großzügigere Kreditlinien einge- 
räumt erhielten. Damit können wir 
den Beweis antreten, daß Factoring 
nicht einmal dann eine Konkurrenz 
zum Zessionskredit darstellt, wenn 
dieser bei einem stark expandieren- 
den Unternehmen wegen Eins atz 
der Factoring-Finanzierung abgelöst 
wird. Durch die überdurchschnitt- 
lich rasche Geschäftsausweitung be- 
nötigt die Anschlußfirma nämlich 
von ihrer Bank über die Factoring- 
Finanzierung hinausgehende zusätz- 
liche Kreditmittel, zum Beispiel we- 
gen höheren Wareneinkaufs und hö- 
herer Vorratshaltung, die dann den 
Abgang des Zessionskredites über- 
kompensieren. 

Die Übernahme des lOOprozenti- 
gen Ausfallrisikos sowie die Füh- 
rung der Debitorenbuchhaltung ein- 
schließlich Mahnwesen und Inkasso 
sind zusätzliche Bausteine im Facto- 
ring, die beim Zessionskredit weder 
abgedeckt werden können noch sol- 
len. Hinzu kommtnoch, daß mit Fac- 
toring das sonstige Kredit-Engage- 
ment der Hausbauk bei ihrem Kun- 
den wesentlich risikoloser wird, da 
wir nun qualifiziert die Forderungen 
verwalten, um mit der ständigen Bo- 
nitätsüberwachug der Debitoren 
den gemeinsamen Kunden vor For- 
derungsausfällen zu schützen. 

HANS VOLKER MAYER 


Söd-Factoring GmbH 
Tochtergesellschaft der 
Landesbank Stuttgart 

Kronenstraße 36 - 7000 Stuttgart 1 - Telefon (0711) 221811-15 

Ihr Erfolg ! 

Liquidität und Rentabilität 
mit Süd-Factoring. 

Wir, die Süd-Factoring, haben viel mit Ihrer Branche zu tun! 


Wir bezahlen Ihre Forderungen sofort 

Wir übernehmen 
das Ausfallrisiko zu 100 % 


• Wir führen Ihre 

Debitorenbuchhaltung 

Was ist Factoring? 

Wie funktioniert Factoring? 
Wärurn Factoring 
mit Süd-Factoring? 

Fordern Sie unser Handbuch 
für Factoring mit 
detailliertem Fragebogen an. 


itSr*-« 


ZI 




Süd-Factoring // 
GmbH 




MIT FACTORING GEHT'S 


Sie möchten expandieren. Investitionsvorhaben nicht 
länger hinausschieben. Ihre Weichen sind auf „Wachstum“ 
gestellt 

Unsere Antwort an Sie heißt „Factoring“. Damit werden 
Sie wieder flexibel, können wieder Unternehmer sein - in 
des Wortes bester Bedeutung. 

Denn Factoring hält Ihnen für Investitionen den Rücken 
frei, macht aus Ihren Außenständen Bankguthaben und 
bietet Ihnen hundertprozentigen Schutz vor Ausfall-Risikea 

Bei uns finden Sie das individuelle Konzept Mittel- 
ständischen Unternehmen empfehlen wir unser Standard- 
Factoring, Großbetrieben auch das Inhouse-Factoring. 

DG DISKONTBANK ۊ 

Aktien gesell schafi ■ Spezialinstitut der DG BANK-Gruppe 
Kaiser-Friedrich-Straße 7, 6500 Mainz, 

Telefon (0 61 31) 2 04-0, Telex 4 187 754 

Im Verbund der Volksbanken und Raiffeisenbanken. 



FACTORING 






AUS ALLER # WELT 


DIE WELT - Nr. 47 - Montag, 25. Ftebnai I98S 


Verleihung der Goldenen Kamera“ - Mehr als ein Hauch von Hollywood 

„Berlin zeigt wieder Glanz“ 


DIETER DOSE, Berlin 
So viele Stars und soviel Promi- 
nenz auf einen Schlag - das hat Ber- 
lins Internationales Congress Cen- 
truin (ICC) noch nicht erlebt. JHör- 
zu“, Europas größte Femsehzeit- 
schrift, machte es möglich. Zum 20. 
Male wurde die „Goldene Kamera“ 
verliehen. Miliinnpn erlebten die gro- 
ße Starparade live am Bildschirm. 

Glanzvoll der Rahmen, festlich die 
eleganten Roben der Damen. Stark 
vertreten die politische Prominenz, 
an der Spitze Bundespräsident Ri- 
chard von Weizsäcker, die Minister 
Schwäre-Schilling, Stoltenberg, Wor- 
ner, Oppositionschef VogeL 
Verleger Axel Springer konnte we- 
gen einer Grippe nicht teilnehmen. 
Seine Rede verlas sein Generalbevoll- 
mächtigter Dr. Bernhard Servatius: 
„Berlin zeigt wieder Glanz - dieser 
Abend beweist es“, be.onte Springer. 
„Es sind in dieser Stadt wieder so 
viele positive Kräfte geweckt worden, 
wie man dies kaum für möglich ge- 
halten hätte.“ Springers Ausführun- 
gen schlossen mit dem Dichterwort 
von Emst Moritz Arndt, das gestern 
wie heute Bestand hat: „Als Deutsch- 
land durch seine Zwietracht nichts 
mehr war, umfaßte mein Herz seine 
Einh eit und Einigkeit“ 

„Für uns Berliner ist diese alljährli- 
che Verleihung der ^erseh-Oscars* zu 
einer besonders schönen Tradition 


geworden, eine quicklebendige Tra- 
dition, die auf Stärke und Leistungs- 
fähigkeit der Medien-Stadt Berlin 
zwischen Produktion und Publikum, 
Kabel und Kino hinweist“, sagte der 
Regierende Bürgermeister Eberhard 
Diepgen. Es sei in hohem Maße Axel 
Springer zu verdanken, daß Berlin in 
den vergangenen Jahren seine Posi- 
tion als Medienstadt behaupten konn- 
te. 

Waren die Namen der diesjährigen 
Preisträger auch vorher bekannt - 
Joachim Fuchsberger („Berlin muß 
sein Licht nicht unter den Holly- 
wood-Scheffel stellen“) schüttelte 
noch so manche Überraschung aus 
dem Ärmel So staunte Peter von 
Zahn, als ihm der amerikanische 
Astronaut Charles Duke die Aus- 
zeichnung überreichte. Hans Rosen- 
thal („Daüi-Dalli“) bekam die begehr- 
te Trophäe aus den Händen von Peter 
Alexander, dem einzigen, der die 
„Goldene Kamera“ schon dreimal er- 
hielt 

Am weitesten angereist von den 
Preisträgern war Barbara Bel Geddes 
- die „Miss EUie“ aus der „Dallas “-Se- 
rie. „Inge Meysel von Amerika“ nann- 
te sie ZDF-Sprecher Gerhard Klamer 
in der Laudatio. Ihr überreichte Maria 
Schell die Auszeichnung. „Miss Eilig “ 
war ebenso tief gerührt wie Aqja Kru- 
se („Die schöne Wilhelmine“). Die Le- 


ser der „Hörzu“ haben sie zum beste 
weiblichen Nachwuchsstar des Fern 
sehens gewählt 

Viel Beifall auch für die anderer 
Preisträger. Heidi Kabel Peter Weck 
JHeimat“ -Regisseur Edgar Reitz 
Ephraim Kishon und schließlich ab 
größte Überraschung Max Schme 
ling. Begründet damit daß der ehe- 
malige Boxweltmeister auch Jahr- 
zehnte i wh seinen Triumphen irr 
Ring noch ein Idol und Vorbild ist 
Goldene Ehrenkameras gab es füi 
deutsche Goldgewinner bei der 
Olympischen Spielen in Los Angeles, 
überreicht durch frühere Stars und 
Preisträger wie die einstige „schwar- 
ze Gazelle“ Wilma Rudolph und Ball- 
künstler Pete. 

Auch die Besucher eines Kara- 
jan-Konzerts in der Berliner Philhar- 
monie nahmen kurz Anteil an der 
Verleihungszeremonie. Zn einer Pau- 
se übergab ^örzu “-Chefredakteur 
Peter Bacher dem Maestro die „Gol- 
dene Kamera“. Wegen des Konzerts 
konnte Herbert von Karajan nicht di- 
rekt riahgrspin. Das weltberühmte 
deutsche Duo „Siegfried und Roy“ 
hatte die Auszeichnung schon vor ei- 
nigen Tagen in Las Vegas erhalten. 

1 Höhepunkt und Abschluß des Ga- 
laabends: Rund 200 Preisträger, die 
neuen und die früheren, versammel- 
ten sich auf der Bühne zum Finale. 









Übenchwenglteftw Freude über die «Goldene Kamera” bei Barbara Bel Geddes; auch Max SchmeBsa 
(recht») erhielt den begehrten Preis; Boy Gobeit (Mitte) ge h B i t e zu den Gdsten foto: klar/dpa 


Aufstand der Fußgänger 

Interessenverein gegründet / Auch Radfahrer im Visier 


leute heute Der Mann als zweite Wahl der Natur 


F. D LED ERICHS, Berlin 

Die Forderungen sind bekannt 
Nur ihre Durchsetzung wollen die In- 
itiatoren des ersten bundesweiten 
Fußgängerschutzvereins „Fuß e.V.“ 
mit Sitz in Berlin radikaler als je zu- 
vor betreiben. Notfalls sogar mit einer 
Klage vor dem Bundesverfassungsge- 
richt will der Verein, der sich als „An- 
lauf- und Koordinationsstelle für 1400 
Bürgerinitiativen aus dem Verkehrs- 
bereich“ versteht den „an die Wand 
gedrückten Fußgängern“ zu mehr 
Recht verhelfen. 

Die Mitglieder der Initiative sehen 
sich stellvertretend für die Mehrheit 
der Deutschen „der Minderheit der 
Autofahrer“ hilflos aus geliefert. 
Hauptvorwurf an die Politiker Die 
Zahl der getöteten und verletzten 
Fußgänger sei von der bisherigen 
Verkehrspolitik nicht reduziert wor- 
den. „Eine sichere Existenz von Fuß- 
gängern in Städten wird durch die 
zulässige Höchstgeschwindigkeit von 
50 km/h und die geduldete Geschwin- 
digkeit von über 70 km/h unmögüch 
gemacht", formulierte am Wochen- 
ende auf der Gründungsversamm- 
lung Professor Rainer Meyfahrt von 
der Gesamthochschule Kassel das 
Kernproblem. 

Als einziges und „sehr einfaches“ 
Heilmittel sehen die Passantenschüt- 


zer deshalb Tempo 30 auf allen Stadt- 
straßen an. Zweitrangige Forderun- 
gen sind längere Ampelphasen für 
Fußgänger und der Ausbau des öf- 
fentlichen Nahverkehrs. Eher zahm 
kling t der Appell an die Polizei, das 
Parken auf Bürgersteigen und Geh- 
wegen mit spürbaren Geldstrafen von 
100 Mark je Autorad zu ahnden. 

Als Musterbeispiel für die nach An- 
sicht der Initiative beklagenswerte 
Aggressi o nsverteilung im Straßen- 
verkehr zu Lasten der Fußgänger 
sieht Professor Meyfahrt die Fußgän- 
gerzonen an. Der Autoverkehr habe 
in zahlreichen Städten dafür gesorgt, 
daß Radwege, Bus- oder Straßen- 
bahnspuren in Fußgängerzonen ver- 
legt worden seien. „Dort ist der Rad- 
fahrer als eigentlicher Feind der Fuß- 
gänger entdeckt worden“, kritisierte 
Meyfahrt in seinem Vortrag. 

Der Verein stützt sich auf Zahlen 
aus dem Bundesverkehrsministeri- 
um. 60 bis 70 Prozent aller Wege wür- 
den beute noch per pedes zurückge- 
legt, am meisten gehen Kinder, Rent- 
ner und Frauen zu Fuß. Am gehfaul- 
sten hingegen seien Männer im Alter 
zwischen 25 und 60 Jahren mit Ab- 
itur, Hochschulabschluß und höhe- 
rem Einkommen - just jene, die „für 
die Verkehrsplanung verantwortlich 
sind“. 


Alkohol am Steuer 

Es ist ja nicht gerade eine Selten- 
heit, daß jemand, der zu tief ins Glas 
geschaut hat, bei der Heimfahrt in 
eine Verkehrskontrolle gerät Ein un- 
gewöhnliches Ereignis ist es aber, 
wenn der Ertappte John Roach heißt 
und Erzbischof ist Für den 63jäh- 
rigen ame rikanis chen Kirchenfürsten 
endete am Donnerstag eine Autofahrt 
in der Ausnüchterungszelle. „Ich ha- 
be unklug gehandelt und habe mir 
eine sehr schwerwiegende Fehlein- 
schätzung zuschulden kommen las- 
sen“, gestand der Erzbischof vor ei- 
ner Versammlung katholischer 
Taten, Ihm droht nun eine Strafe von 
bis zu 90 Tagen Haft und 700 Dollar 
Geldbuße. 

Alte Liebe 

Alte Liebe rostet nie. Das scheint 
Hollywood-Star Warren Beatty (47) 
zu beweisen. Sieben Jahre hatte er 
ein Verhältnis mit der englischen 
Schauspielerin Julie Christi« (44). 
Nachdem ihm Diane Keaton vor kur- 
zem den Laufbaß gegeben hat macht 
er wieder Julie Christie den Hot Jetzt 
hat er einen Makler beauftragt ihm in 
den Bergen von Wales ein Haus zu 
beschaffen. Einzige Bedingung: Es 
muß in der Nähe von Julies Bauem- 
hofliegen. 


Psycbotherapie-Seminar über Identität and Identitätskrisen der modernen Frau 


INGRID ZAHN, Aachen 

Noch Thomas Mann genierte sich 
nicht die Geburt eines weiblichen 
Nachkommen als etwas „Unemsthaf- 
tes“ zu bezeichnen. Die Frau von heu- 
te wird emstgenommen. Drei „Zau- 
bermittel" haben sie in die Mündig- 
keit entlassen: die Pille, die Hosen- 
mode und der Umgang mit der Tech- 
nik. 

Die Düsseldorfer Analytikerin Pro- 
fessor Melitta Mitscherlich versuchte 
anläßlich der gestern zu Ende gegan- 
genen Aachener Psychotherapietage 
diesen Wandel deutlich zu machen. 
Gerade angesichts der Krisen in der 
modernen Welt muß nach ihrer An- 
sicht der Einfluß der an Menschen, 
Natur und „Ganzheit“ interessierten 
Frauen gegenüber den technisch-ana- 
lytisch geprägten Männern wachsen. 

Die Frau, die sich den leidigen 
Freud 'sehen Penisneid endlich vom 
Halse schaffen will, könne heute froh- 
locken. Am Anfang, sagte Frau Mit- 
scherlich, stehe nicht der männlich«* 
nicht der zweigeschlechtliche, son- 
dern der weibliche Embryo. Erst im 
Laufe der Schwangerschaft entschei- 
de sich die Natur für den Verbleib der 
weiblichen oder die Abwandlung in 
die männliche Ausprägung. Grund 
genug, ein selbstbewußtes Leben auf 
dem Fundament der „geschlechtli- 


chen Identität“ zu versuchen. Ein Le- 
ben, das den Mann als die zweite 
Wahl der Natur nicht ausklammert, 
sondern freundlich ergänzend zuläßt 

Der Alltag in den Praxen deutscher 
Analytiker und Therapeuten sieht an- 
ders aus. 1982 sind 70 Milli onen Marie 
von d en gesetzlichen Krankenversi- 
cherungen für psychoanalytische und 
verhaftenstherapeutische Fachpsy- 
chologie ausgegeben worden. Das 
rund Fünffache wurde für die psy- 
chotherapeutische EnueOeistuiig 
durch Psychiater und Allgemeinäizte 
zusätzlich verwendet Für den glei- 
chen Zei traum sind rund eine Milliar- 
de Mark in Tte nihigirngsm Itt el umge- 
setzt worden. 

Es sind vor allem Frauen zwischen 
30 und 50 Jahren in psychischer Not- 
situation, die ärztlichen Rat suchen. 
Gründe genug, um das 10. westdeut- 
sche Psychotherapeutische S eminar 
in Aachen unter das Motto „Frau sein 
heute“ zu stellen. In Fachvorträgen 
und Seminaren wurde Bilanz gezo- 
gen über die Storungen im „seeli- 
schen Haushalt“ der Frau, und eine 
mögliche Hilfestellung durch den 
Hausarzt, den Gynäkologen, Interni- 
sten, Kinderarzt und Psychothera- 
peuten aufgezeigt 

1200 Teilnehmer, darunter über- 
wiegend junge Ärztinnen und Ärzte, 


besetzten die Kurse für tiefenpsycho- 
logische Marchendeutung, Hypnose, 
autogenes Training und nonverbale 
Aufbereitung von Konflikten durch 
die sogenannte „konzentrative Bewe- 
gungstherapie“. Gerade weil Frauen 
weit häufiger als Männer den Tränen 
über ihre unbewätigten Probleme 
freien Lauf lassen, während das ge- 
standene Mannahiid allenfalls soma- 
tisch leidet oder zum Suchtverhalten 
Zuflucht nimmt, sehen Ärzte in sol- 
chen Therapien Ansatzpunkte zur ge- 
meinsamen Konfliktbewältigung. 
Insbesondere jüngere Frauen und 
Minner geben amriinwnd traditio- 
nelle HaHnngan au£ werden zu zärt- 
lich mit dem Nachwuchs schmusen- 
den, sich gegenseitig vertretenden 
Jäappis“ und „Pammis“. Der vielzi- 
tierte Wertewandel ist im Fluß und 
überspült die traditionelle Familien- 
struktur. 

Konfliktstoff vor allem für die älter 
werdende Frau. Ihre Zahl wächst, in 
Aachen leben bereits mehr Frauen 
Über 75 Jahre (1900), als Kinder neu 
eingeschult werden (1800). Bei ihr ist 
die Therapie am schwierigsten, wie 
der Bayreuther Psychiater Band Kü- 
gelgen aus seinem Praxisalltag be- 
richtete. Gerade deshalb wird es im- 
mer dringender, sich mit ihr und ih- 
ren Problemen zu beschäftigen. 


WETTER: Heiter 


Zu ergötzen die Herzen mit Singen und Scherzen 


Wetterlage: Ein Hochdruckgebiet mit 
Schwerpunkt über dem Alpenraum 
bestimmt das Wetter. An seiner Nord- 
flanke ist milde Meeresluft nach 
Deutschland eingeflossen. 



Vorhersage für Montag : 

Im gesamten Bundesgebiet und Raum 
Berlin stellenweise Frühnebel. Tags- 
über sonnig, zeitweise auch leicht be- 
wölkt und niederschlagsfrei- Tages- 
höchsttemperaturen 5 bis 10 Grad. 
Nachts Abhühiungauf Z bis null Grad, 
im Süden leichter Frost. Schwacher 
Wind, vorherrschend aus Süd bis Süd- 
west 

Weitere Aussichten: 

Wolkig bei wenig geänderten Tempe- 
raturen 

Temperaturen am Sonntag . 13 Uhr: 


Sj*n»i l3bBtota.wfca&MFC. «natadia* 
= nUai «Springen, «fegen *SdneeUl TSdim 
Grime ESfegan £5Sd*ee. ESMAjuhMpwe 
■-Ha*- MaHnKkgriMe liPamnwa =>wm. HNoi 
hwn MwWmtoi «uOIn uuMkn 
SS« U*ngtadM luMuka nOOOafcJSOml 


Berlin 

4* 

Kairo 

21° 

Bonn 

8* 

Kopenh. 

Oö 

** 

Dresden 

2* 

Ta« Palmas 

19* 

Essen 

7° 

London 

4° 

Frankfurt 

6° 

Madrid 

e* 

Hamburg 

4* 

Mailand 

4* 

list/Sylt 

3° 

Mallorca 

13° 

München 

3“ 

Moskau 

-14" 

Stuttgart 

8* 

Nizza 

11* 

Algier 

14° 

Oslo 

1° 

Amsterdam 

7° 

Paris 

10° 

Athen 

0“ 

Prag 

2* 

Barcelona 

10° 

Rom 

7" 

Brüssel 

8° 

Stockholm 

-e° 

Budapest 

-2° 

Tel Aviv 

20“ 

Bukarest 

-4° 

Tunis 

12* 

Helsinki 

-15" 

Wien 

r 

Istanbul 

-10“ 

Zürich 

.5° 


Sonnenaufgang* am Dienstag : 7.14 
Uhr, Untergang: 17.57 Uhr; M ondanf- 
gang: 9.34 Uhr. Untergang: 0.13 Uhr 
•in MEZ, zentraler Ort Kassel 


DIETHART GOOS, Hamburg 

Wer Pech hat, kann an einer zugi- 
gen Stelle des großen Festsaales pla- 
ziert werden. Oder man hat Tisch- 
nachbarn, mit denen ein Gespräch 
über vier Stunden etwas mühsam 
werden kann, wenn, nanh immer 
neuen Konversationsübungen die 
Themen ausbleiben. Das Menü ist or- 
dentlich, Gourmets geraten dabei 
aber gewiß nicht in Verzückung. 
Denn es kann schon passieren, daß 
die Suppe kühl und das Halbgefrore- 
ne lau serviert wird. Und dennoch übt 
dieser Abend im Hamburger Rathaus 
eine einzigartige Faszination aus. 
Nicht ohne Stolz sprechen die Ver- 
antwortlichen des Protokolls von 
dem wohl begehrtesten festlichen 
Abendessai im ganzen Lande. 

Die jährliche Matth ia e -Mahlzeit, ze- 
lebriert gegen Ende Februar am Na- 
menstag des heiligen Matthias oder in 
direkter zeitlicher Nähe, ist das älte- 
ste Gastmahl auf deutschem Boden. 
Seine Ursprünge gehen auf das Jahr 
1356 zurück. Das „Convinium eines 
Ehrbaren Rates“ bat die „Hamburg 
wohlgesonnenen Mächte“ zu einem 
opulenten Essen, um die zum Jahres- 
anfang vom Bürgermeister vollzoge- 
ne Geschäftsverteilung unter den eh- 


renamtlichen Senatoren öffentlich zu 
verkünden. 

Im Laufe der Jahrhunderte hat sich 
die Prozedur geändert, der eigentli- 
che Anlaß ist nicht mehr gegeben, 
geblieben ist aber mit dem Matthiae- 
Mahl ein willkommener Anlaß des 
Senats der Freien und Hansestadt 
Hamburg, Politiker, Diplomaten, 
Wlrtschaftsführer, Kaufleute, heraus- 
ragende Persönlic h keiten des öffent- 
lichen Lebens als besondere Gunst- 
bezeigung oinTiilaripn. 

Wer zu den Auserwählten gehört, 
am Freitag abend waren es neben 
dem Hausherrn Klaus von Dohnanyi 
und seiner Frau Christa 365 Gäste, 
der kann eines eindrucksvollen 
Schauspiels im bald hundertjährigen 
Rathaus si cher sein. Welches Dinner 
bei Kerzenschein wird schon von ei- 
ner Tafelmusik umrahmt, die Georg 
Philipp Tele mann anno 1711 e»ge ns 
für die Matthiae-Mahlzeit komponier- 
te und in die Partitur schrieb: . . zu 
ergötzen die Heizen mit Singen und 
Scherzen, weü Hamburgs regierender 
Götterkreis lacht“. 

Und welche Tafel wird schon so 
üppig mit Senatssilber geschmückt, 
das gottlob wohlbehalten etliche 
Kriegswirren überstand. Kostbare 


Kelche, weit ausladende Leuchter, 
Tafelaufsätze, schwere Silberplatten. 
Und dazu für jeden Gast das tradi- 
tionsreicbe Süberbesteck. Ungeniert 
darf man Messer, Gabeln und Löffel 
wenden, um das Alter zu ergründen. 
Da kann es schon sein, daß man mit 
Bestecken speist, die ein Senator im 
17. Jahrhundert der Stadt beim Aus- 
scheiden aus dem Amte schenkte. 

Dabei zu sein, bedeutet großes ge- 
sellschaftliches Prestige. Um so mehr 
war mancher Notable in diesem Jahr 
irritiert, als die sehnlichst erwartete 
Einladung ausblieb. Klaus von Doh- 
nanyi persönlich hatte die Gästeliste 
durchforstet manche Namen getilgt 
imri dafür neue hinzugesetzt An die- 
sem Ereignis, das immerhin etwa 
70 000 Mark aus der arg strapazierten 
Landeskasse erfordert nahmen auf 
Wunsch des Bürgermeisters hochran- 
gige Vertreter des Wirtschafts- und 
Kulturlebens aus nahezu allen wichti- 
gen Zentren der Bundesrepublik 
Deutschland und der Nachbarn teil. 
So gehörte auch Artur Maul, Direktor 
des Volkseigenen Kombinats für See- 
verkehr und Hafenwirtschaft in Ro- 
stock, zur festlichen Tafelrunde. 

Glanzlichter des Abends sind die 
Ehrengäste. Am Freitag waren es der 


französische Kulturminister Jack 
Lang und der baden-württembergi- 
sche Ministerpräsident Lothar Späth. 
Da sparte Gastgeber Dohnanyi in sei- 
ner hunrorvolfhistorisch gewürzten 
Begrüßungsansprache nicht mit Ar- 
tigkeiten in Richtung Paris und Stutt- 
gart Die beiden Politiker von Seine 
und Neckar dankten mit vielen Kom- 
plimenten für Hamburg und den Nor- 
den. Doch es war mehr als nur als 
Protokoll und Konvention. 

Der sozialistische Kulturminister, 
Professor der Rechte und ehemaliger 
Schauspieldirektor, spannte den gro- 
ßen Bogen der ah enrilänri jgphpTi , der 
Kultur des europäischen Kemlandes. 
Jack Lang warb für ein europäisches 
Kulturprogramm im Fernsehen. 

In seiner „Späth-Lese“, er trat erst 
nach 23 Uhr an das Rednerpodium, 
nahm der Regierungschef aus Stutt- 
gart die Anregung aus Paris dankbar 
aut Die Europäer sollten sich zusam- 
mentun, um europäische Kultur und 
Technologie gemeinsam zu nutzen. 
Wünschenswert sei ein europäischer 
FemsehkulturkanaL Der Beifall für 
diese Anregungen war nicht nur 
freundlich, sondern war auch Dank 
für einen großen Abend im Namen 
des heiligen Matthias. 


Ein Toter und 
viele Verletzte 
bei Bränden und 
Explosionen 

. . dpa, Düsseldorf 
Bei Explosicmem und Bränden sind 
über das Wochenende in Nordrhein- 
Westfalen, Niedersachsen uödBay- 
em ein kteiner Junge getötet und 28 
Menschen zun Teil schwer vstem 
worden. Des* Sachschaden geht nach 
Angaben da- Polizei in die Mühonen. 
Ursache der Explosionen in einem 
dreigeschossigen Wohnhaus in Düs- 
seMor£in der Hausmeisterwohnung 
einer Dortmunder Realschule und in 
einer ehemaligen Molkerei in Soest- 
Osttünnen war ausströmendes Gas. 
Warum im K e lter eines von 20 türki- 
schen Familien bewohnten Hauses in 
Rheine Feuer ausbrach, muß noch 
ermittelt werden. Ein zwei Jahre alter 
Junge, kam am Samstag bei einem 
. Wohnungsbrand bei Helmstedt ums 
Leben. Er starb an einer Rauchvia-gif- 
tung. Die Wucht derExplosion Sams- 
tag nacht in dem aus der Vorkriegs- 
zeit stammenden Haus in Düsseldorf 
riß in Fassade und Rückfront riesige 
Löcher. Feuer zerstörte den Rest Die 
Bewohner konnten sich retten und 
wurden verletzt in Krankenhäuser 
gebracht 

Größter Käseraab 

AP, Parma 

Die Polizei der italienischen Stadt 
Parma fahndet nach einer minde- 
stens zehnköpfigen Gangsterbande, 
die den vermutlich größten Käseraub 
aller Zeiten inszeniert hat Die be- 
waffneten Banditen waren am Freitag 
vor Tagesanbruch in eine Käserei ein- 
gedrungen, hatten den Eigentümer 
und vier weitere Personen in Schach 
gehalten und schließlich Parmesan- 
käse im Wert von fast einer Million 
Mark auf zwei Lastwagen abtranspor- 
tiert 

Ohne AIDS-Gefahr 

dpa. Hamburg 
In Hamburg ist mit großem Auf- 
wand ein „bahnbrechendes“ Verfah- 
ren entwickelt worden, mit dem 
AIDS- verdächtige Blutkonserven er- 
kannt und ausgeschieden werden. In 
spätestens acht Wochen wird das Ver- 
fahren in die Praxis eingeiührt sein. 
Das erklärte Gesundheitssenatorin 
Christine Maring (SPD) auf einem 
AIDS-Symposium in Hamburg. 

Fastenaktion eröffnet 

dpa, Augsburg 
Die bundesweite 27. Katholische 
Fastenaktion Misereor ist gestern in 
Augsburg eröffnet worden. Die Ak- 
tion ist vor allem den Gesundheits- 
problemen der Dritten Welt gewid- 
met; der Schwerpunkt soll beim indi- 
schen Subkontinent liegen. Pilger- 
gruppen aus dem ganzen Bistum hat- 
ten sich am frühen Sonntag morgen 
mit selbstgefertigten Kreuzen zu ei- 
ner Stern wallfahrt nach Augsburg 
auf den Weg gemacht 

1000 Weißwale befreit 

rtr, Moskau 

Die seit Jahresanfang in einer 
Bucht im Beringmeer durch Packeis 
pingeschlossenen 1000 Weißwale sind 
wieder frei Ein sowjetischer Eisbre- 
cher hat für die Tiere einen rund 70 
Meter breiten Fluchtkanal gebro- 
chen. 

Familiendrama 

dpa, Brüssel 
Bei einem Familiendrama im Brüs- 
seler Vorort Overjjse haben am Wo- 
chenende sieben Menschen das Le- 
ben verloren. Der 63 Jahre alte Jozef 
Deraymaeker ertränkte sich in einem 
Brunnen, nachdem er zuvor sechs 
Angehörige erschossen und dami t 
seine Familie ausgelöscht hatte. 

Mehr Schnee- Leoparden 

dpa, Neu-Delhi 
Die Zahl der vom Aussterben be- 
drohten Schnee-Leoparden in La- 
dakh an der indisch-chinesischen 
Grenze hat sich in den vergangenen 
fünf Jahren offenbar verdoppelt La- 
dakh ist die einzige Region der Welt 
in der es die Tiere noch gibt 


ZU GUTER LETZT 

JSer tickt die Schere im Kopf ganz 
gewaltig. “ Die FDP-Bundestagsa bge- _ 
ordnete Hildegard Hamm-Brücher ' 1 
auf dem Saarbrücker Parteitag. 



Juwelen und Pietiosen.Beratung und Schätzung. 








Art Deco Korailen/Bergkristall- 
Geheimnisuhr von Cartier 




Diamant- 

Schmetterlmgsbrosche 









Art Deco Bergkristall/Saphir/ 
Diamantuhr von Cartier 


Diamant-Federbrosche, 
ca. 1910 


Edelstein-Black am oor- Eine Plique-ä-jour Email/ 

Brosche von Cartier Perlenbrosche, ca. 1900 


Völlig unverbindlich für Sie schätzt 
und berät Sotheby’s Expertin 
Brigitta Blangey in Deutschland! 

München; Dienstag, 5. März 1985 
Frankfurt: Mktwoä, 6. Mäiz 1985 
Köln: Donnerstag, ZMaizl985 

Voranmeldung erbeten: 
München: (089)222375 
Frankfurt: (069)622026 
Köln: (0221)249330 

SOTHEBY5 

FOUNDED1744 


w. 








iurnniatL 2 S. F^3arl985 - Nr. 47 - DIE WELT 


KULTUR 


19 


Pankraz, J. Habermas 
und die Banalität 


igenattig berührt wurde Pan- 
Jjkraz bei Lektüre änes Vortrags, 
den Jürgen Habermas vor einiger 
Zeit in Spanien gehalten hat Haber- 
mas besagt da den Verlust utopi- 
scher Ferajxdäiven in der Politik, 
und er tut das in der umständli- 
chen, unfrohen* von Neologismen 
veretopften Art, d ie m m einmal sein 
Stil ist Aber gegen Ende des Manu- 
skripts taucht plötzlich ein klar ver- 
ct5nrilfrjhe r r wehmütiger Satz auf; 
„Wenn die utopischen Oasen ang. 
trocknen, breitet sich eine Wüste 
von Banalität und Ratlosigkeit 
aus." 

„Sieh da“, dachte Pankraz bei 
■gfrh , „auch im Päpiergemüt eines 
Kathedeacbengstes wohnt die blaue 
Blume der Romantik. Auch die 
Weltverbesserungspläne dar aller- 
neuesten Observanz werden emrig 
und altem deshalb ausgetüftelt, weil 
einige Zipfelmützen Angst vor der 
Banalität haben. Die Utopie ist für 
sie dasselbe wie das Actionkino an 
der Ecke für die Halbwüchsigen.“ 
Ein Freund, dem Pankraz seinen 
Fund zeigte, meinte, dagegen sei 
doch nichts einzu wenden. Auch die 
alteren Semester hätten ein Recht 
auf Unterhaltung. Das ist natürlich 
richtig . Nur ist d&S Hern m hantieren 
mit Wehverbesserungs-Utopien in 
der Regel etwas folgenreicher als 
ein Kinobesuch. Man muß dabei gar 
nicht an die relativ seltenen Fälle 
Hcnk&n, da die Utopisten die Macht 
bekommen, mit ihren Utopien 
Eknst zu machen, und - statt Kino- 
blut - das reale Blut ihrer Mitmen- 
schen vergießen. Es genügt ein 
Bück in jene Weltgegenden, wo das 
Alltagsleben unter dem Gesetz 
utopischer Verheißungen steht 
Man wird feststellen, daß es dort 
sehr viel banaler und langweiliger 
zugeht als in nichtu topischen Re- 
gionen- „Die Langeweile von 
Minsk“ ist geradezu zum Topos der 
neueren Literatur geworden. 

Utopie liefert also nicht das Ge- 
gengift gegen die Banalität, son- 
dern ist im Gegenteil eine ihrer Vor- 
aussetzungen. „Banalität“ kommt 
vom französischen Je ban“, was, 
neben manchem anderen, soviel 
wie „öffentliche Ankündigung“ 
heißt Eine „prodamation banale“ 
oder Annonce banale“ ist in ländli- 
chen Gegenden Frankreichs noch 
heute eine öffentliche Bekanntma- 
chung. Die Öffentliche Bekanntma- 
chung erst verwandelt das Leben in 
Banalität nämlich in eine von oben 
formierte, eintönig gemachte Ange- 
legenheit, bei der möglichst alle das 
gleiche tun und denken sollen, ge- 
nau wie bei der Utopie, die ja eben- 
falls eine öffentliche Ankündigung 
ist, ein Angriff auf Privatheit und 
Individualität 

Es hat in der letzten Zeit - nicht 
zuletzt unter dem Einfluß von Ha- 
bermas und seinesgleichen - eine 
Inflation des Wortes „Utopie“ gege- 
ben, dergestalt, daß mittlerweile 
auch ganz persönliche Vornahmen 
und Zielsetzungen als Utopien aus- 
gegeben werden. JUeine Utopie ist, 
eine tolle Freundin und einen guten 
Ausbildungsplatz zu bekommen“, 
sagen heute Schulabgänger. So 
konnte der Eindruck entstehen, als 
sei utopisches Denken eine pure 
Selbstverständlichkeit, ein Denken 
auf Ziele hin, die voll im Bereich 
übersehbarer Möglichkeit liegen 
und kurz- oder mittelfristig einlös- 
bar sind. Der Begriff der Utopie 
wurde gewissermaßen selber bana- 
lisiert und dadurch freilich auch 
entschärft 

Demgegenüber gilt es in Erinne- 
rung zu rufen, daß der politische 
Utopiebegriff seit Thomas Morus 


und f^rapandla keineswegs eine 
Selbstvers tändlichkeit , sondern ei- 
ne Zumutung sowohl für ein- 
zelnen als auch für die Gesellschaft 

ist Er möchte die Menschen ins 
Korsett abstrakter, am Schreibtisch 
ausgedachter Verordnungen zwän- 
gen, und zwar im Namen nicht we- 
niger abstrakter, nicht weniger aus- 
gedachter Prinzipien, als da rimy 
„ Der Neue Mensch“, „Die absolute 
Gerechtigkeit“, JDas Paradies auf 
Erden“. Der Geist der Utopie ist 
tatsächlich nichts weiter als der be- 
schränkte Geist des Dorfpolizisten, 
der die jeweils neueste Annonce 
banale“ verkündet, wobei er nie auf 
den . ' Gedanken kommt zu fragen, 
wer die Verwalter absoluter Wahr- 
hei t en eigentlich sind, die ihm da 
die Trommel in die Hand drücken. 

Das Fbdertsein auf Utopie wirkt 
in zweifacher Hinsicht banalisie- 
rend, nach innen wie nach außen. 
Zunächst wird da* Utopist mit der 
Tatsache konfrontiert, daß sein an- 
geblich so unfehlbares Verände- 
rungs-Modell prnfftph nicht pftsren 
will, immer wieder von der Wirk- 
lichkeit ad absurdum geführt wird. 
Er reagiert darauf mit dem Versuch, 
die Wirklichkeit ihrerseits Ham Mo- 
dell anzupagapn, sie an «Thm F-cfcpn 
und Enden zu kappen und zu ver- 
schneiden, sie „auf Linie zu brin- 
gen“, sie zu „vereinheitlichen“. Die 
Fälligkeit des Lebens schnurrt ihm 
zusammen zu einer grauen Schar 
bloßer „Widersacher“, das Utopie- 
modell verwandelt sich in einen 
sc heußlichen Götzen, dem nur nooh 
geopfert werden muß. Jch glaubte 
in einen Quell reinen Wassers zu 
steigen und fiel in einen Sumpf von 
Blut und Dreck“, beschrieb einst 
Arthur Koestier seine Erfahrung 
mit dem utopisch fixierten Kom- 
munismus. 

Doch das utopische Geschäft hat 
auch eine Au ßenseite, und die 
nimmt ebenfalls Schaden. Indem 
der Utopiker die Dinge der Welt 
stets nur auf ihre mögliche Verän- 
derbarkeit abtastet, stumpft er ab 
gegenüber den reichen Valeurs des 
gplafissn HahinflteBenriftn Das eins 

und Soseins. Im vertrauten, schö- 
nen Rhy thm us eines unaufgereg- 
ten, scheinbar nur sich selbst repro- 
duzierenden Alltags vermag er bloß 
„Banali tät" zu sehen, die Bemühun- 
gen des „Alltagsmenschen“, seine 

tägliche Pflicht wi tim, anständig m 

bleiben vor Gott und den Mitmen- 
schen und dadurch Sinner f ullung 
zu finden, sind ihm nichts als Feig- 
heit und Anp assung . Zum Schluß 
bleibt ihm nur noch die „Ratlosig- 
keit“ der Wüste, wie das In dem 
oben zitierten Satz von Habermas 
so erschütternd zum Ausdruck 
kommt. 

Auf den Gedanken, daß es gerade 
die so emphatisch beschworenen 
„utopischen Oasen“ waren, die ein 
einstmals blühendes Land durch 
die Unmäßigkeit ihrer Sinn-Dräna- 
ge in Wüste verwandelten, kommt 
Habermas nicht Aber genau da 
liegt des Pudels Kern Der Reich- 
tum des Lebens, sein Sinn* läßt sich 
nicht auf einige Utopieflaschen ab- 
ziehen. Wer es dennoch versucht, 
versündigt sich an der geistigen 
Umwelt Er richtet mindestens so 
viel Unheil an wie jene Umweltsün- 
der, die die Ozeane ruchlos mit 
Dünnsäure „verklappen“. 





Körnte die Sehnsüchte itbw Figuren: „DetrTanz'voe Antoine Watteau, aus der Ausstellung in Berlin 


FOTO; BINDEK/miEL£ 


Mit der Melancholie des späten Rokoko - Die große Watteau-Ausstellung im Charlottenburger Schloß 

Das Geheimnis des kleinen Murmeltiers 


B erlin verdankt Hiasp Ausstellung 
Friedrich dem Großen! Er war 
ein Bewunderer, ein Fan, ein (wie 
man heute gut deutsch sagen würde) 
Afidonado Antoine Watteaus. Er be- 
saß rund 90 Bilder aus dem Umkreis 
des Künstlers imH 14 ei genhändig e 
Gemälde. Zwölf Büder befinden sich 
heute im Besitz der Staatlichen 
Schlosser und Garten und der Ge- 
mäldegalerie Preußischer Kulturbe- 
sitz in Berlin. Als die Washingtoner 
National Gallery und der Pariser 
Louvre aus Anlaß des 300. Geburtsta- 
ges von Antoine Watteau (1684-1721) 

zu ihrer immens en AiiKs tP-Öiing anhn- 

hgn kamen sie an Berlin mit seiner 
neben Paris bedeutendsten Gemäl- 
desammlung dieses Künstlers als 
Leihgeber gar nicht vorbei Die Lon- 
doner Wallace-Coltection, drittgröß- 
ter Watteau-Verwalter, hat mit ihrem 
strikten Reglement jedweder Auslei- 
herei nhnphin einen Riegel vorge- 
schoben. 

Wenn auch gegenüber der Louvre- 
Darbietung erheblich reduziert, wird 
die Schau für Berlin nun zum sprich- 
wörtlich krönenden Abschluß jener 
Zitterpartie um die „Enschiffüng 
nach Kythera“, die mit staatlichem 
Engagement und bürgerlicher Initia- 
tive (ä 15 Millionen Mark) zum glück- 
lichen Verbleib des Gemäldes im 
Schloß Charlottenburg führte. 

Das Bild, dessen erste Version die 
Goncourt-Brüder das „Wunder unter 
den Wundem des Meisters“ nannten, 
ist jetzt an einem Ehrenplatz im Wei- 
ßen Saal, und überdies unverglast, zu 
betrachten. Direkt gegenüber, er- 
schütternd und bezaubernd, die 
Hauptperson dieser Ausstellung: der 
„Gilles“ genannte Pierrot aus dem 
Louvre. Die Wissenschaft hat die le- 
bensgroße Gestalt auf verschiedenste 
Weise gedeutet, als Selbstbildnis des 
Künstlers, gar als „Ecce-Homo“, den 
an seinen Jfitbrüdem leidenden Men- 


schen. Heute neigt man »har Ha wi, 
dem womöglich als Ladenschild ge- 
dachten Bf ld (für ahamaligan 
Schauspieler, der ein Cafe betrieb) 
die Melancholie wegzudiskutieren. 

Dennoch: di eses Zauberbild ist 
weit mehr als ein Portrait Es scheint 
die Rätsel und Irritationen monu- 
mental zu verdichten, die so viele an- 
dere Bilder Watteaus auf geben. Zu 
einer Zeit, als die italienischen Komö- 
dianten aus Paris vertrieben waren, 
deutete d i** y Kiinstipr das Theater 
als Spiegel des Lebens - und umge- 
kehrt Die Menschen der „f&tes ga- 
lantes“, die sich in der Natur zu sehn- 
suchtsvollen Liebesbegegnungen fin- 
den, sind Darsteller eines höchst inti- 
men psychologischen Menschheits- 
theaters. Sie wenden sich einander 
zu. Aber immer wieder gibt es die 
„Unbeteiligten, die Rin ««mm , die 
Abseitsstehenden“. 

„Gilles“ und „Kythera“ sind beide 
Gegenstand der Enträtselung in Do- 
nald Fosners kürzlich von den 
„Freunden der preußischen Schlös- 
ser und Gärten" in deutscher Sprache 
vorgelegter Watteau-Untersuchung 
(Verlag Frölich & Kaufmann, 98 
Mark). In beiden Fällen wird der ver- 
gleichende Leser und Betrachter 
Zweifel empfinden. Erhellend sind al- 
lerdings Posners Beiträge zur Ges 
schichte des womöglich bedeutend- 
sten Stückes der Charlottenburger 
Sammlung, des „Ladenschilds des 
Kunsthändlers Gersaint“. Tatsäch- 
lich hat der bereits todkranke Künst- 
ler seihst darauf bestanden, diese un- 
gewöhnlich großen Tafeln binnen 
kürzester als Geschenk für Ht»n 
befreundeten Gersaint zu malen. Es 
ist eine besondere Pointe, dieses Ge- 
mälde, das man als Watteaus persön- 
lichen Kommentar zur Geschichte, 
zur Kunst wwr Zeit und zur gängi- 
gen Kunstbetrachtung lesen kann, 
zugleich als ein Stück -Concent Art“ 


zu sehen. Mochte doch dieses herr- 
lichste alW tJ T jiHAnsi*hi1H«>r IJ 1| Ha« so- 
fort die Kauflust von Sammlern 
weckte, an der Front des Ge rsa mi- 
schen Bildergeschäftes auf dem Pont 
Notre-Dame allen Einwirkungen der 
Witterungen preisgegeben, als Alle- 
gorie von der Vergänglichkeit des Le- 
bens verstanden werden. Es wurde 
damals freilich schnellstens wieder 
abgenommen und verkauft. Heute 
hängt das Büd, viel bestaunt, im kö- 
niglichen Konzertzimmer in Charlot- 
tenburg. 

Der Künstler aus Valendennes 
(das erst wenige Jahre vor seiner Ge- 
burt französisch geworden war) hob 
das Genre-Spiel der Niederländer auf 
eine höhere Gesellschaftsebene. Die 
Eleganz der feineren Gesellschaft 
mischt sich mit Kostüm und Maske. 
Es ist der Abschied an die alte Hi- 
storienmalerei. Watteau geht es nicht 
tun erzählte „Handlung“, weder in 
den Rüdem von der Commedia noch 
bei den Ausflügen in die verführeri- 
schen Landschaften (die er im Atelier 
erfand). In allem ist Musik. Ist 
schwermütig-heiteres Rätsel Und 
doch hatten diese allegoriehaften Bü- 
der für damalige Betrachter vielerlei 
verschmitzte erotische Anspielungen. 
Im eindeutigen Zeitalter von Uhse, 
Peep & Co. tut man sich schwer, eine 
Flöte, einen Spinnrocken, ein Mur , 
meltier noch als das zu erkennen, was 
sie gminnl meinen soll ten. 

Die Wissenschaft findet in dieser 
Schau ein weites Feld, ihre Datierun- 
gen und Zuschreibungen zu überprü- 
fen. Und die Wohnung Friedrichs H 
in Charlottenburgs Knobelsd orff-Flü- 
gel ist mehr als nur schöner Umraum: 
sie zitiert den königlichen Sammler, 
sie macht anschaulich, wie der „Geist 
Watteaus“ das friderizianische Roko- 
ko prägen sollte. Der Besucher wird 
überdies Gelegenheit haben, die fran- 
zösischen Gemälde des 18. Jahrhun- 


derts aus Friedrichs Besitz in an- 
schließenden Räumen des Neuen 
Flügels zu besichtigen. Es wäre schön 
gewesen, hätten sich für die Berliner 
Station nun auch die niederländi- 
schen und italienischen Quellen Wat- 
teaus anschaulich ausschöpfen las , 
sen. 

Wie schon in Paris, so ist auch hier 
die Zeichnung ein, neben den Bü- 
dero, mehr als gleichwertiges, ein be- 
glückendes Erlebnis. Stellen sich der 
Forschung bei den Gemälden immer 
wieder Probleme der Deutung, der 
Korrektheit der Proportion, Zweifel 
an der Farbigkeit -die Einzigartigkeit 
des Zeichners Watteau ist unbestrit- 
ten. Dieser menschenscheue, mitun- 
ter sarkastische Küns tl er d«* immpr - 
fort seine Wohnungen wechselte und 
Hem genauso wenige Lebensjahre 
blieben wie zwei Jahrhunderte früher 
Raffael, um sein über die Zeiten wei- 
sendes, anrührendes Werk zu schaf- 
fen, soll ja selbst lieber mit . Rötel 
schwarzer und weißer Kreide ge- 
zeichnet als gemalt haben. Diese 
Zeichnungen, lustvoll schnell die ei- 
nen, leuchtend präzise die anderen, 
bildeten das Material, aus dem sich 
die köstlichem Bild-Inszenierungen 
zusammenfugten. 

Ob er Rast und Marsch der Solda- 
ten schildert, ob er seine Bewunde- 
rung für das Theater zu Bildern wer- 
den ließ oder das Leben selbst in der 
Natur als Schauspiel deutete - nie 
bildete er nur ab. Ein Regisseur, ein 
lyrischdramatischer Poet, der die 
Sehnsüchte seiner Figuren kannte, 
da- aber auch die Enttäuschung in 
ihrer Seele las. Berlin wird von dieser 
Ausstellung bezaubert sein. Sie trägt 
den heimlichen Titel Das Wunder 
Watteau. (Bis 27. 5^ kleiner Katalog 10 
Mark, wissenschaftlicher Katalog, Ni- 
colaische Verlagsbuchhandlung, 40 
Mark, Handel 58 Mark.) 

PETER HANS GÖPFERT 


MOnchner Residenztheater P. Löscher inszeniert Brechts „Leben des Galilei“ 

Ein wenig Klassenkampf in Alt-Rosa 


E s ist schon ein Kreuz mit histori- 
schen Personen, wenn sie einmal 
zur Parabelfigur des Theaters umge- 
arbeifet worden sind und die aktuali- 
sierte Moral von ihrer Geschieht spä- 
ter so aktuell nicht mehr ist Zuerst 
wollte Bert Brecht 1938 mit Galilei 
lediglich einen Widerstandskämpfer 
der Wissenschaft zeigen, dessen Ar- 
beit inmitten von Barbarei nicht für 
immer widerrufen werden kamt 
Nach Hiroshima bot sich eine weitaus 
schärfere Moralisäenwg an. Und 
s chlie ßlich steigerte sich in der drit- 
■ ten Fassung der Physika - in die radi- 
? kale Selbstanklage: Ohne seinen Wi- 
derruf hätten die Naturwissenschaft- 
ler eine Axt hippokratischen Eid ent- 
wickeln können. 

Daß der Regisseur Peter Löscher 

jetzt im Münchner Residenztheater 
gewagt hat, aus den drei Fassungen 
eine vierte zu gewinnen, läßt einen 
nicht gerade vertrauensvoll die neue 
Querbeet-Moral -dnes „posbato man- 
schen“ Gahfei erwarten. 
Verschwunden sind jetzt viele An- 
A *pielungen und Sentenzen, mit denen 
* Bracht dfeBtem etwchaii ak Klassen- 
kämpf und Galilei ab raHürai^n Welt- 
: und GeseCschaftsanderer mar- 

kiert. 

Nicht, daß diese Stilisierung so dia- 


fei konnte doch durch seinen Wider- 
ruf das revolutionäre Burgertim ver- 
fatei-aber Auch Brechts Spiel-Mo- 
tor «scheint gedrosselt; Zumal Lö- 
scher sich gewissenhaft. m‘ das 
Btechfache Einfuhlungsverbot hall. 


ohne aber für eine entsprechende Be- 
wußtheits-Sprache im Mitdenk- 
Tempo zu sorgen. 

Für die 13 Szenen mit zusammen 
41 genannten Schauspielern hat Rai- 
mund Bauer einen hohen grauen 
Raum mit schrägen Wänden gebaut 
Nur Signal-Möbel (Fernrohr und Bett 
für Studierzimmer; Lüster oder Stuh- 
le für den Palast). Manchmal Gemäl- 
dewirkung durch Lichtmalerei- Sonst 
wenig optischer Reiz, sogar die außer- 
ordentlich geputzten Baflgaste beim 
KarHinal Bellarmin (gefährlich kom- 
mod: Karl Obermayr) verdrücken 
sich sogleich (zu den Augsburger 
Dom-Singknaben nebenan). 

Edgar M. Böhlke als Galilei ist ex- 
tra unscheinbar gewandet, mit länge- 
rem Grauhaar und eher asketisch als 
(wie verlangt) ein sinnlich-geistiger 
Genießer - ein Galüo, wie er nicht im 

Buch steht Er hat sich abermals ak- 
tuell angepaßt und könnte ein ehema- 
liger 68er sein, deris zum Professor an 
*.iner ^onnuniversität gebracht hat 
Daß dem „bei gutem Essen am mei- 
sten einfällt“, ist unwahrscheinlich. 
Da helfen auch kein Prachtpelz und 
käme Bieeht-Zigaiie des Etablierten. 

In den straffen Denk-Szenen kön- 
nen sich die Schauspieler immer nur 
kurz profilieren. Nur einmal das ganz 
andere Theater, wie ein Angriff auf 
die verordnete Kärglichkeit Erwin 
Faber als sehr alter Kardinal gewaltig 
erzitternd im alttestamentarischen 
Zorn, haut das neue Weltbild zusam- 
men allein mit dem Satz: „Der Herr 


ist anwesend . . Er hat am Schluß 
den meisten Beifall 

Sn Galileo, der auf die Dauer von 
d reieinhalb Stunden eher langweilt 
und offenbar keinem mehr weh tut 
Hanns Eisler, dessen Mu sik dazu ge- 
spielt wixd, hielt einst den Galilei für 
„einen der großen Heroen der Arbei- 
terbewegung“, und er meinte, da 
„muß man Farbe bekennen; und die 
Farbe ist rot!“ 

So gesehen, hielt sich der Heros an 
diesem Abend bedeckt Und das Pu- 
blikum sah nirgends rot Höchstens 
einen anspruchsvollen Bi lderbo gen 
in „Alt-Rosa“. ARMIN EICHHOLZ 



Waml 

BSfcleals GaBtoiHi Mönchen 

FOTO: RABANUS 


Nur kein Happy-End: Das Kinderprogramm bei den Berliner Filmfestspielen 

Auf Suche nach geraubten Schätzen 


D as 8. Kinderfilmfestival während 
der 35. Beriiner Fümfestspiele 
bescherte ein kunterbuntes Pro- 
gramm. Allerdings gab es keinen 
Klm aus der Bundesrepublik, ein 
Symptom mehr dafür, HaB bei uns 
der Kinder film nur noch eine jäm- 
merliche Evi stanz am Rande fristet — 
und auch das Fernsehen, das sich 
sonst gern kinofreundlich gibt daran 
nichts ändert 

Früher galt es als selbstverständ- 
lich, Haft ein Kinderfilm glü cklich en- 
det Heute ist eher das Gegenteil ver- 
bindliche RegeL In dem dänischen 
Beitrag JDas Haus meiner Großmut- 
ter“ ermordet die Großmutter, alles 
andere als aine liebenswerte Mär- 
chenfigur, die Braut des eigenen Soh- 
nes, um dessen Erbgut jenes Haus 
nämiirhj zu re tten. Dem jugendlichen 
Publikum schmeckte soviel Melodra- 
matik wenig, und die böse Tat der 
schlimmen Frau rief als Echo allge- 
meines Gelächter hervor. 

Dramatisch ging es auch bei der 
holländischen NeuverSmung von 
„Ciske, die Ratte“ zu, einem Stoff; 
den Wolfgang Staudte vor mehr als 
zwanzig Jahren als „Ciske, ein Kind 
braucht liebe“ erstenmal insze- 
nierte. Der arme Ciske wird vom Le- 
ben arg gebeutell, tötet seine bösarti- 
ge Mutter gar, muß ins Gefängnis, 
darf aber am Schluß endlich Glück 
und Liebe finden. Ciskes tragisches 
Geschick spielt sich vor dem Hinter- 
grund der von Wirtschaftskrisen ge- 
schüttelten 30er Jahre ab. Dem Regis- 
seur Guido Pieters geht es jedoch um 


Parallelen zur Gegenwart Ciskes, be- 
hauptet er, gebe es noch immer, 
selbst wenn sie heute in Häusern mit 
zwei Autos und zwei Fernsehappara- 
ten lebten. 

Hier eine grimmige Großmutter, 
dort eine sadistische Mutter, in dem 
spanischen Film „Von Mann zu 
Mann “ schließlich ein sich ständig 
angeifemdes Elternpaar. Die Regis- 
seure von Kinderfilmen haben wenig 
Erbarmen mit den Eltern - und meist 
recht obskure Vorstellungen vom 
Kindsein in unserer Zeit In „Mann zu 
Mann“ reißt ein alter Mann seiner 
Familie aus, die ihn in ein Altersheim 
abschieden wilL Der kleine Carlos da- 
gegen entflieht seinen Ehern, die in 
ihm höchstens ein Objekt für Video- 
Filme und Fotoalben sehen, selten 
aber ein liebebedürftiges Wesen. In 
einem Kaufha us treffen sich der alte 
Mann, der an sich Kinder nicht mag, 
und der Junge. Dort nisten sie sich 
ein, streifen tagsüber durch die Stadt 
und ziehen sich abends in ihr Quar- 
tier zwischen Schaufensterpuppen 
und ausrangierten Matratzen zurück. 
So lan g e , bis Carlos Eltern zur Ver- 
nunft kommen und die Kinder des 
alten Manne s erkennen, daß man 
Menschen nicht ausmustem kann 
und solL 

Von Ausreißern handelt auch Mi- 
chel Devihes Film „Die kleine Ban- 
de“. Devüle, dessen Thriller „Gefahr 
im Verzug“ im Hauptprogramm des 
Wettbewerbs lief; erzählt von sieben 
kleinen Engländ ern, die sich nach 
Frankreich einschiffen und dort auf 


eine Gangsterbande stoßen, deren 
finstere Pläne sie durchkreuzen. Das 
war eine gelungene Mischung aus 
Witz und Spannung, die bei Kindern 
genauso wie bei Erwachsenen letzt- 
lich immer noch am besten ankommt 
Ähnlich ist es mit Abenteuerge- 
schichten wie „Das Geheimnis des 
Moxca“ von Marco Mattolim, in dem 
clevere Kinder geraubte Schätze wie- 
derentdecken. Dagegen haben es Fil- 
me, die belehren oder unverblümt er- 
ziehen wollen, wie z3. „Die Bi- 
berspur“ aus der „DDR“, wo es um 
Umweltschutz geht, bei Kindern 
schwer. 

Wurde man die Kinder nach ihrem 
Liebling unter den Beiträgen des 8. 
Kinderfilmfestivals befragen, hätte 
gewiß der dänische Film „Busters 
Welt“ große Chancen, einen goldenen 
„Teddy“ zu gewinnen. Buster, der 
10jährige Held der Geschichte, ist ein 
Bürsdüein 'mit dem Heiz auf dem 
rechten Fleck und ein begabter Hob- 
byzauberer noch dazu. Sicher laviert 
er sich durch die Welt der Erwachse- 
nen und macht, als eine liebe ahn 
Nachbarin stirbt, die Erfahrung, daß 
Leben und Tod zusammengehören 
und Älterwerden auch bedeutet, rieh 
nicht bei jeder U nannehml ichkpit in 
eine Welt der Märchen und Magie zu 
flüchten. Dieser Klm bezauberte, 
weil er die Kindertraume und die 
Wirklichkeit der Kinderwelt poetisch 
verband, was im Kino immer noch 
das schönste ist. 

MARGARETE von SCHWARZKOPF 


JOURNAL 


Maulkorbgesetz 
für Polens Kultur 

JGG. Köln 

In Polen trat jetzt ein neues „Rah- 
mengesetz für Kultureinrichtung“ 
in Kraft, das die Theater und Gale- 
rien, aber auch Orchester und staat- 
liche Chore betrifft. Danach werden 
die Intendanten und künstlerischen 
Leiter nicht mehr von den Pro- 
gramm- und Künstlerbeiräten ge- 
wählt, sondern vom Kulturminister 
ernannt Künftig besteht nur noch 
eine Hälfte dieser Beiräte aus Ange- 
stellten der Institution, während die 
andere Hälfte von der Partei den 
Staatsgewerkschaften und anderen 
Massenorganisationen bestimmt 
wird. Die Beiräte haben nur noch 
beratende Funktion, an die der Di- 
rektor nicht gebunden ist Theore- 
tisch ist der Leiter bei der Pro- 
gramm- und Personalpolitik völlig 
frei Da ihn aber das neue Gesetz 
verpflichtet, das „Mäzenatentum 
des Staates zu berücksichtigen 
und die Funktion eines ersten Zen- 
sors zu übernehmen, heißt das in 
der Praxis, daß der Leiter künftig - 
mehr noch als in der Vergangenheit 
- zu einer regelmäßigen Abstim- 
mung mit dem Kulturministerium 
verpflichtet ist 

Erinnerung an den 
Maler Hanns Bolz 

epL Aachen 

Mit seiner Ausstellung „Hanns 
Bolz (1885 bis 1918) - Ein Künstler 
zwischen Expressionismus und Ku- 
bismus“ erinnert das Aachener 
Suermondt-Ludwig-Museum an 
das Werk ging« ei nheimis chen Ma- 
lers, der vor dem Ersten Weltkrieg 
an den wichtigsten Avantgarde- 
Ausstellungen (Brücke, Arroory- 
Show, Cafe-du-Döme-Kreis) betei- 
ligt war. Bolz, mit Max Ernst und 
Otto Freundlich befreundet starb 
im Krieg als Soldat an Gasvergif- 
tung. Die Aachener Ausstellung zu 
seinem 100. Geburtstag (Gemälde, 
Plastiken, Grafiken) kommt einer 
Neuentdeckung gleich. Sie ist bis 
17. Marz zu sehen und wird von 
einem Katalog und Dokumenta- 
tionsband (zusammen 15 Mark) be- 
gleitet 

Architekturschau aus 
Frankfurt in Paris 

AP, Frankfurt 

Im Pariser Centre Pompidou 
wurde die Architekturausstellung 
„Nouveaux Plaisirs de l’Archi- 
tecture“ eroffhet Sie war zuvor un- 
ter dem Titel „Revision der Moder- 
ne“ als erste Ausstellung des neuer- 
öffneten Deutschen Architektur- 
museums in Frankfurt gezeigt wor- 
den (s. WELT v. 1. 6. 84). Die Schau, 
die einen Überblick über die Archi- 
tektur der Gegenwart vermitteln 
win, dauert bis zum 20. April 

Literaturpreis von 
Bertelsmann gestiftet 

dpa, München 
Einen literaturpreis hat der C. 
Bertelsmann Verlag in München 
anläßlich seines 150jährigen Beste- 
hens gestiftet Die Auszeichnung ist 
mit insgesamt 50 000 Mark dotiert 
und soll alle zwei Jahre vergeben 
werden, erstmals 1985. In der Regel 
würden drei Preise ausgesetzt: Ein 
erster mit 25 000 Marie, ein zweiter 
mit 15 000 Mark und ein dritter 
Preis mit 10 000 Mark. Der C. Ber- 
telsmann-Literaturpreis soll die Ar- 
beit eines deutschsprachigen 
Schriftstellers an einem literari- 
schen Werte finanziell ermöglichen. 
Bewerber sollten ein Expose ihres 
Werks zusammen mit mindestens 
50 Manuskriptseiten bis spätestens 
zum 31. Mai beim Lektorat des C. 
Bertelsmann Verlags in München 
einreichen. 

Rudolf Hartung t 

dpa, Berlin 
Der Schriftsteller Rüdolf Har- 
tung ist, wie jetzt erst bekannt wur- 
de, am vergangenen Dienstag nach 
längerer Krankheit im Alter von 70 
Jahren in Berlin gestorben. Har- 
tung trat sowohl als Kritiker wie 
auch als Lyriker und Essayist her- 
vor. Von 1955 bis 1960 war er Mit- 
herausgeber der „Neuen Deutschen 
Hefte“, seit 1963 Chefredakteur und 
Mitherausgeber der „Neuen Rund- 
schau“. Er veröffentlichte unter an- 
derem den Gedichtband „Vor grü- 
nen Kulissen“ (1959) und den Es- 
say-Band „Kritische Dialoge" (1973) 
sowie die Tagebuchnotizen „In ei- 
nem anderen Jahr“ (1982). 

5. Espriu gestorben 

dpa, Madrid 
Der als größter Lyriker katalani- 
scher Sprache geltende Salvador 
Espriu, der mehrfach für den Lite- 
ratur-Nobelpreis vorgeschlagen 
worden war, ist im Alter von 72 
Jahren in Barcelona gestorben. Der 
Schriftsteller wurde auch durch 
Prosawerke und Dramen bekannt 
und hatte sich mit seinem umfang- 
reichen Werk in der Sprache seiner 
katalanischen Heimat zum Mittler 


der verschiedenen Sprachkulturen 
in Spanien gemacht 1946 veröffent- 
lichte er seinen ersten Lyrikband 
Cementiri de Sinera“ (Friedhöfe 
von Sinera) und das Buhnenwerk 
„Honda de Mort a Sinera“ (Sineras 
Todesreigen).